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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Steffens, Arnold: Die alten Wandgemälde auf der Innenseite der Chorbrüstungen des Kölner Domes, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0187

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291

1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHF. KUNST — Nr. 10.

292

Die Fortführung der Legende ist entnommen
der bei Mombritius86) abgedruckten Passio ge-
nannter Heiligen.

Unsere Bilderreihe ist die am meisten, ja
an einigen Stellen fast bis zur Unkenntlichkeit
beschädigte. Die Ausführung jedoch ist eine
vortreffliche. Gewandtheit und Lebhaftigkeit
der Darstellung, sowie der seelenvolle Aus-
druck der Gesichter machen es wahrscheinlich,
dafs der Maler der ersten und zweiten Bilder-
reihe der Südseite auch der Urheber dieser dritten
Bilderreihe ist.

1. Verhör und Einkerkerung der hh.
Nabor und Felix.
Kaiser Maximian, dem hinterbracht worden
war, dafs die beiden ihm wohlbekannten Sol-
daten Nabor und Felix Christen seien, liefs sie
vor sich kommen und befragte zunächst den
Nabor, wie er dazu gekommen, Christ zu wer-
den. Als dieser antwortete, er sei beinahe von
Jugend an Christ und werde es auch bleiben,
wurde er in den Kerker geworfen. Sodann
wurde Felix verhört, und als auch dieser die
Drohungen des Kaisers verachtete und stand-
haft blieb, liefs der Kaiser auch ihn zu Nabor
in den Kerker führen, indem er sprach: „Ich
werde euch durch mancherlei Art von Folter
das Lebenslicht ausblasen". — Soweit das Kölner
Brevier.

Im Bilde links vom Beschauer stehen zwei
jugendliche Krieger, hingewandt zu dem schmalen
östlichen Nebenfelde, wo jedenfalls der zu Ge-
richt sitzende Maximian mit seinem Rathgeber
Anolinus dargestellt war. Ueber dem ersten
der beiden Krieger steht s. nabor, über dem
andern .y. felix. Nabor ist hier, wie in allen
folgenden Bildern, bärtig dargestellt, Felix hin-
gegen bartlos. Beide sind vom Heiligenschein
umstrahlt. Nabor hat die Rechte wie zur Ent-
gegnung erhoben. Rechts vom Beschauer ist
ein zinnenbekröntes Gebäude erkennbar, der
Kerker, aus dem ein mit dem Heiligenschein
umgebenes Gesicht, von dem aber nur einige
Spuren erhalten sind, hervorschaut.

Die unter dem Gemälde angebracht ge-
wesene Legende ist bis auf wenige Buchstaben
der letzten Vershälften gänzlich verschwunden.
Ich habe folgende Ergänzung versucht:

Felix cum nabore maximiano exhibentux
Et sine rubere christianos se esse fatentur.

3S) Acta SS. Xll.Julii.

Felix und Nabor steh'n vor'm Kaiser und werden

gefangen,
Weil sie bekennen mit Freimuth, dafs sie Christo
anhangen.
Bemerkt sei, dafs man im ersten Verse die
noch vorhandenen Buchstabenstriche als nut oder
unt zu lesen versucht ist; ich habe sie als ntu ge-
lesen, weil die beiden letzten Silben nothwendiger
Weise entur lauten müssen wegen des Reimes mit
dem im zweiten Verse unvermeidlichen fatentur.

2. Nabor und Felix werden blutig
geschlagen.
Im Anschlufs an die Legende des Kölner
Breviers fährt die bei Mombritius abgedruckte
Passio unserer Märtyrer also fort: Nach fünf
Tagen liefs der Kaiser die beiden Soldaten
wieder aus dem Kerker vorführen und befahl
ihnen, den Göttern zu opfern. Und als sie
sich dessen weigerten, liefsen Maximianus und
Anolinus Knüttel herbeibringen, die beiden
Märtyrer ausstrecken und fünf Reihen von je
drei Soldaten an ihnen vorbeimarschiren, die
schrieen: „Opfert den Göttern, welche der Kaiser
und Alle anbeten."

Im Bilde, von dem nur wenige Konturen
übrig sind, sehen wir die Gestalten der Märtyrer
Nabor und Felix, entkleidet, aber mit blutigen
Wunden bedeckt. Der Heiligenschein umgibt
ihr Haupt. Ueber der Schulter des h. Felix
wird ein vortrefflich gezeichnetes Henkersgesicht,
aus dessen Augen die Lust an der Quälerei
hervorleuchtet, sichtbar. Das Gesicht ist breit,
die Züge derb, die Nase stumpf, die Farbe
gebräunt.

Die beiden leoninischen Verse sind in folgen-
der Weise ergänzt:

Extensos martires cedunt carnifices dire
Clamant transeuntes: cedant imperantium ire.
Ausgereckt von Schergen blutig sie werden geschlagen,
Hören sie müssen den Ruf: Gebt nach des Macht-
habers Plagen.

3. Nabor wird auf die Folter gespannt.

Als die beiden Märtyrer trotz der blutigen
Schläge unbeugsam blieben, liefs Anolinus den
Nabor auf die Folter (equuleum) spannen und
seine Seiten und Gliedmafsen mit Zangen
fungulae) schinden und mit glühenden Eisen-
stangen brennen. — So die Passio bei Mom-
britius.

Auf den ersten Blick macht unser Bild den
Eindruck einer Kreuzigungsszene. Das Folter-
werkzeug, „Pferdchen" genannt, hat der Maler
als kreuzähnliches, aus rohen Baumästen ge-
 
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