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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0209

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329

1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

330

An das Mittelschiff lehnt sich das um zwei
Stufen höher liegende Chor an, welches, wenn
auch fast in der Breite des Mittelschiffes durch-
geführt, bedeutend niedriger in der Wölbung
ist und dessen Dach sich an den Abschlufs-
giebel des Hochschiffes anlehnt. Das Chor hat
im Anschlufs an das Mittelschiff ein Gewölbe-
joch und schliefst daran mit einem Halbkreise
ab, der nach den fünf Seiten eines Zehnecks
ausgebildet ist. Das Chor hat sieben Fenster,
wovon das nördliche durch den Sakristeiauf-
bau verdeckt ist.

Die Kirche macht im Inneren in den massi-
gen und schlichten Formen mit Rundbogen
und flachen Spitzbogen einen erhebenden Ein-
druck. Die Pfeiler mit vorgelegten Rund- und
Eckstäben haben reich profilirte Sockel, mit
Eckblättern und mit Knäufen verzierte Kapitale,
auf welchen sich die Gurt- und Schildbögen,
sowie die Rippen der Kreuzgewölbe, alle von
kräftigen Wulststäben gebildet, entwickeln.
Der schon oben erwähnte Taufstein mit run-
dem Becken auf quadratischem Sockel und
sechseckigem Kranzgesims, wird an den Ecken
von sechs Säulchen flankirt. Derselbe ist aus
Niedermendiger Basaltlava und die Säulchen
mit Sockel aus Tuffstein gearbeitet.

Im unteren Theile des Mittelschiffes ist eine
übergrofse Orgelbühne in Holzkonstruktion ein-
gebaut, mit der Jahreszahl 1624. — In ihrem
Aeufseren macht die Kirche durch die klare
Ausbildung von Mittelschiff, Nebenschiff und
Chor einen sehr harmonischen Eindruck, wel-
cher durch die schlichten Formen des Ueber-
gangsstils und die einfache Thurmlösung be-
sonders hervortritt.

Beobachtung verdient das Eingangsportal
an der Nordseite der Kirche, mit den am glatten
Gewände, auf Ellbogenwulst ausgekragten Kon-
solen, welche den in der Mitte überhöhten
Thürsturz tragen, sowie mit der von unten auf-
steigenden profilirten Einfassung, welche die
Thür mit einem Bogen in Hufeisenform bekrönt.
Als Baumaterial ist an der Kirche Bruch-
stein aus den nahegelegenen Bergen, Trachit
vom Drachenfels und Tuffstein verwandt wor-
den. Die äufsern Wände waren wohl zuerst
nur gefugt, sind aber später geputzt worden. An
den Dachgesimsen, besonders am Chor zeigen
sich noch Spuren von Farbtönen und von
einem unter dem Dachgesims laufenden ge-
malten Ornamentfries.

An den Seitenschiffmauern, welche stark aus
dem Loth gewichen sind, in Folge wohl un-
genügender Fundirung, sind in späterer Zeit
Stützpfeiler vorgemauert worden, die besonders
an der Nordseite störend wirken.

Ueber das Jahr der Erbauung der Kirche
ist nichts bekannt, dieselbe wird aber bereits
in einer Urkunde vom Jahre 1311 am Feste
Jakobi erwähnt. Der Thurm, wie schon be-
merkt der älteste Theil, stammt wohl aus der
zweiten Hälfte des XII. Jahrb. (etwa um 1180),
Langhaus und Chor reden in ihren Basen und
Kapitalen die Sprache des beginnenden XIII.
Jahrh. Ganz besonderes Interesse erwecken
durch ihre konstruktiven Motive die Ueber-
wölbungen der schmalen Seitenschiffe.

Von den oben genannten bedeutenden ro-
manischen Kirchenbauten ist die Kirche zu
Laach die älteste, da ihr Bau bereits in den
ersten Decennien desXII. Jahrh. begann, wäh-
rend die Kirchen zu Andernach und Sinzig
erst im Anfange des XIII. Jahrh. entstanden
sind, in welche Zeit auch der Bau der hier be-
schriebenen Kirche fällt. Im Vergleiche mit
diesen Bauten, zeigt die Kirche zu Oberbreisig
in ihrer Konstruktion und besonders in ihrem
inneren Ausbau, die gröfste Annäherung an
die, wenn auch mit bedeutend reicheren Archi-
tekturformen ausgestattete Kirche zu Sinzig.
Die zwei Joche des Mittelschiffes mit der Doppel-
bogenstellung in der Nordwand, die fächerför-
migen Halbrosettenfenster in der oberen Parthie
der Mittelschiffwände, sowie die Anlagen des
fünfseitig abgeschlossenen Chores charakteri-
siren beide Anlagen. Bei dieser Ueberein-
stimmung ist wohl anzunehmen, dafs die
Kirchen zu Sinzig und Oberbreisig unter dem
Einflüsse der gleichen Bauleute entstanden sind,
wenn auch die letztere Kirche in der tech-
nischen Ausführung Unvollkommenheiten zeigt.

Die Kirche ist aufsen und innen überall
sehr reparaturbedürftig und die Restaura-
tion soll im kommenden Jahre beim Thurme
beginnen. Es wäre zu wünschen, dafs eine
gute umsichtige Restauration sich baldigst über
den ganzen Bau ausdehnte und derselbe in
seinen ursprünglichen Formen wieder her-
gestellt würde. Das einfache mittelalterliche
Kirchendenkmal würde, zumal an dieser schönen
Stelle, dann für Jahrhunderte eine Erbauungs-
stätte und eine Zierde der Gegend bleiben.
Köln. Jacob Marchand.
 
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