preußische Akademie der Künste berufen hat. Zur Ausrichtung im Sinne des Nationalsozialismus. Der Führer ist wütend.
Rust wollte seinem Zorn entfliehen, und [nun] ist das Gegenteil der Fall.
Über dem Eingang zum letzten Raum stand ein Satz zu lesen, der auf die eingangs zitierte Hitler-Rede vom i.
Februar 1933 anspielte und nochmals den Zusammenhang mit der Vierjahresschau vergegenwärtigte: »Sie hatten
vier Jahre Zeit« (Abb. 39). Die Tür darunter führte in den Raum, in welchem Werke von Akademielehrern ausge-
stellt waren, die noch em Lehramt ausübten oder bis vor kurzem ein Lehramt ausgeübt hatten. Ohne weiteres
läßt sich der Satz als auf diese Künstler gemünzte Drohung interpretieren und - da in Form einer Ellipse - wie
folgt ergänzen: »Sie hatten vier Jahre Zeit, sich zu ändern, und sie haben diese Chance verpaßt. Nun müssen sie
die Konsequenzen tragen«. In diesem Sinn führte Hitler den Gedanken am 18. Juli 1937 in seiner Eröffnungsan-
sprache zur »Großen Deutschen Kunstausstellung« weiter:
Sollte sich aber unter ihnen einer befinden, der doch noch glaubt, zu Höherem bestimmt zu sein, dann hatte er nun ja
vier Jahre Zeit, diese Bewährung zu beweisen. Diese vier Jahre aber genügen auch uns, um zu einem endgültigen Urteil
zu kommen. Nun aber werden - das will ich Ihnen hier versichern - alle die sich gegenseitig unterstützenden und damit
haltenden Cliquen von Schwätzern, Dilettanten und Kunstbetrügem ausgehoben und beseitigt.85 86 87 88 89 90
In der systematischen Liquidierung von Mensch und Werk sollten diese Worte grausame Realität werden.
Abschließend sei kurz auf das Ereignis eingegangen, als dessen Kontrastveranstaltung die Femeschau arrangiert
wurde: die »Große Deutsche Kunstausstellung«.87 Als Bestandteil der Vierjahresfeiern sollten in einer ersten
repräsentativen Kunstschau die Leistungen der »neuen deutschen Kunst« der Akklamation des Publikums
anheimgegeben werden. Zugleich war die »Große Deutsche Kunstausstellung« als pompöse Eröffnungsveranstal-
tung des Hauses der Deutschen Kunst88 geplant, welches - als Nachfolgebau des 1854 von August von Voit
errichteten und 1931 abgebrannten Glaspalastes8? - zum offiziellen »Kunsttempel« des NS-Staates deklariert
wurde. 1933 hatte Hitler den Grundstein gelegt. Der Entwurf stammte von dem Architekten und »Leibbaumei-
ster« Hitlers, Paul Ludwig Troost, der bis zu seinem Tod 1934 die Bauleitung innehatte. Wegen seiner Monstrosi-
tät nannte der Volksmund den Bau bald Palazzo Kitschi.
Die Einladung, mit welcher Künstler im November 1936 persönlich zur Teilnahme an der Ausstellung gebeten
wurden - ihr folgten öffentliche Aufrufe im Mitteilungsblatt der Reichskammer der bildenden Künste und in
den Tageszeitungen -, enthielt die Zielsetzung der Schau: »Die Ausstellung, deren Beschickung ausschließlich
unseren lebenden deutschen Künstlern offenstehen soll, wird die Aufgabe haben, ein möglichst umfassendes
und hochwertiges Bild der zeitgenössischen Kunst (Malerei, Plastik und Graphik) zu zeigen«?0. Daher wurden
die Künstler aufgefordert, »das Beste Ihres bisherigen Kunstschaffens« einzureichen. Gemäß dem am 7. Mai
1937 bekanntgegebenen Auswahlmodus wurde eine von Adolf Ziegler geleitete, in erster Lime aus Künstlern
bestehende Jury berufen, die für die Vorauswahl zuständig war:
85 Tagebucheintrag vom 17. Juli 1937, zitiert nach Fröhlich 1987a, Teil 1, Bd. 3, S. 204t. Zu Hitlers negativem Urteil über Rust
(»steht der Kunst wie ein ausgewachsenes Nilpferd gegenüber«) vgl. Henry Picker 1976, S. 147.
86 Zitiert nach Schuster 1987, S. 252.
87 Die folgende, stark geraffte Darstellung fußt in erster Linie auf den beiden Aufsätzen von Lüttichaus (1987, besonders S. 82-92)
und Karl-Heinz Meißners 1988. Außerdem sind heranzuziehen: Rave 1987, S. 98-102; Peter Adam 1992, S. 92-119; Hildegard
Brenner 1963, S. 112E; Karl-Heinz Meißner 1987a, besonders S. 374h; Thomae 1978, S. 38-42. Das Ausstellungsplakat nach
einem Entwurf von Richard Klein ist farbig abgedruckt bei Hecker 1993, S. 313 (Kat. 18.9).
88 Vgl. zur Architektur ausführlich Amdt 1987 sowie zuletzt Schickei 1993, S. 350. Zum Veranstalter der Ausstellung vgl. Hecker
1987. Über das Schicksal des Gebäudes in der Nachkriegszeit vgl. Müller-Mehlis 1977, S. 29. Zur Kontroverse um die Zukunft
des Hauses der Kunst vgl. etwa Hans-Joachim Müller 1990 sowie die Artikel von Gottfried Knapp, Josef Wiedemann, Christoph
Hackelsberger, Alf Lechner und Lazio Glozer, in: SZ, 12. Februar 1990. Zur provisorischen Unterbringung der Staatsgalerie mo-
derner Kunst und zur Wiedereröffnung des Hauses 1993 nach fast zweijähriger Schließung wegen vollständiger Sanierung vgl.
Beaucamp 1993 und Müller-Mehlis 1993.
89 Vgl. hierzu Hütsch 1980.
90 Zitiert nach dem Abdruck des Briefes bei Schuster 1987, S. 258. Dort auch das folgende Zitat.
186
Rust wollte seinem Zorn entfliehen, und [nun] ist das Gegenteil der Fall.
Über dem Eingang zum letzten Raum stand ein Satz zu lesen, der auf die eingangs zitierte Hitler-Rede vom i.
Februar 1933 anspielte und nochmals den Zusammenhang mit der Vierjahresschau vergegenwärtigte: »Sie hatten
vier Jahre Zeit« (Abb. 39). Die Tür darunter führte in den Raum, in welchem Werke von Akademielehrern ausge-
stellt waren, die noch em Lehramt ausübten oder bis vor kurzem ein Lehramt ausgeübt hatten. Ohne weiteres
läßt sich der Satz als auf diese Künstler gemünzte Drohung interpretieren und - da in Form einer Ellipse - wie
folgt ergänzen: »Sie hatten vier Jahre Zeit, sich zu ändern, und sie haben diese Chance verpaßt. Nun müssen sie
die Konsequenzen tragen«. In diesem Sinn führte Hitler den Gedanken am 18. Juli 1937 in seiner Eröffnungsan-
sprache zur »Großen Deutschen Kunstausstellung« weiter:
Sollte sich aber unter ihnen einer befinden, der doch noch glaubt, zu Höherem bestimmt zu sein, dann hatte er nun ja
vier Jahre Zeit, diese Bewährung zu beweisen. Diese vier Jahre aber genügen auch uns, um zu einem endgültigen Urteil
zu kommen. Nun aber werden - das will ich Ihnen hier versichern - alle die sich gegenseitig unterstützenden und damit
haltenden Cliquen von Schwätzern, Dilettanten und Kunstbetrügem ausgehoben und beseitigt.85 86 87 88 89 90
In der systematischen Liquidierung von Mensch und Werk sollten diese Worte grausame Realität werden.
Abschließend sei kurz auf das Ereignis eingegangen, als dessen Kontrastveranstaltung die Femeschau arrangiert
wurde: die »Große Deutsche Kunstausstellung«.87 Als Bestandteil der Vierjahresfeiern sollten in einer ersten
repräsentativen Kunstschau die Leistungen der »neuen deutschen Kunst« der Akklamation des Publikums
anheimgegeben werden. Zugleich war die »Große Deutsche Kunstausstellung« als pompöse Eröffnungsveranstal-
tung des Hauses der Deutschen Kunst88 geplant, welches - als Nachfolgebau des 1854 von August von Voit
errichteten und 1931 abgebrannten Glaspalastes8? - zum offiziellen »Kunsttempel« des NS-Staates deklariert
wurde. 1933 hatte Hitler den Grundstein gelegt. Der Entwurf stammte von dem Architekten und »Leibbaumei-
ster« Hitlers, Paul Ludwig Troost, der bis zu seinem Tod 1934 die Bauleitung innehatte. Wegen seiner Monstrosi-
tät nannte der Volksmund den Bau bald Palazzo Kitschi.
Die Einladung, mit welcher Künstler im November 1936 persönlich zur Teilnahme an der Ausstellung gebeten
wurden - ihr folgten öffentliche Aufrufe im Mitteilungsblatt der Reichskammer der bildenden Künste und in
den Tageszeitungen -, enthielt die Zielsetzung der Schau: »Die Ausstellung, deren Beschickung ausschließlich
unseren lebenden deutschen Künstlern offenstehen soll, wird die Aufgabe haben, ein möglichst umfassendes
und hochwertiges Bild der zeitgenössischen Kunst (Malerei, Plastik und Graphik) zu zeigen«?0. Daher wurden
die Künstler aufgefordert, »das Beste Ihres bisherigen Kunstschaffens« einzureichen. Gemäß dem am 7. Mai
1937 bekanntgegebenen Auswahlmodus wurde eine von Adolf Ziegler geleitete, in erster Lime aus Künstlern
bestehende Jury berufen, die für die Vorauswahl zuständig war:
85 Tagebucheintrag vom 17. Juli 1937, zitiert nach Fröhlich 1987a, Teil 1, Bd. 3, S. 204t. Zu Hitlers negativem Urteil über Rust
(»steht der Kunst wie ein ausgewachsenes Nilpferd gegenüber«) vgl. Henry Picker 1976, S. 147.
86 Zitiert nach Schuster 1987, S. 252.
87 Die folgende, stark geraffte Darstellung fußt in erster Linie auf den beiden Aufsätzen von Lüttichaus (1987, besonders S. 82-92)
und Karl-Heinz Meißners 1988. Außerdem sind heranzuziehen: Rave 1987, S. 98-102; Peter Adam 1992, S. 92-119; Hildegard
Brenner 1963, S. 112E; Karl-Heinz Meißner 1987a, besonders S. 374h; Thomae 1978, S. 38-42. Das Ausstellungsplakat nach
einem Entwurf von Richard Klein ist farbig abgedruckt bei Hecker 1993, S. 313 (Kat. 18.9).
88 Vgl. zur Architektur ausführlich Amdt 1987 sowie zuletzt Schickei 1993, S. 350. Zum Veranstalter der Ausstellung vgl. Hecker
1987. Über das Schicksal des Gebäudes in der Nachkriegszeit vgl. Müller-Mehlis 1977, S. 29. Zur Kontroverse um die Zukunft
des Hauses der Kunst vgl. etwa Hans-Joachim Müller 1990 sowie die Artikel von Gottfried Knapp, Josef Wiedemann, Christoph
Hackelsberger, Alf Lechner und Lazio Glozer, in: SZ, 12. Februar 1990. Zur provisorischen Unterbringung der Staatsgalerie mo-
derner Kunst und zur Wiedereröffnung des Hauses 1993 nach fast zweijähriger Schließung wegen vollständiger Sanierung vgl.
Beaucamp 1993 und Müller-Mehlis 1993.
89 Vgl. hierzu Hütsch 1980.
90 Zitiert nach dem Abdruck des Briefes bei Schuster 1987, S. 258. Dort auch das folgende Zitat.
186