190
Lchreiber-Lieder.
Da sitz' ich den ganzen langen Tag
und schreib' und schreib' und schreibe,
so viel das Zeug nur halten mag,
daß ich im Currens bleibe;
die Feder schwirrt, die Jeder saust,
kann doch nichts fertig bringen,
ich krieg' den Krampf fast in der Faust,
hör' alle Engel singen.
Die Herren Chefs der Kanzelei
sie wollen nicht gedulden,
und für die Höllenschcererei
krieg' ich zweihundert Gulden!
Zweihunderl jährlich, daß es knallt,
mir hat's fürwahr gerathen!
wie anders werden da bezahlt
die Dichter und Literaten!
Ein einziger Bogen wird honorirt
mit vierzig Gulden rheinisch,
wie bald ist das zusammg'schmiert,
da braucht's gar kein lateinisch;
so Einer sinnt meist gar nicht nach,
schreibt, was ihm eben einfällt,
von Lust und Schmerz, von Feld und Bach,
und das trägt so ein Schweingeld!
Wollt' oft schon werden Literat,
mich auch so lassen zahlen;
Hab' nachgesonnen früh' und spat —
ist mir nichts eingefallen.
Wenn ich gedienet vierzig Jahr',
dann ist erbleichet wohl mein Haar,
die Stirne voller Falten;
das Auge trüb' und pfui der Schand',
kaum kann die sonst so flinke Hand
den Gänsekiel mehr halten.
Und wenn ich schon so schwach und matt —
dann nehm' ich ein gestempelt' Blatt,
komm' ein um Jubilirung;
doch weil ich nichts zu schreiben Hab'
legt Langeweil mich bald in's Grab
zu langer Quieszirung.
Und weil ich immer nur mundirt,
doch niemals etwas konzipirt,
will selbst ich was verfasien,
und das soll eine Grabschrift sein,
die will auf meinen Leichenstein
Fraktur ich setzen lasien.
(Aus's Monument:)
„Hier ruhet Justus Schattenstrich,
weil Niemand and'rer, setzt' er sich
selbst diesen Epitafen.
O Herr, wenn Du beim jüngsten G'richt
brauch'st etwa keinen Schreiber nicht,
so laß ihn ruhig schlafen.
O teiupora. o mores !
„Fräulein, sehen Sie gerne Hinrichtungen?"
„O nichts lieber!"
„Ich wollte, ich würde geköpft."
Er hat es durchgesetzt.
Lchreiber-Lieder.
Da sitz' ich den ganzen langen Tag
und schreib' und schreib' und schreibe,
so viel das Zeug nur halten mag,
daß ich im Currens bleibe;
die Feder schwirrt, die Jeder saust,
kann doch nichts fertig bringen,
ich krieg' den Krampf fast in der Faust,
hör' alle Engel singen.
Die Herren Chefs der Kanzelei
sie wollen nicht gedulden,
und für die Höllenschcererei
krieg' ich zweihundert Gulden!
Zweihunderl jährlich, daß es knallt,
mir hat's fürwahr gerathen!
wie anders werden da bezahlt
die Dichter und Literaten!
Ein einziger Bogen wird honorirt
mit vierzig Gulden rheinisch,
wie bald ist das zusammg'schmiert,
da braucht's gar kein lateinisch;
so Einer sinnt meist gar nicht nach,
schreibt, was ihm eben einfällt,
von Lust und Schmerz, von Feld und Bach,
und das trägt so ein Schweingeld!
Wollt' oft schon werden Literat,
mich auch so lassen zahlen;
Hab' nachgesonnen früh' und spat —
ist mir nichts eingefallen.
Wenn ich gedienet vierzig Jahr',
dann ist erbleichet wohl mein Haar,
die Stirne voller Falten;
das Auge trüb' und pfui der Schand',
kaum kann die sonst so flinke Hand
den Gänsekiel mehr halten.
Und wenn ich schon so schwach und matt —
dann nehm' ich ein gestempelt' Blatt,
komm' ein um Jubilirung;
doch weil ich nichts zu schreiben Hab'
legt Langeweil mich bald in's Grab
zu langer Quieszirung.
Und weil ich immer nur mundirt,
doch niemals etwas konzipirt,
will selbst ich was verfasien,
und das soll eine Grabschrift sein,
die will auf meinen Leichenstein
Fraktur ich setzen lasien.
(Aus's Monument:)
„Hier ruhet Justus Schattenstrich,
weil Niemand and'rer, setzt' er sich
selbst diesen Epitafen.
O Herr, wenn Du beim jüngsten G'richt
brauch'st etwa keinen Schreiber nicht,
so laß ihn ruhig schlafen.
O teiupora. o mores !
„Fräulein, sehen Sie gerne Hinrichtungen?"
„O nichts lieber!"
„Ich wollte, ich würde geköpft."
Er hat es durchgesetzt.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"O tempora, o mores!" "Er hat es durchgesetzt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 18.1853, Nr. 432, S. 190
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg