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Katheder Vortrag

des Professors Eulogius Vocativus, über
Aesthetik der deutschen Sprache.

Hochzuverehrende Herrn!

Das täglich mehr aufschießende Neuererthum, oder der
moderne Bandalismus geht schon lange damit um, unter dem
Vorwände: unsere Muttersprache zu reinigen und zu verein-
fachen, — dieselbe zu verketzern, ihr alle Eigenthümlichkeiten
und Feinheiten zu rauben und die sonst klaren Begriffe in
babylonische Verwirrung zu bringen.

Als ein einfaches Beispiel solcher frevelhaften Neuerungs-
süchtelei will ich nur die beiden Buchstaben, das weiche d und
das harte t anführen, davon man bald das eine verbannen,
bald das andere wegwerfen will, und doch jenes nicht entbeh-
ren, und dieses nicht vermissen kann. Im Gegentheil, es be-
ruht gerade auf der verschiedenartigen Anwendung und mitunter
auch auf der Zusammensetzung dieser Buchstaben die schöne
Begriffsnuancirung und dieBestimmtheitdesAusdrucks, wodurch
ja insbesondere die Kürze in Wort und Rede erzielt wird.

Nehmen wir nur was uns zunächst liegt und was wir
täglich in die Hand nehmen, das kleine, aber bedeutungsvolle
Wörtchen Brod, so haben wir sogleich weiches, feines
Brod, — das Brod der reichen und vornehmen Leute, das
eigentliche hochdeutsche Brod. Nehmen wir dagegen Brodt,
so haben wir das gesunde kräftige Brodt des Mittelstandes,
der Krämer und der Handwerker, welches gegen das Ende
schon etwas härter wird, und deffen Erwerb, obschon gesichert
doch von Umständen bedungen und nicht ohne einige Arbeit
herbeizuschaffen ist. Dieses wäre dann das mitteldeutsche
Brodt. Nehmen wir aber Brot, so haben wir das harte
Brot der niedern Klassen der Gesellschaft, der Taglöhner,
Ackersleute und überhaupt der Armen und des Proletariats,

welches nicht nur hart ist, sondern auch hart verdient wird
und sich obendrein auch hart ißt, also das n i e d e r t e u t s ch e Brot.

Noch ausgeprägter ist folgendes Beispiele Ein Schmied,
das ist ein solcher, der weiches Metall verarbeitet, ein Fein-
schmied, ein Goldschmied, ein diplomatischer Ränkeschmied; ein
Sch mied t ist allenfalls ein Silberschmiedt, ein Messer-
schmieds ein Schmidt kann nur ein Waffenschmidt oder ein
Hufschmidt sein, und ein Schmitt wird sogleich als ein
Hammerschmitt oder überhaupt als ein Grobschmitt erkannt.

Deutschland mit dem weichen D ist Süd-Deutsch-
land, wo das Klima milder und zärter ist; Teutschland
dagegen mit dem harten T ist der nördliche Theil, wo alles
härter und rauher erscheint.

Und endlich, meine Herrn, wer des Todes gestorben,
ist sanft gestorben, dagegen wer des Todtes stirbt, hat
sicher ein härteres Ende gefunden.

Leifenblasen.

Alte Griechen wollt ihr machen,

Aus der deutschen Jugend Schaaren?
Ach, wie würde ein Hellene lachen,
Säh' er diese schwächlichen Barbaren.

Emancipirte Frauenzimmer —
Ich halte sie in Ehren.

Schon die Athener hatten sie,
Und nannten sie Hetären.

Spotten ist leicht,

Sagt ihr vielleicht.

O gewiß, die ganze Welt
Sorgt, daß es an Spott nicht fehlt.

Nach Westen fort, nach Westen fort!
Das ist des Tages Losungswort.

So wandert seit dreitausend Jahren
Die Welt entlang, ohn' Rast und Ruh',
Der Mensch dem Untergange zu.

Ich sah sie geh'n durch die Antikenhallen,

Die zarten, bleichen, enggeschnürten Damen.
Und da sie nun vor Aphrodite kamen
Wie sie entsteigt dem schaum'gen Meeresbette,
Da senkten sie das Aug' und die Lorgnette,
Verlegen mit den Taschentüchern fächelnd.

Der Göttin Marmorlippe zuckte lächelnd.

So ein lahmes, gravität'sches,
Schläfriges Trochäenmaß
Ist ein zu gemüthlich Ding,
Und es kommt mir immer vor
Wie ein alter, pensionirter
Ministerialassessor,
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"Katheder-Vortrag"
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G 5442-2 Folio RES

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München

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Geste <Motiv>
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Fliegende Blätter, 18.1853, Nr. 414, S. 46

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