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98

Dcr Strcithanns.

An bcm Todbctte meines VaterS halte ich gelebt, treu
auszuharrcu bei meinem Entschlüsse, dem geistlichen Stande
anzugchörcn. Nu» bestärkte mich darin die plötzlich sich ver-
breitende Kunde, Magarctha Steiner werde meinem Feinde
die Hand reichen, und siche da' — Margaretha selbst gestand
mir, sie opfere sich um ihres bedrängten Vaters willen, dem
dcr reiche Bursche — Rettung vor dem Gantvcrderbcn ver-
hieß, wenn die Tochter ihn ehelichen wolle.

Zertrümmert war mein Liebesglück, gebrochen meine
Hoffnung, ich sah keine Veranlassung mehr, dem geistlichen
Stande mich zu entziehen; ich trat in denselben ein, und
sogar in den Orden der Carmcliten, die noch zahlreich und
angesehen zu Voldcrs saßen.

Da kam das Jahr 1809, mit ihm der furchtbare Auf-
stand gegen die Bayern.

Im Kloster hier dcsorganisirte sich Alles; ein bayerischer
Rcgieruugs-Commissär erschien mit Mannschaft, erklärte das
Kloster für ansgehoben, die alten Ordcusglicder außer Kloster
■ auf Pension gesetzt ohne Amt und andere Stellung denn
als „Erkarmeliteruns Jüngern jedoch, namentlich Pater
Onnfrius und mir, von welch' Beiden man sich noch Nutzen
versah, wurden Seel - Sorgerstellen angewiesen. Ich bekam
als Pfarrer Mitterhall, mein Gcburtödorf, Pater Onnfrius
ward Kaplan in Schwatz."

„Ja ja," schaltete Pater Onnfrius ein, „ging dann
schon damals nach der Messe immer zu einem Schöpplein in
die Sonne!"

„Das Kloster selbst," fuhr dcr Prior fort, „ward in
i eine kleine Festung verwandelt.

In meinem Heimathdorfc erwartete mich ein ernstes
i Amt.! Die Bauern waren schon in Hellem Aufstande gegen ihre

i neuen Herren, die Bayern. Da hieß cs nun gut besänftigen

j und predigen! Und gerade der Streithanns war es wieder,

' der an dcr Spitze stand. Sein Haß zu mir war noch nicht

erloschen. Zwar stand seine Verehlichung mit Margaretha
bevor, und mich selbst sah der Bursche nun als ungefährlich
für seine Liebe an, da ich Priester geworden — allein nun
erwachte in ihm dcr Fanatismus des patriotischen Tyrolers.
Er ließ sich nicht nehmen, daß ich mit den Bayern im Ein-
vcrständniß sei, da ja die bayerische Regierung mich hier
zum Pfarrer gemacht und cs sonnenklar war, ich sollte jede
aufrührerische Bewegung dämpfen helfen.

So war meine Stellung eine schwere, ja unleidliche.
Dazu kam meine Erinnerung an Margarethens Liebe —
und, ach, ihr holder, schmerzerregender Anblick, der mir nur
zu oft ward.

Ihr Vater war bald gestorben, nachdem er sic mit dem
Streithannö förmlich verlobt hatte; sie stand nun einsam da
! und diente bei einem reichen Bauern; immer aber verzögerte
! sic die Perhcirathung mit dem Streithanns.

Da begegnete ich ihr eines Abends.

„Hochwürdeu," sprach sic schmerzlich bewegt, „denn ich
j darf ja nichts anders mehr sagen, seid Ihr wirklich gegen
uns? Haltet Ihr zu den Bayern? Seht, ich kann's nicht

glaube», Ihr seid ja auch ei» Tyrolerkiud wie ich, und mich
trcibt's immer an, mitzuhelfcn, daß wir die Bayern los-
werden!"

„Margaretha," sprach ich, „mein Amt ist ein fried-
liches; nicht Kriegs- und Aufruhrgedanken darf ich hegen.
Doch betheuerc ich Dir, auch ich liebe mein Vaterland und
schmerzlich tief kränkt mich Euer Verdacht."

„O mein Gott, ich Hab' Euch nicht im Verdacht, Herr
Wolfgang" — so hieß ich außer meinem Klosternamen —
rief Margaretha schmerzlich aus, „ich kenne Euch gar wohl,
von dcr Zeit her, wo ich von Euch" — — — sie redete
nicht ohne Anstrengung und schien absichtlich ihre Stebe ab-
zubrechcu — „aber die Bursche von Mitterhall trauen Kei-
nem, dcr in bayerischer Gnade steht. O ich will's Euch
gestehen, Wolfgang, was sie im Sinuc führen. Heut' Nacht
bricht der Aufstand mit Einem Schlage im ganzen Unter-
nnd Obcriunthalc aus — Volkers soll den Bayern auch
genommen werden, als wie Stamö im Oberinnthale. Und
die Bauern haben sich verschworen, alle Geistlichen, die die
Bayern aus ihren Klöstern geschafft, wieder hinein zu brin-
gen, damit sie wieder ihr Amt beginnen können. Das, so
hat der Streithanns gesagt, ist noch das Mindeste, was
Euch, Wolfgang, bevorsteht. Beim geringsten Widerstand
von Eurer Seite wollte man Euch als Landesfeind be-
handeln!"

Ich wußte nun, woran ich war. Gleichwohl beschloß
ich auf meiner Pfarrei zu verharren.

„Und Du, Margaretha," sprach ich, „was wirst Du
beginnen?"

„Ich helfe mit, die Bayern verjagen!" rief sie mit
flammendem Auge und eilte fort! „Lebt wohl, Wolfgang,
lebt wohl!"

Tiefbewegt sah ich dem herrlichen Mädchen nach und
schritt in meine Wohnung heim, nicht ohne Bangen vor der
Nacht.

Und der Sturm brach loö. Ein Feuergürtel flog die
Berge entlang, aus Stadt und Dorf heulten die Glocken,
das aufstcheude Landvolk wild begeisternd.

Es war tiefe Nacht, als ich einen Trupp Aufständischer
vor meiner Pfarrwohnung halten sah.

In mein Zimmer trat der Streithanns.

„Herr Pfarrer," sagte er finster, indem er die Büchse
vor sich stellte, „in Mitterhall habt Ihr ausgepfarrt! Wir
wollen Euch wieder zu Eurer Hora und Vesper in Volkers
verhelfen. Fort und folgt mir!"

Fest rief ich: „Entferne Dich, Hanns! — Nur mit
Gewalt bringt Ihr mich von meinem Posten, der mir an-
vcrtraut ist."

„Wer hat ihn Euch anvertraut?" rief er wild. „Oder
erkennt Ihr gar die Bayern als rechtmäßige Herrn?"

„Ich bin Dir keine Rechenschaft schuldig," sprach ich
ruhig weiter.

„Mein Amt ist friedlicher Natur und selbst ein unrecht-
mäßiger Landesherr thut kein Unrecht, wenn er Priester zu
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