Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst-
17. Handlungen, sowie von allen Postämtern und ^ ^
Zeitung s?ex peditionen angenommen.
Erscheinen wöchcntl. ein Mal. Preis des Bandes
(26 Nummern) 6 Mark 70 Pf., excl. Porto bei LXVIII.Bb.
directcm Bezüge. Einzelne Nummern 30 Pf.
Fräulein Dirndl.
Eine Stadt- und Dorfgeschichte
von Dr. MLrzroth.
I.
Das Lcichenbegängniß der Frau Sch e f f c l b e r g gehörte
zu den Pompösesten, die man seit langer Zeit in W. gesehen.
Der trauernde Wittwer, einst Wachtmeister, später Amtsschreiber,
nun durch seine verstorbene Frau — Rentier, ward ob des
Glanzes, mit dem er seiner tobten Ehehälfte die letzte Ehre er-
wies, allgenicin belobt, und dieß um so mehr, als man wußte,
daß er von der Seligen durch eine Reihe von etwa achtzehn
Jahren gar mancherlei ansgestanden. Die Verstorbene hatte
den Herrn Gemahl bis an ihr Ende mit einer unverwüstlichen
Eifersucht gequält, wozu in so ferne Anlaß vorlag, als der
Herr ■ Scheffelberg zu den schönsten, stattlichsten Männern der
Stadt gehörte, und überdieß von der Zeit her, als er noch
ledig war, gar merkwürdige Don-Juan-Stückchen von ihm um-
liefen. Man mußte aber gestehen, daß er von dem Augenblicke
an, als er die reiche, aber eben nicht sehr reizende Metzgers-
tochter geheirathet hatte, auch nicht ben kleinsten „Nebenschritt"
gcthan, und daß er die Selige in den letzten acht Jahren ihrer
langsam zerstörenden Krankheit mit musterhafter Aufopferung
pflegte. Dafür aber war er jetzt der Besitzer eines bedeutenden
Vermögens und hatte nun Gelegenheit, sich ans angenehme
Weise von den vielen Leiden seines Ehestandes zu erholen,
wie es in den stillen Betrachtungen. hieß, welche die Mütter
hcirathsfähiger Töchter über die neue Situation des Herrn
Scheffelberg anstellten.
Auch dem nagelneuen Wittwer schienen ähnliche Gedanken
nicht fremd zu sein, denn es waren noch nicht sechs Monate
nach dem pompösen Leichenbegängnisse verflossen, als er bereits
den siegreichsten Curmachern der Stadt in's Handwerk zu greifen
nicht übel Lust zeigte. Er war zwar schon ein guter Fünfziger,
aber noch immer ein schöner Mann, dazu in jeder Beziehung
eine wünschenswerthe Partie — kein Wunder, daß er in allerlei
Gesellschaftskreisen berechnendes Entgegenkommen fand.
„Es wäre ein dummer Streich," sagte er zu sich selbst,
„wenn ich mich wieder in's Joch begeben wollte, aber jetzt kann
ich w ä h l e n, was früher nicht dev Fall war! Das gibt der
Sache ein anderes Gesicht! Wir wollen also mit Vorsicht zu
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17. Handlungen, sowie von allen Postämtern und ^ ^
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(26 Nummern) 6 Mark 70 Pf., excl. Porto bei LXVIII.Bb.
directcm Bezüge. Einzelne Nummern 30 Pf.
Fräulein Dirndl.
Eine Stadt- und Dorfgeschichte
von Dr. MLrzroth.
I.
Das Lcichenbegängniß der Frau Sch e f f c l b e r g gehörte
zu den Pompösesten, die man seit langer Zeit in W. gesehen.
Der trauernde Wittwer, einst Wachtmeister, später Amtsschreiber,
nun durch seine verstorbene Frau — Rentier, ward ob des
Glanzes, mit dem er seiner tobten Ehehälfte die letzte Ehre er-
wies, allgenicin belobt, und dieß um so mehr, als man wußte,
daß er von der Seligen durch eine Reihe von etwa achtzehn
Jahren gar mancherlei ansgestanden. Die Verstorbene hatte
den Herrn Gemahl bis an ihr Ende mit einer unverwüstlichen
Eifersucht gequält, wozu in so ferne Anlaß vorlag, als der
Herr ■ Scheffelberg zu den schönsten, stattlichsten Männern der
Stadt gehörte, und überdieß von der Zeit her, als er noch
ledig war, gar merkwürdige Don-Juan-Stückchen von ihm um-
liefen. Man mußte aber gestehen, daß er von dem Augenblicke
an, als er die reiche, aber eben nicht sehr reizende Metzgers-
tochter geheirathet hatte, auch nicht ben kleinsten „Nebenschritt"
gcthan, und daß er die Selige in den letzten acht Jahren ihrer
langsam zerstörenden Krankheit mit musterhafter Aufopferung
pflegte. Dafür aber war er jetzt der Besitzer eines bedeutenden
Vermögens und hatte nun Gelegenheit, sich ans angenehme
Weise von den vielen Leiden seines Ehestandes zu erholen,
wie es in den stillen Betrachtungen. hieß, welche die Mütter
hcirathsfähiger Töchter über die neue Situation des Herrn
Scheffelberg anstellten.
Auch dem nagelneuen Wittwer schienen ähnliche Gedanken
nicht fremd zu sein, denn es waren noch nicht sechs Monate
nach dem pompösen Leichenbegängnisse verflossen, als er bereits
den siegreichsten Curmachern der Stadt in's Handwerk zu greifen
nicht übel Lust zeigte. Er war zwar schon ein guter Fünfziger,
aber noch immer ein schöner Mann, dazu in jeder Beziehung
eine wünschenswerthe Partie — kein Wunder, daß er in allerlei
Gesellschaftskreisen berechnendes Entgegenkommen fand.
„Es wäre ein dummer Streich," sagte er zu sich selbst,
„wenn ich mich wieder in's Joch begeben wollte, aber jetzt kann
ich w ä h l e n, was früher nicht dev Fall war! Das gibt der
Sache ein anderes Gesicht! Wir wollen also mit Vorsicht zu
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Fräulein Dirndl. Eine Stadt- und Dorfgeschichte von Dr. Märzroth"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)