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46 Praktis ch

Wie auf verschiedenen anderen Gebieten des Handels und der
Industrie, so ist auch aus dem Gebiete der Schriftstellerei und
der Dichtung unleugbar ein gewisser Nothstand eingetreten. Auch
hier ist trotz des doch gewiß bedeutenden Konsums große Ueber-
production vorhanden und die Concurrenz droht den Werth der
einzelnen Artikel bis auf den Selbstkostenpreis herunter zu drücken.

Aus diesem Grunde sollte jeder Versuch, der literarischen
Production ein erweitertes Absatzgebiet zu schaffen, zum mindesten
mit Genugthuung, eigentlich aber mit freudiger Zustimmung aus-
genommen werden, besonders, wenn es sich um einen Vorschlag
handelt, der, wie der jetzt gleich näher zu bezeichnende, nach so
verschiedenen Richtungen hin Nutzen zu stiften im Stande ist.

Es ist eine wohl ziemlich allgemein bekannte Thatsache, daß
verschiedene Kaufleute, wie z. B. Krämer, Victualien- und Deli-
catesscn-Händler, viele ihrer Verkaufsgegenstände in einer Um-
hüllung von bedrucktem Papier abliefern. Diese bedruckte Papier-
umhüllung besteht meistentheils aus zerrissenen Zeitnngsexemplaren
oder einzelnen Buchseiten ohne irgend welchen Zusammenhang,
also auch ohne jeden literarischen Werth.

Ist es nun nicht eine mindestens nach zwei Richtungen hin
lucrative Idee, dies in unnützer Weise bedruckte Einwickelungs-
papier durch ein anderes von selbstständig literarischem und dich-
terischem Wcrthe zu ersetzen? Wäre dadurch nicht unfern fleißigen
Schriftstellern ein neues großes Schaffcnsgebiet eröffnet und zu-
gleich den Krämern, Victualien- und Delicatessen-Händlern ein
vortreffliches Mittel geliefert, sich alte Kunden zu sichern und
neue heranzuziehen?

Es bedarf doch wahrlich nur einer geringen Menschenkenntniß
zu der sichern Voraussetzung, daß eine Hausfrau oder deren
abgesnndtes Dienstmädchen sehr bald einen neuen Einkauf machen
wird, wenn der Budiker das Stück Käse oder den geräucherten
Aal in den Anfang eines spannenden Romans gewickelt hat,
der gerade seine aufregende Exposition mit den Worten abbricht:
Fortsetzung beim nächsten Einkauf. — Es hieße wahrlich den
Geist und die Geschicklichkeit unserer Schriftsteller absichtlich ver-
leugnen, wenn man nicht als sicher annehmcn wollte, daß die
Hausfrau oder deren abgesandtes Dienstmädchen mindestens eben-
so viele Portionen von den Leckerbissen des Budikers, und zwar
in schneller Reihenfolge holen würde, wie der spannende Roman
Portionen enthält.

Aber auch in ethischer und künstlerischer Beziehung bietet
mein Project unleugbare Vortheile und Verbesserungen. Die
consumirende Menschheit würde danach nicht mehr nur von dem
rein materiellen Standpunkte aus den Käse oder den geräucherten
Aal dort kaufen, wo er am besten und billigsten ist, sondern
es würde ganz sicher der Name und das Renommse des Schrift-
stellers mit in Berücksichtigung gezogen werden, in dessen Geistes-
produkt die respect. Nahrungsmittel eingeschlagen sind. — Nur
Neid oder Beschränktheit wird in Abrede stellen können, daß
so eine edle Concurrenz zwischen roh materiellen und geistig
erhebenden Dingen in wahrhaft idealer und gegenseitig fordernder
Weise eröffnet ist.

Selbstverständlich handelt es sich bei meinem Plane nicht
nur um spannende Romane oder um andere größere Erzählungen,

c Poesie.

Novellen rc. mit Fortsetzungen. Jeder intelligente Budiker müßte
auch für den Theil seiner Kundschaft zu sorgen wissen, der bei
seinen Einkäufen das Einwickelungspapier oder die Düte vor-
zieht, welche mit einer in sich abgeschlossenen Dichtung versehen
ist. Kürzere epische und lyrische Gedichte würden sich für diesen
Zweck ganz besonders eignen, und unfern jungen Real-Poeten
ist damit ein Feld angewiesen, das gerade speciell mit ihrem
Pegasus so überaus lohnend zu beackern sein würde. Den-
jenigen Delicatessen-Händlern aber, in deren Kundschaft sich
auch literarische Feinschmecker befinden, würde ich für ihr Laden-
papier kurze Sentenzen empfehlen, die allgemeine Lebensweisheit
und speciellc Vorzüge der eingewickelten Delicatessen predigen.

So zum Beispiel:

Wohl dem, der eine Brust gefunden,

In die er schüttet Leid und Lust,

Besonders, wenn sie, liebe Kunden,

So zart wie diese Gänsebrust.

* . *

Liegt Dir an Deinem eig'nen Vortheil stark,

Laß' auch daraus für And're Nutzen blinken;

Kauf hier (das Pfccnd iin Ausschnitt nur 2 Mark)

Und wirf mit dieser Wurst nach diesem Schinken.

Daß man sich vor Dir bückt, die Ehrbcgier,

Nicht stärker'u Sporn zum Vorwärtsstreben kenn' ich;
Doch, lieber Freund, viel leichter hast Du's hier,

Hier giebt's 5 Bücklinge für 20 Pfennig!

_ Alb. Roderich.

Sicheres Mittel.

-

„Sieh' doch, Litty, wie unverschämt die Herren uns nach-
steigen!" — „Weißt Du was, Mimi — gehen wir zum
Standesamt — da werden sie gleich verschwinden!"
Bildbeschreibung

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Titel/Objekt
"Sicheres Mittel"
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Fliegende Blätter
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G 5442-2 Folio RES

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Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bechstein, Ludwig
Entstehungsort (GND)
München

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Publikation

Fund/Ausgrabung

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Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

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Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

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Fliegende Blätter, 87.1887, Nr. 2192, S. 46

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