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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 5
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Scheffler, Karl: Wilhelm Trübner
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0199

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KARL SPITZ WEG, BOOT IM STURM
AUSGESTELLT BEI FRITZ GURLIT1, BERLIN

WILHELM TRUBNER f

Diesem Nachruf für Wilhelm Trübner, der am
20. Dezember im siebenundsechzigsten Lebens-
jahre gestorben ist, hätten wir gern ein Selbstbildnis
vorangestellt. Es giebt aber keines, das von dem reifen
Manne eine lebendige Vorstellung vermitteln könnte.
Trübner hat sich zweimal als Einundzwanzigjähriger
gemalt, dreimal als Soldat und ein paarmal auch in
den Jahren 1876 bis 1878. Zwanzig Jahie später hat
er sich in einer Rüstung gemalt und 1901 endlich zu
Pferde. Alle diese Selbstbildnisse geben aber nicht den
Menschen Trübner von seiner geistigen Seite; bei allen
ist die eigene Erscheinung dem Künstler nur ein Vor-
wand gewesen, rein malerische Probleme zu lösen.
Das Optische hat ihn interessiert, nicht das Geistige.
Das ist bezeichnend. Wie Irübner sich selbst als
Porträtist gegenüberstand, so stand er allen Erschei-
nungen der Natur gegenüber. Für das Geistige und
Beseelte der Natur hatte er kein Organ; darin war
er unempfindlich. Er war weder Dichter noch Stim-
mungsmensch, er war nichts weniger als ein geistiger
Ergründen Durch seine ganze Malerei geht eine ge-
wisse seelische Gleichgültigkeit. Zugleich aber hatte
er einen ungewöhnlichen Malersinn, eine genialische
Malerempfindlichkeit für das Optische, für die Struk-

tur von Licht und Schatten, von Ton und Farbe, von
Linie und Form; im Optischen war sein Auge schöpfe-
risch und seine Hand gehorchte auf's getreueste dem
zerlegenden und wiedervereinigenden Auge. Diese ein-
seitige Anlage hat es gemacht, dass Trübner ein mo-
derner Meister des Stillebenhaften geworden ist. Ein
Stillebenmaler im weitesten Sinne, denn es herrschen in
seinem Lebenswerk der Mensch und die Landschaft vor;
ein Stillebenmaler, weil ihm alle Natur unter dem flächig
malenden Breitpinsel unversehens zu einem schönen
lebendigen Arrangement wurde, weil alle Motive — das
Bildnis und die Landschaft, eine Gigantenschlacht und
ein Parisurteil — nur gewählt erscheinen, um Objekte
einer wunderschönen Tonigkeit zu werden. Leibi konnte
mit einem gewissen Recht sagen: „ich male was ich sehe,
da ist die Seele ohnehin dabei." Trübner hätte so nicht
sprechen dürfen. Leibi war ein sehr objektiv gerichteter
Geist, vor der Natur hatte er ein Pflichtgefühl ähnlich
wie Menzel; darum ist in seinen Bildern wirklich „die
Seele" in gewisser Weise mit abkonterfeit. Trübner
ist weit weniger objektiv vor die Natur getreten; er
sah die Natur mehr als ein Dekorateur (im höchsten
Sinne), er sah sie mehr als Virtuos (wieder im höchsten
Sinne). Er machte die Natur einem malerisch hoch

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