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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 11
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Scheffler, Karl: Die Ausstellung der freien Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0426

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MAX PECHSTEIN, BUCHT VON MONTEROSSO. TRIPTYCHON

DIE AUSSTELLUNG DER FREIEN SEZESSION

Die Berliner Freie Sezession hat sich einen neuen
Präsidenten gewählt: Theo von Brokhusen.
Dieser scheint die Krönung stark zu empfinden
und von dem Ehrgeiz beseelt zu sein, die Sommer-
ausstellungen wieder zu dem zu machen, was sie in
der grossen Zeit der Berliner Sezession gewesen
sind. Die Art der Inszenierung deutet auf . ein
solches Bestreben hin. Das Ausstellungsprogramm
zeugt von Unternehmungslust. Aber es zeugt auch
von einer gewissen Unruhe und Fahrigkeit. Es ist
die Verwirklichung hinter dem Plan zurückgeblie-
ben, einmal weil in diesen Zeitläuften Ausstellungen
überhaupt . nur mit grossen Schwierigkeiten zu
machen sind und sodann, weil die praktische Regie
in vielen Punkten versagt hat.

Die Schweizer Künstler, die zur Teilnahme ge-
geladen worden sind, waren bei der Eröffnung der
Ausstellung noch nicht eingetroffen. Ende Mai
sind ihre Bilder endlich aufgehängt worden. Da-
gegen scheint die Teilnahme der holländischen
Künstler überhaupt zweifelhaft geworden zu sein.
Der Kunstfreund ist darüber nicht sehr enttäuscht.
Es kommt bei diesem jetzt so beliebten Kunstaus-
tausch zwischen Deutschland einerseits und Holland,
Dänemark, Schweden und der Schweiz anderseits
kaum etwas anderes heraus als Missvergnügen auf
beiden Seiten; im besonderen müsste die schweize-
rische Kunst denn doch anders vertreten sein als
durch einige wenig charakteristische Bilder — wo-
bei Hodler noch fehlt und den politischen Verhält-

nissen nach fehlen musste* —, wenn ein zutreffen-
des Bild von der nationalen Eigenart und den be-
sonderen Fähigkeiten dieses Volkes gegeben werden
soll. Die Idee der Einladung war von vornherein
nicht glücklich. Zu solchen Dingen gehört die
Vorbereitungszeit von Jahren.

Nicht günstiger lässt sich leider urteilen über
die Ehrung, die dem jungen, im Kampf gefallenen
Götz von Seckendorf): zuteil geworden ist. Zwei-
undzwanzig seiner Bilder, zum Teil grossen Formats,
waren zuerst im Hauptsaal ausgestellt. Es wird
dieser durch ein reines Idealistenwollen liebens-
wert aber etwas wunderknabenhaft künstlich
erscheinende Anfänger also mehr geehrt, als zu
seiner Zeit Waldemar Rösler, eines der stärksten
Talente der Freien Sezession, geehrt worden ist.
Die Pietät erscheint zu weit getrieben. Trat man
vor die Wand, auf der die Bilder von Seckendorffs
nebeneinander hingen,-so thaten einem die Augen
weh von der Schlacht kalter Farben, von der
kalkigen Helligkeit dieser klassizistischen Alle-
gorien. Das mit expressionischer Romantik erfüllte
Griechentum, die aus den mythologischen Bezirken
der klassischen Welt geholten Motive, sind so
konventionell, mit so dünner Allegorisierungskunst
und so formalistisch realisiert, und sie sind malerisch
so in Fetzen gerissen worden, dass das an sich Starre
in einer unerträglichen Weise unruhig geworden

* Inzwischen ist er gestorben. An seiner Bahre schweigt
der politische Streit.

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