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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 12
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NEUE BUCHER

C'arl Georg Heise: Norddeutsche Malerei.
j Mit 119 Abbildungen auf 100 Tafeln. Leipzig,
Kurt Wolff Verlag, 1918. Preis gebunden 32 Mark.

Die Entdeckung eines bislang völlig unbekannten
deutschen Malers der zweiten Hälfte des fünfzehnten
Jahrhunderts, der den besten seiner Zeit an die Seite
gestellt zu werden verdient, ist die schönste Uber-
raschung, die wir dem vortrefflichen Buche über nord-
deutsche Malerei verdanken, das Carl Georg Heise ge-
schrieben hat. Hinrik Funhof ist der Name, den man
sich von nun an wird merken dürfen. Man wird nach
Lüneburg reisen, um die Flügelbilder des Hochaltares
der Johanniskirche zu sehen, die von der kunstwissen-
schaftlichen Literatur bisher kaum noch beachtet waren,
wie man nach Nördlingen reist, um Herlins Werke zu
studieren. Mit sicherem Blick hat Heise die Bedeutung
der Malereien erkannt, deren Urheber zu nennen ihm
die sorgfältigen Urkundenforschungen Biernatzkis und
Dr. Reinckes ermöglichten. Seltsam, wieviel ein Name
beiträgt, eine Persönlichkeit greifbar und lebendig er-
scheinen zu lassen. Es ist nicht viel, was wir von dem
Lebensweg des Meisters erfahren. Aber die wenigen
Daten genügen, zu bestätigen, was der Befund der
Bilder lehrt, dass Funhof ein geachteter und hoch-

geschätzter Künstler seiner Zeit gewesen sein muss.
Er heiratete die Witwe des Malers Hans Bornemann,
wie ähnlich anderen Orts die Künstler des deutschen
Mittelalters sich verschwägerten. Bornemann seiner-
seits hatte die Werkstatt des Conrad von Vechta fort-
gesetzt. Unter dessen Kuratel stand die Witwe des
Meisters Henselin von Strassburg, der vielleicht in
Wahrheit der Maler gewesen ist, den wir als Meister
Francke zu benennen uns gewöhnt haben. Nach Fun-
hofs Tode ehelichte die alte Frau Gherburg zum dritten
Male einen Maler, Absolon Stumme, der aus Dänemark
zugewandert war. Ihr Sohn aus erster Ehe, Hinrik
Bornemann, ist ebenfalls als Maler bekannt. So knüpft
sich die Reihe der Hamburgischen Künstler, für die
alle Heise mit guten Gründen bezeichnende Werke
namhaft zu machen imstande ist, aus denen aber
Hinrik Funhof nach Bertram und Francke als die weit-
aus bedeutendste Erscheinung hervorragt. Durch mehr
als ein Jahrhundert ersteht die Kunstübung einer Stadt
wieder, die bisher nur in ihren ersten Phasen bekannt
gewesen ist. Für den glücklichen Entdecker hätte die
Gefahr nahe gelegen, der Verlockung nachzugeben, die
Glieder, die er fand, zur Kette einer bodenständigen
Kunstentwicklung zu verknüpfen. Dass er ihr wider-

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