396
@rd>, das durch den Eingang in eine Grotte vorgestellt
ist. Der Verstorbene ist zur Hälfte unbekleidet, nur ein
Mantel schlägt sich um seine Hüften, und fällt bis auf
die Füße hinab; in einer ruhigen Haltung richtet er die
letzten Worte an seinen Sohn, der, neben ihm stehend,
ihn mir Zärtlichkeit und Ehrfurcht betrachtet, und in der
einen Hand eine Rolle hält, das Testament, das er so
eben von seinem Vater empfangen hat. Man weiß, daß
der Vater ihm empfahl, nicht allein das, was er gesam-
melt hatte, niemals zu veräußern, sondern auch die Samm-
lung fortzusetzen. *) Neben dem, Sohne Sommariva
steht man die Muse der Bildhauerei, am Boden sitzend
im Gefühl der Verlassenheit und deö Schmerzes; indem
sie die Worte des Vaters hört, richtet sie sich auf, und
ergreift ihren Hammer, den sie beim Verluste ihres Be-
schützers hatte fallen lassen.
Ein kleines Medaillon an dem sehr einfachen Unter-
bau enthält in leichtem Relief einen Genius des Todes,
durch ein Kind personifizirt, welches so eben eine bren-
nende Lampe ausgelöscht hat, von der nur noch der Rauch
aufsteigt; hinter ihm ist eine kleine Aschen-Urne, die es
aufdeckt. Man wird mit uns gestehen, daß man auf
solche Weise die Geschichte auf den Marmor zeichnet. So
sind wir denn befreit von den widrigen Skeletten mit.
Sensen und Laternen! Da.unsere Religion uns lehrt,
daß der Tod nur das Ziel einer Laufbahn voll Kummer
und Sorgen ist, um zu einer ewigen Glückseligkeit zu
gelangen, so war es mehr als lächerlich, diesen Uebergang
durch ein Bild zu versinnlichen, welches nur Entsetzen
einflößt. Das Nakte des Basreliefs ist korrekt, die
Draperien sind einfach, doch hätten wir es für besser ge-
halten, wenn die Bekleidung der Muse mehr Leichtigkeit
erhalten hätte , vorzüglich auf der Brust, wo zu große
und weite Falten so anmuthige Formen verdecken. Die-
sen Vorwurf haben wir bei dem folgenden Werke nicht
zu machen.
Das Gefühl eines lebendigen, edlen Schmerzes ist
auf rührende Weise in einer schönen weiblichen Bnöre-
lief-Figur, von natürlicher Größe, ausgedrückt. Sie
liegt auf den Knieen an einem Grabmale; ihr linker
Arm, auf den Grabstein gestützt, stützt ihren Kopf, wel-.
cher auf der Urne ruht, wahrend die Rechte kraftlos ein
Gefäß hält, worin das Oel sich befindet, mir dem sie. die
Lampe wieder belebt hat, welche am Fuße des Grabes
brennt. Der Arm vermehrt sehr den Eindruck der
Stellung durch seine weiche Nachlässigkeit, und ersetzt auf
eine würdige Weife den Ausdruck der Traurigkeit, wel-
*) Folgendes ist eine Stelle aus den Versen, die zu sei-
nem Lobe in dem Journale l’Eco gedruckt waren:
. . . . . 1i grida
Ti sia cara costui, sanla ti sia
Ne mai si avveggia del perduto amico.
j chen Marchest, wie es scheint, auf dem Gesichte seiner
Gebieterin vermeiden wollte. Man kann nicht genug br»
wundern, mit welchem, man möchte sagen poetischen, Ver-
stände der Künstler seiner Draperie die größte Einfach-
heit gegeben, und die geraden Linien ohne Steifheit und
Ueberladung angewendet hat. So mußte er eine Fran
darstellen, die insgeheim und allein eine heilige Pflicht
zu Ehren eines geliebten Wesens, das sie verlor, er-
füllt. Reichthum in ihrem Kleide hätte die Poesie dis-
fes Monumentes entstellt. Es ist für die Herzogin von
Leuchtenberg *) gemacht, und wird dahin gebracht werden,
wo schon das auf ihren Befehl von dem Dänen Thor-
waldsen ausgeführte Grab des Herzogs, ihres Gemahls,
aufgestellt ist.
Wie hübsch stnd^die zwei Kinder des zartesten Al-
ters , welche das Grab vereinigt hat. Das ältere ist von
dem Aufenthalte der Scl'gcn herabgestiegen, um den klei-
nen Bruder, den es am Arm hält, dahin zu führen. Diese
Denkmale väterlicher und mütterlicher Zärtlichkeit sind
für die lebenden Kinder eine Lehre, denn wir sehen in
unsrer Gegend weit häufiger Ehrenbezeigungen dieser
Art von Aeltern, von Gatten dargebracht, als von ge-
rührten, dankbaren Kindern.
Die liebliche kleine Statue in Marmor, welche die
Unschuld, unter der Figur eines kaum erwachsenen Mäd-
chens, das einer Schlange schmeichelt, vorstellt, sollte einen
etwas kleinern , Kopf haben, sie würde dann alle Reize be-
sitzen, die ihre so natürliche Stellung und eine hübsche
Gestalt darbieten.
Der weibliche Kopf, in einen Schleier gehüllt, der
unter dem Kinne sich-schließt, wurde uns als Vestalin
bezeichnet. Dieser Anzug hat nichts den Pricsterinnen
der Vesta Eigrnes, welche man durch die Vittac aus-
zeichnete. Jeder Bildhauer, der nach der Antike stuöirt
hat, wird einen hübschen Kopf und einen geschmackvoll
über denselben geschlagenen Schleier machen können.
Mehrere sehr ähnliche Bildnisse, worunter das des
Doktor Acerbi, Professors der Naturgeschichte an dem
Aleranders-Lyceum; das des berühmten Verfassers der
Abhandlung „über Verbrechen und Strafen" Beccaria
aus Mailand; eine mit der Toga bekleidete Magistrats-
person; zwei Büsten von Damen, die man Matronen
nennen kann rc. Die Haare schienen uns in der Ausfüh-
rung vernachläßigt, obgleich niit Geschmack angeordnet.
Geschieht es, um das Fleisch sorgfältiger und zarter er-
scheinen zu lassen? Die Alten arbeiteten die Haare'mit
Feinheit aus, um ihre Leichtigkeit auszudrücken.
(Die Fortsetzung folgt.)
*) Auguste Amalie, vormalige Wizekbnigin von Italien,
weiht e$ dem Andenken ihrer Erzieherin, der BaronM
von Wurms, (Es ist bereits in den Arkaden des Got-
tesackers zu München ausgestellt. Anm. d. H.)
@rd>, das durch den Eingang in eine Grotte vorgestellt
ist. Der Verstorbene ist zur Hälfte unbekleidet, nur ein
Mantel schlägt sich um seine Hüften, und fällt bis auf
die Füße hinab; in einer ruhigen Haltung richtet er die
letzten Worte an seinen Sohn, der, neben ihm stehend,
ihn mir Zärtlichkeit und Ehrfurcht betrachtet, und in der
einen Hand eine Rolle hält, das Testament, das er so
eben von seinem Vater empfangen hat. Man weiß, daß
der Vater ihm empfahl, nicht allein das, was er gesam-
melt hatte, niemals zu veräußern, sondern auch die Samm-
lung fortzusetzen. *) Neben dem, Sohne Sommariva
steht man die Muse der Bildhauerei, am Boden sitzend
im Gefühl der Verlassenheit und deö Schmerzes; indem
sie die Worte des Vaters hört, richtet sie sich auf, und
ergreift ihren Hammer, den sie beim Verluste ihres Be-
schützers hatte fallen lassen.
Ein kleines Medaillon an dem sehr einfachen Unter-
bau enthält in leichtem Relief einen Genius des Todes,
durch ein Kind personifizirt, welches so eben eine bren-
nende Lampe ausgelöscht hat, von der nur noch der Rauch
aufsteigt; hinter ihm ist eine kleine Aschen-Urne, die es
aufdeckt. Man wird mit uns gestehen, daß man auf
solche Weise die Geschichte auf den Marmor zeichnet. So
sind wir denn befreit von den widrigen Skeletten mit.
Sensen und Laternen! Da.unsere Religion uns lehrt,
daß der Tod nur das Ziel einer Laufbahn voll Kummer
und Sorgen ist, um zu einer ewigen Glückseligkeit zu
gelangen, so war es mehr als lächerlich, diesen Uebergang
durch ein Bild zu versinnlichen, welches nur Entsetzen
einflößt. Das Nakte des Basreliefs ist korrekt, die
Draperien sind einfach, doch hätten wir es für besser ge-
halten, wenn die Bekleidung der Muse mehr Leichtigkeit
erhalten hätte , vorzüglich auf der Brust, wo zu große
und weite Falten so anmuthige Formen verdecken. Die-
sen Vorwurf haben wir bei dem folgenden Werke nicht
zu machen.
Das Gefühl eines lebendigen, edlen Schmerzes ist
auf rührende Weise in einer schönen weiblichen Bnöre-
lief-Figur, von natürlicher Größe, ausgedrückt. Sie
liegt auf den Knieen an einem Grabmale; ihr linker
Arm, auf den Grabstein gestützt, stützt ihren Kopf, wel-.
cher auf der Urne ruht, wahrend die Rechte kraftlos ein
Gefäß hält, worin das Oel sich befindet, mir dem sie. die
Lampe wieder belebt hat, welche am Fuße des Grabes
brennt. Der Arm vermehrt sehr den Eindruck der
Stellung durch seine weiche Nachlässigkeit, und ersetzt auf
eine würdige Weife den Ausdruck der Traurigkeit, wel-
*) Folgendes ist eine Stelle aus den Versen, die zu sei-
nem Lobe in dem Journale l’Eco gedruckt waren:
. . . . . 1i grida
Ti sia cara costui, sanla ti sia
Ne mai si avveggia del perduto amico.
j chen Marchest, wie es scheint, auf dem Gesichte seiner
Gebieterin vermeiden wollte. Man kann nicht genug br»
wundern, mit welchem, man möchte sagen poetischen, Ver-
stände der Künstler seiner Draperie die größte Einfach-
heit gegeben, und die geraden Linien ohne Steifheit und
Ueberladung angewendet hat. So mußte er eine Fran
darstellen, die insgeheim und allein eine heilige Pflicht
zu Ehren eines geliebten Wesens, das sie verlor, er-
füllt. Reichthum in ihrem Kleide hätte die Poesie dis-
fes Monumentes entstellt. Es ist für die Herzogin von
Leuchtenberg *) gemacht, und wird dahin gebracht werden,
wo schon das auf ihren Befehl von dem Dänen Thor-
waldsen ausgeführte Grab des Herzogs, ihres Gemahls,
aufgestellt ist.
Wie hübsch stnd^die zwei Kinder des zartesten Al-
ters , welche das Grab vereinigt hat. Das ältere ist von
dem Aufenthalte der Scl'gcn herabgestiegen, um den klei-
nen Bruder, den es am Arm hält, dahin zu führen. Diese
Denkmale väterlicher und mütterlicher Zärtlichkeit sind
für die lebenden Kinder eine Lehre, denn wir sehen in
unsrer Gegend weit häufiger Ehrenbezeigungen dieser
Art von Aeltern, von Gatten dargebracht, als von ge-
rührten, dankbaren Kindern.
Die liebliche kleine Statue in Marmor, welche die
Unschuld, unter der Figur eines kaum erwachsenen Mäd-
chens, das einer Schlange schmeichelt, vorstellt, sollte einen
etwas kleinern , Kopf haben, sie würde dann alle Reize be-
sitzen, die ihre so natürliche Stellung und eine hübsche
Gestalt darbieten.
Der weibliche Kopf, in einen Schleier gehüllt, der
unter dem Kinne sich-schließt, wurde uns als Vestalin
bezeichnet. Dieser Anzug hat nichts den Pricsterinnen
der Vesta Eigrnes, welche man durch die Vittac aus-
zeichnete. Jeder Bildhauer, der nach der Antike stuöirt
hat, wird einen hübschen Kopf und einen geschmackvoll
über denselben geschlagenen Schleier machen können.
Mehrere sehr ähnliche Bildnisse, worunter das des
Doktor Acerbi, Professors der Naturgeschichte an dem
Aleranders-Lyceum; das des berühmten Verfassers der
Abhandlung „über Verbrechen und Strafen" Beccaria
aus Mailand; eine mit der Toga bekleidete Magistrats-
person; zwei Büsten von Damen, die man Matronen
nennen kann rc. Die Haare schienen uns in der Ausfüh-
rung vernachläßigt, obgleich niit Geschmack angeordnet.
Geschieht es, um das Fleisch sorgfältiger und zarter er-
scheinen zu lassen? Die Alten arbeiteten die Haare'mit
Feinheit aus, um ihre Leichtigkeit auszudrücken.
(Die Fortsetzung folgt.)
*) Auguste Amalie, vormalige Wizekbnigin von Italien,
weiht e$ dem Andenken ihrer Erzieherin, der BaronM
von Wurms, (Es ist bereits in den Arkaden des Got-
tesackers zu München ausgestellt. Anm. d. H.)