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t\ u n 0 t - Ö l u t t.
Donnerstag, 30. M a i 1 8 3 3.
Sculptur.
Leben und Werke des dänischen Bild-
hauers Bertel Thorwaldsen, dargcstcllt
von I. M. Thiele, Professor, Sekretär an
der königl. Akademie der schönen Künste, wie
auch an der großen königl. Bibliothek zu Copen-
hagen. Erster Theil. Mit achtzig Kupfertafeln
und einem Facstmile. Leipzig, F. A. Brock-
haus, 1832. Großfolio.
Dieses Werk kommt einem gedoppelten Bedürfniß
entgegen. Es hatte bisher sowohl an einer gründlichen
und umfassenden biographischen Darstellung über Thor-
waldsen, als auch an einer vollständigen Sammlung
von Zeichnungen seiner Werke gefehlt; und man hatte
das Recht, diesen Mangel um desto schmerzlicher zu em-
pfinden, je bedeutsamer, ja man darf sagen, einziger die
Stellung Thorwaldsens in der Geschichte der neuesten
Entwicklung der Sculptur und überhaupt der bildenden
Künste ist, während bereits mehreren seiner Zeitgenossen
jene Auszeichnung zu Theil geworden, worunter nament-
lich die von Waagen in Berlin bevorwortete und erläu-
terte Herausgabe sämmtlicher Werke von Rauch sich
durch Stich, Erklärung und sonstige Ausstattung her-
vorthut.
Der Unternehmer des vorliegenden Werkes hat seit
dem Jahre 1825, in welchem er nach einem wohlbenützten
längeren Aufenthalte Rom und Italien verließ, mit
großem Fleiß und seltener Ausdauer sich durch die vie-
len Schwierigkeiten seines Gegenstandes hindurch gear-
beitet. Es ist aber auch mit Vergnügen wahrzunehmen,
wie sehr ihm Eigenschaften und Verhälnisse zu Statten
kamen, um etwas recht Tüchtiges zu leisten. Professor
Thiele war bei seinem Verweilen in Rom die Werke
seines großen Landsmannes in dessen Werkstätten ansich-
tig geworden, wie sie zum großen Theil wenigstens noch
in den Modellen nach Idee und Gestalt zu bewundern,
viele schon in Marmor ausgeführt aber noch unversen-
det, unzählige unter den Händen seiner vielen Schüler
und Arbeiter im Entstehen der Ausführung begriffen
sind, und namentlich war es in den Jahren 1824 und
1825, daß das für den Grafen Sommariva bestimmte
Eremplar des Aleranderzugs aus dem todten Steine Leben
gewann und für diesen Behuf in dem großen Studium
des Künstlers das Modell zu behaglichster Beschauung
anfgestellt war. Diese Bekanntschaft mit den Werken
Thorwaldsens ward noch vervollständigt durch die
persönlichen Berührungen und Gespräche, zu welchen sich
der sonst stille und schweigsame Meister gegen den offenen
Sinn wahrer Liebe und Begeisterung für das Schöne
gern erbietet, um wie viel mehr, wenn ihm solcher an
dem empfohlenen talentvollen Landsmann enrgegentritt.
So war es denn ein Zusammenwirken der'Bewunderung
der Werke, der ehrerbietigen Liebe zu der Persönlichkeit
Thorwaldsens und eines patriotischen Eifers, was den
Verfasser, wie er im Vorworte seines Buches selbst er-
zählt, während seines Aufenthaltes in Rom zur Auf-
zeichnung sämmlicher Arbeiten Thorwaldsens und ihrer
Schicksale bewogen hatte, einstweilen nur zu einem theuern
Andenken für ihn selbst, bis eine günstige Schickung ihn
noch an dem letzten Tage vor seiner Abreise in dem allen
Reisenden wohlbekannten Gärtchen zwischen den kleineren
Studien des Meisters mit diesem selbst zusammenführte,
wo nun ein Wort desselben: „Ich bedauere, daß Nie-
mand noch an meine Biographie gedacht hat," den ersten
Gedanken zu dem Unternehmen erweckte, weiches nach
sechs Jahren unermüdlichen Fleißes nunmehr vor unseren
Augen liegt. Dazu kam ferner die glückliche Gelegen-
heit des Amtes, in welchem der Verfasser die Hilfs-
quellen der Bibliothek und des Archivs der Akademie der
bildenden Künste zu Copenhagen vor sich aufgeschlossen
sah, und die Bereitwilligkeit, womit ihn Jugendfreunde
und spätere Bekannte des Mannes unterstützten, welcher
so sehr im Reiche der Kunst und des Idealen sich
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Donnerstag, 30. M a i 1 8 3 3.
Sculptur.
Leben und Werke des dänischen Bild-
hauers Bertel Thorwaldsen, dargcstcllt
von I. M. Thiele, Professor, Sekretär an
der königl. Akademie der schönen Künste, wie
auch an der großen königl. Bibliothek zu Copen-
hagen. Erster Theil. Mit achtzig Kupfertafeln
und einem Facstmile. Leipzig, F. A. Brock-
haus, 1832. Großfolio.
Dieses Werk kommt einem gedoppelten Bedürfniß
entgegen. Es hatte bisher sowohl an einer gründlichen
und umfassenden biographischen Darstellung über Thor-
waldsen, als auch an einer vollständigen Sammlung
von Zeichnungen seiner Werke gefehlt; und man hatte
das Recht, diesen Mangel um desto schmerzlicher zu em-
pfinden, je bedeutsamer, ja man darf sagen, einziger die
Stellung Thorwaldsens in der Geschichte der neuesten
Entwicklung der Sculptur und überhaupt der bildenden
Künste ist, während bereits mehreren seiner Zeitgenossen
jene Auszeichnung zu Theil geworden, worunter nament-
lich die von Waagen in Berlin bevorwortete und erläu-
terte Herausgabe sämmtlicher Werke von Rauch sich
durch Stich, Erklärung und sonstige Ausstattung her-
vorthut.
Der Unternehmer des vorliegenden Werkes hat seit
dem Jahre 1825, in welchem er nach einem wohlbenützten
längeren Aufenthalte Rom und Italien verließ, mit
großem Fleiß und seltener Ausdauer sich durch die vie-
len Schwierigkeiten seines Gegenstandes hindurch gear-
beitet. Es ist aber auch mit Vergnügen wahrzunehmen,
wie sehr ihm Eigenschaften und Verhälnisse zu Statten
kamen, um etwas recht Tüchtiges zu leisten. Professor
Thiele war bei seinem Verweilen in Rom die Werke
seines großen Landsmannes in dessen Werkstätten ansich-
tig geworden, wie sie zum großen Theil wenigstens noch
in den Modellen nach Idee und Gestalt zu bewundern,
viele schon in Marmor ausgeführt aber noch unversen-
det, unzählige unter den Händen seiner vielen Schüler
und Arbeiter im Entstehen der Ausführung begriffen
sind, und namentlich war es in den Jahren 1824 und
1825, daß das für den Grafen Sommariva bestimmte
Eremplar des Aleranderzugs aus dem todten Steine Leben
gewann und für diesen Behuf in dem großen Studium
des Künstlers das Modell zu behaglichster Beschauung
anfgestellt war. Diese Bekanntschaft mit den Werken
Thorwaldsens ward noch vervollständigt durch die
persönlichen Berührungen und Gespräche, zu welchen sich
der sonst stille und schweigsame Meister gegen den offenen
Sinn wahrer Liebe und Begeisterung für das Schöne
gern erbietet, um wie viel mehr, wenn ihm solcher an
dem empfohlenen talentvollen Landsmann enrgegentritt.
So war es denn ein Zusammenwirken der'Bewunderung
der Werke, der ehrerbietigen Liebe zu der Persönlichkeit
Thorwaldsens und eines patriotischen Eifers, was den
Verfasser, wie er im Vorworte seines Buches selbst er-
zählt, während seines Aufenthaltes in Rom zur Auf-
zeichnung sämmlicher Arbeiten Thorwaldsens und ihrer
Schicksale bewogen hatte, einstweilen nur zu einem theuern
Andenken für ihn selbst, bis eine günstige Schickung ihn
noch an dem letzten Tage vor seiner Abreise in dem allen
Reisenden wohlbekannten Gärtchen zwischen den kleineren
Studien des Meisters mit diesem selbst zusammenführte,
wo nun ein Wort desselben: „Ich bedauere, daß Nie-
mand noch an meine Biographie gedacht hat," den ersten
Gedanken zu dem Unternehmen erweckte, weiches nach
sechs Jahren unermüdlichen Fleißes nunmehr vor unseren
Augen liegt. Dazu kam ferner die glückliche Gelegen-
heit des Amtes, in welchem der Verfasser die Hilfs-
quellen der Bibliothek und des Archivs der Akademie der
bildenden Künste zu Copenhagen vor sich aufgeschlossen
sah, und die Bereitwilligkeit, womit ihn Jugendfreunde
und spätere Bekannte des Mannes unterstützten, welcher
so sehr im Reiche der Kunst und des Idealen sich