2V 46.
U N
l a t t.
Donnerstag, 6. Juni 183 3.
Sculptur.
Leben und Werke des dänischen Bild-
hauers Bertel Thorwaldsen, dargestellt
von I. M. Thiele rc.
(Fortsetzung.)
Zm Jahr 1803 wurde das berühmte Basrelief nach
Homer, Abschied der Vriseis von Achill, modellirt. Es
eristiren hiervon mehrere marmorne Exemplare: in Mitau
bei dem Freiherrn von Rvpp, in der Abtei Wvburn,
dem Sommerpallaste des Herzogs von Bedford. Die
zuvor genannte Erholungsreise begann Thorwaldsen
im Jahr 1804 und ging zuerst nach Neapel, wo der
Landschafter Kniep, ein geborner Würtemberger, der
früher Göthe's Wandergesährte durch Sicilien gewesen
war, nun Thorwaldsen zu den Ruinen von Pästum
geleitete. Von Neapel wandte er sich auf die Einladung
des dänischen Gesandten am toskanischen Hofe, Baron
von Schubert, nach dessen schöner VillaMontenero bei
Livorno und begab sich zu seiner Wiederherstellung in
die Lucchesischen Bader. Im Bade selbst beschäftigte er
sich mit kleinen Compositionen, und zurückgekehrt ?im
September nach Montenero, vollendete er daselbst in neun
Tagen jenes berühmte Basrelief, der Tanz der Musen
auf dem Helikon, womit er seine gastfreie Wirthin an
ihrem Geburtstag überraschte. Ferner entstand daselbst
die Gruppe Amor und Psyche, später für die Gräfin
von Woronzoff und den Fürsten von Putbus in
Marmor ausgeführt.
Nach der Rückkehr nach Rom wurden im Jahr 1805
vier Statuen in halbuatürlicher Größe, von welchen
Thorwaldsen zum Theil die Skizzen aus Montenero
mitgebracht hatte, ausgeführt: Bacchus, gleichfalls zwei-
mal vorhanden im Besitze der Gräfin von Woronzoff
und des Fürsten von Putbus; Ganymed, mit dem
Adler des Jupiter, in Marmor, der Gräfin von Woron
zoff gehörig; Apollo mit der Leyer, Eigenthum der-
selben Dame; und Venus mit dem Apfel, zuerst für die
Gräfin von Woronzoff, später für Herrn von Nopp
in Mitau ausgeführt. Da auf die letztere Statue im-
mer neue Bestellungen eingingen, zerbrach der Künstler
das Modell und fing 1813 an, dieselbe Composition in
Lebensgröße auszuführen, wurde aber erst 1816 mit dem
Modell fertig. Das eine Eremplar in Marmor ging
an die Herzogin von De vonsh ire nach England, wurde
aber leider beim Auspacken dadurch beschädigt, daß eine
Hand abbrach. Das andere, dem Lord Lucan eigen-
thümlich, ist in einem außerordentlich schönen Marmor
mit ungewöhnlicher Feinheit von dem Meister vollendet;
es hatte das eigene Schicksal, mit dem Schiff, auf dem
es die Reise nach England zurückzulegen bestimmt war,
im Meere unterzusinken, nach kurzer Zeit aber aus den
Wellen der See, wie unser Verf. sagt, als eine ächte
Anadyomene, wieder hervorzusteigen, so daß sie doch noch
in England ankam. Ueber die Bestimmung eines dritten
Eremplars in Marmor, das ohne Bestellung 1824 ange-
fangen wurde, ist nichts beigebracht.
Im Aufträge des Marchese Torlonia, der den
Pallast Bracciano mit der berühmten Gruppe, Herkules
und Lichas von Canova, geschmückt hatte, sollte Thor-
waldsen ein Nebenstück zu dieser Gruppe aus eigener
Wahl komponiren, und wählte zuletzt die Darstellung
des Mars und der Venus; doch als die Figur des
Mars bis auf den Arm, womit dieser die Venus um-
fangen sollte, modellirt war, gerieth die Arbeit in Stocken.
Man hat den Grund hiervon bald in dem Stolze des
Canova bald in dem veränderten Plane Torlonia's
gesucht. Später benützte Thorwaldsen das beinahe
vollendete Modell des Mars zu einer besonderen Statue
des friedenbringenden Kriegsgottes. Aus Veranlassung
seiner Darstellung des anacreontischen Liedes von Mars
und Amor im Basrelief kam ihm die Idee, die Statue
des Gottes wieder in eine Gruppe zu verwandeln, worin
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Donnerstag, 6. Juni 183 3.
Sculptur.
Leben und Werke des dänischen Bild-
hauers Bertel Thorwaldsen, dargestellt
von I. M. Thiele rc.
(Fortsetzung.)
Zm Jahr 1803 wurde das berühmte Basrelief nach
Homer, Abschied der Vriseis von Achill, modellirt. Es
eristiren hiervon mehrere marmorne Exemplare: in Mitau
bei dem Freiherrn von Rvpp, in der Abtei Wvburn,
dem Sommerpallaste des Herzogs von Bedford. Die
zuvor genannte Erholungsreise begann Thorwaldsen
im Jahr 1804 und ging zuerst nach Neapel, wo der
Landschafter Kniep, ein geborner Würtemberger, der
früher Göthe's Wandergesährte durch Sicilien gewesen
war, nun Thorwaldsen zu den Ruinen von Pästum
geleitete. Von Neapel wandte er sich auf die Einladung
des dänischen Gesandten am toskanischen Hofe, Baron
von Schubert, nach dessen schöner VillaMontenero bei
Livorno und begab sich zu seiner Wiederherstellung in
die Lucchesischen Bader. Im Bade selbst beschäftigte er
sich mit kleinen Compositionen, und zurückgekehrt ?im
September nach Montenero, vollendete er daselbst in neun
Tagen jenes berühmte Basrelief, der Tanz der Musen
auf dem Helikon, womit er seine gastfreie Wirthin an
ihrem Geburtstag überraschte. Ferner entstand daselbst
die Gruppe Amor und Psyche, später für die Gräfin
von Woronzoff und den Fürsten von Putbus in
Marmor ausgeführt.
Nach der Rückkehr nach Rom wurden im Jahr 1805
vier Statuen in halbuatürlicher Größe, von welchen
Thorwaldsen zum Theil die Skizzen aus Montenero
mitgebracht hatte, ausgeführt: Bacchus, gleichfalls zwei-
mal vorhanden im Besitze der Gräfin von Woronzoff
und des Fürsten von Putbus; Ganymed, mit dem
Adler des Jupiter, in Marmor, der Gräfin von Woron
zoff gehörig; Apollo mit der Leyer, Eigenthum der-
selben Dame; und Venus mit dem Apfel, zuerst für die
Gräfin von Woronzoff, später für Herrn von Nopp
in Mitau ausgeführt. Da auf die letztere Statue im-
mer neue Bestellungen eingingen, zerbrach der Künstler
das Modell und fing 1813 an, dieselbe Composition in
Lebensgröße auszuführen, wurde aber erst 1816 mit dem
Modell fertig. Das eine Eremplar in Marmor ging
an die Herzogin von De vonsh ire nach England, wurde
aber leider beim Auspacken dadurch beschädigt, daß eine
Hand abbrach. Das andere, dem Lord Lucan eigen-
thümlich, ist in einem außerordentlich schönen Marmor
mit ungewöhnlicher Feinheit von dem Meister vollendet;
es hatte das eigene Schicksal, mit dem Schiff, auf dem
es die Reise nach England zurückzulegen bestimmt war,
im Meere unterzusinken, nach kurzer Zeit aber aus den
Wellen der See, wie unser Verf. sagt, als eine ächte
Anadyomene, wieder hervorzusteigen, so daß sie doch noch
in England ankam. Ueber die Bestimmung eines dritten
Eremplars in Marmor, das ohne Bestellung 1824 ange-
fangen wurde, ist nichts beigebracht.
Im Aufträge des Marchese Torlonia, der den
Pallast Bracciano mit der berühmten Gruppe, Herkules
und Lichas von Canova, geschmückt hatte, sollte Thor-
waldsen ein Nebenstück zu dieser Gruppe aus eigener
Wahl komponiren, und wählte zuletzt die Darstellung
des Mars und der Venus; doch als die Figur des
Mars bis auf den Arm, womit dieser die Venus um-
fangen sollte, modellirt war, gerieth die Arbeit in Stocken.
Man hat den Grund hiervon bald in dem Stolze des
Canova bald in dem veränderten Plane Torlonia's
gesucht. Später benützte Thorwaldsen das beinahe
vollendete Modell des Mars zu einer besonderen Statue
des friedenbringenden Kriegsgottes. Aus Veranlassung
seiner Darstellung des anacreontischen Liedes von Mars
und Amor im Basrelief kam ihm die Idee, die Statue
des Gottes wieder in eine Gruppe zu verwandeln, worin