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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 11.1900

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Gensel, Walther: Das deutsche Kunstgewerbe auf der Pariser Weltausstellung, [1]
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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4360#0189

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KLEINE MITTEILUNGEN

werden, deren Wert einzig auf dem Mechanischen
Gebiete liegt, also unter den »Verschiedenen Industrien«
des Annexes. In diesem Annexe, der gleichfalls von
Hoffacker erbaut worden ist, kommt für uns haupt-
sächlich die ziemlich reich ausgeschmückte Kapelle mit
den Gegenständen der kirchlichen Kunst in Betracht.
Damit ist, wie aus dem früher Gesagten schon
hervorgeht, die Beteiligung Deutschlands auf den
Gebieten des Kunstgewerbes keineswegs erschöpft.
Vor allem ist natürlich auf die innere Ausschmückung
des vom Postbauinspektor Radke erbauten deutschen
Hauses die grösste Sorgfalt verwendet worden. Ganz
besondere Beachtung verdient hier die grosse Halle
mit ihrem wirkungsvollen Glasgemälde von Lüthi-
Frankfurt a. M. und den fein abgestimmten Wand-
malereien des Malers Gustav Wittig. In jeder Weise
gelungen erscheint auch die Dekoration des Wein-
restaurants vom Architekten Möhring. Ein Vorbild
edelsten Geschmackes ist ferner das Arrangement der
deutschen Kunstabteilung in dem Grossen Palaste der
Champs-Elysees. Allerdings scheint es hauptsächlich
als ein Rahmen für Lenbach's tieftonige Bildnisse
berechnet zu sein und stimmt weniger gut zu den
hellen modernen Bildern. Auch hier hat sich Emanuel
Seidl an die Antike angeschlossen. Den Glanzpunkt
bildet der ganz mit gelbem Damast ausgeschlagene
mittlere Saal mit seinem weissen Fries auf schwarzem
Grunde und den streng stilisierten Eingängen. Von

Seidl rührt auch das Münchner Spatenbräu mit seiner
fröhlich-bunten Ausschmückung her. Einen sehr reiz-
vollen Eindruck macht ferner der deutsche Schiffahrts-
pavillon des Hamburger Architekten Thielen. An der
Ausschmückung der im Innern der Industriepaläste
gelegenen deutschen Abteilungen haben besonders
die Architekten Hoffacker, Möhring und Radke mit-
gewirkt. Ausserdem sei auf die Schränke der chemischen
Industrie von Griesebach, diejenigen der Optik und
Feinmechanik von Otto Rieth und auf das elegante
Arrangement der Krefelder Seidenindustrie von Hugo
Koch hingewiesen.

Dieser flüchtige Überblick zeigt, wie grosse An-
strengungen von Seiten Deutschlands gemacht worden
sind. Wie nun auch das Ergebnis im einzelnen aus-
fallen mag — und dass Deutschland auf allen Ge-
bieten Triumphe feiert, wäre wahrhaftig zuviel ver-
langt — vergeblich werden sie nicht gewesen sein,
und Anerkennung werden sie in vollem Masse finden.
Das Erfreulichste ist, dass sie mit ganz vereinzelten
Ausnahmen nicht von der Sucht nach leerem Ge-
pränge, sondern von geläutertem Geschmacke geleitet
worden sind. Mögen wir auf manchen Gebieten
auch die anderen Völker noch nicht erreicht haben,
bei keinem zeigen sich so viele entwicklungsfähige
Keime, keins übertrifft uns in der Stetigkeit und
Freudigkeit des Vorwärtsstrebens.

WALTHER GENSEL.

KLEINE MITTEILUNGEN

VEREINE UND SCHULEN

DRESDEN. Dem Bericht über die Kgl Säch-
sische Kunstgewerbe-Schule und das Kunstge-
werbe-Museum auf das Schuljahr i8q7Jq8 und
i8q8!qq entnehmen wir folgendes: Die von Jahr zu
Jahr gestiegenen Anforderungen, welche an die Kunst-
gewerbeschüler bei dem Eintritt in eine praktische Thätig-
keit gestellt werden, veranlassten die Direktion, dem Mi-
nisterium des Innern eine Abänderung des Stunden-
planes vorzuschlagen. Derselbe sollte wesentlich ver-
einfacht, alle Nebenfächer als vorbereitender Unter-
richt in die Unterklassen verlegt und die hierdurch
gewonnene Zeit von den Schülern zu Arbeiten ihres
Faches benutzt werden. Ferner sollte die Beschäf-
tigung einer grösseren Anzahl von Lehrern in einer
Klasse vermieden, vielmehr der Unterricht atelierartig
eingerichtet werden mit nur zwei, höchstens drei Lehrern
in einer Klasse. Dem Lehrer soll hiermit die Mög-
lichkeit geboten werden, die Eigenarten und Fähig-
keiten jedes einzelnen Schülers besser kennen zu
lernen und den Unterricht dementsprechend zu gestalten.
Das Ministerium genehmigte die Vorschläge und die
neuen Lehrpläne sind demgemäss seit Ostern 1898

zur Einführung gelangt. Die Unterklasse wurde ge-
teilt in eine Abteilung für Architekturzeichner, Mo-
delleure und Ciseleure und in eine Abteilung für De-
korationsmaler und Musterzeichner. Letztere Abtei-
lung ging an die im August 1897 wieder selbständig
gemachte Vorschule über. Der Stundenplan erfuhr
1898 noch insofern eine Erweiterung, als noch der
bisher fehlende Unterricht in Stillehre eingeführt
wurde. ' Derselbe wird in vier Gruppen erteilt und
zwar: 1. die antike Periode (Griechen, Römer und
deren Vorläufer), 2. das Mittelalter (romanisch und
gotisch), 3. die Renaissance bis zum Barock, 4. die
Neuzeit (Barock, Rokoko, Louis XVI., Empire, u. s. w.).
Jede Gruppe wird für sich in wöchentlich zweistün-
digen Vorträgen behandelt, mit den Vorträgen sind
Skizzierübungen verbunden, welche den Schülern die
Eigenarten eines jeden Stiles klar vor Augen führen.
Zu einer besseren Ausbildung in figürlichen Dar-
stellungen sind sowohl der Unterricht im Zeichnen
nach dem lebenden Modell als auch die Vorträge
über plastische Anatomie des Menschen vermehrt
worden. Der in der Abendschule neu eingeführte
Unterricht im Zeichnen nach dem lebenden Modell
erfreut sich einer regen Beteiligung besonders aus den
 
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