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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 11.1900

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Kersten, Paul: Geschichte und Ästhetik des künstlerischen Bucheinbandes
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https://doi.org/10.11588/diglit.4360#0113

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GESCHICHTE UND ÄSTHETIK
DES KÜNSTLERISCHEN BUCH-
EINBANDES

VON P. KERSTEN-ASCH AFFEN BURG

DIE Technik unserer heutigen Verzierungsweise des künstle-
rischen durch Handvergoldung und Ledermosaik verzierten
Bucheinbandes, d. h. der Gebrauch von Rolle, Bogen und
Stempel unter Verwendung von Blattgold, stammt ohne Zweifel
aus dem Orient und ist wahrscheinlich arabisch-persischen Ur-
sprungs. Sie wurde von Orientalen zuerst in Venedig ausgeübt
und von dort aus verbreitet. Der Ungarkönig Matthias Corvinus,
gest. 1490, ein eifriger Förderer der Künste, dessen Bibliothek von
50000 Bänden für damalige Zeit geradezu als erstaunlich zu be-
zeichnen ist, zog die bedeutendsten Buchschreiber und Miniatur-
maler, die damals auch die Einbände fertigten, an seinen Hof;
darunter den berühmten Attavante aus Florenz. Aus dieser Biblio-
thek nun stammen die ältesten bekannten Bucheinbände, die
mit obengenannten Werkzeugen verziert wurden. Bei jenen Ein-
bänden sind es hauptsächlich drei Stempel, die unsere Aufmerk-
samkeit erwecken und die den Beweis erbringen, dass die Art
und Weise unserer heutigen Einbandverzierung aus dem Orient
stammt. Die Stempel bilden ein gerades und ein im Halbkreise
gebogenes Band zwischen zwei glatten Rändern, mit schrägen,
schnurähnlich gewundenen Strichelchen und einem kleinen punzen-
artigen Kreis mit einem Punkt im Zentrum. Diese drei Stempel
finden wir nun ebenfalls in genau derselben Anordnung bei einem
im Düsseldorfer Museum befindlichen arabischen Einband. Es lässt
sich kaum ein besserer Beleg für obige Behauptung erbringen.
In Venedig war es Aldus Manutius, gest. 1515, der die
Einbandverzierung in Anlehnung an orientalische Bände und unter
Verwendung typographischer Ornamente umgestaltet hat. Aus
seiner Offizin stammen auch ohne Zweifel die ersten jener herr-
lichen Einbände, auf denen Verschlingungen von Bändern, Linien
und Ranken mit angesetzten Blättern und Blüten (Arabesken) die
ganze Decke überziehen, anfänglich farbig bemalt, später mit far-

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Komposition einer Randverzierung ,'von JGEORGjBÖTTICHER, Leipzig.
Kunstgewerbeblatt. N. F. XI. H. 6.

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