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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 11,1.1897-1898

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Heft 4 (2. Novemberheft 1897)
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Batka, Richard: Altdeutsche Lieder
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Schultze-Naumburg, Paul: Berliner Kunstleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.7955#0130

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diesen Sätzen, welche mit seltener Treue den echten Bolkston wahren, nichts
Fremdes in diese Perlen grunddeutscher Melodik hineintragen. Ncberdies hat
Plüddemann einige davon vor Jahren auch sür gemischten Chor (im Verlag
von Sulzer in Berlin und Siegel in Leipzig) sowie die Liebeslieder bei Raabe
L Plothow in Berlin erscheinen lassen, ohne daß sie biSher die verdientc Be-
achtung gefundcn hätten. Jch selbst bemühte mich wiederholt bei Sängern
und Singvereinen für diese mir überaus lieb geivordenen Weisen, man hörte,
war entzückt, versprach sich einzusetzen, aber zur öffcntlichen Aufführung fchlte
— der Mut. Es gchörte dcr ganz besonderc Unstern cines Plüddemann dazu,
um mit diesen holdcsten Blüten volkstümlicher Tonkunst nicht zum Erfolge
zu kommen. Abcr diose sechs sind nicht etwa seine einzigen; mehrere hundert
solche Lieder, eines schöner als das andere, hat cr in der nämlichen Art be-
arbeitet, die zu seinen Lebzeiten keinen Verleger finden konnten, wührend das
trivialste und aüstruseste Zeug jahraus jahrein massenhaft auf den Markt ge-
worfen und verbreitet wird. An Lieblichkeit der Melodie und Jnnigkcit des
Ausdruckcs stehen sie den veröffentlichten sechs Geschwistern keineswegs nach;
auf sie hinzuweisen ist der Zweck diescr Zeilen. Vielleicht das; der neucrlichc
Appcll nicht wirkungslos vcrhallt, und wenn einmnl „Weis; mir ein schönes
Röselein", „Es steht ein' Lind' in jenem Thal", „Es ist ein Schnitter, heißt
der Tod" und das ivundervollc „Ave Maria" dem festcn Bestande deutscher
Hausmusik allgemein einverleibt sind, dann dürftcn auch die reichen Volkslied-
schätze, die Plüddcinanns Nachlas; cnthält, mit gicrigen Händcn gehoben
werden. R. L.

Werltner Äruirsttebeil.

Jm Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl und seincr sonstigen Bedeutung
besitzt Bcrlin einc winzig kleinc Zahl bcachtenswerter Künstler. Jst schon die
Zahl derer, die als Maler oder Bildhauer (von Architektcn möchte ich nicht
reden) im Adreßbuch stehen, einc weit kleincrc, als die in dcm nur den vierten
Teil so großen Münchcn, so ist der Prozentsatz davon, der auf ernst zu neh-
mende Künstler fällt, vielleicht ein noch weit kleincrcr, als in der baperischen
Kunsthauptstadr. Abcr geradc das hat wohl zur Folgc, das; sich der kleine
5lreis dcrer, dic wirklich Künstler zu nenncn sind, weit engcr ancinandcrschlieszt,
als das in Münchcn möglich ist. Ohne offiziell irgend einc Rolle zu spiclen,
ist er es, der das Kunstlebcn, so weit eS für uns in Frage komint, bestimmt
und neue Anregung herbciführt.

Für mich liegt jetzt der Vergleich init Müuchen sehr nahe, und ich mus;
gestchen: in Bezug aus das, was in Berlin i m Winter an künstlcrischer An-
regung geboten wird, fällt er nicht zu llngunsten der Reichshauptstadt aus.
Wie es mit Berlins großer Saisonausstelluug bcstellt ist, das wissen wir ja.
Jn dieser tritt auch dcr Krcis, den ich als den dcr Lkünstler bezeichnete, nicht
sonderlich hervor; man scheint allgemcin der Ansicht zu sein, daß der Aus-
stellung in Moabit doch nicht aufzuhelfen sei, und verhält sich passiv. Abcr im
Wintcr beginnt scine Acra. Dic Ausstellungen der bcidcn großcn Kunsthand-
lungen Schulte und Gurlitt bringcn oft Veranstaltungen, dic weit über dem
Münchcner Kunstvcrcin stehen, und die ncu cröffncte Kunsthandlung von Kellcr ä:
Rciner an der Potsdamerstraße zieht durch Heranzichung der modernen dekora-
tiven und angewandten Kunst das Gebiet in den Rähmen der klcinen Aus-
stellungen, das in der kommenden Kunstzeit wohl die größte Rollc spiclen wird.
Jch möchte mich in Bezug aus die Zukunst der Kunst in Berlin jetzt schon wcder
 
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