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unterlasftn, Jhnm den Berliner Janus zu zeigen: Der
A König vor und nach dem Mißverständniß" vom 19. März.


Louis Philipp. Ah Mißverstand? Jch weiß, ganz
wie bei mir in Paris, zwei Gewehre entluden sich von selbst,
Gottlob! — ohne jemand zu treffen.

Schnabel. Und dann donnerten die
Kanonen rings um das Schloß 12 volle
Stunden; bis endlich der König sie hörte!
Was ihn in einen so betäubenden Schlaf
versetzt? Darüber stnd die Gelehrten noch
nicht einig.

Prinz von Preußen. Was ist
denn das für eine traurige Gestalt?

Schnabel. Ein Familienvater aus Berlin, der bei
den letzten Ereignissen vor dem Schlosse zwei Söhne ver-
loren. Der Eine wurde erschossen, der Andere hat bald
darauf so stark Hoch geschrieen, daß
er sich eine Brustader zersprengte!
— Jst das nicht traurig, Herr von
Meyer, Herr von Metternich, wollte
ich sagen?

Mettcrnich. „Friedliche Bür-
ger sollten Jhren Fürsten auch für
gewährte Freiheiten niemals stürmisch

danken."

Schnabel. Ja ja, Sie meinen, man müsse die zu
lohale Lakaiennatur selbst mittels Bleipillen auszutreiben
suchen. Freilich, warum könncn sie auch das Lecken und
Wedeln nicht lassen! — Doch nun kommen gute Tage sür

solche ergebene Seelen in Deutschland. Bis jetzt hatten sie
bloß 3 Dutzend regierende Herren; allein bei dem so erfreu-
lichen Ueberfluß von Thronkandidaten für das deutsche Reich
hoffen sie bald 50 deutsche Kaiser verehren zu können.

Louis Philipp. Die guten Deutschen! Und diese
Franzosen wollen nicht einmal einen König! — Uon ckieu!
ich möchte nach Deutschland ziehen.' Was kostet denn ein
deutscher Thron?

Schnabel. Weit weniger als Sie in einem Monat
für Bestechung ausgegeben haben. Wenn Sie nur eine Klei-
nigkeit daran wenden wollen, kaufen Sie sich ein paar Qua-
dratschuh Land und stellen einen gepolsterten Armstuhl darauf,
dann habcn Sie schon ein bedeutendes deutsches Fürftenthum.

Louis Philipp. O'estbon! Aber wie es bevölkern?

Schnabel. Da ladcn Sie alle vertriebenen Nonnen
und Mönche zu sich, dann haben Sie auch ein ansehnliches
Völklein, das sich schnell wie der Sand am Meere vermchrt,
wenn die Bitte der Jllyrier und Croaten um „Aufhebung
des Cölibats" Erhörung finden wird.

Metternich. Jn diesem Falle, Sire! könnt ich Jhnen
auch mehrere gute Freunde empfehlen, wenn die Jesuiten aus
Oesterreich vertrieben werden.

Schnabel. Wer
sollte solche Herren aus-
weisen? O nein! Sie
haben nur, wie ihre ver-
kannten Brüder in Rom,
sich entschloffen, „dem
Druck der Umstände zu
weichen."

LouisPhilipp. Dasgeschah inRom?—Wieverwun-
derungsvoll mag die alte Peterskirche es mit angesehen haben!

Schnabel. Nicht verwunderungsvoller als diePauls-
kirche zu Frankfurt am Main das deutsche Vorparlament. —
Das alte 1000jährige Reich hat ein Ende — ein neues be-
ginnt! — Peter ist gestorben — es lebe Paul! Und der
Geist der Erleuchtung komme in Gestalt fturiger Zungen über
die Häupter unserer politischen Apostel; aber ja nicht der
alte Berliner Geist, wclchen Friedrich Wilhelm jüngst noch
angerufen hat.

Prinz von Preußen.

Jst das nicht ein solcher Geist?

Dieß Wcsen sollt' ich kennen!

Schnabel. Ja, mein Herr!

Sie sehen hier, wie der „Rheini-
sche Beobachter" schlafcn geht. Na-
türlich, die Nachtwächter sind nur
rührig, so lang es dunkel ist, so
bald es tagt, hat ihr Geschäst ein
Ende.

Diese wandelnde Schaar aber zeigt Jhnen die Glocken, 'xsz'


--a-
 
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