Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 102

Zusammengesetzte Ηandschrift

Papier · 1, 131, 1 Bll. · 20 × 13,5 cm · I. Kreta (?) / II. Süditalien (?) · I. 2. Hälfte 15. Jh. / II. 14.–15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Theologie / Medizin / Seismologie / Astrologie / Weisheitsliteratur / Geographie.
Diktyon-Nr.
65835.
Faszikel I
1) 1r–2r Hermes Trismegistus (zugeschrieben), De terrae motibus
2v vacat
2) 3r–54v Theogenis, Sententiae
3) 55r–102v Dionysius Alexandrinus, Orbis descriptio
Faszikel II
4) 103r–130v Ibn-Māsawaih, Abu-Zakarīyā Yūḥannā, De medicamentis purgantibus

Kodikologische Beschreibung

Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
1, 131, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
20 × 13,5 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
Hs. aus 2 Faszikeln zusammengesetzt (I. Bl. 1–102; II. Bl. 103–130). (I-1)1a + … + (I-1)131*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 131*.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. I, 1–130). Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 131*).
Lagenzählung
Keine durchgängige Lagenzählung vorhanden. Siehe zu Faszikel II.
Zustand
Die Hs. ist möglicherweise aus zwei Faszikeln zusammengesetzt. Darauf weisen die Schreiberhände hin, die möglicherweise aus unterschiedlichen Regionen stammen.
Wasserzeichen
Wasserzeichen aufgrund der Größe der Hs. nicht digitalisiert. In der Hs. soll sich das Wasserzeichen Briquet Nr. 4409 befinden (vgl. Menchelli 2000, S. 72).


Nachträge und Benutzungsspuren
Schenkungsexlibris auf 1r, Stempel der BAV auf 1r und 130v. Auf Ir befinden sich die Capsa-Nr. C. 102, der Provenienzvermerk Hen., sowie Angaben zum Inhalt (von zwei verschiedenen Händen). Der erste Titel stammt wahrscheinlich aus der Fuggerbibliothek. Da hier Titel aus beiden Faszikeln genannt sind, müssen diese zu diesem Zeitpunkt bereits zusammengebunden gewesen sein.

Einband
Hochroter Ledereinband über Pappe der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit rotem Schild und goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), Rom 1853–1854, vgl. Schunke, Einbände, Bd. 2, S. 909.
Provenienz
Padua / Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. trägt Annotationen, die Niccolò Leonico Tomeo wohl in Padua vorgenommen hat. Diese finden sich aber nur im ersten Faszikel. Die Hs. kam über Henricus (Stephanus oder Scrimger, vgl. Provenienzvermerk Hen. auf Ir) an Ulrich Fugger. Dessen Bibliothek gelangte 1567 nach Heidelberg und wurde 1584 Bestandteil der Bibliotheca Palatina. Diese wurde 1623 von Leone Allacci nach Rom gebracht.
Man kann davon ausgehen, dass die beiden Faszikel spätestens von Henricus zu einer Hs. verbunden wurden. So ist sie im Fuggerkatalog BAV, Pal. lat. 1916, f. 550r gelistet als Theognidis sententiae, et Damasxeni de pharmacis. Char. 102. Hen.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_102
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 50; Harlfinger 1971, S. 224–225, Anm. 3; Menchelli 2000, S. 72; Delio Vania Proverbio, Orientalia medica e Codicibus Vaticanis. Acefali, adespoti e negletti: una prima ricognizione, in: Miscellanea Bibliothecae Apostolicae Vaticanae XI, 2004, S. 567–581, hier S. 574; Sieglinde Lieberknecht, Die Canones des Pseudo-Mesue. Eine mittelalterliche Purgantien-Lehre. Übersetzung und Kommentar, Stuttgart 1995 (Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie 71), S. 212–213; Canart 2008b, S. 17; Venetia Chatzopulo, L’étude de la production manuscrite d’un copiste de la Renaissance au service de l’histoire des textes : le cas du crétois Zacharie Calliergis, in: RHT 7 (2012), S. 1–36, hier S. 19, Anm. 67; Alessandro Daneloni, Per l’edizione critica delle note di viaggio del Poliziano, Messina 2013, S. 85; Ciro Giacomelli, Per i Graeca di Giovanni Calfurnio. Codici, postillati e alcune nuove attribuzioni, in: Archivum mentis 9, 2020, S. 85–136, hier S. 108–109, Anm. 50.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Faszikel I (Bl. 1–102)

Sachtitel / Inhalt
Sammelhandschrift.

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Kreta (?).
Entstehungszeit
2. Hälfte 15. Jh. Datierung durch die Schreiberhand.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
102 Bll.
Format (Blattgröße)
20 × 13,5 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
1I + I2 + IV10 + I12 + 5 IV52 + II56 + IV64 + III70 + IV78 +2 III90 + VI102.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. 1–102).
Lagenzählung
Keine Lagenzählung erkennbar.
Zustand
Viele Stockflecken, die aber die Lesbarkeit nicht beeinträchtigen. Eine Lage (Bll. 85–90) ist falsch eingeheftet.
Wasserzeichen
Erahnbar sind: Waage im Kreis, Schalen evtl. dreieckig (4–6 u.ö.), oder runden Schalen (definitiv f. 63); Zange (ab 69 u.ö.), ähnlich DE5580-Codgraec240_X (Mitte 15. Jh.).

Schriftraum
14,5 × 7,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
12 Zeilen.
Schriftart
Die Schrift ist sehr sauber ausgeführt, die Buchstaben sind teilweise voneinander getrennt.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Michael Lygizos (2. H. 15. Jh., RGK I, Nr. 282 = II, Nr. 386 = III, Nr. 465). Früher wurde die Schrift der Hand des Emmanuel Atramyttinos (RGK I, Nr. 112) zugeordnet, was inzwischen widerlegt ist (vgl. Chatzopoulou, S. 19, Anm. 67). Marginalien von Niccolò Leonico Tomeo (f. 7r, 8rv, 12r, 25r, 27r, 35v, 44v), die aber auch schon Janus Lascaris zugeschrieben wurden (vgl. Young, S. XXVIII).

Provenienz
Padua (Abbazia di Santa Giustina) / Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Der Kopist ist hauptsächlich in Kreta belegt. Daher ist diese Provenienz wahrscheinlich.

Inhalt

1) 1r–2r Digitalisat

Verfasser
Hermes Trismegistus (?) (GND-Nr.: 119068982).
Titel
De terrae motibus.
TLG-Nummer
7052.004.
Titel (Vorlage)
1r ἕρμου τοῦ τρισμεγίστου περὶ σεισμῶν ἐν ἄλλὼ ὀρφέως.
Incipit
1r Φράζεο δὴ καὶ τόνδε λόγον τέκος.
Explicit
2r φθόρα ἔσται ἀν’ἄστεα καὶ κατὰ χώρας· τέλος περὶ σεισμῶν.
Edition
Edme Cougny, Epigrammatum anthologia Palatina cum Planudeis et appendice nova, vol. 3, Paris 1890, S. 400–403 (Epigramm 47).

2) 3r–54v Digitalisat

Verfasser
Theognis (GND-Nr.: 118756907).
Titel
Sententiae.
TLG-Nummer
0002.001.
Angaben zum Text
Die Hs. enthält das erste Elegienbuch des Theognis.
Titel (Vorlage)
3r θεόγνιδος γνῶμαι.
Incipit
3r Ὦ ἄνα λητοῦς ὑιὲ διὸς τέκος.
Explicit
54v Κύρνε· φίλον δὲ φίλωι ῥᾴδιον ἐξαπατᾶν. Τέλος σὺν θεῶ τοῦ θεόγνιδος.
Edition
Douglas Young (post E. Diehl), Theognis, 2nd edn., Leipzig 1971, S. 1–74 (Sigle Q).

3) 55r–102v Digitalisat

Verfasser
Dionysius Alexandrinus (GND-Nr.: 118679686).
Titel
Orbis descriptio.
TLG-Nummer
0084.001.
Angaben zum Text
Die Hs. enthält den kompletten bekannten Text. Wegen falscher Heftung springt der Text: die Bll. 85–90 (Verse 236–382) wären zwischen die Bll. 64 und 65 zu heften, wie schon Sylburg (Annotationen 64v und 85r) anmerkt.
Titel (Vorlage)
55r διονυσίου ἀλεξανδρέως, οἰκουμένης περὶ ήγησις.
Incipit
55r Ἀρχόμενος Γαῖαν τε καὶ εὐρέα πόντον ἀείδειν.
Explicit
102v αὐτῶν ἐν μακάρων εἴη ἀντάξιος ἀμοιβὴ.
Textgestaltung
Interlinear sind rubrizierte Glossen eingefügt.
Edition
Kai Brodersen, Dionysios von Alexandria. Das Lied von der Welt, Hildesheim 1994, S. 42–116.

Faszikel II (Bl. 103–130)

Sachtitel / Inhalt
Über Medikamente.

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Süditalien (?).
Entstehungszeit
14.–15. Jh. Die Schrift erinnert an Schriften des 14. Jhs., während die Wasserzeichen ein Indiz für das späte 15. Jh. sind.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
28 Bll.
Format (Blattgröße)
20 × 13,5 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
3 IV126 + II130.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. 103–130), fortlaufend aus Faszikel I.
Lagenzählung
Die einzige Spur einer Lagenzählung ist die griechische Β’ auf 111r.
Wasserzeichen
Waage mit dreieckigen Schalen nach Art von Harlfinger, Balance 61 (datiert auf 1495).

Schriftraum
15 × 9 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
21 Zeilen.
Schriftart
Die Hand zeigt Elemente des stile salentino rettangolare (vgl. Perria 2011, S. 147). Das ist ein vager Hinweis auf süditalienische Provenienz, würde aber eher auf das 14. Jh. hindeuten. Iota und Ypsilon tragen häufig zwei Punkte.
Buchschmuck
Rubrizierte Initialen und Überschriften.

Provenienz
Padua (?) / Augsburg / Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Es ist nicht bekannt, wann dieser Faszikel mit dem ersten zusammengeheftet wurde. Ein Hinweis auf die Provenienz ist die Schrift, die süditalienisch aussieht. Der Faszikel ist im Fugger-Katalog BAV, Pal. lat. 1916, 534v als Damascenus de pharmacis. 102. Hen. gelistet.

Inhalt

4) 103r–130v Digitalisat

Verfasser
Ibn-Māsawaih, Abū-Zakarīyā Yūḥannā (GND-Nr.: 102370907).
Titel
De medicamentis purgantibus.
Angaben zum Text
Der Text ist unterteilt in sechs Teile, Tmemata genannt: f. 103r–112r Teil 1; f. 112r–113v Teil 2; f. 113v–116r Teil 3; f. 116r–119v Teil 4; f. 119v–120r Teil 5; f. 120r–130v Teil 6. Bei diesem Text (nicht: dieser Handschrift) könnte es sich um eine Vorlage der Canones des Pseudo-Mesue handeln (vgl. Lieberknecht, S. 212). In der Hs. dem Iohannes Damascenus zugeschrieben.
Titel (Vorlage)
103r σύγγραμμα σὺν θ[ε]ῶ ἁγ[ίω]· ὃ δϊέθετο ὁ ἐν ἁγίοις πατὴρ ὁ ἰωάννης ὁ δαμασκηνὸς· περὶ τῶν κενούντων φαρμάκων, καὶ τὴν φύσιν αὐτῶν, καὶ ἰδιότητα καὶ δύναμιν· καὶ μεταποιῶν ἑτέρων εἰδῶν σμιγῆναι δεῖ τὰ ὀξέα φάρμαμακα (!) καὶ δρϊμύτατα πρὸς τὸ ἐλαττοῦσθαι· τὴν βλάβην αὐτῶν καὶ δακνότηται· τμῆμα α’.
Incipit
103r Ἴσθι, ὅτϊ ὁ δϊορϊσμὸς τὴς φαρμακοποσΐας ἔστϊν ἐναντϊούμενος τοῦ ἀν[θρώπ]ου φάρμακον.
Explicit
130v οἷον λέπρας καὶ τὰ ὅμος α.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Ergänzungen von kleinerer Schrift am unteren Rand von 130v.


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Dr. Janina Sieber, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2021.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 102. Beschreibung von: Vinzenz Gottlieb, Dr. Janina Sieber (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2020.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.