Projektbeschreibung: Bibliotheca Palatina – digital
Bereits im Jahr 2001 begann die Universitätsbibliothek Heidelberg im Rahmen eines DFG-Projektes damit, erste Bände ihrer berühmten Büchersammlung mit modernen digitalen Techniken ins Internet zu stellen. Seit diesen Anfängen arbeitet sie im Rahmen mehrerer Projekte, die die Digitalisierung und Erschließung von Teilen dieser Sammlung zum Ziel haben, an der virtuellen Rekonstruktion der Bibliotheca Palatina.
- Digitalisierung der hebräischen Handschriften der Bibliotheca Palatina (2019)
- Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg (2018-2021)
- Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom (2014ff.)
- Digitalisierung der Codices Palatini latini in der Biblioteca Apostolica Vaticana in Rom (2010-2019)
- Bibliotheca Laureshamensis – digital (2010-2013)
- Digitalisierung aller 848 deutschsprachigen Palatina-Handschriften (2006-2009)
- Oberdeutsche Bilderhandschriften aus der Bibliotheca Palatina (2001-2003)
- Digitalisierung und eingesetzte Technik
- Nationale und internationale Vernetzung
Digitalisierung der hebräischen Handschriften der Bibliotheca Palatina (2019)
In der Biblioteca Apostolica Vaticana haben sich knapp 270 hebräische Handschriften der Bibliotheca Palatina erhalten. Sie sind dort in den Bestand der Vaticani ebraici (Cod. Vat. ebr.) eingeordnet. Auch diese Kodizes werden seit 2019 in die virtuelle Bibliotheca Palatina - digital integriert.
Der größte Teil der Manuskripte war bereits für das Polonsky Foundation Digitization Project erstellt worden, in dem, gefördert von der Polonsky Foundation, die Bodleian Libraries der Universität Oxford und die Biblioteca Apostolica Vaticana Teile ihrer lateinischen, griechischen und hebräischen Handschriften sowie Inkunabeln online zugänglich gemacht haben.
Die Biblioteca Apostolica Vaticana stellte der UB Heidelberg die Digitalisate der aus der Bibliotheca Palatina stammenden Codices Vaticani ebraici aus dem obengenannten Projekt für die Präsentation in unserem Portal zur Verfügung. Die verbleibenden Handschriften wurden von Mitarbeitern des Heidelberger Digitalisierungsstudios vor Ort in Rom aufgenommen.
Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg (2018-2021)
Nachdem die Digitalisierung der Palatini latini in der Biblioteca Apostolica Vaticana Anfang 2018 abgeschlossen werden konnte, wurden im Anschluss und mit Förderung durch „The Polonsky Foundation“ bis Mai 2019 alle dort aufbewahrten griechischen Handschriften aus der Bibliotheca Palatina digitalisiert. Das Projekt umfasste auch die wissenschaftliche Katalogisierung der ca. 430 Codices, die in Heidelberg - parallel zu dem seit 2014 laufenden Erschließungsprojekt der lateinischen Palatinahandschriften - durchgeführt wurde.
Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom (2014ff.)
Die Erschließungssituation der Codices Palatini Latini der ehemaligen Heidelberger Bibliotheca Palatina stellt sich aktuell noch sehr heterogen dar. In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für sechs Jahre geförderten Projekt sollen für den Bestand der lateinischen Palatina-Handschriften die vorhandenen Lücken geschlossen werden. Aufbauend auf den bereits vorliegenden Bausteinen wird für 876 mittelalterliche und frühneuzeitliche lateinische Codices der Bibliotheca Palatina eine wissenschaftliche Tiefenerschließung vorgenommen und diese im Kontext der virtuellen Rekonstruktion der einst berühmtesten Bibliothek Deutschlands online präsentiert werden. Als Ergebnis werden erstmals für den kompletten Bestand der lateinischen Palatina-Handschriften moderne und wissenschaftlichen Standards genügende Katalogisate vorliegen. Während des laufenden Projekts können die Informationen zu den einzelnen Handschriften daher unterschiedliche Bearbeitungsstände widerspiegeln.
Durch die Tiefenerschließung in Kombination mit der seit 2012 mit Mitteln der Manfred-Lautenschläger-Stiftung finanzierten Onlinebereitstellung der bislang nur schwer zugänglichen Handschriften wird erstmals eine vollständige und wissenschaftlich hinreichende Arbeitsgrundlage für eine Vielzahl mediävistischer Fachdisziplinen geschaffen. Auch Forschungen zur Geschichte und Bedeutung der Bibliotheca Palatina werden sich hierdurch nun umfassend durchführen lassen.
Neben der wissenschaftlichen Kompakterschließung der Handschriften im DFG-Richtlinien-konformen TEI-P5-Format ("Mapping Tabelle TEI MARC21") soll eine enge Vernetzung der Beschreibungsinformationen mit den während der Projektlaufzeit im Kontext der Heidelberger Palatina-Digitalisierung online gestellten digitalen Faksimiles vorgenommen werden.
Digitalisierung der Codices Palatini latini in der Biblioteca Apostolica Vaticana in Rom (2010-2019)
Nachdem bereits im Rahmen des Projektes "Bibliotheca Laureshamensis - digital" 130 der seit 1623 in der Biblioteca Apostolica Vaticana in Rom aufbewahrten ca. 2.030 lateinischen Handschriften von der Universitätsbibliothek Heidelberg digitalisiert werden konnten, wurden von 2010 bis 2019 auch die übrigen lateinischen Codices entsprechend bearbeitet. Darunter befinden sich so bedeutende Handschriften wie das Mitte des 13. Jahrhunderts entstandene "Falkenbuch" Kaiser Friedrichs II. (De arte venandi cum avibus, BAV, Pal. lat. 1071) oder "De rerum naturis" des Hrbanus Maurus aus dem Jahr 1425 (BAV, Pal. lat. 291).
Mit diesem Schritt begründen die beiden Institutionen eine langjährige Kooperation, um die einst berühmteste Bibliothek nördlich der Alpen virtuell wieder zu vereinigen. Dieses für die Wissenschaft bedeutende Projekt wird durch die Manfred-Lautenschläger-Stiftung gefördert.
Bibliotheca Laureshamensis – digital (2010-2013)
Im Rahmen der virtuellen Rekonstruktion der Lorscher Klosterbibliothek, einem gemeinsamen Projekt der UB Heidelberg und der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, werden die ca. 330 erhaltenen und auf fast 70 Bibliotheken und Archive weltweit verstreuten Manuskripte, die im Skriptorium des Klosters Lorsch hergestellt oder in dessen Bibliothek aufbewahrt wurden, digitalisiert und unter einer einheitlichen Oberfläche im Internet präsentiert werden. Darunter ist auch der mit Abstand größte Bestand ehemals Lorscher Codices, nämlich jene 133 Manuskripte, die heute in der Biblioteca Apostolica Vaticana aufbewahrt werden.
Bis auf wenige Ausnahmen waren zu Projektbeginn alle Handschriften noch nicht digitalisiert, so dass Neuaufnahmen angefertigt werden mussten. Auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung mit der Biblioteca Apostolica Vaticana bekam die Universitätsbibliothek Heidelberg die Erlaubnis, die Digitalisierung der Lorscher Handschriften vor Ort in Rom in Eigenregie durchführen zu dürfen.
Im November 2010 wurde in der Via della Conciliazione in Rom eine „Außenstelle“ des Heidelberger Digitalisierungszentrums eingerichtet. Hierzu wurde das nötige Equipment sowie ein eigens für das Projekt angefertigter „Grazer Buchtisch“ nach Rom transportiert und dort aufgebaut. Für kleinformatigere Bände und Fragmente diente ein kompakteres Modell des Grazer Kameratisches, der „Traveller“. Ein Team aus fünf deutschen Studenten, die sich gerade im Rahmen eines Erasmus-Stipendiums in Rom aufhielten, wurde für die Arbeit am „Grazer Buchtisch“ ausgebildet. Alle 133 Codices sind bereits online.
Eine ausführliche Projektbeschreibung finden Sie hier.
Digitalisierung aller 848 deutschsprachigen Palatina-Handschriften (2006-2009)
Die Heidelberger Bibliotheca Palatina, ist seit April 2009 komplett online verfügbar. Die Sammlung umfasst 848 Codices mit insgesamt ca. 270.000 Seiten und ca. 7.000 überwiegend bisher nicht erschlossene Miniaturen. Das Projekt wurde durch die großzügige finanzielle Zuwendung der Manfred-Lautenschläger-Stiftung gGmbH ermöglicht.
Das in den Jahren 2006 bis 2009 realisierte Vorhaben war die konsequente Weiterführung der in den Jahren 2001-2003 im Rahmen eines DFG-Projekts erfolgten Digitalisierung von 27 oberdeutschen Handschriften des 15. Jahrhunderts aus der Bibliotheca Palatina. Alle Textseiten und Illustrationen der für die Germanistik, allgemeine Geschichte, Kunstgeschichte, Rechts-, Medizin- und Wissenschaftsgeschichte sowie Theologie interessanten Codices können seit Abschluss des Projekts jederzeit weltweit eingesehen werden. Zusätzlich wurden die Illustrationen in der Bilddatenbank heidICON erfasst und beschrieben und eine Freitextsuche nach Schlagworten, ikonographischen Motiven, Autoren und Textgruppen ermöglicht.
Parallel dazu wurde damit begonnen, auch die 45 von Rom zurückgegebenen griechischen und lateinischen Codices elektronisch zu faksimilieren.
Oberdeutsche Bilderhandschriften aus der Bibliotheca Palatina (2001-2003)
Unter den 848 deutschsprachigen Handschriften der Bibliotheca Palatina, die in der UB Heidelberg aufbewahrt werden, befindet sich mit 27 Bänden eine der bedeutendsten Sammlungen spätgotischer deutscher Bilderhandschriften. Zwischen 2001 und 2003 stand diese Handschriftengruppe im Zentrum des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts „Digitalisierung spätmittelalterlicher Bilderhandschriften aus der Bibliotheca Palatina”. Ein Ziel des Projektes war es, Text- und Bildseiten vollständig zu digitalisieren und im WWW überregional für die interdisziplinäre Forschung und Lehre zugänglich zu machen. Insgesamt handelt es sich um ca. 15.250 Seiten; auf ca. 2.000 dieser Seiten finden sich halb- bis ganzseitige kolorierte Federzeichnungen. Die Digitalisierung wurde durch die Universitätsbibliothek Graz, Abteilung Sondersammlungen, in Graz durchgeführt.
Ferner umfasste das Projekt im Rahmen des von der Universitätsbibliothek gepflegten Sondersammelgebiets Kunstgeschichte die wissenschaftliche Erschließung der Illustrationen mit ICONCLASS, die Integration des Bestandes in das für mittelalterliche Handschriften seit 1996 im Aufbau befindliche, zentrale Nachweisinstrument Manuscripta Mediaevalia sowie die Entwicklung einer eigenen Web-Präsentation im Rahmen der Heidelberger "Heidelberger Historische Bestände – digital".
Die DFG förderte dieses Projekt innerhalb ihres Programms „Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksbeständen” von 2001 bis 2003 für die Dauer von zwei Jahren mit Personal- und Sachmitteln. Die Realisierung erfolgte gemeinsam mit dem Lehrstuhl Mittelalterliche Kunstgeschichte (Prof. Dr. Lieselotte E. Saurma) des Instituts für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg.
Dieses Projekt war die „Initialzündung“ für den Aufbau eines hauseigenen Digitalisierungszentrums, das im Laufe des Jahres 2003 mit Unterstützung der ‚Gesellschaft der Freunde der Universität Heidelberg’ eingerichtet wurde und bis heute weiter ausgebaut wird.
Weitere Detailinformationen zum Projekt finden Sie hier.
Digitalisierung und eingesetzte Technik
Für die Handschriftendigitalisierung werden aktuell im Heidelberger Digitalisierungszentrum zwei mit einer hochauflösenden Kamera ausgestatte Kameratische „Grazer Modell“ verwendet. Auch im Digitalisierungsstudio in Rom wird mit zwei Buchtischen dieser Art sowie mit einem mobilen Gerät gearbeitet. Zusätzlich werden an beiden Standorten mit einem Wasserzeichenscanner die Wasserzeichen in den Papierhandschriften digitalisiert. Diese in Graz speziell zur Bearbeitung von Handschriften entwickelte Apparatur der Buchtische ermöglicht eine kontaktlose Direktdigitalisierung fragiler Objekte auf äußerst schonende Weise. Der Codex wird mit Hilfe eines Laserstrahls exakt positioniert, das aufgeschlagene Blatt jeweils durch den milden Sog einer Unterdruckeinrichtung fixiert. Durch eine spezielle Konstruktion schaut dabei die Kamera immer im rechten Winkel auf das Blatt, so dass Verzerrungen minimiert werden.
Zu Beginn des Projekts zur „Digitalisierung aller 848 deutschsprachigen Palatina-Handschriften“ wurde die Ausstattung der Werkstatt, die bislang über lediglich einen Buchtisch verfügte, um einen zweiten Buchtisch mit seinerzeit modernster Technik (Digitalkamera Canon 1Ds Mark II, Auflösung: 16,7 Mio. Pixel) ergänzt. Gleichzeitig finanzierte die Manfred Lautenschläger Stiftung auch die Aufrüstung des vorhandenen Tischs mit einer baugleichen Canon-Kamera. Aktuell werden für die Aufnahmen Spiegelreflex-Digitalkameras, Typ CANON EOS 5DS, mit einer Auflösung von ca. 51 Mio Pixel und einer Farbtiefe von 24 Bit verwendet. Die digitalen Images werden per Firewire-Schnittstelle unmittelbar zu einem angeschlossenen PC übertragen und ohne lokale Zwischenspeicherung auf dem Festplattensystem eines Fileservers abgelegt. Dies geschieht im kameraspezifischen Rohdatenformat, um Detailverluste, Farbverfälschungen o.ä. zu vermeiden und gleichzeitig die höchstmögliche Übertragungsgeschwindigkeit zu erzielen.
Nach der Digitalisierung werden die Images in das dem technischen Standard für die Langzeitarchivierung entsprechende TIFF-Format umgewandelt und mittels professioneller Bildbearbeitungssoftware so nachbearbeitet, dass Farb-, Helligkeits-, Kontrast- und Schärfegrad weitest möglich dem Original entsprechen.
Um einen reibungslosen und übersichtlichen Arbeitsablauf zu gewährleisten, entwickelt und betreibt die Universitätsbibliothek Heidelberg seit dem Jahr 2008 die Workflow-Software DWork – Heidelberger Digitalisierungsworkflow. Über eine Webapplikation werden damit die Generierung der Präsentationen sowie das Langzeitarchivierungssystem der Scans und der Metadaten gesteuert. Eine Nachbearbeitung mit professionellen Bildbearbeitungsprogrammen gewährleistet, dass das digitale Faksimile so weit als möglich dem Original entspricht. Nach der Erstellung der bibliographischen Metadaten, der Strukturdaten für die Inhaltsverzeichnisse und der Zuordnung der Bilddateien werden die für die Präsentation errechneten Images und die Metadaten in dem internationalen Austauschformat METS/MODS exportiert, an das Präsentationssystem übergeben und zum Abschluss die Langzeitarchivierung angestoßen.
Jede Handschrift erhält eine zitierfähige Adressierung in Form einer persistenten URL, einer URN sowie eines DOI, auch jede Einzelseite ist eindeutig referenzierbar. Jedem Bild wird eine Fußzeile eingerechnet, die das Bibliothekslogo, den persistenten, seitengenauen Link und gegebenenfalls den Hinweis auf die Drittmittelförderung enthält. Ausgehend von einer Einstiegsseite, die neben den bibliographischen Informationen – wie Signatur, Autor, Titel, Herstellungsort und Datierung – auch das Inhaltsverzeichnis mit einzeln anwählbaren Kapitelüberschriften umfasst, lässt sich die Handschrift gezielt an einer bestimmten Textstelle „öffnen“. Mittels einer Vorschau-Funktion kann sich der Betrachter mit Hilfe von Thumbnails einen Überblick über das gesamte Werk verschaffen: Darüber hinaus wird eine Zoommöglichkeit für die Betrachtung einzelner Details in verschiedenen Vergrößerungsstufen sowie eine Druckfunktion angeboten. Über die "Vollansicht" kann bildschirmfüllend in der Handschrift gebrowst werden. Die Heidelberger Handschriften stehen komplett auch als PDF-Dateien zum Download bereit und sind auch via IIIF-Manifest angesprochen werden. Im Sinne einer virtuellen Forschungsumgebung stehen ein Editionsmodul sowie ein Annotationsmodul zur Verfügung.
Um über die reine Betrachtung der zum Teil prachtvoll ausgestatteten Handschriften hinaus auch die wissenschaftliche Arbeit zu unterstützen, werden die seit 1996 im Rahmen der durch die DFG geförderten Neukatalogisierung der Codices Palatini germanici bereits erstellten Beschreibungen der Handschriften ebenfalls online als PDF-Dateien hinterlegt.
Nationale und internationale Vernetzung
Im Fokus der Heidelberger Aktivitäten steht auch die nationale und internationale Vernetzung mit anderen Portalen oder Forschungsvorhaben. So werden die Digitalisate der in Heidelberg aufbewahrten Palatina-Handschriften über das Netzwerk der Open-Archive-Initiative (OAI) bereitgestellt und global verfügbar gemacht, etwa durch die Beteiligung an nationalen und internationalen Portalen wie „prometheus“ (Das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre), oder den europäischen Projekten „ENRICH“ (European Networking Resources and Information concerning Cultural Heritage) und der Europäischen Digitalen Bibliothek „EUROPEANA“.