Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 234

Griechischlehrbuch

Papier · 2, 100, 2 Bll. · 21,5 × 14 cm · Venedig (?) · 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Lehrbuch / Grammatik.
Diktyon-Nr.
65966.
1ar–1r vacant
1v Schenkungsexlibris
1) 2r–5r Theodorus Prodromus, De accentibus
5v vacat
2) 6r–13r (Ps.-)Cyrillus Alexandrinus, Lexicon
3) 13v–15r Cyrillus Alexandrinus, Grammatica
4) 16r–46v Anonymus, Grammatica
5) 47r Anonymus, Grammatica
47v–48r vacant
6) 48v–82r Aelius Donatus, Pyle, in griechischer Übersetzung des Maximus Planudes
82v–83v vacant
7) 84r Anonymus, Grammatica
84v–85v vacant
8) 86r–v Marcus Porcius Cato (zugeschrieben), Epistula/Sententiae, in griechischer Übersetzung des Maximus Planudes
87r vacat
9) 87v–88r Marcus Porcius Cato (zugeschrieben), Disticha
97r–102v, 91r–98*r vacant

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Venedig (?).
Entstehungszeit
15. Jh. 1410–1415 oder kurz danach. Dies ergibt sich aus den Wasserzeichen. Damit gehört die Hs. zu den frühesten bekannten Manuskripten des Donatus graecus (vgl. Ciccolella 2008, S. 204).
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
2, 100, 2 Bll.
Format (Blattgröße)
21,5 × 14 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
I2a + III6 + 2 V26 + VII40 + V50 + VII64 + V74 + VII88 + III102 + III96 + I98*. Die letzten beiden Lagen sind vertauscht. Die Zählung der ungezählten Blätter folgt dem Digitalisat (1a, 2a, 97*, 98*). Auf die Spiegel sowie die zugehörigen Vorsatzbll. wurde jeweils ein Doppelbl. aus Marmorpapier geklebt, so dass das Marmorpapier die Rectoseite von Bl. 1a bzw. die Versoseite von Bl. 98* bildet.
Foliierung
Vatikanische Foliierung mit Bleistift (f. 1–88, 97–102, 91–96). Zusätzlich gibt es eine ältere Foliierung mit bräunlicher Tinte, die sehr inkonsequent zählt und oft große Sprünge macht. Die Bll. 89 und 90 sind nicht erhalten.
Lagenzählung
Keine Lagenzählung erkennbar.
Zustand
Der Einband ist abgegriffen. Das Papier hat viele Stockflecken und andere Gebrauchsspuren. Dazu gehören viele Schreibübungen und Zeichnungen, die die Benutzung als Lehrbuch untermauern.
Wasserzeichen
Wasserzeichen aufgrund der Größe der Hs. nicht digitalisiert. Folgende Angaben stammen aus Ciccolella 2008, S. 204, Anm. 129: f. 1–15 und 86–102: Horn, ähnlich Piccard VII 971: Venedig 1405–1410; f. 19–76 (besonders 21–22) Waage, frei, mit dreieckigen Schalen, ähnlich Briquet Nr. 2399: Venedig 1409–1415; f. 77–85 (besonders 79–80) Menschenkopf in Kreis, ähnlich Briquet Nr. 15654: Florenz 1409–1410.

Schriftraum
16 × 12,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
bis zu 40 Zeilen.
Schriftart
Lateinische Schrift: kursive gotische Schrift, wie sie für Verwaltungszwecke bis zum 14. und 15. Jh. genutzt wurde. Die griechische Schrift stammt von einer westlichen Hand des 15. Jhs. Die Texte 1–3 sind in etwas kleinerer Schrift verfasst, wobei die Schriftfarbe dunkler ist als im Rest der Hs. Bei den Texten 8 und 9 ist der Duktus zittrig und die Tinte ist dort teilweise verwischt, aber noch lesbar.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Schreibübungen, zumeist in lateinischer und italienischer Sprache, von einem gewissen Mattia (vgl. f. 1r), dem auch die Hs. gehörte. Die eigentlichen Texte sind möglicherweise alle von einer einzigen anderen, westlichen Hand (sowohl lateinische als auch griechische Texte), wobei der Duktus auf 86r–88r sehr zittrig wirkt. Dies könnte also auch eine andere Hand sein.
Buchgestaltung
Die Hs. ist als Lehrbuch konzipiert. Viele Seiten sind freigelassen.
Buchschmuck
Rubrizierungen werden häufig eingesetzt für Initialen und Überschriften, aber auch für lateinische Übersetzungen.

Nachträge und Benutzungsspuren
f. 1r: Capsa-Nr. C. 90. 1v Titel Theodori prodromi de Accentibus et alia quaedam grammatica. Herkunftsbezeichnung Seorsum und Signaturen sowie ein Besitzvermerk: Questo liber opia de Mattia. Stempel der BAV auf f. 2r und 96v. f. 1v: Schenkungsexlibris. Auf ungenutzten Seiten und an freien Rändern finden sich viele Zeichnungen. Die häufigsten Motive sind Schiffe und Menschen (oder Gesichter), teilweise als Fantasiegestalten: f. 1r, 5r–v, 12v–13r, 15v, 47v–48r, 80v, 82v–85v, 87r–96v. Ebenso gibt es viele Schreibübungen in lateinischer oder griechischer Sprache: f. 1r, 7r, 13r, 15r–v, 34r, 35r, 40v, 47r–48r, 76r–v, 82v–85v, 87r–96v.

Einband
Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius VI. (oben) und Kardinalbibliothekar Saverio de Zelada (unten); vgl. Schunke, Einbände, Bd. 2, S. 909.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. ist ein Griechischlehrbuch und wurde auch zu diesem Zweck genutzt. Davon zeugen die Schreibübungen eines gewissen Matteo/Mattias, vermutlich venezianischer Provenienz, der wohl auch Besitzer der Hs. war. Sie gelangte als Einzelstück an Ulrich Fugger (vgl. Eintrag seorsum auf f. 1r). Dieser übersiedelte 1564 nach Heidelberg, wohin ihm 1567 seine Bibliothek folgte. Diese vermachte er nach seinem Tod 1584 an Kurfürst Friedrich IV. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie als Kriegsbeute nach Rom gebracht, wo sie sich seit 1623 befindet.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_234
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 127–128; Hörandner 1974, S. 62 und 147; Jean Schneider, Les traites orthographiques grecs antiques et byzantins, Turnhout 1999 (Corpus Christianorum Lingua patrum 3), S. 897; Federica Ciccolella, The Greek Donatus and the Study of Greek in the Renaissance, in: International Journal of the Classical Tradition 12/1, 2005, S. 1–24; Federica Ciccolella, Donati Graeci: learning Greek in the Renaissance, Leiden u.a. 2008, S. 204–206; Nousia 2016.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 2r–5r Digitalisat

Verfasser
Theodorus Prodromus (GND-Nr.: 118756826).
Titel
De accentibus.
Angaben zum Text
Die Edition enthält nicht die Zeilen 1–6. Bis f. 3v (Mitte) stimmen Hs. und Edition weitgehend überein. Dieser Text ist überwiegend in politischen Versen geschrieben. Dann folgt Text in Prosa, unter anderem über Stammformen und Diphtonge, inc. ὡς άγε προτρεπόμενα· ταῦτα ψιλώσης πάντα οἱκονομῶ ὡκονόμησα. Der Text enthält einige orthographische Fehler.
Titel (Vorlage)
2r θεοδώρου τοῦ προδρόμου περὶ πνευμάτων.
Incipit
2r ἰστέον· ὅτι α δασύνεται ἐν λέξεσοι τοιαῦταις· ἅπαξ· ἅπλως· ἅγιος.
Weiteres Initium
2r ἁμαρτωλὸς ἐλεεινὸς ἐξομοιοῦνται τούτοις (politische Verse).
Explicit
5r ἐν εὐχολαῖς τῶν τερπολῶν καύταῖς θυγόπολίαις.
Edition
Emmanuel Miller, Lexiques grecs inédits, in: Annuaire de l'Association pour l'encouragement des études grecques en France 8, 1874, S. 222–284, hier S. 225–233.

2) 6r–13r Digitalisat

Verfasser
(Ps.-)Cyrillus Alexandrinus (GND-Nr.: 118523139).
Titel
Lexicon.
Angaben zum Text
Das Lexikon ähnelt dem Pseudo-Cyrill‘schen Lexikon in BAV, Pal. gr. 195, f. 1r–74r, ist aber viel kürzer als dieses. Die Einträge sind alphabetisch nach den ersten beiden Buchstaben geordnet. Anfangsbuchstabe f. 6r–7v α; f. 7v–8r β; f. 8r γ; f. 8r–v δ; f. 8v–9r ε; f. 9r ζ; f. 9r–v η; f. 9v θ und ι; f. 9v–10r κ; f. 10r λ; f. 10r–v μ; f. 10v ν und ξ; f. 10v–11r ο; f. 11r–v π; f. 11v ρ; f. 11v–12r σ; f. 12r–v τ; f. 12v υ und φ; f. 12v–13r χ; f. 13r ψ und ω.
Titel (Vorlage)
6r Lexicon iambis politicis conscriptum.
Incipit
6r Ἄαπτος· ἀπροσπέλαστος· ἄατος ἀβλαβής.
Explicit
13r ὠψίσθην δὲ ἐχρόνισα. ὦ τῶ ἰδιώ τέλος.
Textgestaltung
Die Begriffe sind alphabetisch geordnet, wobei sich das auf die je ersten beiden Buchstaben bezieht.
Nachträge und Rezeptionsspuren
In margine sind viele Zeigehände eingesetzt.

3) 13v–15r Digitalisat

Verfasser
Cyrillus Alexandrinus (GND-Nr.: 118523139).
Titel
Grammatica.
Titel (Vorlage)
13v Γραμματικὴ τοῦ μεγάλου κυρίλου.
Incipit
13v Πόθεν κέκληται γράμμα· παντῶδωρος τίς κυμέως ὑπέγραψεν ἐν μιὰ αὐτοῦ λέξει.
Explicit
15r ἀτελεύτιτον· οὐ[ρα]νίων τὲ καὶ ἐπιγείων καὶ καταχθονίων.

4) 16r–46v Digitalisat

Verfasser
Anonymus.
Titel
Grammatica.
TLG-Nummer
0063.001.
Angaben zum Text
Acht grammatische Traktate: f. 16r–17r περὶ συζυγιῶν (ist einem Kapitel der Grammatik von Dionysius Thrax entnommen); f. 17r κλίσεις ὀνομάτων; f. 20r περὶ ἄρθρων; f. 21r περὶ ἐπιρρήματος; f. 22r–34r πρωτότοποι ἀντωνυμίαι; f. 34v περὶ προθέσεων; f. 37r–44r περὶ τῶν ὀκτῶ τοῦ λόγου μέρων; f. 44r–v Übersicht zur Bildung des Genitivs bei einigen Substantiven (dreispaltig angeordnet); f. 45r–46v über Vokale und Diphthonge.
Titel (Vorlage)
16r περὶ συζυγιῶν.
Incipit
16r Ἡ πρώτη συζυγι τῶν βαρυτονῶν ρῆμα ἐκφέρεται.
Explicit
46v ἔμπροσθεν αὐτῶν ἢ Δασεῖα, ἢ δασυ σύμφωνον.
Textgestaltung
Die weiten Zeilenzwischenräume werden häufig für lateinische Interlinearübersetzungen genutzt. Gelegentlich finden sich Annotationen in margine.
Edition
Gustav Uhlig, Dionysii Thracis Ars Grammatica, Leipzig 1883 (Grammatici Graeci, vol. 1.1), S. 53–59 (nur f. 16r–17r).

5) 47r Digitalisat

Verfasser
Anonymus.
Titel
Grammatica.
Angaben zum Text
Liste lateinischer Begriffe aus der Grammatik, mit griechischer Übersetzung.
Incipit
47r adiectum ἐπίθετον.
Explicit
47r suppositum ὑποκείμενον | appositum ἀντίθετον.

6) 48v–82r Digitalisat

Verfasser
Aelius Donatus (GND-Nr.: 118526715).
Titel
Pyle, in griechischer Übersetzung des Maximus Planudes.
Angaben zum Text
Die Hs. enthält die Variante C der Pylê, von der sie Codex unicus ist. Als Übersetzer wird Maximus Planudes angenommen. F. 48v–49v Wortliste, die grammatische Begriffe enthält, aber auch andere Wörter; f. 49v–76r über Verben; f. 77r–78r über Partizipien; f. 78r–79r über Pronomina; f. 79r–v über Präpositionen; f. 79v–80v über Adverbien; f. 80v über Interjektionen; f. 81r–82r über Konjunktionen.
Incipit
48v declinabilis κλητικός.
Explicit
82r καὶ συμπλεκτικός καὶ παραπληρωματικός.
Textgestaltung
Die lateinischen Entsprechungen sind mit roter Tinte interlinear über die griechischen Begriffe geschrieben.
Edition
Federica Ciccolella, Donati Graeci: learning Greek in the Renaissance, Leiden u.a. 2008, S. 430–490 (diese Hs. ist die einzige herangezogene; sie hat die Sigle P. Die korrigierende Hand der Hs. hat die Sigle P1).

7) 84r Digitalisat

Verfasser
Anonymus.
Titel
Grammatica.
Angaben zum Text
Kurzer Text über die aktive und passive Funktion von Verben. Darunter (von anderer Hand) ein griechischer Schreibversuch und eine lateinische Zeile.
Incipit
84r [Ἰ]στέον ὅτι ἐνεργειτικὸν ῥήμα ἐστὶν.
Explicit
84r ἐγὼ ἀγαπῶ τὸν πέτρον.

8) 86r–v Digitalisat

Verfasser
Marcus Porcius Cato (GND-Nr.: 118519697).
Titel
Epistula/Sententiae in girechischer Übersetzung des Maximus Planudes.
TLG-Nummer
4146.013.
Titel (Vorlage)
86r κάτωνος ρωμαίου διδασκαλίαι πρὸς τὸν ἐαυτοῦ ὑιὸν ἃς μετήνεγκεν ἐκ τῆς λατης ἰταλικῆς γλώττης πρὸς τὴν ἐλλινιδ. Διάλεκτον ὁ σοφώτατος κυρ[ος] μάξιμος ὁ πλανούδης.
Incipit
86r Ἀναπολῆς ἐγὼ κατὰ νοῦν ὡς πλειστοι.
Explicit
86v ἀσπασίως φιλίαν φέρε.
Schrift / Schreiber
Die Hand wirkt sehr unsicher.
Edition
Vincentius Ortoleva, Maximus Planudes. Disticha Catonis in Graecum translata, Rom 1992, S. 1–3 (Hs. nicht herangezogen).

9) 87v–88r Digitalisat

Verfasser
Marcus Porcius Cato (GND-Nr.: 118519697).
Titel
Disticha.
TLG-Nummer
4146.013.
Angaben zum Text
Enthält nur auf 87v die ersten 17 Hexameterverse des 1. Buches in lateinischer Sprache, auf 88r die ersten 16 Verse auf Griechisch. Vor und hinter dem Text sind weitere Schreibübungen.
Titel (Vorlage)
88r κατονος βιβλίον α’ γνόμαι δίστιχα.
Incipit
87v Si deus sit animus nobis ut carmina dicunt.
Explicit
88r ἔργα λόγους τὲ διηγήσο πολλῶν περὶ γήρας.
Schrift / Schreiber
Dieselbe Hand wie Text 7. Sie wirkt sehr unsicher.
Edition
Vincentius Ortoleva, Maximus Planudes. Disticha Catonis in Graecum translata, Rom 1992, S. 4–5 (griechisch); Disticha Catonis, recensuit et apparatu critico instruxit Marcus Boas. Opus post Marci Boas mortem edendum curavit Henricus Johannes Botschuyver, Amsterdam 1952 (lateinisch), S. 34–53.


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2020.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 234. Beschreibung von: Vinzenz Gottlieb (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2020.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.