Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 236
Philologische Sammelhandschrift
Papier · 3, 101, 1 Bll. · 22,2 × 14,5 cm · Venetien (?) · Anfang 15. Jh.
- Diktyon-Nr.
- 65968.
1ar–v | vacat | |
2ar | Capsa-Nummer und Allacci Signatur | |
2av–3ar | vacant | |
3av | Schenkungsexlibris | |
1) | 1r–3v | Thomas Magister, Synopsis vitae poetae et dramatis (Hecubae) argumenti |
2) | 4r–50r | Euripides, Hecuba |
50v | vacat | |
3) | 51r–99v | Euripides, Orestes |
4 - Nachtrag) | 101rv, 100rv, 99v, 3v, 1v, 1r | Tabula perscriptionis |
102*r–v | vacat |
Kodikologische Beschreibung
- Entstehungsort
- Venetien (?). Aufgrund des Wasserzeichens auf f. 81/82, das auf eine Papiermühle in Udine hinweist, könnte Venetien als Entstehungsort in Frage kommen (https://www.wasserzeichen-online.de/?ref=IT8355-PO-122402).
- Entstehungszeit
- Anfang 15. Jh. Datierung nach Wasserzeichen und Schriftart, siehe dort.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Westliches Papier.
- Umfang
- 3, 101, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 22,2 × 14,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 23a + 6 IV47 + III53 + 6 IV101 + (I-1)102*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 102*.
- Foliierung
- Vatikanische Foliierung (f. 1–101) in der rechten oberen Ecke der Rectoseite mit schwarzer Tinte, Blattzählung von f. 78 später erneuert, f. 83–98 Foliierung mit Bleistift. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a–3a, 17a, 102*).
- Lagenzählung
- Anfang und Ende der Lagen 1–8 werden in griechischer Zählung mittig unten auf dem Fußsteg des jeweils ersten und letzten Heftblattes angegeben. Auf f. 1 verloren; erste erhaltene Zählung am Ende der ersten Lage (αʹ) auf f. 8v, letzte (η’) auf f. 54.
- Zustand
- Fleckiges, leicht vergilbtes Papier; die rote Tinte ist zum Teil stark verblichen, der mit schwarzer Tinte verfasste Text ist noch gut lesbar. Leichte Stockflecken auf f. 36r–38v; ein Wasserschaden am unteren Falz auf f. 51v–75v; Schäden durch Wurmbefall, besonders ab f. 84, jedoch ohne Textverlust. F. 1 wurde im Fußsteg und wohl auch im Kopfsteg restauriert. Zwischen f. 3a und f. 1 befinden sich Klebestreifen; Reste des Klebers sind bis f. 3v sichtbar. Der Buchrücken des Codex ist im oberen Teil stark beschädigt; das Wappen von Pius IX. ist nicht erhalten geblieben.
- Wasserzeichen
- Das auf den Bll. 81/82 deutlich erkennbare Wasserzeichen zeigt eine Schere mit geschlossenem Halm. Dies könnte auf eine Herstellung des Papiers in Udine um 1427 hinweisen (https://www.wasserzeichen-online.de/?ref=IT8355-PO-122402). Siehe auch Schreiner 1991, der die Hs. aufgrund der Wasserzeichen auf f. 3 und f. 6 (Lilie) anhand Piccard, Wasserzeichen Lilie, Stuttgart 1983, Nr. 415 (a. 1412) und auf f. 21 (Einhorn) anhand Piccard, Wasserzeichen Fabeltiere, Stuttgart 1980, Nr. 1663 (a. 1396) auf Anfang des 15. Jhs. datiert, siehe Schreiner 1991, S. 107.
- Schriftraum
- 14,7 × 9–17,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- f. 1r–3r: 21–22 Zeilen, f. 3v: 12 Zeilen, f. 4r–99v: 13–26 Zeilen.
- Schriftart
- Kalligraphische Minuskel des 15. Jhs.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Anonymer Schreiber.
- Buchgestaltung
- Schlichte Seitengestaltung mit einem einspaltigen Text und im Bereich der Tragödienabschriften breitem Raum für Scholien. Zu den Tragödienabschriften finden sich Interlinearscholien sowie ausführlichere Marginalscholien. Sprecherwechsel werden roter, teilweise auch in brauner Tinte durch die Nennung der abgekürzten Personennamen vor den Versen markiert.
- Buchschmuck
- Der Beginn der Hs. wird durch ein verziertes rotes Seilband markiert, die Überschrift folgt in roter Auszeichnungsschrift (f. 1r). Die Texte sind in dunkler/schwarzer Tinte verfasst, die Initialen sind in roter Tinte und schmückenden floralen Elementen gezeichnet. Die Initialen der Marginalscholien und teilweise die Einweisungszeichen der Scholien (griechische Buchstaben und geometrische Formen) sind in roter Tinte notiert. Sprecherwechsel werden am Rand mit Namensabkürzungen in roter, teilweise auch in brauner Tinte angegeben (auf f. 54v in dunkler Tinte). Auf f. 55v–56r, 69v–73r und 81v–99v ist die interlineare Kommentierung in roter Tinte gestaltet.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Besitzmarke der BAV auf dem Vorderspiegel. Auf f. 1r die Capsa-Nummer C. 96 und Allacci-Nr. 210 sowie die Signatur 236 (wiederholt auf f. 3ar). Schenkungsexlibris des bayer. Herzogs Maximilian auf f. 3av. Auf f. 1r die Signatur 236 seors., korrigiert aus 236 Hen(ricus). Besitzstempel der BAV ebendort sowie auf f. 4r und 101v. Auf f. 77v findet sich der Namenszug Δούκας νοτάριος τ(ῆς) ἁγιοτάτης ἐκκλ<η>σ<ίας>. Schreiner sieht hierin einen Besitzeintrag des Handschriftenkopisten Doukas Notarius, sieheSchreiner 1991, S. 107.
- Einband
- Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit des Kardinalbibliothekars Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Angelo Mai (unten); vgl. Schunke, Einbände, Bd. 2, S. 909.
- Provenienz
- Augsburg / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Handschriften, die als Einzelankäufe bzw. aus nicht mehr nachvollziehbaren Quellen in Fuggers Sammlung kamen, sind durch das Kürzel seors. für lat. seorsum, abgesondert, gekennzeichnet.
- Literatur
- Stevenson, Graeci, S. 128f.; Euripides, Fabulae vol. I, ed. James Diggle,
Oxford 1984, S. 339–398; Euripides, Fabulae vol. III, ed. James
Diggle, Oxford 1994, S. 191–286; Kjeld Matthiesen, Studien zur Textüberlieferung
der Hekabe des Euripides. Mit acht Kunsttafeln, Heidelberg 1974, S.
130; Schreiner 1991, S. 107–123; Alexander Turyn, The Byzantine Manuscript
Tradition of the Tragedies of Euripides, Urbana 1957.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
Inhalt
1) 1r–3v
- Verfasser
- Thomas Magister (GND-Nr.: 119483904).
- Titel
- Synopsis vitae poetae et dramatis (Hecubae) argumenti.
- Titel (Vorlage)
- 1r τοῦ σοφωτάτου καὶ λογιωτάτου κυρίου Θωμᾶ τοῦ μαγίστρου σύνοψις τοῦ [unleserlich] τοῦ ποιητοῦ, καὶ τῆς τοῦ δράματος ὑποθέσεως.
- Incipit
- 1r Εὐριπίδη τῷ ποιητῇ, γένος μὲν ἀθηναῖοι.
- Explicit
- 3v θεράπαινα Ἑκάβης. Ἀγαμέμνων καὶ Πολυμήστωρ.
- Nachträge und Rezeptionsspuren
- Notizen von anderer Hand über und unter dem Text, siehe unten 4). Auf f. 3v ein Zusatz zur Metrik des Euripides.
- Edition
- Wilhelm Dindorf, Scholia Graeca in Euripidis tragoedias, I, Oxford 1863, S. 11–13. 201f. (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen).
2) 4r–50r
- Verfasser
- Euripides (GND-Nr.: 118531395).
- Titel
- Hecuba.
- TLG-Nummer
- 0006.040.
- Explicit
- 50r μόχθων· στερρὰ γὰρ ἀνάγκη. Τέλος Εὐριπίδου Ἑκάβης.
- Nachträge und Rezeptionsspuren
- Mit Scholien von Thomas Magister, Demetrius Triklinios und Manuel Moschopulos.
- Edition
- Euripides, Fabulae vol I., ed. James Diggle, Oxford 1984, S. 339–398.
3) 51r–99v
- Verfasser
- Euripides (GND-Nr.: 118531395).
- Titel
- Orestes.
- TLG-Nummer
- 0006.049.
- Explicit
- 99v καὶ μὴ λήγοις στεφανοῦσα … Εὐριπίδου Ὀρέστης.
- Nachträge und Rezeptionsspuren
- Mit Scholien von Thomas Magister, Demetrius Triklinios und Manuel Moschopulos. Namenszug in roter Tinte auf Fußsteg von f. 77v. Notiz auf Kopfsteg von f. 87r. Notiz unterhalb des Textes auf f. 97v. Weitere Notizen von anderer Hand unter dem Text, siehe unter Tabula perscriptionis.
- Edition
- Euripides, Fabulae vol III., ed. James Diggle, Oxford 1994, S. 191–286.
4 - Nachtrag) 101rv, 100rv, 99v, 3v, 1v, 1r
- Verfasser
- Anonymus.
- Titel
- Tabula perscriptionis.
- Incipit
- 101v Ἔδωκα τὸν Μεστροματθαῖον.
- Explicit
- 1v νὰ ἀγοράστη ζουπάν, φλουρ[ίον] α’.
- Schrift / Schreiber
- Gebrauchsschrift des späten 15. Jhs.
- Textgestaltung
- Die ältesten Eintragungen finden sich auf der letzten (Leer-)Seite der Hs. (f. 101v). Der Schreiber nutzte die hinteren Leerseiten sowie die freien Stellen unter den letzten Versen der zweiten Tragödie (Orest, f. 99v) für die Dokumentation von „Geldleihe, Geldwechsel, Schulden, Einkauf und Verkauf von Waren“ (Schreiner 1991, S. 118) aus. Die letzten Eintragungen finden sich auf f. 3v, 1v und 1r.
- Nachträge und Rezeptionsspuren
- Die Eintragungen reichen von dem 14.10.[1470] bis zum 23.3.1471, weisen allerdings größere Sprünge auf. Schreiner sieht hierin ein Indiz, dass eine (ursprünglich unbeschriebene) Lage verloren gegangen sei (Schreiner 1991, S. 108). Die Struktur der Lagen der Hs. kann diese Vermutung jedoch nicht stützen.
- Edition
- Schreiner 1991, S. 108–113.
- Bearbeitet von
- Dr. Paul Achim Neuendorf, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2020.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 236. Beschreibung von: Dr. Paul Achim Neuendorf (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2020.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.