Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 270

Philologische Sammelhandschrift

Papier · 2, 219, 1 Bll. · 32,5 × 22,3 cm · Venetien (Padua?) · um 1500


Schlagwörter (GND)
Claudius Ptolemäus / Porphyrius / Tetrabiblon / Centiloquium / Aristoteles / Sophistische Widerlegungen.
Diktyon-Nr.
66002.
1arv vacat
Ir Schenkungsexlibris
Iv Fuggersignatur, Inhaltsvermerk
1) 1r–92v Anonymus, Commentarius in tetrabiblum Ptolemaei
2) 93r–106v Porphyrius, Introductio in tetrabiblum Ptolemaei
3) 107r–110v Claudius Ptolemaeus, Centiloquium
4) 111r–213r Michael Ephesius, In Aristotelis sophisticos elenchos commentarius 1–166 (Fragment)
218r–220*v vacant

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Venetien (Padua?). Siehe Caballero-Sánchez, Historia, S. 149.
Entstehungszeit
um 1500. Die Datierung ergibt sich aus den Lebens- und Wirkungsdaten des Schreibers Zacharias Kallierges. Dieser wirkte um 1500 in Venetien als Kopist. Raúl Caballero-Sánchez setzt den Zeitraum 1594 bis Ende 1. Viertel des 16 Jhs. an, siehe Caballero-Sánchez, Historia, S. 148.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
2, 219, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
32,5 × 22,3 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 21 V210 + (III-1)219 + (I-1)220*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 220*. Entweder wurden die Bll. 214–217 in der Zählung ausgelassen oder aber zwei Doppelbll. wurden hinter 213 (LM=213/218) entfernt.
Foliierung
In der Ecke Kopfsteg – Außensteg findet sich eine durchgehende vatikanische Blattzählung mit arabischen Zahlen (Bleistift) (f. I, 1–219). Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 220*).
Lagenzählung
Die ersten elf Lagen der Hs. sind parallel zum Text in roter Tinte sowohl mit griechischen als auch mit arabischen Zahlen durchnummeriert (f. 1: α´ und 1; f. 101r: ια´ und 11). Die arabischen Zahlen stehen unter den griechischen und scheinen von derselben Hand zu stammen. Reklamanten, die parallel zum Bundsteg stehen, unterstützen die Ordnung der ersten elf Lagen.
Zustand
Rücken und Einband weisen im unteren und oberen Bereich Wurmlöcher auf. Der Buchblock ist in gutem Zustand. Das Papier ist nur wenig vergilbt und es gibt keine Anzeichen von Tintenfraß. Auf Folium 10v wurde vermutlich zur Stabilisierung der Lage ein Streifen Pergament aufgeklebt. Auf dem Pergament ist verblichene oder abgeschabte Schrift zu erkennen (του). Die Bll. 166 bis 218 weisen ein Wurmloch im Kopfsteg auf. Auf Folium 111r sind Fingerabdrücke zu erkennen.
Wasserzeichen
u.a. Bl. 99: dreisprossige Leiter im Kreis mit darüber liegendem sechszackigem Stern als Beizeichen, ähnlich Piccard-Online Nr. AT8100 (Salzburg, 1494).
Bl. 100: Anker im Kreis mit sechszackigem Stern als Beizeichen.
Bl. 219: Anker im Kreis, ohne Beizeichen, ähnlich WZIS DE4860-Arist_16_6_I4 (Leipzig, 1510).
Siehe auch die Beschreibung in Caballero-Sánchez, Historia, S. 149.

Schriftraum
21 × 12,5 - 14,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
31 Zeilen.
Schriftart
Die Schrift gehört zu den humanistischen Druckminuskeln des 15. und 16. Jhs. Charakteristisch sind die hochgezogenen Schäfte von Tau und Gamma, das kompakte Theta sowie die Unterlänge bei doppeltem Lambda. Der Schreiber verwendet die der Schrift entsprechenden üblichen Ligaturen und Abkürzungen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Der Schreiber der Hs. ist der Kopist Zacharias Kallierges (RGK I, Nr. 119; RGK II, Nr. 156; RGK III, Nr. 197).
Buchgestaltung
Die Hs. ist sehr einheitlich gestaltet und weist in der Anlage der einzelnen Seiten kaum Variabilität auf. Die Anfänge der einzelnen Buchauslegungen sind durch rubrizierte Überschriften und Buchschmuck deutlich gekennzeichnet, die Enden der jeweiligen Abschnitte sind durch τέλος-Zeilen, die zum Teil von Rankwerk flankiert werden, markiert. An den Enden der einzelnen Schriften finden sich τέλος-Monokondylien (f. 92v und f. 110v). Die letzten Zeilen der Abschnitte sind als figurale Fläche gestaltet (z.B. f. 27r). Vereinzelt sind Marginalien vorhanden; Semeioseis geben an, an welchen Stellen in einer übergeordneten Hs. weitere Marginalien vorhanden gewesen sind. Einzelne Kapitel werden durch rubrizierte Zwischenüberschriften gekennzeichnet. Auf den Folia 22v–24r sind in margine astronomische Zeichen notiert.
Auf dem Kopfschnitt der Hs. wurde Comentaria [sic] in Quadri Partitam Ptolemaei verzeichnet.
Buchschmuck
Die Hs. wurde von einem Rubrikator, der neben roter auch goldgelbe Tinte einsetzte, bearbeitet. Über dem Beginn des ersten Textes (f. 1r) sind mittig im Kopfsteg ein rotgoldener Flechtbandknoten und ein darunterliegendes zweisträngiges, rotes Seilband, das an den Enden in goldene Palmetten ausläuft, dargestellt. Die Fleuronné-Initiale des Textes hat die Höhe von etwa sechs Zeilen. Die folgenden Abschnitte sind dezenter gestaltet. Die einzelnen Texte werden durch rubrizierte verzierte Elemente wie Seilbänder oder Ranken sowie durch Ranken- oder Fleuronnéinitialen eingeleitet. Die Texte enden zum Teil in figuralen Textflächen.

Nachträge und Benutzungsspuren
Besitzmarke der BAV auf Vorderspiegel. Auf Folium Ir wurde die Capsa-Nr. C .51. und die Allacci-Nr. 352 notiert, später durchgestrichen und das Schenkungsexlibris eingeklebt. Auf Folium Iv findet sich die Inhaltsangabe mit den Einträgen Commentaria in quadri partium Ptolemei und Commentaria In elenchos Aristotelis. Auf derselben Seite ist zudem der Erwerbsvermerk No 270 eg(natius) festgehalten. Der runde vatikanische Besitzstempel ist auf Folium 1r und 213v aufgebracht. Im Fußsteg von Folium 1r ist die Signatur 270 Pal. aufgeschrieben. In den Stegen finden sich etliche Marginalien von der Hand Friedrich Sylburgs, siehe auch Caballero-Sánchez, Historia, S. 149.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Der Schrift zufolge wurde die Hs. von Zacharias Kallierges um 1500 in Venetien (vielleicht in Padua) hergestellt. Ulrich Fugger erwarb sie aus den Beständen von Egnazio Cipelli.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_270
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 148; Raúl Caballero-Sánchez, Historia del texto del Comentario anónimo al Tetrabiblos de Tolomeo, in: MHNH Revista internacional de investigación sobre Magia y Astrología antiguas 13 (2013), S. 77–198, hier: S. 148–150 (Sigle p); Venetia Chatzopoulou, L'étude de la production manuscrite d'un copiste de la Renaissance au service de l'histoire des textes: le cas du Crétois Zacharie Calliergis, in: Revue d'histoire des textes 7 (2012), S. 1–36, hier: S. 11f. (Anm. 40.), 15; Stefec 2014, S. 137–206, hier: S. 184.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–92v Digitalisat

Verfasser
Anonymus.
Titel
Commentarius in tetrabiblum Ptolemaei.
Angaben zum Text
f. 1r–27r Buch I; f. 27r–43v Buch II; f. 44r–75r Buch III; f. 75r–92v Buch IV.
Titel (Vorlage)
1r ἐξηγητὴς ἀνώνυμος, εἰς τὴν τετράβιβλιον τοῦ Πτολεμαίου.
Incipit
1r Τὰ προοίμια ποιεῖται ὁ Πτολεμαῖος, πρὸς τοὺς.
Explicit
92v σφαίρας κανόνος ἕξομεν τὰς ἀρχὰς, πάντων κέντρων: τέλος τῆς ἐξηγήσεως τῆς τοῦ Πτολεμαίου Κλαυδίου μαθηματiκῶν τετραβίβλου : ~.
Edition
Alter Druck: [N.N.], In Quadripartitum, Basel 1559 (VD16 P 5250), S. 1–180 (Vorlage der Hs.?) .

2) 93r–106v Digitalisat

Verfasser
Porphyrius (GND-Nr.: 118595873).
Titel
Introductio in tetrabiblum Ptolemaei.
TLG-Nummer
2034.028.
Angaben zum Text
Einsprengsel f. 99v–100r: σχόλiα ἐκ τοῦ Δημοφίλου.
Titel (Vorlage)
93r Πορφυρίου φιλοσόφου εἰσαγωγὴ, εἰς τὴν ἀποτελέσματiκὴν Πτολεμαίου.
Incipit
93r Ἐπειδὴ τὰ περὶ τῆς σϋγκρατικῆς θεωρίας.
Explicit
160v ἔμπροσθεν ἑπτά, καὶ ὄπισθεν, ἑπτα [sic].
Edition
Alter Druck: [N.N.], In Quadripartitum, Basel 1559 (VD16 P 5250), S. 181–204 (Vorlage der Hs.?).

3) 107r–110v Digitalisat

Verfasser
Pseudo-Ptolemaeus (GND-Nr.: 118641786).
Titel
Centiloquium.
Titel (Vorlage)
107r Κλαυδίου Πτολεμαίου, βiβλίον, ὁ καρπός.
Incipit
107r Προεκθέμενος ὦ Σύρε τὰς ἐνεργείας τῶν.
Explicit
110v ἐχθρὸς ἀλλότρϊος ταῖς χώραις, εἰδὲ οὐ κiνεται, ἐγχώρiος ἔσται ὁ ἐχθρός: τέλος.
Textgestaltung
Die einzelnen Abschnitte sind mit rubrizierten griechischen Zahlen am äußeren Rand nummeriert.
Edition
Alter Druck: Philipp Melanchthon / Joachim Camerarius d.Ä., Claudii Ptolemaei de praedictionibus astronomicis, Basel 1553 (VD16 P 5249 und 5258) (Vorlage der Hs.?).

4) 111r–213r Digitalisat

Verfasser
Michael Ephesius (GND-Nr.: 100953921).
Titel
In Aristotelis sophisticos elenchos commentarius (Fragment, 1–166,26).
TLG-Nummer
4034.008.
Titel (Vorlage)
111r Ἀποσημειώσεις Εἰς τοὺς σοφιστικοὺς ἐλέγχος τοῦ Ἀφροδϊσιέως.
Explicit
213v οὐ γὰρ λέγεται κυρίως ὁ ἄνθρωπος τῶν ζῴων.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Auf Folium 111r findet sich im Außensteg die lateinische Bemerkung in versione Guilelmi Dorotei plenius est exordium. Auf vielen Folia sind Kreuze mittig im Kopfsteg eingetragen. Auf Folium 213v wurde die Notiz vermerkt Hic circa finem desiderantur folia duodecim, et ampliùs.
Edition
Max Wallies, Alexandri quod fertur in Aristotelis sophisticos elenchos commentarium, Berlin 1898, S. 1–166 (Hs. wurde für die Edition nicht berücksichtigt).


Bearbeitet von
Paul A. Neuendorf, Universitätsbibliothek Heidelberg, 23.09.2020.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.