Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 339

Sammelhandschrift

Papier · 4, 113, 1 Bll. · 37 × 26 cm · Venedig · Mitte 16. Jh.


Schlagwörter (GND)
Theologie / Apologetik / Julian Apostata / Heidentum / Häresie / Weihnachtspredigt.
Diktyon-Nr.
65819.
1ar–Bv vacant
2ar Schenkungsexlibris
2a vacat
1) 1r–95v Cyrillus Alexandrinus, Pro sancta Christianorum religione contra Iulianum
2) 96r–110v Cyrillus Alexandrinus, Ad Calosyrium adversus anthropomorphitas
3) 110v–113v Gregorius Nyssenus, Oratio in diem natalem Christi

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Venedig.
Entstehungszeit
Mitte 16. Jh. Durch den Schreiber kann die Hs. auf Mitte des 16. Jhs. datiert werden. Er ist 1548–1556 belegt. Der Tod des Besitzers (und Auftraggebers?) Cipelli im Sommer 1553 bildet den Terminus ante quem.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
4, 113, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
37 × 26 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 32a + 4 IV32 + (IV+I)40 + 9 IV112 + 1113 + (I-1)114*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 114*. Hinter Bl. 36 ist ein Doppelbl. 36a/36b eingefügt.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. A, B, 1–113). Die Bezeichnung der ungez. Bl. folgt dem Digitalisat (1a, 2a, 36a, 36b, 114*).
Lagenzählung
Zu Lagenbeginn erfolgt die Zählung durch eine griechische Zahl im Fußsteg der ersten Rectoseite.
Zustand
Das Papier ist gewellt und an den Rändern leicht eingerissen. Abgesehen davon ist die Hs. gut erhalten. Textverluste sind am Material nicht zu erkennen, allerdings fehlen die auf Bv aufgezählten Werke von Photius und Maximus, deren Fehlen schon von Paulus Melissus (?) in Heidelberg festgestellt wurde.
Wasserzeichen
Wasserzeichen sind vorhanden, jedoch nur sehr schwer zu erkennen: Waage im Kreis mit flachen, dreieckigen Schalen, Beizeichen zweikonturiger Stern. Ähnliche Wasserzeichen sind für die 2. Hälfte des 15. Jhs. belegt. Diese Datierung ist aber zu unsicher und widerspricht zudem der Datierung durch den Schreiber. Auf dem später eingefügten Bl. 36a ist ein Doppeladler mit Krone und Herzschild (Buchstabe A). Ähnliche Wasserzeichen sind frühestens auf 1582, meist auf das 17. Jh. datiert.
Die Wasserzeichen der Hs. sind in heidICON erschlossen (Wasserzeichen Pal. gr. 339).

Schriftraum
25,5 × 14,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
30 Zeilen.
Schriftart
Hand 1: Humanistische Minuskelschrift im Stil oberitalienischer Schreiber. Exakte Akzentsetzung, teilweise Einsatz von Jota Subskriptum. Majuskel-Gamma mit nach oben strebendem Querbalken. Von dieser Hand stammen alle Texte (außer dem Doppelbl. 36ar–bv), dazu das Inhaltsverzeichnis auf Bv. Hand 2: um 1600, optisch Buchschriften nachempfunden, mit linkslastigem Minuskelgamma.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Eine Haupthand: Emmanuel Bembaines (RGK I, Nr. 113); das Doppelbl. 36a–36b wurde von einer späteren Hand (letztes Viertel des 16. Jhs.) geschrieben. Es könnte sich, wie auch Riedweg 2016, S. XXXV festgestellt hat, um David Höschel handeln.
Buchschmuck
Neben der Rubrizierung von Initialen und Überschriften ist besonders die Textgestaltung als Botryonum formulae am Ende jedes Buches sowie auf 113r augenfällig. Optisch ähnlich sind die Buchenden gestaltet. Buchanfänge sind durch Zierleisten in Form von Ranken- oder Repetitionsmustern ausgezeichnet.

Nachträge und Benutzungsspuren
Auf Ar befinden sich die Capsa-Nr. C. 101, die Allacci-Signatur 262, sowie (von einer einzigen Hand), die Signatur 339, die Provenienzbezeichnung Egn. und die Inhaltsangabe: E Palatina Bibliotheca Cyrillus contra Julianum Apostatam; darunter von anderer Hand Idem Cyrilli contra Anthropomorphitas. J. p. 96. Weitere Inhaltsangabe auf Bv: Unter der Überschrift βιβλίον πρῶτον wird ein Werk des Kyrill von Alexandrien aufgeführt, darunter Photius‘ Περὶ τῶν γνωμικῶν θελημάτων und Maximus‘ ἑκατοντά, die in der Hs. fehlen. Daneben von anderer Hand die Anmerkung Sed ubinam? P.M. (Paulus Melissus?). Ein Eintrag von anderer (Sylburgs oder Gerstmanns?) Hand (1r) informiert über die Unvollständigkeit des Textes: Alios quinque libros contra Julianum, nempe X in universum exstare, indicat Oecolampadii versio, editionis Hernagiano pag. 126. Stempel der BAV auf 1r und 112v.

Einband
Hochroter Ledereinband über Pappe der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; Rücken mit goldenem Wappenstempel von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai; vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Lokalisierung auf Venedig folgt aus der Biographie des Kopisten und des Besitzers (und evtl. Auftraggebers), denn die Hs. weist den Eintrag Egn. (Ar) auf. Dieses Kürzel verweist auf Giovanni Battista Cipelli, genannt Egnatius. Aus seinem Nachlass wurden 66 griechische Hss. am 6.10.1553 im Auftrag Ulrich Fuggers in Venedig gekauft. Fugger übersiedelte 1564 nach Heidelberg, wohin ihm seine Bibliothek 1567 folgte, und vermachte sie nach seinem Tod 1584 an Kurfürst Friedrich IV. 1623 wurde die Hs. als Kriegsbeute nach Rom gebracht, wo sie sich seitdem befindet.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_339
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 196; Christina Savino, Recentiores non deteriores: Indagine sui manoscritti recenti del Contra Iulianum di Cirillo Alessandrino, in: Philologus 154, 2010, S. 223–241 (Hs. als Sigle I herangezogen); Christina Savino, Considerazioni paleografiche sul codice Berol. Gr. 40 (Phill. 1444), in: Scriptorium 67, 2013, S. 175–183, hier S. 175–176; Christoph Riedweg/Wolfram Kinzig, Kyrill von Alexandrien, Werke. Erster Band, Gegen Julian. Teil 1, Buch 1–5, Berlin/Boston 2016 (Die Griechischen christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte, Neue Folge 20).
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–95v Digitalisat

Verfasser
Cyrillus Alexandrinus (GND-Nr.: 118523139).
Titel
Pro sancta Christianorum religione contra Iulianum.
TLG-Nummer
4090.180.
Angaben zum Text
CPG 5233. - Die Hs. enthält die ersten fünf Bücher des Werks, die handschriftlich am besten überliefert sind. Die Vorrede ist nicht enthalten. f. 1r–18r Buch 1; f. 18v–38r Buch 2; f. 38v–58r Buch 3; f. 58v–78v Buch 4; f. 79r–95v Buch 5. Die Textlücken (I,9,5–11,3 auf 3r und III,13,23–15,6 auf 41r) sind von anderer Hand in margine ergänzt (evtl. David Höschel, vgl. Riedweg, S. XXXV). Die Lücke auf 39r (ab Zeile 3, erkennbar an einem # als Einfügungszeichen am Ende der 2. Zeile) (2,9–7,9) wird gefüllt durch den auf 36a und 36b hinzugefügten Text. Die Ergänzungen sollen alle auf die Vorlage V (Bibliotheca Marciana Venedig, Marcianus graecus 122, col. 295) zurückgehen.
Titel (Vorlage)
1r τοῦ ἐν ἁγίοις πατρὸς ἡμῶν κυρίλλου ἀρχιεπισκόπου ἀλεξανδρείας. ὑπὲρ τῆς τῶν χριστιανῶν εὐαγοὺς, θρησκείας, πρὸς τὰ τοῦ ἐν ἀθέοις ἰουλιανοῦ: .
Incipit
1r Οἱ μὲν σοφοὶ καὶ εὐχῖνοι καὶ τῶν ἱερῶν.
Explicit
95v Ἥκει δὲ ὡς ἡμᾶς ὁ περὶ αὐτῆς λόγος ἰσχνότερόν τε καὶ ἀκραιφνέστερον, ἐπιλάμψαντος ἡμῖν τοῦ πάντων ἡμῶν σωτῆρος Χριστοῦ, δι’ οὗ καὶ μεθ’ οὗ τῷ θεῷ καὶ πατρὶ ἡ δόξα σὺν ἁγίῳ πνεύματι εἰς τοὺς αἰῶνας, ἀμήν.
Nachträge und Rezeptionsspuren
3r: fehlender Text wurde in margine ergänzt (wohl Schrift des 16. Jhs., von Kapitel 9 bis zum Anfang von Kapitel 11). Zwischen Bl. 36 und 37 ist ein Doppelbl. kleineren Formats eingefügt, auf dem sich Text befindet.
Edition
Christoph Riedweg/Wolfram Kinzig (Hrsg.), Kyrill von Alexandrien, Werke. Erster Band, Gegen Julian. Teil 1, Buch 1–5, Berlin/Boston 2016 (Die Griechischen christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte N. F. 20), S. 11–407 (Sigle I).

2) 96r–110v Digitalisat

Verfasser
Cyrillus Alexandrinus (GND-Nr.: 118523139).
Titel
Adversus anthropomorphitas.
TLG-Nummer
4090.020–022.
Angaben zum Text
CPG 5231. - Als Titel wird (in der Literatur, auf Pinakes etc.) auch oft angegeben: De dogmatum solutione.
f. 96r–97r: S. 603–607 (in der Edition); f. 97v–98r: S. 549–550; f. 98r–99r: S. 551–554; f. 99r–99v: S. 592–594; f. 99v: S. 599; f. 100r–v: S. 555–557; f. 101r–102v: S. 557–563; f. 103r: S. 589–590; f. 103r–v: S. 596–597; f. 104r: S. 595; f. 104r–v: S. 565–566; f. 104v–105r: S. 583–585; f. 105r–v: S. 588–589; f. 105v: S. 563–565; f. 106r–v: S. 600–602; f. 106v–108v: S. 576–583; f. 108v–109v: S. 585–588; f. 109v–110r: S. 591–592; f. 110r–v: S. 597–599.
Der Text enthält 28 Antworten bzw. Widerlegungen heterodoxer Bewegungen. Sie sind in margine nummeriert. Meist werden diese Texte unter dem Namen „Adversus anthropomorphitas“ kumuliert. Der Textverlauf ist identisch mit der Edition Cyrilli archiepiscopi Alexandrini Adversus anthropomorphitas von Bonaventura Vulcanius, Leiden 1605. Darin ist auch der folgende Text (110v–113r) enthalten, gemäß der Überlieferung. Die Abtrennung erfolgte, gegen die Überlieferung, aus textkritischen Gründen.
Titel (Vorlage)
96r τοῦ αὐτοῦ ἁγιωτάτου κυρίλλου, πρὸς καλοσίριον ἐπίσκοπον τὸν ἀρσενοίτην κατ’ ἀνθρωπομορφιτῶν.
Incipit
96r Ἀφικόμενοί τινες ἀπὸ τοῦ ὄρους τοῦ καλαμῶνος.
Explicit
110v οὐδὲ εὑρέθη δόλος ἐν τῷ στόματι αὐτοῦ.
Nachträge und Rezeptionsspuren
f. 96r in margine Annotation: Edidit… Graece Vulcanius anno 1606 (sic!).
Edition
Philip Edward Pusey, Sancti patris nostri Cyrilli archiepiscopi Alexandrini in D. Joannis evangelium, Vol. 3, Oxford 1872, S. 549–607.

3) 110v–113r Digitalisat

Verfasser
Gregorius Nyssenus (GND-Nr.: 118541919).
Titel
Oratio in diem natalem Christi.
TLG-Nummer
2017.049.
Angaben zum Text
Von der Weihnachtspredigt enthält die Hs. ungefähr ein Drittel. In der Edition von Bonaventura (1605) gehört der Text zur Rede Adversus anthropomorphitas (S. 43–48).
Titel (Vorlage)
110r διὰ τί μὴ κατ’ἀρχὰς ἐπεφάνη ὁ κύριος. ἀλλ’ ἐπεσχάτων τῶν χρόνων, ἐχαρίσατο τῇ ἀνθρωπίνη ζωῇ τῆς θεότητος αὐτοῦ τὴν ἐμφάνειαν.
Incipit
110v Ὅτι μέλλων καταμίγνυσθαι τῷ ἀνθρωπίνῳ βίῳ ἐπικαθαιρέσει τῆς κακίας.
Explicit
113r συνεπαρπιθὴ τὸ ἀνθρώπινον. τέλος.
Textgestaltung
Dieser Text ist nicht gesondert ausgewiesen, sondern erscheint in der Hs. wie ein Teil von Nr. 2. Kunstvolle figurale Gestaltung des Textendes.
Edition
Friedhelm Mann, Die Weihnachtspredigt Gregors von Nyssa. Überlieferungsgeschichte und Text, Münster 1975, S. 267–277.


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2020.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 339. Beschreibung von: Vinzenz Gottlieb (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2020.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.