Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 343

Euripides, Duae fabulae cum scholiis

Papier, Pergament · 3, 55, 1 Bll. · 29,2 × 21,2 cm · Venedig (?) · Anfang des 16. Jhs.


Schlagwörter (GND)
Antike / Theater / Drama / Tragödie / Euripides / Kommentar / Scholien.
Diktyon-Nr.
66075.
1ar–1av vacat
Ir-2av Fragment
3ar Schenkungsexlibris
3av vacat
1) 1r–54v Euripides, Duae fabulae cum scholiis
55*r–55*v vacat

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Venedig (?). Lokalisierung gemäß dem Wasserzeichen Ancre/Anker Nr. 32 nach Harlfinger (Venedig, 28. Januar 1505) auf f. 9, 12, 13, wozu auch der Kopist Johannes Gregoropulos passte.
Entstehungszeit
Anfang des 16. Jhs. Datierung gemäß den Wasserzeichen Arbalète/Armbrust Nr. 31 nach Harlfinger (anno 1484), Ancre/Anker Nr. 32 nach Harlfinger (Venedig, 28. Januar 1505), Chapeau/Hut Nr. 45 nach Harlfinger (23. Dezember 1504), Ancre/Anker Nr. 61 nach Harlfinger (anno 1504). Dazu passt auch der Kopist Johannes Gregoropulos.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier; Makulatur (f. I und 2a): Pergament.
Umfang
3, 55, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
29,2 × 21,2 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + I2a + 13a +III6 + VI18 + 2 IV34 + III40 + (IV-I)46 + IV54 + (I-1)55*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 55*.
Foliierung
Vatikanische Foliierung in der rechten oberen Ecke der Rectoseite mit schwarzer Tinte (f. 1–54). Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a–3a, 55*).
Lagenzählung
Der Lagenbeginn wird in der Mitte unten auf der Rectoseite mit griechischen Ziffern markiert (Beginn: f. 1r: ιον; Ende: f. 47r: ιςον).
Die fragmentarische Überlieferung der Tragödien zeigt sich auch in der Lagenzählung, die auf f. 1r mit der 10. Lage beginnt: Somit muss eine größere Textmenge verloren gegangen sein (siehe unten zu ‚Inhalt – Spätere Kommentierung, Hinweise‘). Eine zweite Lagenzählung am äußeren Rand unten auf der Rectoseite (Beginn: f. 1r: βον; Ende: f. 35r: ςον) legt hingegen einen geringeren Textverlust nahe und ist wohl später entstanden.
Zustand
Guter Zustand mit fleckigem und vergilbtem Papier, wobei die Lesbarkeit überall gewährleistet ist. Teilweise finden sich Restaurierungsspuren an den Seitenrändern.
Wasserzeichen
Da die Mehrzahl der Wasserzeichen im Falz liegt, ist ihre genaue Bestimmung anhand des Digitalisates unsicher.
f. 1, 3, 4, 6: ähnlich Arbalète/Armbrust Nr. 31 nach Harlfinger (anno 1484).
f. 9, 12, 13: ähnlich Ancre/Anker Nr. 32 nach Harlfinger, ohne Beizeichen (Venedig, 28. Januar 1505).
f. 17, 18: ähnlich Chapeau/Hut Nr. 45 nach Harlfinger, ohne Beizeichen (23. Dezember 1504).
f. 21, 24, 37, 38, 47, 50, 51, 54: am Digitalisat nicht erkennbar; eventuell ein Kreis mit Kreuz, im weitesten Sinne wie Cercle/Kreis Nr. 10 nach Harlfinger (Mailand, 15. März 1497), eventuell B als Beizeichen auf f. 49.
f. 27, 28, 29, 30, 31, 32, 41, 42, 43, 45, 46: ähnlich Ancre/Anker Nr. 32 nach Harlfinger, Beizeichen auf f. 27/28, 41/43 (Venedig, 28. Januar 1505).
f. 35, 40: ähnlich Ancre/Anker Nr. 61 nach Harlfinger (anno 1504).

Schriftraum
20,0–23,7 × 15,7–20,0 cm.
Spaltenanzahl
1 (exkl. Scholien) bzw. 2 Spalten (inkl. Scholien).
Zeilenanzahl
29–30 Zeilen.
Schriftart
Individuelle Gebrauchsschrift der Entstehungszeit.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Gemäß Mastronarde/Bremer 1982, S. 14, 20 könnte es sich um ein Mitglied der Gregoropulos-Familie handeln, genauer um den Drucker Johannes Gregoropulos, der die editio Aldina (Venedig 1503) besorgt hat (ebenso Stefec 2014, S. 187). Ein Schriftvergleich mit dem von Johannes Gregoropulos kopierten Parisinus graecus 2964 (BNF) legt dies ebenfalls nahe.
Buchgestaltung
Der Tragödientext findet sich in größerer Schrift links auf der Seite und ist von Scholien in kleinerer Schriftgröße auf bis zu drei Seiten katenenartig umgeben. Sprecherbezeichnungen erscheinen etwas abgesetzt links vom Tragödientext.
Buchschmuck
Kein Buchschmuck.

Nachträge und Benutzungsspuren
Signaturschild der BAV auf dem Vorderspiegel. Capsa-Nr. C. 139 und Allacci-Signatur 44 auf f. Ir. Schenkungsexlibris an Papst Gregor XV. auf f. 3ar. Inhaltsvermerk und Fuggersignatur 343. cyp. auf f. 1r. Zusätze durch Sylburg (Schriftvergleich anhand BAV, Pal. lat. 429bis, f. 259r) und mindestens zwei weitere Hände. Die untere Marginalie auf f. 3r lässt sich Antonios Damilas zuordnen (vgl. Stefec 2014, S. 176; RGK I Nr. 22; III Nr. 34).
Das als Makulatur gebrauchte Fragment besteht aus zwei Pergamentblättern mit den Digesta seu Pandectae Iustiniani Augusti (Dig.; CPL 1797): Auf f. Ir beginnt 15,1 rubr. 11 und auf f. 2av endet 15,1 rubr. 52.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Handschrift ging durch Vermittlung von Hieronymus Tragodistes Cyprius (so die Deutung von cyp. durch Lehmann, Fuggerbibliotheken, I, S. 112) ungebunden in den Besitz Ulrich Fuggers über (Fuggersignatur 343. cyp. auf f. 1r; vgl. BAV, Pal. lat. 1950, f. 186v: Euripidis tragoediae duae. char. non liga.). Fugger übersiedelte 1564 nach Heidelberg, wohin ihm seine Bibliothek 1567 folgte, und vermachte sie nach seinem Tod 1584 an Kurfürst Friedrich IV. 1623 wurde die Hs. als Kriegsbeute nach Rom gebracht, wo sie sich seitdem befindet.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_343
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 198; James Diggle, Five Late Manuscripts of Euripides, Hippolytus, in: CQ 33, 1983, S. 37; Donald John Mastronarde, Notes on Some Manuscripts of Euripides’ Phoenissae, in: GRBS 26, 1985, S. 102–104; Donald John Mastronarde/Jan Maarten Bremer, The Textual Tradition of Euripides’ Phoinissai, Berkeley/Los Angeles u.a. 1982, S. 14, 20; Kjeld Matthiessen, Studien zur Textüberlieferung der Hekabe des Euripides, Heidelberg 1974, S. 42; Stefec 2014, S. 176, 187; Alexander Turyn, The Byzantine Manuscript Tradition of the Tragedies of Euripides, Urbana 1957, S. 357 (Illinois Studies in Language and Literature, 43).
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–54v Digitalisat

Verfasser
Euripides (GND-Nr.: 118531395).
Titel
Duae fabulae cum scholiis.
TLG-Nummer
0006.048 (Phoenissae), 0006.038 (Hippolytus), 5023.016 (Scholia in Phoenissas), 5023.021 (Scholia in Hippolytum).
Angaben zum Text
f. 1r–39r Phoenissae (inde a v. 63); f. 39v–40v vacant; f. 41r–54v Hippolytos, v. 20–386, 447–939. - Die Phoenissae beginnen auf f. 1r erst mit Vers 63. Die Scholien zu den Phoenissae beginnen mit Vers 53 (S. 53, Z. 6 Edition Dindorf) und enden mit Vers 1748.
Der Hippolytus endet mit Vers 939 auf f. 54v. Die Scholien zum Hippolytus beginnen mit Vers 23 und enden mit Vers 935a.
Auf f. 46v endet der Hippolytus mit Vers 386 und f. 47r beginnt mit Vers 447, es ist also vermutlich ein Blatt ausgefallen.
Der Palatinus bildet die Vorlage des Kopenhagener Codex 417, der zu einer Zeit kopiert worden sein dürfte, als zumindest der Hippolytus noch vollständig vorhanden war (Turyn 1957, S. 357; anders Diggle 1983, S. 37 und Mastronarde 1985, S. 102–104, gemäß denen der Palatinus eine Zwillingshandschrift des Kopenhagener Codex darstellt). Matthiesen 1974, S. 42 vermutet zu Recht, dass der Palatinus zu dieser Zeit vermutlich auch die anderen Tragödien des Kopenhagener Codex enthielt, nämlich die Hecuba und den Orestes. Darauf deutet auch die Lagenzählung hin, die mit den Phoenissae als zehnte Lage beginnt.
Incipit
1r ἐπεὶ δὲ τέκνων γένυς ἐμῶν σκιάζεται.
Explicit
54v ὁ δ’ ὕστερος τοῦ πρόσθεν εἰς ὑπερβολὴν.
Edition
Jacopo Cavarzeran, Scholia in Euripidis Hippolytum, Edizione critica, introduzione, indici, Berlin/Boston 2016, S. 101–320 (Hs. wurde für die Edition herangezogen, Sigle Vr); Euripidis fabulae, Tomus I: Cyclops, Alcestis, Medea, Heraclidae, Hippolytus, Andromacha, Hecuba ed. James Diggle, Oxford 1984, S. 207–249 (Hs. wurde für die Edition herangezogen, Sigle Pv); Euripidis fabulae, Tomus III: Helena, Phoenissae, Orestes, Bacchae, Iphigenia Aulidensis, Rhesus ed. James Diggle, Oxford 1994, S. 86–179 (Hs. wurde für die Edition herangezogen, Sigle Vr); Scholia Graeca in Euripidis tragoedias ex codicibus aucta et emendata, Tomus III edidit Wilhelm Dindorf, Oxford 1863, S. 53–404 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen).


Bearbeitet von
Dr. Anne-Elisabeth Beron, Universitätsbibliothek Heidelberg, 20.05.2020.
Katalogisierungsrichtlinien
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Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.