Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 366

Sammelhandschrift

Papier · 4, 162, 1 Bll. · 24,5 × 17 cm · Konstantinopel (?) · 14. Jh.


Schlagwörter (GND)
Kommentar / Aristoteles / Physik / Polemik / Armenier / Häresie / Monophysitismus.
Diktyon-Nr.
66098.
1ar–v vacat
1) 2ar–3av Seneca, Hercules furens (Fragment)
4ar Schenkungsexlibris
4av vacat
2) 1r–121r Simplicius, In Aristotelem physicorum libros
3) 121v–149v Ps.-Isaac, Oratio contra Armenios
150r vacat
4) 150v Aesopus/Aphthonius, Fabula
5) 150v–162v Ps.-Isaac, Adversus haereticos

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Konstantinopel (?). Die Schrift von Hand 1 könnte ein Hinweis auf Konstantinopel sein.
Entstehungszeit
14. Jh. Mit einigen Ergänzungen aus dem 16. Jh. (f. 67r–v, 150v).
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier, Bll. 2a und 3a Pergament.
Umfang
4, 162, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
24,5 × 17 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + I3a + 14a + 8 IV64 + (VIII-5)75 + 7 IV131 + III137 + (IV-1)144 + (III-1)149 + (III-1)154 + IV162 + (I-1)163*. Nach der Lagenzählung fehlen von der 9. Lage (ab f. 65) fünf Bll., die ursprünglich 9. und 10. Lage (f. 68–75) sind zu einer Lage verbunden, deren Mitte zwischen f. 69 und 70 liegt.
Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 163*. Im hinteren Teil fehlen mehrere Bll.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. 1–162). Bei den Bll. 158 und 159 ist die Folioangabe überklebt, daher als 158a bzw. 159a bezeichnet. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a–4a, 158a, 159a, 163*).
Lagenzählung
Im oberen rechten Eck der ersten Rectoseite werden die Lagen mit griechischen Zahlen gezählt. Häufig ist die Zählung aber nicht mehr erkennbar. Letztmalig erfolgt die Zählung auf f. 116r.
Zustand
Deutliche Schäden durch Feuchtigkeit in der gesamten Hs., die aber die Lesbarkeit nicht einschränken. Hinter f. 67 fehlen mehrere Bll, die wahrscheinlich nie beschriftet waren, was zu einer Textlücke führt. Das gleiche dürfte hinter f. 121 der Fall sein. Ab f. 122 fehlen immer wieder Bll., ohne dass es Textverlust gibt. Da Text 3 vollständig ist, kann man davon ausgehen, dass er (und die folgenden) erst nach dem Verlust der Bll. aufgeschrieben wurde, also ein späterer Zusatz ist.
Wasserzeichen
Wasserzeichen aufgrund der Größe der Hs. nicht digitalisiert.

Schriftraum
17,5 × 13,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
27 Zeilen (f. 121v–162v: 24–31 Zeilen).
Schriftart
Hand 1: 1r–121r, 137v–143v: Schrift des 14. Jhs., typisch für Konstantinopel (vgl. Perria 2011, S. 150–151), mit starken diagonalen Linien (bei Alpha und Delta). Typische Epsilon-Rho-Ligatur, Ypsilon ist häufig sehr breit.
Hand 2: Eine oder mehrere Hände von 121v–162v. Dabei wechselt der Duktus mehrmals. Es sticht eine Hand heraus, die Theta und Epsilon (am Wortanfang) stark vergrößert. Die einzelnen Hände sind nicht klar zu trennen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch hier Hand 1 am Werk war.
Hand 3: aus dem 16. Jh., hat einige kleine Texte ergänzt (67r–v, 150v oben).
Hand 4: zittrige Hand, die 126r–137r Marginalien geschrieben hat.
Lateinische Schrift (2ar–3av): Kanzleischrift, 13.–14. Jh. (beschrieben bei Critelli, S. 117).
Angaben zu Schrift / Schreibern
Auf 162v hat ein Nikolaus Komnenos unterzeichnet. Es lässt sich nicht sagen, ob es sich um einen Schreiber oder einen Besitzer handelt. Möglicherweise ist er identisch mit jenem Namensträger, der zwischen 1409 und 1420 bei Hierissos lebte (vgl. Critelli, S. 113).
Buchgestaltung
Die Bll. 2a und 3a sind ein Fragment, das eingefügt wurde.
Buchschmuck
Zierleiste auf 1r, florales Gestaltungselement auf 150v, ansonsten sind Überschriften und Initialen rubriziert.

Nachträge und Benutzungsspuren
Stempel der BAV auf 1r und 162v. Schenkungsexlibris auf 4ar. Titel, Signatur und Provenienzvermerk seor. sowie der Name eines Vorbesitzers papa nathaniel auf 4av.
Auf 1r ist, kaum noch lesbar, evtl. eine weitere Subskription: ἐμῶν. - Auf 162v ist eine Subskription: νικολάου κομνινοῦ καὶ τῶν φίλων.

Einband
Hochroter Ledereinband über Pappe, der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten); vgl. Schunke, Einbände, Bd. 2, S. 909.
Provenienz
Kreta? / Venedig / Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. war im Besitz eines gewissen Nikolaus Komninus oder Komnenos (vgl. 162v), sowie des aus Kreta stammenden Priesters Johannes Nathaniel (vgl. 4av) und wurde am 1.3.1559 zusammen mit 14 anderen Hss. in Venedig an Ulrich Fugger verkauft.
Fugger übersiedelte 1564 nach Heidelberg, wohin ihm seine Bibliothek 1567 folgte, und vermachte sie nach seinem Tod 1584 an Kurfürst Friedrich IV. 1623 wurde die Hs. als Kriegsbeute nach Rom gebracht, wo sie sich noch heute befindet.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_366
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 228–229; Canart 1977, S. 417–438, hier S. 426 und 436–437; Marco Buoncore, Per un iter tra i codici di Seneca alla Biblioteca Apostolica Vaticana: primi traguardi, in: Giornale italiano di filologia 52, 2000, S. 17–100, hier S. 64; Maria Gabriella Critelli, L’Hercules Furens di Seneca (vv. 245–342; 362–374) nel Palat. Gr. 366 della Biblioteca Apostolica Vaticana: una nuova segnalazione, in: Appunti Romani di Filologia III, 2001, S. 113–126.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 2ar–3av Digitalisat

Verfasser
Seneca (GND-Nr.: 118613200).
Titel
Hercules furens (Fragment).
Angaben zum Text
Ein Doppelbl. aus einer lateinischen Seneca-Hs., das falsch eingebunden wurde. f. 2ar Verse 311–343; f. 2av Verse 343–374 (teilweise kaum lesbar); f. 3ar Verse 245–275; f. 3av Verse 276–310.
Incipit
3ar Non vicit illum celibet semper tori.
Explicit
2av Extiguet ortuus, referret occasus diem.
Textgestaltung
Für die Verse 309 und 337 fehlen die Initialen. Da der Text eingerückt ist, sollten sie wohl vergrößert dargestellt werden, was aber nicht geschehen ist.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Auf 2ar sind in margine grammatikalische Bemerkungen zum Verb τυφόω.
Edition
L. Annaei Senecae tragoediae, recognovit adnotatione critica instruxit Otto Zwierlein, Oxford 1986, S. 11–16 (Hs. nicht herangezogen); Maria Gabriella Critelli, L’Hercules Furens di Seneca (vv. 245–342; 362–374) nel Palat. Gr. 366 della Biblioteca Apostolica Vaticana: una nuova segnalazione, in: Appunti Romani di Filologia III, 2001, S. 113–126, hier S. 119–122.

2) 1r–121r Digitalisat

Verfasser
Simplicius (GND-Nr.: 118642421).
Titel
In Aristotelem physicorum libros commentaria.
TLG-Nummer
4013.004.
Angaben zum Text
Die Hs. enthält nur Teile des 4. Buches: 1r–67r entspricht in der Edition S. 519–607 (Zeile 34), dann folgen später eingefügte, kurze Texte, die Gregor von Nazianz, Basilius von Caesarea und Iohannes Chrysostomus zugeschrieben werden, zur Trinität, Energie usw. Daran schließt sich ein weiterer Teil des vierten Buchs von 68r–121r (S. 645–713, Z. 9) an. An den Kapitelüberschriften bringt die Hs. oft längere Zitate, die die Edition nicht hat.
Titel (Vorlage)
1r σιμπλικίου φιλοσόφου, εἰς τὸ δέλτα τῆς ἀριστοτέλους φυσικῆς ἀκροάσεως, ὑπόμνημα.
Incipit
1r Περὶ τῶν φυσικῶν ἀρχῶν καὶ αἰτίων.
Explicit
121r τὸ μὲν, ὡς ἀρχὴ τῆς κινήσεως· τὸ δὲ.
Schrift / Schreiber
Die Einschübe auf 67r–v sind von einer jüngeren Hand und in einer hektischen Gebrauchsschrift geschrieben. Sie findet sich auch wieder auf 150v.
Textgestaltung
Initialen sind in der Regel rubriziert, aber nicht überall ausgeführt. Zierleisten auf 68r, 105r.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Die Einschübe werden von zwei Zeichnungen begleitet.
Edition
Hermann Diels, Simplicii in Aristotelis physicorum libros octo commentaria, Berlin 1882 (Commentaria in Aristotelem Graeca 9 & 10), vol. IX, S. 519–607 (Hs. herangezogen als Sigle M).

3) 121v–149v Digitalisat

Verfasser
Ps.-Isaac (GND-Nr.: 10238908X).
Titel
Oratio contra Armenios.
Angaben zum Text
Kapitel des Textes (griechische Titel aus der Hs.; wo sie fehlen, lateinische aus Migne PG 132): f. 121v–124v De duabus in Christo naturis (col. 1155–1164); f. 124v–126r σύνοδ. αρμη. κακοδοξ. (col. 1164–1165); f. 126r–127v περὶ τοῦ εὐαγ[γε]λ[ισμοῦ] (col. 1165–1169); f. 127v–128r περὶ τοῦ χριστοῦ γέννων (col. 1169–1172); f. 128r–v περὶ τῶν δύο φυς. τοῦ χριστοῦ (col. 1169–1172); f. 128v–129r περὶ τῶν ἱδρώτων τοῦ χριστοῦ (col. 1172); f. 129r–131r περὶ τοῦ ἄρτου καὶ τοῦ οἴνου καὶ τοῦ ὕδατος (col. 1172–1176); f. 131r–132r περὶ τοῦ ἄρτου καὶ τοῦ ἄζύμου (col. 1176–1180); f. 132r–134r περὶ ὧν ὁ χριστὸς οὐ παρέδωκεν ἀλλ’ἡ αποπόστολοι (sic!) καὶ οἱ πατέρες (col. 1180–1181); f. 134r–135v περὶ τῶν ἰουδαικῶν θυσιῶν· ὧν ποιούσην ἀρμή[νιοι] (col. 1181–1185); f. 135v–137r περὶ ὧν βλασφημοῦσιν τὸν σταῦρον οἱ ἀρμή[νιοι] καὶ ψευδαγιαζοῦσιν (col. 1185–1188); f. 137r–138v περὶ τῆς συζεύξεως τῶν γ’ σταυρῶν τῶν ἀρμενίων (col. 1188–1192); f. 138v–140r περὶ τῶν εὐσεβῶν δογμάτων ὧν ἀρνοῦνται οἱ ἀρμένιοι (col. 1192–1196); f. 140r–v ὅτι οὐδὲ χειροντονίαν ἔχουσιν οἱ ἀρμένιοι (col. 1196); f. 140v–145v περὶ τῆς σατανικῆς νηστείας τοῦ ἀρτζιβουρίου (col. 1196–1209); f. 145v–149r περὶ ὧν ἀ[ν]αθεματίζονται οἱ ἀρμέν[ιοι] (col. 1209–1218); f. 149r–v unedierter Text über das Trinitätsverständnis der Armenier, inc. Τῶν ἀσεβῶν ἀρμενίων δύο φύσεις ἐν χριστῳ μυθολογούντων.
Titel (Vorlage)
121v κατὰ τῶν ἀσεβῶν ἀρμενίων.
Incipit
121v Ἐπειδήπερ, εὐτυχὴς· καὶ διόσκορος, τιμόθεος ὁ ἔλευρος(sic!).
Explicit
149v ἐν ἑνὶ προσώπω καὶ μιᾳ ὑποστάσει.
Textgestaltung
Der Text ist fortlaufend ohne Absatz geschrieben. Die Überschriften sind nachträglich in margine mit roter Tinte ergänzt. Dabei sind dem Schreiber viele Fehler unterlaufen.
Nachträge und Rezeptionsspuren
In margine hat eine zittrige Hand Stichwörter und Annotationen zum Text ergänzt.
Edition
Migne PG 132, Sp. 1155–1218.

4) 150v Digitalisat

Verfasser
Aesopus (GND-Nr.: 118647180) / Aphthonius (GND-Nr.: 100014526).
Titel
Fabula.
TLG-Nummer
0096.006.
Angaben zum Text
Diese Fabel über die Ameisen und die Zikaden, die hier in voller Länge ohne Überschrift eingefügt worden ist, wird den aesopischen Fabeln zugeordnet, aber auch Aphthonius verwendet sie am Anfang seiner Progymnasmata.
Incipit
150v θέρους ἦν ἀκμῆ· καὶ οἱ τέττιγες.
Explicit
150v παρὰ τὸ γῆρας κακοπραγεῖ.
Schrift / Schreiber
Hand des 16. Jhs. Sie findet sich auch wieder auf 67r–v.
Edition
A. Hausrath/Herbert Hunger, Corpus fabularum Aesopicarum, Bd. 1.2, Leipzig 2. Auflage, 1959, S. 133.

5) 150v–162v Digitalisat

Verfasser
Ps.-Isaac (GND-Nr.: 10238908X).
Titel
Adversus haereticos.
Angaben zum Text
Bericht über (hauptsächlich monophysitische) Häresien, darunter die des Eutyches, Dioskurides, Timotheus Aelurus, Petrus Fullo, Iulianus Halicarnassensis, Aphthartodocita und anderen. Es ergeben sich inhaltliche Ähnlichkeiten mit Migne PG 132, Sp. 1237–1265.
Titel (Vorlage)
150v Περὶ τῆς πανουργίας καὶ ὑποκρίσεως, καὶ ἀσεβείας καὶ χριστομαχίας τῶν ἀρμενίων· καὶ θριάμβεως καὶ ἔλεγχος· καὶ ἀνατροπῆ πᾶσης αὐτῶν τῆς αἱρέσεως καὶ κακοδοξίας· λόγος στηλιτευτικὸς κατὰ τῶν αὐτῶν καὶ τῶν ὁμοφρόνων· εὐτυχοὺς καὶ διοσκόρου τιμοθαίου τοῦ αἰλούρου, πέτρου τοῦ κναφέως· ἰουλιανοῦ τοῦ αλικαριασέως καὶ ἀφθαρδοκήτου καὶ τῶν ληπὸν αἰρετικῶν.
Incipit
150v Τοῦ κυρίου καὶ θεοῦ καὶ σωτῆρος ἡμῶν ἰησοῦ χριστοῦ·.
Explicit
162v ἐν χριστῳ ἰησοῦ τω κυρίω ἡμῶν ὧ ἡ δόξα εἰς τοὺς αἰώνας τῶν αἰώνων, ἀμήν.
Textgestaltung
Nach dem Incipit treten keine Rubrizierungen mehr auf, mit Ausnahme einer Initiale auf 161v.


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2020.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 366. Beschreibung von: Vinzenz Gottlieb (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2020.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.