Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 370

Medizinisch-naturwissenschaftliche Sammelhandschrift

Papier · 3, 254, 1 Bll. · 30 × 21 cm · Kreta (?) · Ende 15./Anfang 16. Jh.


Schlagwörter (GND)
Medizin / Anthropologie / Psychologie / Physik / Therapeutik.
Diktyon-Nr.
66102.
1ar–v vacat
2ar Schenkungsexlibris
2av-Ir vacant
Iv Index
1) 1r–59r Nemesius, De natura hominis
2) 59r–71r Proclus Diadochus, Institutio physica
3) 71r–150v Aristoteles, Physicae auscultationes
4) 151r–240r Iohannes Actuarius, Therapeuticae methodi
5) 240v–253v Galenus, De emplastro medicamento

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Kreta (?).
Entstehungszeit
Ende 15./Anfang 16. Jh. Die Wasserzeichen deuten auf die Jahre 1490–1510 hin.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
3, 254, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
30 × 21 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + II + 18 IV144 + (IV-2)150 + (IV-1)157 + 12 IV250 + II254 + (I-1)255*. 2 Bll. entfernt hinter 150. Bl. entfernt vor 151.
Foliierung
Vatikanische Blattzählung (I, 1–160, 160, 161–219, 218–254), zusätzlich zum ersten Text griechische Blattzählung (α’-νη’) daneben, die mit ihr übereinstimmt. Zählfehler: Bl. 160 doppelt, auf 219 folgen nochmals 218, 219. Die Bezeichnung der ungez. und doppelt gezählten Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 2a, 160a, 218a, 219a, 255*).
Lagenzählung
Mit griechischen Zahlen zu Lagenbeginn unten rechts. Die Lagen 19–21 wurden ganz oder teilweise entfernt (vgl. Hinweis 150v).
Zustand
Gut erhalten. Die gelegentlichen Wurmlöcher und die zahlreichen Stockflecken schränken die Lesbarkeit nicht ein.
Wasserzeichen
Es gibt drei verschiedene Wasserzeichen: 1. Waage (Bl. 252 und 254: Realien – Waage im Kreis, mit Beizeichen – Stern – zweikonturig – ohne weiteres Beizeichen – Schalen gerundet – einfache Form – Aufhängung zwei Ösen). Ähnliche finden sich ca. 1495–1500, zwischen Süddeutschland und Italien. Allerdings ist dieses Wasserzeichen mit 85 mm größer als die anderen identifizierten.
2. Waage (Bll. 183–232: Realien – Waage – im Kreis, mit Beizeichen – Stern – zweikonturig – ohne weiteres Beizeichen). Höhe 90 mm, Breite 40 mm. Ähnliche Wasserzeichen sind auf ca. 1500–1520 datiert.
3. Hand (Bll. 1–179 und 235–249: Figuren – anthropomorphe – Hand/Handschuh – mit Beizeichen – Stern oder Blume – zweikonturig – ohne weiteres Beizeichen). Das Wasserzeichen tritt in dieser Größe (115 mm) und mit dem gezackten Ärmelansatz (an dem eine Art Anhänger hängt) selten auf. Ähnliche Wasserzeichen werden auf die 1490er Jahre datiert und sind bisher aus spanischen Inkunabeln bekannt (IBE 3871).
Die Wasserzeichen der Hs. sind in heidICON erschlossen (Wasserzeichen Pal. gr. 370).

Schriftraum
20 × 12 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
30 Zeilen.
Schriftart
Schrift der Humanistenzeit, 2. Hälfte 15. Jh. Der Index auf Iv ist von späterer Hand eingefügt worden, wahrscheinlich von einem Bibliothekar. Seine Schrift ist auf Ende 16./Anfang 17. Jh. zu datieren.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Thomas Bitzimanos (RGK I, Nr. 141 = RGK II, Nr. 1897 = RGK III, Nr. 236).
Buchschmuck
Textanfänge werden durch rubrizierte Zierleisten ausgezeichnet. Rubriziert sind auch Überschriften sowie Initialen. Initialen an Buchanfängen sind vergrößert.

Nachträge und Benutzungsspuren
Stempel der BAV auf 1v und 253v. Schenkungsexlibris auf 2ar. Griechischer Index auf Iv. Auf 1r: Signatur 370. Provenienzvermerk seors. 150v lateinische Annotation Plagiarius ex nebulo excidit Tractatum de Mundo.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, Bd. 2, S. 909.
Provenienz
Venedig (?) / Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Der Kopist Thomas Bitzimanos hat auf Kreta im Atelier von Michael Apostoles gearbeitet. Dort könnte die Hs. auch entstanden sein. Sie wurde als Einzelstück (vgl. Vermerk seor: auf 1r) von Ulrich Fugger aufgekauft und nach Augsburg verbracht, 1567 nach Heidelberg. Fugger vermachte sie 1584 dem Kurfürsten Friedrich IV., der sie in seine Bibliothek integrierte. 1623 wurde sie als Kriegsbeute aus Heidelberg mitgenommen und vom Bayernherzog Maximilian dem Papst Gregor XV. geschenkt. Seitdem befindet sie sich in der Biblioteca Vaticana.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_370
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 238f.; Hermann Diels, Die Handschriften der antiken Ärzte, II. Band: Die übrigen antiken Ärzte außer Hippokrates und Galenos, Berlin 1906, S. 67 und 110; Harlfinger 1971, S. 409; Moreno Morani, La tradizione manoscritta del „De natura hominis“ di Nemesio, Mailand 1981 (Scienze filologiche e letteratura 18), S. 122.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–59r Digitalisat

Verfasser
Nemesius (GND-Nr.: 118586955).
Titel
De natura hominis.
TLG-Nummer
0743.002.
Angaben zum Text
f. 1r Index; f. 1v–59r Text.
Titel (Vorlage)
1v νεμεσίου ἐπισκόπου ἐμέσης περὶ φύσεως ἀνθρώπου. Λόγος κεφαλαιώδης: περὶ ψυχῆς καὶ σώματος.
Incipit
1v Τὸν ἄνθρωπον ἐκ ψυχῆς νοερᾶς καὶ σώματος.
Explicit
59r διὰ γὰρ πλεονεξίαν, οὐ διὰ τὸ συμφέρον ἐκείνοις, ἀφείλοντο.
Edition
Nemesii Emeseni De natura hominis, ed. Moreno Morani, Leipzig 1987, S. 1–136.

2) 59r–71r Digitalisat

Verfasser
Proclus Diadochus (GND-Nr.: 118641778).
Titel
Institutio physica.
TLG-Nummer
4036.006.
Angaben zum Text
f. 59r–63r Buch I; f. 63r–69r Buch II. Es folgen Erläuterungen: u.a. 69v–70r: Athanasius, De corpore et anima (Migne PG 28, Sp. 1432–1433). Die letzten Zeilen sind vielleicht von Johannes Philoponus.
Titel (Vorlage)
59r πρόκλου διαδόχου λυκίου· στοιχείωσις φυσικὴ· ὄροι τοῦ πρώτου λόγου.
Incipit
59r Συνεχῆ ἐστὶν, ὧν τὰ πέρατα ἓν. Ἁπτόμενά ἐστιν, ὧν τὰ πέρατα ἅμα.
Explicit
71r οὐ μόνον λογικῆς ἐστι ψυχῆς, ἀλλὰ καὶ ἀλόγου.
Nachträge und Rezeptionsspuren
In margine griechische Zahlen und Schaubilder (rubriziert).
Edition
Albert Ritzenfeld, Procli Diadochi Lycii institutio physica, Leipzig 1912.

3) 71r–150v Digitalisat

Verfasser
Aristoteles (GND-Nr.: 118650130).
Titel
Physicae auscultationes.
TLG-Nummer
0086.031.
Angaben zum Text
f. 71r–79v Buch I; f. 79v–88r Buch II; f. 88r–95v Buch III; f. 95v–111r Buch IV; f. 111r–118r Buch V; f. 118r–128v Buch VII; f. 128v–134r Buch VIII; f. 134r–150v Buch IX.
Titel (Vorlage)
71r ἀριστοτέλους φυσικῆς ἀκροάσεως α’.
Edition
W. D. Ross, Aristotelis physica, Oxford 1950, Bekker-Seite 184a-267b.

4) 151r–240r Digitalisat

Verfasser
Iohannes Actuarius (GND-Nr.: 100948251).
Titel
Therapeuticae methodi.
Angaben zum Text
f. 151r–188v Buch IV; f. 189r–240r Buch V. Eine griechische Edition existiert nur zu den Büchern I und II (Johann Ludwig Ideler, Physici et medici graeci minores, Vol. II, Berlin 1842, S. 353–463).
Titel (Vorlage)
151r τοῦ σοφωτάτου καὶ λογιωτάτου ὠκταρίου θεραπευτικῆς μεθόδου βιβλίον τέταρτον· τῆς κατὰ μέρος παθῶν.
Incipit
151r Ἡ μὲν παροιμία φησὶ, χελώνης κρέα, ἢ φαγεῖν ἢ μὴ φαγεῖν.
Explicit
240r τοῦτον δὲ προσθήσομεν, ὅσα δοκεῖ λείπειν, πρὸς τὸ τῆς ὑποσχέσεως ἄρτιον.
Edition
Nur lateinisch ediert: Actuarii Ioannis Filii Zachariae, Methodi medendi libri sex, Cor. Henricus Mathisius, 1554, S. 119–242.

5) 240v–253v Digitalisat

Verfasser
Galenus (GND-Nr.: 118537202).
Titel
De emplastro medicamento.
TLG-Nummer
0057.007.
Angaben zum Text
Der Text scheint in dieser Form nicht ediert zu sein. Ein Text dieses Titels findet sich bei Karl Gottlob Kühn, Claudii Galeni opera omnia, vol. 13, Leipzig 1927, S. 375. Aber nur der Anfang stimmt überein. Es handelt sich eher um ein Konvolut aus verschiedenen Galen-Texten.
Titel (Vorlage)
240v περὶ ἐμπλάστων τοῦ σοφωτάτου γαλήνου, ἀρίστου ἰατροῦ.
Incipit
240v Ἡ διὰ χαλκίτεως ἔμπλαστος τοῦ γαληνοῦ.
Explicit
253v δοκῶμεν ἐκπεπονηκότες τὴν βίβλον.


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2021.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 370. Beschreibung von: Vinzenz Gottlieb (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2020.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.