Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 418

Sammelhandschrift

Papier · 3, 206, 1 Bll. · 22,6 × 17 cm · Rom (?) / Venedig (?) · Um 1553


Schlagwörter (GND)
Antike / Byzanz / Liebesroman / Roman.
Diktyon-Nr.
66150.
1ar–2av vacant
3ar Schenkungsexlibris
3av vacat
1) 1r–115v Achilles Tatius, Leucippe et Clitophon
116r–120v vacant
2) 121r–205r Eustathius Macrembolites, Hysmine et Hysminias
205v–206*v vacant

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Rom (?) / Venedig (?). Da der Palatinus nicht nur in zeitlicher, sondern auch in örtlicher Nähe zu seiner Zwillingshandschrift, dem Vaticanus Reginensis graecus 101 entstanden sein dürfte, kommt Rom infrage, da einerseits Provataris, der Kopist des Reginensis von 1546 bis 1571 als Schreiber der BAV arbeitete (vgl. RGK I Nr. 254), andererseits da die Herstellung des Reginensis gemäß seiner subscriptio erst durch die Erlaubnis des Vorstehers der BAV, N. Maioranus, ermöglicht wurde (Dörrie 1935, S. 38; Vilborg 1955, S. XXIV, LXXVI). Ferner ist Venedig ein möglicher Entstehungsort, zumal die Vorlage für den Eustathius-Teil, der Vaticanus Reginensis graecus 165 gemäß einer Notiz auf f. 171 dort geschrieben wurde (Cataldi Palau 1980, S. 97).
Entstehungszeit
Um 1553 . Der Palatinus stellt für Achilles Tatius eine Zwillingshandschrift des Vaticanus Reginensis graecus 101 dar, der gemäß seiner subscriptio auf 1553 datiert wird (Vilborg 1955, S. XXIIIf.). 1553 ist somit ein terminus ad quem oder post quem. Für den Eustathius-Teil lässt sich der Vaticanus Reginensis graecus 165 als Vorlage identifizieren, der gemäß Cataldi Palau 1980, S. 97 ebenfalls in diese Zeit zu datieren ist.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
3, 206, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
22,6 × 17 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 23a + (IV-2)6 + 25 IV205 + (I-1)206*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 206*. 2 Bll. entfernt vor 1. Zählfehler: 174 doppelt vergeben.
Foliierung
Vatikanische Foliierung in der rechten oberen Ecke der Rectoseite mit schwarzbrauner Tinte (f. 1–205). Die Ziffer 174 wurde auf zwei nacheinanderfolgenden Blättern vergeben. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a–3a, 206*).
Lagenzählung
Auf der Versoseite notiert der Schreiber unmittelbar nach dem Ende des Textes das erste Wort bzw. den Beginn des ersten Wortes der nächsten Seite; diese Reklamanten fehlen nur in wenigen Fällen. Die Lagen an sich werden nicht gezählt.
Zustand
Sehr guter Zustand mit Stockflecken.

Schriftraum
14,9 × 10 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
21–22 Zeilen.
Schriftart
Jeweils individuelle Gelehrtenschrift der Entstehungszeit.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Beim Palatinus handelt es sich für Achilles Tatius um eine Zwillingshandschrift des Vaticanus Reginensis graecus 101 (Dörrie 1935, S. 15, 32; Vilborg 1955, S. XXIII), der von Emmanuel Provataris kopiert wurde (Canart 1964, S. 244; vgl. RGK I Nr. 254). Gemäß Dörrie 1935, S. 15, 32 und Vilborg 1955, S. XXIII stammen beide Codices vom selben Schreiber, jedoch plädiert Canart 1964, S. 244 nur für ähnliche Schriften (er spricht ebd. fälschlicherweise von einem Ottobonianus als Vorlage). Nach einem Schriftvergleich anhand der von Canart beigegebenen Tafeln dürfte es sich im Palatinus tatsächlich nur um eine sehr ähnliche Schrift handeln.
Für Eustathius lässt sich der Palatinus als Abschrift des Vaticanus Reginensis graecus 165 identifizieren, der von Georgios Basilikos kopiert wurde (RGK III Nr. 93; I Nr. 56); Cataldi Palau 1980, S. 97 vermutet, dass beide vom selben Schreiber stammen. Der Schriftvergleich mit RGK I Nr. 56 erhärtet diese Hypothese jedoch nicht.
Buchgestaltung
In Hysmine et Hysminias erhalten Sinnabschnitte zum Teil Initialen.
Buchschmuck
Die Titel sowie die Überschriften der einzelnen Bücher sind mit roter Tinte ausgeführt. Rot sind ferner die Initialen der Bücher und Sinnabschnitte, teils mit Fleuronné. Botryonum formulae mit drei Kreuzen untereinander als Spitze bilden den Schluss von Leucippe et Clitophon (f. 115v); ähnlich bei Hysmine et Hysminias auf f. 156v, 189v und 205r (dort mit Zierranke).
Über dem Titel von Hysmine et Hysminias (f. 121r) befindet sich eine schwarze Zierleiste, auf f. 173v zwei rote Rundornamente neben der Überschrift. Auf f. 130v ist ein Liebesepigramm samt Überschrift in roter Tinte ausgeführt; eine rote Überschrift erhält auf f. 183v der Brief der Hysmine und auf f. 189v der Brief der Rhodope. Von f. 140v bis f. 145r sind die Monatsnamen am Rand mit roter Tinte geschrieben.

Nachträge und Benutzungsspuren
Signaturschild der BAV auf dem Vorderspiegel. Schenkungsexlibris an Papst Gregor XV. auf f. 3ar (Papier in kleinerem Format).

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Über die Besitzer ist nichts bekannt; in Ulrich Fuggers Handschriftenkatalog (BAV, Pal. lat. 1950) erscheint diese Handschrift nicht. Nach der Einnahme Heidelbergs gelangte die Handschrift 1623 nach Rom.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_418
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 271; Schunke, Einbände, II, S. 909; Paul Canart, Les manuscrits copiés par Emmanuel Provataris (1546–1570 environ). Essai d’étude codicologique, in: ohne Hrsg., Mélanges Eugène Tisserant. Vol. VI : Bibliothèque Vaticane. Première partie, Vatikanstadt 1964, S. 244; Annaclara Cataldi Palau, La tradition manuscrite d’Eustathe Makrembolitès, in: RHT 10 (1980), S. 96f.; Heinrich Dörrie, De Longi Achillis Tatii Heliodori memoria, Diss. Göttingen 1935, S. 15, 32, 38; Vilborg 1955, S. XXIIIf., LXXVI.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–115v Digitalisat

Verfasser
Achilles Tatius (GND-Nr.: 118500392).
Titel
Leukippe et Clitophon.
TLG-Nummer
0532.001.
Angaben zum Text
F. 1r–14r Liber 1; f. 14r–32v Liber 2; f. 32v–47r Liber 3; f. 47r–59r Liber 4; f. 59v–77r Liber 5; f. 77r–88v Liber 6; f. 88v–99r Liber 7; f. 99r–115v Liber 8.
Titel (Vorlage)
1r ἀχιλέως ἀλεξανδρέως τατίω τῶν κατὰ λευκίππην καὶ κλειτοφῶντα.
Incipit
1r λόγος πρῶτος.
Textgestaltung
Der Schreiber fügt Varianten und ausgelassenen Text am Rand hinzu sowie nimmt Unterstreichungen im Text vor.
Der Palatinus stellt für Achilles Tatius eine Zwillingshandschrift des Vaticanus Reginensis graecus 101 dar, insofern die Seiten jeweils denselben Textabschnitt bieten (d. h. die Seite beginnt in beiden Codices mit demselben Wort und endet mit demselben; Dörrie 1935, S. 15; Vilborg 1955, S. XXIII) und die Schriften einander ähneln (Canart 1964, S. 244). Gemäß der subscriptio am Ende des Vaticanus Reginensis graecus 101 wurde diese Handschrift mit dem Vaticanus graecus 114 als Vorlage erstellt (Vilborg 1955, S. XXIV), die somit auch die Vorlage des Palatinus bildet.
Edition
Vilborg 1955 (Hs. wurde für die Edition herangezogen, Sigle Q).

2) 121r–205r Digitalisat

Verfasser
Eustathius Macrembolites (GND-Nr.: 1109232357).
Titel
Hysmine et Hysminias.
TLG-Nummer
3072.002.
Angaben zum Text
f. 121r–126r Liber 1; f. 126v–131v Liber 2; f. 132r–138v Liber 3; f. 138v–148r Liber 4; f. 148r–156v Liber 5; f. 157r–165v Liber 6; f. 165v–173v Liber 7; f. 173v–181r Liber 8; f. 181r–189v Liber 9; f. 189v–197r Liber 10; f. 197v–205r Liber 11.
Titel (Vorlage)
121r Εὐσταθίου φιλοσόφου τὸ καθ’ ἱσμήνην καὶ ὑσμινίαν δράμα.
Textgestaltung
Der Schreiber fügt Varianten und ausgelassenen Text am Rand hinzu.
Der Anfang des 10. Buches ist nicht korrekt angegeben: Es beginnt eigentlich auf f. 189v in der zweiten Zeile, wird aber als Schluss von Buch 9 präsentiert. Die Überschrift des 10. Buches fällt mit der Überschrift des Briefes der Rhodope zusammen.
Für Eustathius stellt der Palatinus eine Abschrift des Vaticanus Reginensis graecus 165 dar, zumal sich dieselben Korrekturen am Rand finden (Cataldi Palau 1980, S. 96f.).
Edition
Eustathius Macrembolites. De Hysmines et Hysminae amoribus libri XI ed. Miroslav Marcovich, München/Leipzig 2001 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen).


Bearbeitet von
Dr. Anne-Elisabeth Beron, Universitätsbibliothek Heidelberg, 18.06.2020.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.