Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 46

Lexikographische Handschrift

Papier · 3, 399, 1 · 24,8 × 16,7 cm · s.l. · 13. Jh.


Schlagwörter (GND)
Lexikographie / Johannes Damascenus.
Diktyon-Nr.
65779.
1ar–v vacat
2ar Fuggersignatur, Inhaltsvermerk
2av vacat
3av vacat
1 - Zusatz) 1rv, 399rv Johannes Damascenus, Lexicon
2) 2r–398v Johannes Damascenus, Lexicon
400r–v vacat

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
s.l. Unbekannt.
Entstehungszeit
13. Jh. Mit neuzeitlichem Zusatz (aufgrund der durchgängigen Paginierung vor 1622).
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
3, 399, 1.
Format (Blattgröße)
24,8 × 16,7 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + (I+1)1 + 2 (IV-1)8 + (IV-1)15 + 3 IV39 + 2 V59 + 26 IV266 + 6 V326 + IV334 + 2 V354 + IV362 + V372 + 3 IV396 + 4400 + (I-1)401*. Ein Blatt entfernt vor Bl. 2, ein weiteres wurde vermutlich hinter Bl. 9 entfernt. Bl. 160 wurde doppelt gezählt (Folium 160 und 160a).
Foliierung
Die Bll. 1–400 sind durch eine vatikanische Blattzählung mit schwarzer Tinte in der Ecke Kopfsteg – Außensteg nummeriert. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a–3a, 401*).
Lagenzählung
Reste einer Lagenzählung, die zum Großteil durch einen späteren Seitenbeschnitt verloren ging, sind auf Folium 397r zu erkennen.
Zustand
Die Hs. weist Beschädigungen durch Wurmfraß am und im Falz zwischen Spiegel und Buchblock auf. Die Bll. 2a und 3a sind stark vergilbt und fleckig. Die Hs. weist neuzeitliche (wohl vor 1622) Restaurationsmaßnahmen auf: Die Bll. 1, 399 und 400 wurden durch neu angefertigte Abschriften ersetzt und der ursprüngliche Buchblock wurde an einigen Stellen, besonders gegen Ende der Hs. durch Aufkleben von Papier und durch Anfaserungen bearbeitet. Das Papier des älteren Teils der Hs. ist stark gedunkelt und weist zudem erhebliche Feuchtigkeitsschäden und Spuren von Tintenfraß auf. Die Lesbarkeit und die Intensität der Tinte ist jedoch – auch im Gegensatz zu den neuzeitlichen Ergänzungen – in sehr gutem Zustand. Auf Bl. 400r ist deutlich der Abklatsch von Bl. 399r zu erkennen.
Wasserzeichen
Das Wasserzeichen auf Bl. 400 zeigt eine Waage im Kreis mit flachen Schalen; die mittleren Befestigungen reichen nicht bis zu den Schalen; die Aufhängung der Waage ist zylinderhutförmig und hängt an einer Öse. Unmittelbar über der Öse ist ein fünfzackiger Stern als Beizeichen, ähnlich Briquet 2584 (Salò 1501).

Schriftraum
20,7 × 22–13,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte (f. 1: 2 Spalten).
Zeilenanzahl
30 Zeilen.
Schriftart
Bl. 1–398: Charakteristika der Schrift auf den Bll. 2–398 sind die ausschweifenden Unterlängen der Buchstaben (z.B. κ/K, λ, ι, ρ) in der jeweils letzten Zeile einer jeden Seite sowie teilweise am Zeilenende.
Bl. 1 und 399–400: neuzeitliche Gelehrtenschrift.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Bl. 1–398: Der unbekannte Schreiber der Hs. stammt der Schrift zufolge aus Zypern, siehe Canart, L´écriture chypriote, S. 316.
Bl. 1 und 399–400: Unbekannter neuzeitlicher Schreiber.
Buchgestaltung
Die Hs. ist – abgesehen von den Zusätzen zu Beginn und zum Ende des Kodex – einheitlich gestaltet. Die Lemmata werden durch ihre rubrizierten Initialen eingeleitet und enden mit einem Doppelpunkt und/oder Kolon. Die Glossen sind als Fließtext verfasst, der die gesamte Seitenbreite umfasst. Die einzelnen Abschnitte des Lexikons werden durch mehrfarbige Initialen eingeleitet. Teilweise werden die Abschnittanfänge durch weitere Schmuckelemente verziert. Die Anfangsbuchstaben der Lemmata sind jeweils rubriziert (nicht aber die Diakritika!). Zur besseren Übersicht werden innerhalb einer Buchstabengruppe die jeweils zweiten Buchstaben der Lemmata durch vollständig rubrizierte Unterüberschriften angegeben (z.B. τὸ α μετὰ τοῦ Γ, f. 2r). Teilweise sind Marginalien vorhanden.
Die späteren Hinzufügungen weichen auf Bl. 1 leicht von der Gestaltung des älteren Teils aufgrund der zweispaltigen Anlage ab.
Buchschmuck
Der ältere Teil der Hs. kommt weitgehend ohne Buchschmuck aus. Allein die Angabe der Buchstaben der Lemmatagruppen (Α, Β, Γ κτλ.) sind als teilweise reichverzierte Initialen ausgestaltet. Hierbei sticht besonders die Zeta-Initiale (f. 225v) hervor, die zwar nicht rubriziert, jedoch als Tierinitiale gestaltet ist.
Der Buchschmuck der später hinzugefügten Teile (Bll. 1 und 399) orientiert sich an dem älteren Buchblock; ob er den Befund der Vorlage diplomatisch wiedergibt, kann nicht geklärt werden. Auffällig ist jedoch das Rankenfries über dem Textbeginn (f. 1r), da Rankenschmuck ansonsten nicht in der Hs. vorkommt. Die Initiale A hebt sich zwar durch die Rubrizierung und den schmückenden Fleuronné deutlich ab, ist jedoch im Gegensatz zu den älteren Initialen sehr schlicht.

Nachträge und Benutzungsspuren
Auf Folium 2ar ist die Capsa-Nr. C. 68 (nachträglich durchgestrichen) sowie der Erwerbs-Vermerk 46. Hen. und der Titel der Hs. Lexicon antiquum et diligenter a Damasceno collectum vermerkt. Auf Folium 3a sind zwei griechische Zeilen erkennbar, deren obere durch späteren Seitenbeschnitt nur noch fragmentarisch erhalten ist: + ανακρε ωσμ [— —] | ἀβακες. ἢ ἀσπὸ το δ’ ἀβακίς. Auf Folium 1r sind die alten Signaturen 46. und Pal. G. 46 notiert; zudem ist der runde vatikanische Besitzstempel auf derselben Seite sowie auf Bl. 398v und 399v angebracht.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, Bd. 2, S. 909.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Für die mit Hen. bzw. Henr. gekennzeichneten Manuskripte kann keine eindeutige Aussage bezüglich der Provenienz getroffen werden. Hier wurden bislang zwei Vorschläge zur Identifikation des Vorbesitzers gemacht, die beide davon ausgehen, dass es sich um ein Kürzel des Vornamens Heinrich/Henricus/Henri handelt: Zwischen 1558 und 1568 hatte Henri Estienne (1531–1598), protestantischer Buchdrucker, Philologe und Humanist aus Frankreich, enge Beziehungen zu Fugger. Er durfte u.a. Handschriften aus der Bibliothek Fuggers nutzen, um sie in seiner Offizin zu drucken.
Ungefähr zur selben Zeit hielt sich auch der Schotte Henry Scrimger (1506–1572), Jurist und Philosoph, auf Einladung Fuggers in Augsburg auf, wo er selbst eine umfangreiche Bibliothek mit Drucken und Handschriften aufbaute (Lehmann, Fuggerbibliotheken I, S. 132–153). Von 1553 bis 1563 arbeitete er für Fugger und erwarb u.a. in Italien zahlreiche Handschriften für ihn.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_46
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 24; Paul Canart, Un style d'écriture livresque dans les manuscrits chypriotes du XIVe siècle: la chypriote «bouclée», in: Jean Glénisson (Hrsg.), La Paléographie grecque et byzantine (Colloques Internationaux du C.N.R.S., Paris 21–25 octobre 1974), Paris 1977, S. 303–321, hier: S. 316 (Nr. 27) = Paul Canart, Un style d'écriture livresque dans les manuscrits chypriotes du XIVe siécle: la chypriote "bouclée", in: Canart, 2008, Tome I, S. 341–359, hier: S. 354; Peter Schreiner, Filologia bizantina, in: Marco Buonocore/Ambrogio M. Piazzoni (Hrsg.), La Biblioteca Apostolica Vaticana luogo di ricerca al servizio degli studi. Atti del Convegno Roma, 11–13 novembre 2010, Rom 2011.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1rv, 399rv Digitalisat

Verfasser
Johannes Damascenus (GND-Nr.: 118557971).
Titel
Lexicon (neuzeitlicher Zusatz).
Angaben zum Text
Ersetzt die verlorengegangenen Bll. des Buchblocks f. 2–398. f. 1r Α.
Titel (Vorlage)
1r Ἀρχὴ σϋν θεῶ ἁγΐω τοῦ λεξϊκοῦ, τοῦ παρὰ τοῦ ἁγιωτάτου καὶ σοφωτάτου κυρίου Ἰωάννου πρεσβϋτέρου τοῦ Δαμασκήνου, Δϊορθωθέντος καὶ διαφόρων βίβλων τὰς λέξεις, εἰς ἐτοιμολογίαν (über dem Wort verb. zu ἐτυμολογίαν) ἑρμήνευσιν τὸ Ϛ‘: α ~.
Incipit
1r Ἆ· ἐπίρρημα ἐστὶν ἐκπληκτικὸν.
Explicit
399v ὠψωνηκότες· ὀψωνήσαντ(ες) δὲ μϊκρόν.

2) 2r–398v Digitalisat

Verfasser
Johannes Damascenus (GND-Nr.: 118557971).
Titel
Lexicon.
Angaben zum Text
f. 95v–108v Β; f. 109r–121r Γ; f. 121v–151v Δ; f. 151v–225r Ε; f. 225v–229v Ζ; f. 229v–239v Η; f. 239v–247v Θ; f. 247v–258r I; f. 258r–281v K; f. 281v–288v Λ; f. 289r–299v M; f. 300r–307r N; f. 307v–322r O; f. 322v–343v Π; f. 343v–348r Ρ; f. 348r–362r Σ; f. 362r–371v T; f. 371v–377v Υ; f. 377v–387v Φ; f. 387v–393r Χ; f. 393r–395v Ψ; f. 395v–398v Ω.
Incipit
2r Ἀνακρέων· ὡς μεγίστη τῶν ἀβακϊζομένων.
Explicit
398v ὠσμένος· δεδιωγμένος: ὠστίσαι· διῶξαι.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Randbemerkung f. 323v; Notizen anderer Hand im Kopfsteg f. 356v.


Bearbeitet von
Dr. Paul Achim Neuendorf, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2020.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 46. Beschreibung von: Dr. Paul Achim Neuendorf (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2020.


Katalogisierungsrichtlinien
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Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.