Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 6
Homerus, Ilias cum argumentis et scholiis (interdum classis D)
Papier · 1, 191, 1 Bll. · 28,5 × 21,8 cm · Italien (?) · 2. Viertel 14. Jh.
- Diktyon-Nr.
- 65739.
1ar–1av | vacat | |
1r | Fuggersignatur, Inhaltsvermerk | |
1v | vacat | |
1) | 2r–191v | Homerus, Ilias cum scholiis (interdum classis D) |
192*r–192*v | vacat |
Kodikologische Beschreibung
- Entstehungsort
- Italien (?). Lokalisierung aufgrund der Wasserzeichen (ähnlich Casquet Nr. 2885 Briquet: Siena; aber: ähnlich Couronne/Krone 5 Harlfinger: Thessaloniki als erschlossener Ort).
- Entstehungszeit
- 2. Viertel 14. Jh. Die Wasserzeichen Winkelhaken (ähnlich Equerre Nr. 5973 Briquet: anno 1306), Krone (ähnlich Couronne/Krone 5 Harlfinger: anno 1319), Buchstabenkombination SI (ähnlich Lettre S Nr. 9012 Briquet: anno 1320), Helm (ähnlich Casquet Nr. 2885 Briquet: anno 1321) und Flasche (ähnlich Baril/Flasche 5 Harlfinger: anno 1335/6) stammen aus der 1. Hälfte des 14. Jhs., die Schrift deutet in das 2. Viertel des 14. Jhs.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Papier.
- Umfang
- 1, 191, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 28,5 × 21,8 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 11 + (II-2)3 + (IV-1)10 + 8 IV74 + (IV-4)78 + 13 IV182 + (V-1)191 + (I-1)192*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 192*. Bll. entfernt nach 3 (2 Bll.), vor 4, nach 191. In der 11. Lage die beiden äußeren Doppelbll. entfernt.
- Foliierung
- Vatikanische Foliierung in der rechten oberen Ecke der Rectoseite mit schwarzer Tinte (f. 1–191). Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 192*).
- Lagenzählung
- Zu Beginn der Lage wird in der Mitte unten auf der Rectoseite mit griechischen Ziffern gezählt, was teils abgeschnitten ist (unregelmäßig und bisweilen nur partiell sichtbar von f. 27r bis f. 135r). Das Ende der Lage wird in der Mitte unten auf der Versoseite ebenfalls mit griechischen Ziffern gezählt (unregelmäßig und bisweilen nur partiell sichtbar auf f. 34v, f. 66v, 110v).
- Zustand
- Besonders der Anfang des Codex ist in schlechtem Zustand, bis f. 3 wurden die an den Rändern und bis in den Text hinein teils stark in Mitleidenschaft gezogenen Blätter auf Papier geklebt. Gelegentliche Verstärkungen am Falz. Immer wieder sind Flecken sichtbar, wovon jedoch nur wenige die Lesbarkeit deutlich beeinträchtigen (z.B. auf f. 65r). Das Papier ist vergilbt.
- Wasserzeichen
- f. 3–17; 39–42; 151–154: Krone (ähnlich
Couronne/Krone 5 Harlfinger); f.
20–30: Buchstabenkombination SI (ähnlich Lettre S Nr. 9012
Briquet); f. 47–121; 125–133; 163–191: Topfhelm
(ähnlich Casquet Nr. 2885
Briquet); f. 123: Flasche (ähnlich
Baril/Flasche 5 Harlfinger); f.
136–149: Winkelhaken (ähnlich Equerre Nr. 5973
Briquet).
Die Wasserzeichen der Hs. sind in heidICON erschlossen (Wasserzeichen Pal. gr. 6).
- Schriftraum
- 23,2 × 16 cm.
- Spaltenanzahl
- 1–2 Spalten.
- Zeilenanzahl
- 38–42 Zeilen (inkl. interlinearen Paraphrasen); 38–39 Zeilen (24. Gesang, f. 189v–191v).
- Schriftart
- Individuelle Gelehrtenschrift der Entstehungszeit, bisweilen mit Fettaugen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Der Schreiber ist nicht zu identifizieren.
- Buchgestaltung
- Die Verse der Ilias sind in zwei Spalten angeordnet, wobei jeweils zwei aufeinanderfolgende Verse in einer Zeile platziert sind. Vor bzw. nach den Gesängen sind Scholien als Blocksatz in nur einer Spalte gesetzt, ebenso Zusammenfassungen zu den jeweiligen Gesängen. Es finden sich regelmäßige interlineare Paraphrasen, für die bewusst Platz gelassen wurde, sowie gelegentlich Randscholien. Im 24. Gesang (f. 189v–191v) ist kein Raum mehr für interlineare Paraphrasen frei gelassen worden, sondern die Verse folgen nach dem oben beschriebenen Schema enger aufeinander.
- Buchschmuck
- Auf f. 2r und f. 17v erscheinen Seilbänder, die rot hinterlegt sind; die rot
hinterlegten Seilbänder auf f. 57r, 88r, 112r, 121r und 132v erhalten einen
zusätzlichen Rahmen. Auf f. 7r findet sich ein rotes Seilband mit Zacken;
auf f. 25r, 44v, 121v, 133r, 142v (zweimal), 150v, 156v und 171r sind eckige
geflochtene Seilbänder in Rot eingefügt. Auf f. 64r, 94v und 105r erscheint
ein rotes Schlaufenband, auf f. 94r und 111v eine rote Wellenlinie, auf f.
105r ein rotes Gittergeflecht.
Ebenfalls rot sind die Überschriften der einzelnen Gesänge und ihrer Zusammenfassungen. Mit Rot sind die interlinearen Paraphrasen und Randscholien geschrieben. Die Gesänge erhalten eine rote Initiale, ebenso die Scholien samt ihren Sinnabschnitten, die auf die Gesänge folgen bzw. ihnen vorausgehen.
Die Rubrizierungen sind nicht stets in derselben Tinte ausgeführt: Bisweilen ist das Rot für Überschriften und Initialen heller als das für die interlinearen Paraphrasen (z. B. auf f. 132v und 133r).
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Signaturschild der BAV auf dem Vorderspiegel. Capsa-Nr. C. 180, Allacci-Signatur 1935 und Fuggersignatur 6 cypr. auf f. 1r. Mehrere spätere Glossatoren, mindestens drei, die teils Papierstreifen mit Glossen hinzugefügt haben.
- Einband
- Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, Bd. 2, S. 909.
- Provenienz
- Augsburg / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Die Handschrift ging durch Vermittlung von Hieronymus Tragodistes Cyprius (so die Deutung von cypr. durch Lehmann, Fuggerbibliotheken I, S. 112) in den Besitz Ulrich Fuggers über (Fuggersignatur auf f. 1r; vgl. BAV, Pal. lat. 1950, f. 188v). Fugger übersiedelte 1564 nach Heidelberg, wohin ihm seine Bibliothek 1567 folgte, und vermachte sie nach seinem Tod 1584 an Kurfürst Friedrich IV. 1623 wurde die Hs. als Kriegsbeute nach Rom gebracht, wo sie sich seitdem befindet.
- Literatur
- Stevenson, Graeci, S.
4; Erbse 1960, S. 187; Scholia Graeca in Homeri Iliadem (Scholia vetera). Volumen primum:
Praefationem et scholia ad libros A-Δ continens rec. Hartmut
Erbse, Berlin 1969, S. XXXII; Vassis 1991, S. 20f. 103.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
Inhalt
1) 2r–191v
- Verfasser
- Homerus (GND-Nr.: 11855333X).
- Titel
- Ilias cum argumentis et scholiis.
- TLG-Nummer
- 0012.001 (Homerus), 5026.016–017 (scholia classis D).
- Angaben zum Text
- f. 2r–4r Liber 1,1–188 (f. 2r–3v) et 1,610sq. (f. 4r); f. 4r–7r Anonymus, Scholia classis D in librum 1 Iliados; f. 7r–16v Liber 2,1–461 (f. 7r–12v) et 2,567–877 (f. 13r–16v); f. 16v–17v Anonymus, Scholia classis D in librum 2 Iliados; f. 17v Anonymus, Argumentum Iliados 3 ex scholiis classis D exemptum; f. 17v–24v Liber 3; f. 24v–25r Anonymus, Scholia classis D in librum 3 Iliados; f. 25r Anonymus, Argumentum Iliados 4 ex scholiis classis D exemptum; f. 25r–31v Liber 4; f. 32r Anonymus, Scholia classis D in librum 4 Iliados; f. 32r–32v Anonymus, Argumentum Iliados 5 ex scholiis classis D exemptum; f. 32v–43v Liber 5; f. 43v–44v Anonymus, Scholia classis D in librum 5 Iliados; f. 44v Anonymus, Argumentum Iliados 6 ex scholiis classis D exemptum; f. 44v–45r Anonymus, Scholia classis D in librum 6 Iliados; f. 45r–51v Liber 6; f. 51v–57r Liber 7; f. 57r–64r Liber 8; f. 64r Anonymus, Argumentum Iliados 9 ex scholiis classis D exemptum; f. 64r–73v Liber 9; f. 74r–78v Liber 10,1–80 (f. 74r–74v) et 10,234–549 (f. 75r–78v), f. 79r–88r Liber 11,119–848; f. 88r Anonymus, Argumentum Iliados 12 ex scholiis classis D exemptum; f. 88r–94r Liber 12; f. 94r Anonymus, Argumentum Iliados 13 ex scholiis classis D exemptum; f. 94r–94v Anonymus, Scholia classis D in librum 13 Iliados; f. 94v–105r Liber 13; f. 105r Anonymus, Argumentum Iliados 14 ex scholiis classis D exemptum; f. 105r–111v Liber 14; f. 111v Anonymus, Argumentum Iliados 15 ex scholiis classis D exemptum; f. 112r–121r Liber 15; f. 121r–121v Anonymus, Argumentum Iliados 16 ex scholiis classis D exemptum; f. 121v–132v Liber 16; f. 132v–133r Anonymus, Argumentum Iliados 17 ex scholiis classis D exemptum; f. 133r–142v Liber 7; f. 142v Anonymus, Argumentum Iliados 18 ex scholiis classis D exemptum; f. 142v–150v Liber 18; f. 150v Anonymus, Argumentum Iliados 19 ex scholiis classis D exemptum; f. 150v–156r Liber 19; f. 156r–156v Anonymus, Argumentum Iliados 20 ex scholiis classis D exemptum; f. 156v–162v Liber 20; f. 162v–163r Anonymus, Argumentum Iliados 21 ex scholiis classis D exemptum; f. 163r–171r Liber 21; f. 171r Anonymus, Argumentum Iliados 22 ex scholiis classis D exemptum; f. 171r–177v Liber 22; f. 177v Anonymus, Argumentum Iliados 23 ex scholiis classis D exemptum; f. 178r–189r Liber 23; f. 189r Anonymus, Argumentum Iliados 24 ex scholiis classis D exemptum; f. 189v–191v Liber 24,1–388.
- Titel (Vorlage)
- 2r προγραφή: Ἄλφα λιτὰς χρύσου λοιμὸν στρατοῦ. ἔχθος ἀνάκτων ἡ δὲ πεζὴ ἐπιγραφὴ. λοιμὸς καὶ μήνις.Ἰλιάδος ἄλφα Ὁμήρου ῥαψωδίας (usw. nach diesem Muster).
- Explicit
- 4r τέλος τῆς α ὁμήρου ῥαψωδίας (usw. nach diesem Muster).
- Textgestaltung
- Die Gesänge sind mit einer metrischen sowie einer prosaischen
Überschrift versehen. Die D-Scholien erscheinen vor bzw. nach den Gesängen (nur
im 3. Gesang sind sie am Rand notiert), sie fehlen bei den Gesängen 7 bis 12
und 14 bis 24. Die aus den D-Scholien entnommenen Zusammenfassungen erscheinen
vor den Gesängen, sie fehlen bei den Gesängen 1, 2, 7, 8, 10, 11 (hier
vermutlich dem Ausfall eines Blattes geschuldet).
Da einige Blätter ausgefallen sind (s. Lagenstruktur und Inhaltsangabe), fehlen die Verse 1,189–609, 2,462–566 (hierfür könnte allerdings eher eine in der Vorlage überblätterte Seite der Grund sein), 10,81–233, 10,550–11,118 und 24,389–804 (korrigiert aus Vassis 1991, S. 103).
Die roten Paraphrasen zwischen den Zeilen lassen sich folgendermaßen identifizieren (gemäß Vassis 1991, S. 103): 1. Gesang mit Glossen und Erläuterungen byzantinischer Zeit; 2. Gesang (2,1–461): Paraphrasis Bodleiana (dazu Vassis 1991, S. 20f.); 2. Gesang (ab 2,566) bis 23. Gesang (bis 23,897): Psellos-Paraphrase. Keine Interlinear-Paraphrasen weisen 8,454–565 (f. 63r–64r) und 24,1–388 auf (f. 189v–191v).
Die Randscholien gehören teilweise zur Gruppe h (Erbse 1960, S. 187; ders. 1969, S. XXXII).
Auf f. 67v hat der Kopist fälschlicherweise nach 9,240 die Verse 9,303–334 eingefügt und ausgestrichen; auf f. 68r folgen regulär die Verse 9,241ff.
- Nachträge und Rezeptionsspuren
- Auf f. 59v hat wohl eine spätere Hand einen runden Zettel mit einer figürlichen Glosse geklebt, welche den Aufbau von Himmel und Unterwelt als Kugel illustriert: αἰθήρ - ἀήρ - αἴδης – τάρταρος. - Auf f. 74v unten hat eine spätere Hand auf den Ausfall der Verse 10,81–233 aufmerksam gemacht: lacuna a v 80 / usq(ue) ad 234; wohl dieselbe vermerkt auf f. 78v mit lacuna den Ausfall von 10,550ff. Vermutlich eine andere Hand notiert auf f. 79r den Beginn von 11,119ff. mit (Λ.' v. 119.) sowie auf f. 191v V. 387 / mancha, obwohl dieser Vers vorhanden ist (daher handelt es sich wohl eher um eine allgemeine Angabe, dass der Rest des 24. Gesanges fehlt). Auf f. 191v wird ferner das Ende mit τέλος und finis gekennzeichnet.
- Edition
- Monro/Allen 1920 (Hs. wurde für die Edition herangezogen, Sigle V19); Homeri opera. Tomus II: Iliados libros XIII-XXIV continens rec. David B. Monro/Thomas W. Allen, 3. Aufl., Oxford 1920 (Hs. wurde für die Edition herangezogen, Sigle V19); Homeri Ilias rec. Helmut van Thiel, Hildesheim/Zürich/New York 1996, S. 1–479 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen); Scholia D in Iliadem. Proecdosis aucta et correctior 2014 secundum codices manu scriptos ed. Helmut van Thiel, Köln 2014 (Elektronische Schriftenreihe der Universitäts- und Stadtbibliothek 7), S. 20–597 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen); Scholia Graeca in Homeri Iliadem (scholia vetera), Vol. 1–5 rec. Hartmut Erbse, Berlin 1969–1977 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen, aber erwähnt als Sigle V19 in Vol. 1, S. XXXIII); Arthur Ludwich, Aristarchs homerische Textkritik nach den Fragmenten des Didymos, Vol. II, Leipzig 1885, S. 494–548 (ausgewählte Stellen der Psellos-Paraphrase; Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen).
- Bearbeitet von
- Dr. Anne-Elisabeth Beron, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2020.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 6. Beschreibung von: Dr. Anne-Elisabeth Beron (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2020.
- Katalogisierungsrichtlinien
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