Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 97

Aristoteles, Opuscula selecta

Papier · 3, 117, 1 Bll. · 23,2 × 16,8 cm · Italien · 1. Hälfte 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Antike / Klassik / Aristoteles / Philosophie / Naturwissenschaft / Zoologie.
Diktyon-Nr.
65830.
1ar–1av vacat
Ir Inhaltsvermerk, Fuggersignatur
Iv vacat
IIr Besitzvermerk, Fuggersignatur
IIv Griechisches Inhaltsverzeichnis
1) 1r–117r Aristoteles, Opuscula selecta
117v–118*v vacant

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Italien.
Entstehungszeit
1. Hälfte 15. Jh. Das Wasserzeichen Monts/Dreiberg 90 Harlfinger auf ff. 78–93 und 102–109 (jeweils leere Blätter) lässt sich in das Jahr 1504 datieren. Da diese Blätter vermutlich später in die sonst aus orientalischem Papier bestehende Handschrift eingefügt wurden (wohl in der Absicht, die verlorenen Passagen nachzutragen bzw. auf die Lücken hinzuweisen), stellt 1504 einen terminus ante quem dar. Einen terminus post quem bildet die Datierung des Parisinus 1921 (3. Viertel des 14. Jhs.), da es sich hierbei für die Schrift De incessu animalium etwa ab 712a10 um die Vorlage des Palatinus handelt (Berger 1993, S. 32). Die Schrift des Palatinus schließlich könnte man in die 1. Hälfte des 15. Jhs. einordnen. Escobar 1990, S. 70 datiert die Handschrift allerdings in das 14. Jh.
Sofern die Datierung auf Wasserzeichen beruht, sei darauf hingewiesen, dass diese im Zuge der Digitalisierung nicht erfasst wurden (siehe Wasserzeichen).
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Orientalisches Papier, Vorsatzbll. sowie ff. 78–93 und 102–109 westliches Papier.
Umfang
3, 117, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
23,2 × 16,8 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 1I + 1II + (IV-3)5 + 3 IV29 + V39 + II43 + VI55 + II59 + VI71 + III77 + 5 IV117 + (I-1)118*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 118*. Bl. entfernt vor 1.
Foliierung
Vatikanische Foliierung in der rechten oberen Ecke der Rectoseite mit schwarzer Tinte (f. 1–117). F. I und II sind mit Bleistift ebenda foliiert. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 118*).
Lagenzählung
Keine Lagenzählung erkennbar.
Zustand
Der Codex weist bisweilen Flecken auf, außerdem finden sich Restaurierungsspuren mit Papier an den Seitenrändern und am Falz. Die Lesbarkeit wurde durch Feuchtigkeitsschäden bisweilen erheblich beeinträchtigt, weil die Tinte abgewaschen wurde oder Seiten partiell verloren gegangen sind und mit westlichem Papier ersetzt wurden: Die abgewaschene Schrift wurde teils später nachgetragen (z. B. oben auf f. 1r; deutlich auf der Ersetzung mit westlichem Papier auf f. 60v, wo die rote Initiale fehlt, die sich auf f. 61r abgedrückt hat). Durch diese Beschädigungen ist es besonders in De generatione animalium zu erheblichem Textverlust gekommen.
Wasserzeichen
Die Wasserzeichen wurden aufgrund der Größe der Handschrift im Zuge der Digitalisierung nicht erfasst. Gemäß Harlfinger, Bd. 2, S. 25 erscheint auf ff. 78–93 und 102–109 (jeweils leere Blätter) das Wasserzeichen Monts/Dreiberg 90 (anno 1504).

Schriftraum
18,2 × 12,3 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
27 Zeilen.
Schriftart
Individuelle Gebrauchsschrift der Entstehungszeit.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Der Schreiber ist nicht zu identifizieren. Die restaurierten Blätter weisen die Schrift eines rezenteren Schreibers auf, der den Duktus des Hauptkopisten nachzuahmen sucht.
Der Schreiber schließt auf f. 117r seine Arbeit mit einem Gedicht ab (ediert bei Treu 1977, S. 483).
Buchgestaltung
Die einzelnen Werke folgen in der Regel unmittelbar aufeinander, wobei Überschriften und Initialen als Trennelemente fungieren.
In De incessu animalium und De generatione animalium erscheinen wenige Marginalien vom Schreiber selbst.
Buchschmuck
Die einzelnen Opuscula besitzen rote Überschriften (teils mit Zierelementen) und rote Initialen (teils mit floralem Dekor). In De sensu et sensibilibus erscheinen Zwischenüberschriften und Initialen bei neuen Abschnitten.
Bei den Rubrizierungen wurde überall dieselbe Tinte verwendet, die sich teils auf die gegenüberliegende Seite abgedrückt hat.

Nachträge und Benutzungsspuren
Signaturschild der BAV auf dem Vorderspiegel. Capsa-Nr. C. 170, Fuggersignatur 97. Hen., Inhaltsvermerk und Altsignatur auf f. Ir. Besitzvermerk Joh. baptista posthumus de Leone und erneute Fuggersignatur Hen. 97. auf f. IIr (unmittelbar vor der Fuggersignatur wurde S47 durchgestrichen, vermutlich ein Fehler des Einträgers). Griechisches Inhaltsverzeichnis auf f. IIv. Restaurierte Blätter mit Schrift eines rezenteren Schreibers, der den Duktus des Hauptkopisten nachzuahmen sucht. Gelegentliche Marginalien durch vermutlich zwei spätere Hände (teils mit aufgeklebten Papierstreifen, z.B. auf f. 50r; diese Hände lassen sich eventuell auch in BAV, Pal. gr. 31, Pal. gr. 145 und Pal. gr. 314 nachweisen, vgl. Giacomelli 2016, 116, 124), außerdem durch Sylburg.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, Bd. 2, S. 909.
Provenienz
Padua / Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Gemäß dem Besitzvermerk Joh. baptista posthumus de Leone auf f. IIr gehörte die Handschrift dem Aristokraten Giovanni Battista da Lion aus Padua (1480–1528; vgl. Giacomelli 2016, S. 35f., 113–116, 125). Die Handschrift ging wahrscheinlich durch Vermittlung von Henricus Estienne nach 1547 in den Besitz Ulrich Fuggers über (vgl. Fuggersignatur 97. Hen. auf f. Ir und Hen. 97. auf f. IIr; vgl. außerdem BAV, Pal. lat. 1950, f. 184r: Aristoteles de Animalibus. char. 97. Hen.). Fugger übersiedelte 1564 nach Heidelberg, wohin ihm seine Bibliothek 1567 folgte, und vermachte sie nach seinem Tod 1584 an Kurfürst Friedrich IV. 1623 wurde die Hs. als Kriegsbeute nach Rom gebracht, wo sie sich seitdem befindet.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_97
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 48f.; Friederike Berger, Bemerkungen zur Überlieferungsgeschichte der aristotelischen Schrift De Incessu Animalium, in: Symbolae Berolinenses für Dieter Harlfinger hrsg. von Friederike Berger/Christian Brockmann/Giuseppe De Gregorio u. a., Amsterdam 1993, S. 32; Angel Escobar, Die Textgeschichte der aristotelischen Schrift Περὶ ἐνυπνίων, Ein Beitrag zur Überlieferungsgeschichte der Parva naturalia, Diss. Berlin 1990, S. 70; Ciro Giacomelli, Giovanni Battista da Lion (c. 1480–1528) e la sua biblioteca greca, in: Quaderni per la storia dell'Università di Padova 49, 2016, S. 35f., 113–116, 125; Peter Isépy, Zur mittelalterlichen Überlieferung von Aristoteles' De motu animalium, Die Bedeutung der Übersetzung Wilhelms von Moerbeke und der Paraphrase Alberts des Großen für die griechische Texttradition, Wiesbaden 2016 (Serta Graeca. 31), S. 232f.; Kurt Treu, Der Schreiber am Ziel. Zu den Versen Ὥσπερ ξένοι χαίρουσιν… und ähnlichen, in: Studia Codicologica hrsg. von Kurt Treu, Berlin 1977, S. 483.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–117r Digitalisat

Verfasser
Aristoteles (GND-Nr.: 118650130).
Titel
Opuscula selecta.
TLG-Nummer
0086.015 (De incessu animalium), 0086.041 (De sensu et sensibilibus), 0086.024 (De memoria et reminiscentia), 0086.042 (De somno et vigilia), 0086.016 (De insomniis), 0086.008 (De divinatione per somnum), 0086.021 (De motu animalium), 0086.012 (De generatione animalium).
Angaben zum Text
f. 1r–10v De incessu animalium; f. 11r–23r De sensu et sensibilibus; f. 23r–27r De memoria et reminiscentia; f. 27r–32r De somno et vigilia; f. 32r–35v De insomniis; f. 35v–38r De divinatione per somnum; f. 38r–43v De motu animalium; f. 43v–117r De generatione animalium (f. 43v–60v Liber 1; f. 60v–77v Liber 2, usque ad 748b; f. 78r–93v vacant; f. 94r–101v Liber 4, 764b–772b; f. 102r–109v vacant; f. 110r–117r Liber 5, inde a 781a).
Unter der Überschrift von De memoria et reminiscentia auf f. 23r erscheint erneut der letzte Satz der Schrift De sensu et sensibilibus, der sich ebenfalls vor der Überschrift befindet (τῶν δὲ λοιπῶν πρῶτον σκεπτέον περὶ μνήμης καὶ τοῦ μνημονεύειν); direkt im Anschluss folgt die zweite Hälfte des ersten Satzes von De memoria et reminiscentia (τί ἐστι καὶ διὰ τίνας αἰτίας γίγνεται· καὶ τίνι τῶν τῆς ψυχῆς μορίων τοῦτο συμβαίνει τὸ πάθος καὶ τὸ ἀναμιμνήσκεσθαι).
Die Schrift De somno et vigilia endet auf f. 32r in der vierten Zeile von oben. In derselben Zeile beginnt De insomniis, was auf f. 35v in der drittletzten Zeile aufhört. In derselben Zeile fängt De divinatione per somnum an. Verblasste rote Überschriften am Rand weisen jeweils auf die neuen Texte hin. - De generatione animalium weist häufige Textverluste auf. Das 2. Buch endet auf f. 77v mit 748b, Zeile 8 (Edition Drossaart Lulofs): ὅλως δ’ ὑπάρχοντος ἑκατέρου εὐφυοῦς πρὸς ἀγονίαν. Das 3. Buch fehlt, stattdessen beginnt auf f. 94r das 4. mit 764b, Zeile 4 (Edition Drossaart Lulofs): διεσπάσθαι τοῦ γιγνομένου· τὰ μὲν γὰρ ἐν τῷ ἄρ[ρενί φη]σιν εἶναι· τὰ δ’ ἐν τῷ θήλει, διὸ καὶ τῆς ἀλλήλων κτλ. Am Rand von f. 94r hat Sylburg (Schriftvergleich anhand BAV, Pal. lat. 429bis, f. 259r) Buchnummer und Titel notiert.
Das 4. Buch endet auf f. 101v mit 772b, Zeile 13 (Edition Drossaart Lulofs): καὶ περὶ μὲν τούτων διωρίσθω τὸν τρόπον τοῦτον. τῶν δὲ πλεοναζόντων. Das 5. Buch beginnt auf f. 110r mit 781a, Zeile 28 (Edition Drossaart Lulofs): ἀπὸ χαρακτῆρος τοῦ αὐτοῦ καὶ ἑνός, διὰ τῆς φωνῆς γίγνεται ἡ κίνησις. Am Rand von f. 110r hat Sylburg (Schriftvergleich anhand BAV, Pal. lat. 429bis, f. 259r) Buchnummer und Titel notiert. Für die Schrift De incessu animalium lässt sich etwa ab 712a10 nachweisen, dass der Palatinus einen descriptus des Parisinus 1921 (3. Viertel des 14. Jhs.) darstellt (Berger 1993, S. 32). Zur Position im Stemma für De motu animalium vgl. Isépy 2016, S. 232f.
Edition
Aristotelis de animalium motione et de animalium incessu, Ps.-Aristotelis de spiritu libellus edidit Vernerus Guilelmus Jaeger, Leipzig 1913, S. 3–18, 21–47 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen); David Ross, Aristotle, Parva naturalia, Oxford 1955 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen); Aristotelis de generatione animalium recognovit brevique adnotatione critica instruxit H. J. Drossaart Lulofs, Oxford 1965, S. 1–93, 136–158, 182–204 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen).


Bearbeitet von
Dr. Anne-Elisabeth Beron, Dr. Janina Sieber, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2020.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 97. Beschreibung von: Dr. Anne-Elisabeth Beron, Dr. Janina Sieber (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2020.


Katalogisierungsrichtlinien
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Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.