Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 659
Alessandro Nievo, Lectura super quarto libro decretalium
Papier · 3, 425, 1 Bll. · 28,7–28,8 × 19,9–20,5 cm · Heidelberg · 1466
- Schlagwörter (GND)
- Kanonisches Recht / Dekretalensammlung / Dekretalen / Liber extra / Vorlesung.
- Entstehungsort
- Heidelberg.
- Entstehungszeit
- 1466.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Papier.
- Umfang
- 3, 425, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 28,7–28,8 × 19,9–20,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- III3 + 34 VI409 + (VI+2)423* Spiegelbll. auf Vorder- bzw. Hinterspiegel geklebt. Fliegende Bll. fehlen. Bl. A nachträglich zwischen 3a und 1 eingefügt. Zählfehler: auf 28, 383 folgt ungez. Bl. 26. Lage womöglich gestört.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung des 17. Jhs. (A, 1–422). 384a mit Blei nachgetragen. Vorsatzbll. und Nachsatzbl. ungez., weshalb hier, wie bei ungez. Bll., Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a–3a, 28a, 423*). Durchgängig Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg rechts, Kustoden auf der ersten Rectoseite der Lage auf dem Fußsteg links, teilweise durch Beschnitt beeinträchtigt bzw. verloren gegangen.
- Zustand
- Fraßspuren auf den ersten und weniger stark auf den letzten Bll. Teilweise leicht stockfleckig, insbesondere an den Rändern und v.a. am oberen.
- Wasserzeichen
- Achtblättrige Blume, mit Stempel, ohne Stängel, zwei Varianten, auf Bll. 1, 305–307, 316, 322–326, 329, 333–338, 347–348, 357, 361, 373, 389–391, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1473 in Deutschland Verwendung fanden, IncFol10204_999e; auf Bll. 308, 317–321, 328, 339–340, 344, 353, 358–359, 362, 370–372, 374–380, 396, 422, vergleichbar mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1475 in Ulm beschrieben wurden, DE8100-PO-126669. Sechsstrahliger Stern, ohne Beizeichen, Zacken spitz, vier Varianten, auf Bll. 4, 6, 8–16, 25–26, 33, 39, 46–48, 55, 57–59, 61, 66–69, 74–80, 84, 100, 103, 111–113, 116, 130–132, 134–135, 138–140, 153–154, 157, 159, 161–162, 172, 178, 180, 184, 186–187, 195, 197–201, 209, 211, 220–222, 226, 235–240, 252–253, 256, 258, 260, 270, 272, 281, 293, 313, 411, 413, vergleichbar mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1453 in Como verwendet wurden, IT1650-PO-41583; auf Bll. 5, 7, 29–30, 34, 38, 42, 45, 49, 51, 60, 82–83, 85, 102, 108, 114–115, 121–129, 133, 142–150, 156, 158, 160, 163–171, 176, 179, 183, 188, 202–208, 210, 212–219, 225, 228, 234, 242–251, 254–255, 257, 398, 414–415, vergleichbar mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1454 in Como Verwendung fanden, IT1650-PO-41580; auf Bll. 65, 73, 268–269, 271, 279, 283, 287–292, 298–299, 314, annähernd identisch mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1454 in Como beschrieben wurden, IT1650-PO-41579; auf Bll. 110, 136–137, 185, 196, 232, 259, 408, 412, 421, annähernd identisch mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1454 in Como verwendet wurden, IT1650-PO-41578. Ochsenkopf mit Augen und Nasenlöchern, ohne Kreis auf Stirn mit einkonturiger Stange und sechsstrahligem Stern als Oberzeichen, auf Bll. 19–23, 104, 400–403, keine Übereinstimmung mit WZIS. Thronender Papst, auf Bll. 87, 90, 92, 94, 96–97, keine Übereinstimmung mit WZIS.
- Schriftraum
- 19,1–20 × 10,6–11 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 45–53 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Der Text wurde von mehreren Händen in einer schleifenlosen Bastarda geschrieben. Den Löwenanteil, 1r–6v, 8r–411v, 413r–418v, 420r–422r, übernahm eine Hand, die konsequent das runde r und ein geschwungenes s am Wortende verwendete und ein g kannte, das den humanistischen Schriften entlehnt wurde.
- Buchgestaltung
- Schriftraum mit Metallstift vorgezogen. Tituli rubriziert, sowie als Seitentitel in Kurzform auf Kopfsteg rechts. Capitulumsanfänge mit roter Lombarde und vergrößerten Buchstaben. Ferner rote Paragrafenzeichen, Strichelungen und Unterstreichungen zur Kennzeichnung von neuen Sinnabschnitten bzw. als Hervorhebung. Auf Bund- und Seitensteg Anmerkungen und Verweise zur Orientierung, wie ca für ‚causa‘, qo für ‚questio‘.
- Buchschmuck
- Auf 1r in quadratischem altrosa Rahmen eine grüne D-Rankeninitiale, im roten Binnenfeld goldenes Rankenwerk. Auf dem Kopfsteg Ranke in Altrosa und Grün (s. auch die Bildbeschreibung in heidICON).
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Zahlreiche Anmerkungen und grafische Verweiszeichen hauptsächlich bis 369r von mehreren Händen auf den Rändern, größtenteils in Rot. Den Löwenanteil dieser Marginalien dürfte jene Hand geschrieben haben, die auch 6v–8r des Haupttexts ausführte, weshalb davon auszugehen ist, dass die Hauptschicht der Marginalien parallel zur Niederschrift des Haupttexts erfolgte oder direkt anschließend. Auf 243v und 244r Schaubilder, auf 248r Phallus als Manicula.
- Einband
- Römischer Einband, Pappe mit weißem Pergament überzogen, in Rom um 1780 gefertigt (Schunke, Einbände 2.2, S. 847). Gelb-kupferfarbenes Kapital. Auf dem Rücken zwei blaue aufgeklebte Schildchen mit aktueller Signatur, dazwischen Rückentitel: Lectura in quartum decretalium, darunter in Blau: Pal.
- Geschichte der Handschrift
- Blaues Schildchen mit aktueller Signatur auf Vorderspiegel. Auf 1ar Capsa-Nummer C. 75. [?], Altsignaturen 492, 768, 1623 [alle durchgestrichen] nebst aktueller Signatur. Auf 1ar von frühneuzeitlicher Hand Lectura in 4m decretalium. Die Hs. scheint mit einer ehemals in Königsberg liegenden verwandt zu sein, als deren Schreiber sich Dietrich Hochgesang aus Kaub (um 1430/35–1474) nennt und die er 1462 in Padua vollendete, als Mitschrift einer Vorlesung des dort lehrenden Alessandro Nievo (s. Emil Steffenhagen, Catalogus codicum manuscriptorum bibliothecae regiae et universitatis Regimontanae, Bd. 1, Codices ad iurisprudentiam pertinentes, Königsberg 1861, S. 65f.). Zu dieser Zeit wurde Hochgesang auch ebendort promoviert. 1465/66 ist er als Rat und Sekretär des Pfalzgrafen belegt, für den er auch diplomatisch tätig war, laut oben genanntem Kolophon bekleidete er sogar das Amt des Vizekanzlers (Cancellarie substitutus). Bereits zu Studienzeiten war er Mitglied des Deutschen Ordens, in dem er die Karriereleiter zügig emporstieg, ehe er 1470 zum Bischof von Samland erhoben wurde (s. Robert Gramsch, Erfurter Juristen im Spätmittelalter. Die Karrieremuster und Tätigkeitsfelder einer gelehrten Elite des 14. und 15. Jahrhunderts, Leiden 2003 [Education and Society in the Middle Ages and Renaissance 17], Art. Dietrich v. Cuba). Vorliegende Hs. dürfte von der Königsberger kopiert worden sein, womit im Jahr 1466 begonnen wurde, wie die Rubrik auf 5r ausweist: Jncipit Lectura quarti decretalium, 1466 prima die Septembris. Dies dürfte in Heidelberg geschehen sein, obgleich die verwendeten Papiere auch eine Verbindung nach Oberitalien erkennen lassen, weshalb man an einen Begleiter Hochgesangs als ersten Besitzer denken könnte. Zu besagter Zeit muss sich Hochgesang zumindest zeitweise in Heidelberg befunden haben. Darüber hinaus stellt eine Marginalie auf 19r eine Verbindung zum Deutschen Orden und auch zur Kurpfalz her, indem auf die Deutschordensburg Horneck und die kurpfälzische Stadt Lindenfels Bezug genommen wird. Wie diese Hs. schließlich in die Bibliotheca Palatina gelangte, bleibt unklar.
- Literatur
- Ausst.-Kat. Palatina, S. 54; OVL,
Pal.lat.659; Schunke, Einbände 2.2, S. 847; Stevenson, Latini, S. 233.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1r–421r
- Verfasser
- Alessandro Nievo (GND-Nr.: 100954340).
- Titel
- Lectura super quarto libro decretalium.
- Angaben zum Text
- (1r–4r) Vorrede; (4v) leer; (5r–100v) Titulus 1; (100v–130r) Titulus 2; (130r–138v) Titulus 3; (139r–145v) Titulus 4; (146r–165r) Titulus 5; (165v–180v) Titulus 6; (180v–194v) Titulus 7; (195r–197v) Titulus 8; (198r–202v) Titulus 9; (202v–205v) Titulus 10; (206r–218r) Titulus 11; (218r–221v) Titulus 12; (221v–232r) Titulus 13; (232r–245r) Titulus 14; (245r–264v) Titulus 15; (265r–267v) Titulus 16; (267v–330v) Titulus 17; (330v–342v) Titulus 18; (342v–360v) Titulus 19; (361r–391r) Titulus 20; (391v) leer; (392r–397v) Titulus 21; (398r–421r) Casus aus dem 4. Buch des Liber extra. – 1a–3a leer. – Ar–Av Notizen zum Strafrecht. – 421v leer. – 422r Verse zum Eherecht (Walther, IC, Nr. 12187). – 422v–423*v leer.
- Rubrik
- 1r ›D[e] rubrica circa inicium quarti decretalium de sponsalibus et matrimoniis‹.
- Incipit
- 1r Hec rubrica potest continuari duobus modis ad precedentem. ›Primo‹ …
- Explicit
- 421r … Item leges sacros canones ymitari non dedignantur et cetera. Explicit quartus decretalium.
- Edition
- Der Text liegt in keiner modernen Edition vor, ist aber bereits in einem Wiegendruck von 1473 überliefert (GW 894).
- Bearbeitet von
- Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 659. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.