Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 669
Sammelhandschrift
Papier · 2, 205, 3 Bll. · 20,5 × 14,3 cm · Basel (?) · Zwischen 1461 und 1480
- Schlagwörter (GND)
- Kanonisches Recht / Dekretalensammlung / Dekretalen / Clementinae / Kommentar / Kaufvertrag / Kanonische Wahl / Abtwahl / Vernehmung / Defloration / Bußsakrament / Spruch / Frage.
- Entstehungsort
- Basel (?).
- Entstehungszeit
- Zwischen 1461 und 1480.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Papier.
- Umfang
- 2, 205, 3 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 20,5 × 14,3 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 12a + 16 VI191 + (VII-1)204* + 2206* + (I-1)207*. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 207*. Erste Lage beginnt mit 3a.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–203). Vor- und Nachsatzbll. ungez., weshalb hier, wie bei ungez. Bll., Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a–3a, 204*–207*). Durchgängig Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg rechts.
- Zustand
- Auf den letzten Bll. sowie am oberen Rand leicht stockfleckig. 71v Tintenflecken.
- Wasserzeichen
- Aufgrund zu geringer Größe nicht aufgenommen.
- Schriftraum
- 16,3 × 12,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 34–36 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Die Texte wurden allesamt von einer Hand in einer Bastarda geschrieben, die immer wieder Schleifen weglässt. Besonders im ersten Text, der zudem durch eine anspruchsvollere Buchgestaltung gekennzeichnet ist, wird oftmals auf die Schleifen verzichtet, mit dem zweiten Text und der zunehmenden Nachlässigkeit bei der Gestaltung der Seiten lässt auch die Sorgfalt bei der Ausführung der Schrift nach und die Schleifen nehmen deutlich zu.
- Buchgestaltung
- Wie bereits im Abschnitt Angaben zur Schrift angedeutet, lässt die Qualität der Buchgestaltung besonders im hinteren Teil der Hs. nach. Der erste Text (1r–174r) verfügt noch über nachgetragene Seitentitel auf dem Kopfsteg rechts, Tituli sind rechtsbündig im Fließtext in vergrößerten und durchgestrichenen gotischen Minuskeln hervorgehoben, Capitulumsanfänge ebenfalls mit durchgestrichenen vergrößerten gotischen Minuskeln. Darüber hinaus wurden rote Strichelungen sowie Durch- und Unterstreichungen zur Untergliederung und als Verzierung angebracht. In den folgenden Texten finden sich nur noch rote Strichelungen und Unterstreichungen (181r–193v), schließlich gar keine Rubrizierungen mehr (194r–202r).
- Buchschmuck
- s. Buchgestaltung.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Anmerkungen, welche im Verlauf der Hs. schon bald immer weniger werden und von der Hand stammen, die auch den Fließtext niederschrieb. Ab 10v mit dem Einsetzen eines neuen Abschnitts auf dem Seitenrand zweimal ein e über einer geschwungenen Linie als Verweiszeichen geschrieben, vielleicht als Abkürzung von ‚expositio‘, jeweils in schwarz-brauner sowie roter Tinte (z.T. durch Beschnitt verloren gegangen).
- Einband
- Römischer Einband, Pappe mit weißem Pergament überzogen, Rücken mit rotem Schildchen, auf Kopf und Schwanz blaues Schildchen, jeweils mit aktueller Signatur, unterhalb des roten Schildchens Wappenstempel Papst Pius XII. und des Kardinals und Bibliothekars Giovanni Mercati (1866–1957) in Gold, gefertigt in Rom zwischen 1939 und 1957 (Schunke, Einbände 2.2, S. 847).
- Provenienz
- Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Blaues Schildchen mit aktueller Signatur auf Vorderspiegel. Alter Rückentitel auf Vorderspiegel geklebt: Quaestiones super decretalibus, darunter in Blau: Pal, darunter mit Blei 669. Auf 2ar neben aktueller Signatur Altsignatur 786 [durchgestrichen], auf 3ar Capsa-Nummer C. 85 [durchgestrichen], Altsignatur aus vorrömischer Zeit 212 und aus römischer Zeit 863 sowie 453 [beide durchgestrichen]. Da Peter von Andlau (um 1420–1480) die hier überlieferte Vorlesung zu den Clementinen zwischen den Jahren 1461 und 1480 in Basel hielt, dürfte auch vorliegende Hs. in dieser Zeit an der dortigen Universität entstanden sein. Als relativ sicheren Terminus ante quem der Herstellung kann das Jahr 1497 herangezogen werden, als die hier erwähnte Abtei zu Neuwiller-lès-Saverne in ein Kollegiatstift umgewandelt wurde. Jene Erwähnung suggeriert zudem eine Verbindung in das nördliche Elsass. Der Vermerk auf 3ar antiquus decanus S. Mauricij, der sich auf einen vormaligen Besitzer beziehen dürfte, könnte vielleicht eine Verbindung zum Speyerer Kollegiatstift St. Germanus und Mauritius herstellen. Dort verfügte die Universität Heidelberg über zwei Kanonikate, die sie mit Professoren besetzte (Palatia sacra. Teil 1, Bistum Speyer, der Archidiakonat des Dompropstes von Speyer, Bd. 1, Die Stadt Speyer, Teil 1b, Die Kollegiatstifte s. Germani ep., ss Germani ep. et Mauritii m., ss Johannis evang. et Guidonis ab., s. Trinitatis ac omnium sanctorum, bearb. von Renate Engels, Mainz 2009 [Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 61,1,1b], S. 286–289). Wenig weiterführend ist der ebendort befindliche Schreibervermerk: homo / homo quidam / homo quidam fecit. Die beeinträchtigten Anmerkungen auf den Seitenrändern, z.B. gut auf 6r–6v ersichtlich, legen nahe, dass die Hs. neu gebunden und die Bll. dabei zu knapp beschnitten wurden.
- Literatur
- Montuschi, Le biblioteche, S. 314; OVL, Pal. lat. 669; Schunke, Einbände 2.2, S. 8; Stevenson, Latini, S. 238.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1r–174r
- Verfasser
- Peter von Andlau (GND-Nr.: 100957730).
- Titel
- Conclusiones Clementinarum.
- Angaben zum Text
- Es dürfte sich hier um die Vorlesung des Peter von Andlau zu den Clementinen handeln, die er in den Jahren 1461 bis 1480 in Basel hielt und die in den Hss. Basel, Universitätsbibliothek, C II 28, einer Vorlesungsmitschrift von 1471 (s. e-codices), und C V 32, einem Autografen von 1477, überliefert ist. Der Text hier ist teilweise abweichend: (1r–49r) Liber I, beginnend mit Titulus 2; (49r–64v) Liber II, Titulus 1–6; (65r–65v) leer; (66r–87v) Liber II, Titulus 8–12; (87v–138r) Liber III (Titulus 16 fehlt); (138r–139v) Liber IV; (139v–156v) Liber V, Titulus 1–7; (157r–159r) Liber III, Titulus 16; (159v–174r) Liber V, Titulus 8–11. – 174v–180v leer.
- Rubrik
- 1r ›De rescriptis de prima‹.
- Incipit
- 1r ›Abbates et: Maior‹ prelatus pro membris suis eciam si sunt de mensa …
- Explicit
- 174r … ›Sed‹ si alias debetur mandare non recipiendo libellum possit hoc de consensu parcium et cetera ›et cetera‹.
- Edition
- Einzelne Ausschnitte transkribiert bei Joseph Hürbin, Eine Ergänzung des „Libellus de Cesarea monarchia“ Peters von Andlau, in: ZRG GA 16 (1895), S. 41–62.
2) 181r–189r
- Verfasser
- Heinrich Totting von Oyta (GND-Nr.: 100945708).
- Titel
- Tractatus de contractibus.
- Incipit
- 181r [Q]voniam circa contractus empcionis et vendicionis nec non mutuorum …
- Explicit
- 189r … potest swadere contrarium ut satis est dictum in corpore questionis ›et cetera. Amen‹.
- Edition
- Das Werk liegt in keiner modernen Edition vor, erschien aber bereits 1483/84 im vierten Band der Werke des Jean Gerson auf 224r-253v (GW 10713).
3) 189v–191v
- Titel
- Kommentar zu X 2.12.5.
- Rubrik
- 189v ›In decretale Pastoralis de causa possessionis et proprietatis‹.
- Incipit
- 189v Nota quod duplex est judicium petitorium quod est de dominio rei super proprietate …
- Explicit
- 191v … et est racio quia nullus titulus est qui reperiatur in duobus libris et cetera. ›Amen‹.
4) 192r–192v
- Titel
- Casus episcopales.
- Rubrik
- 192r ›Casus episcopales‹.
- Incipit
- 192r ›Primo‹ coitus cum moniali consecrata uel non consecrata …
- Explicit
- 192v … et salubribus monialibus est penitencia in uigenda ›et cetera‹.
5) 193r–193v
- Titel
- Casus papales.
- Rubrik
- 193r ›Casus papales‹.
- Incipit
- 193r Primus casus est qui verberat clericum hic tamen casus multas habet exceptiones …
- Explicit
- 193v … uel recipit promissionem de aliqua re pro obtinenda gracia et cetera.
6) 194r–195v
- Titel
- Regeln zur Abtswahl im Kloster Neuwiller-lès-Saverne.
- Angaben zum Text
- 196r leer.
- Rubrik
- 194r ›Modus procedendi in electione futuri pastoris et abbatis monasterii Nouillacensis diocesis Argentinensis‹.
- Incipit
- 194r Sciendum est quod cum electio fuerit celebranda in aliqua ecclesia …
- Explicit
- 195v … datum ab electoribus eligendi talem et nominetur.
7) 196v–197v
- Titel
- Vernehmung im Fall einer Defloration.
- Angaben zum Text
- Vernehmung im Fall einer Entjungferung. – 198r leer.
- Rubrik
- 196v ›Interrogatoria jnfra scripta fiant pro testibus examinandis in causa matrimoniali et deflorationis jnter actricem ex vna parte et Johannem reum partis ex altera sed que petit interrogari et inactibus redigi ut infra dicere …‹.
- Incipit
- 196v Jnprimitur igitur moueatur quibus testis …
- Explicit
- 197v … uel ex mandato alternis qui per se deberet deponere.
8) 198v–199r
- Titel
- Über die Verleihung des Bußsakraments.
- Incipit
- 198v Presbyter doceat mulierem confitentem vt sedeat …
- Explicit
- 199r … in c. Mensuram de penitencia d. j.
9) 199v–200r
- Titel
- Sprüche von Gelehrten, Dichtern und Schriftstellern.
- Incipit
- 199v Prauatus propter sui rotunditatem non diu iuram apud aliquem dicit poeta …
- Explicit
- 200r … quidquid honori detrahit turpitudinem reseruetur.
10) 200v
- Titel
- Kleintexte.
11) 201r
- Titel
- Fragen aus dem Kanonischen Recht.
- Incipit
- 201r An patronus possit se ipsum ad beneficium presentare …
- Explicit
- 201r … An patrono in uito ecclesia uel capella possit fieri collegiata ibidem.
12) 201v–202r
- Titel
- Moralische Sprüche in alphabetischer Ordnung.
- Angaben zum Text
- 202v–203r leer. – 203v Notizen.
- Incipit
- 201v Abstinencia generat castitatem. Audaces fortuna iuuat …
- Explicit
- 202r … non affigit dominus graciam iusti.
- Bearbeitet von
- Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 669. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.