Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 681
Nicolaus Eymerich, Directorium officii inquisitorum
Papier · 2, 248 Bll. · 28,9 × 20,5 cm · Heidelberg (?) · 1420er Jahre
- Schlagwörter (GND)
- Inquisition / Häresie / Handbuch.
- Entstehungsort
- Heidelberg (?).
- Entstehungszeit
- 1420er Jahre.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Papier.
- Umfang
- 2, 248 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 28,9 × 20,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 1A + 9 VI107 + IV115 + 11 VI246 + Hinterspiegel. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel mit Einband verklebt. Zählfehler: 79 und 201 doppelt gez.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Zeitgenössische Foliierung in arabischen Ziffern (A, 1–246). Vorsatzbl. ungez., weshalb, wie bei doppelt gez. Bll., Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a, 79a, 201a). Durchgängig Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg rechts. Anfangs Lagenfoliierung, teils durch Beschnitt verloren gegangen. Auf letzter Versoseite der letzten Lage Lagenzählung (xxj).
- Zustand
- Auf ersten Bll. leichter Wasserschaden an oberer äußerer Ecke. 28 und 29 ausgerissen, fragmentarisch erhalten. Schriftraum gebräunt. Wenige Flecken. Zwischen 6 und 7 Pergament als Falzverstärkung.
- Wasserzeichen
- Traube, Stiel zweikonturig, mit Ranke, Ranke hinten geführt, in zwei Varianten, Bll. A, 2-3, 8, 13-14, 22, 30-42, 57, 67-68, 71, 78-84, 87, 107, 113-122, 125-126, 131-135, 148-151, 155-156, 163-169, 172-179, 188-193, 198-201, 209-214, 217-221, 230-240, annähernd identisch mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS um 1420/1430 in Paderborn Verwendung fanden, DE1185-S722_56, Bll. 7, 9-12, 19-21, 25, 44-54, 61-63, 69, 73-76, 85-86, 90-91, 101, 108-111, 123, 128-130, 141-145, 153, 158-161, 171, 182-187, 196, 202-203, 215, 222-228, 245, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1424 beschrieben wurden, CH0780-PO-129112. Säule mit einkonturigem Kugelkreuz als Beizeichen, in zwei Varianten, Bll. 98-99, 106, ähnlich Wzz von Papieren, die laut WZIS 1428 verwendet wurden, DE4620-PO-100161, Bl. 103, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1425 in Göttingen Verwendung fanden, DE2730-PO-100162. Drei Kirschen, ohne Beizeichen, Stiel gebogen, Bl. 204, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1426 in Würzburg beschrieben wurden, DE6405-PO-129916.
- Schriftraum
- 22 × 14,5–18 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 37–43 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Den Anfang machte eine Hand, die sich einer schleifenlosen Bastarda bediente, der im Laufe der Seiten immer mehr Schleifen beigegeben wurden. Auch zeigt sich beispielsweise beim Gebrauch des h die Tendenz zum schnelleren Schreiben. War dieses zuerst an jenes der Textualis angelehnt, so wurde schließlich ein kursives bevorzugt. Auf 73r fährt mit Beginn der neuen Lage eine zweite Hand in Bastarda fort, die den ersten Teil vollendete. Eine dritte Hand übernahm, ebenfalls in Bastarda, mit Beginn des zweiten Teils.
- Buchgestaltung
- Schriftraum mit Tinte vorgezogen. Zu Beginn der einführenden Epistola sowie der ersten beiden Teile Fleuronnéinitialen (1r, 2r, 116r). Rote Lombarden an Abschnittsanfängen über meist drei Zeilen, zuweilen mit Aussparungen. Rubriken, rote Paragrafenzeichen, Strichelungen und Unterstreichungen zur Strukturierung des Texts.
- Buchschmuck
- Auf 1r rote Fleuronnéinitiale mit Rankenwerk und Fabeltier als Aussparungen, Knospenfleuronné und Rankenwerk im Binnenfeld, Knospenfleuronnébesatz und Fadenausläufern. Auf 2r rote Fleuronnéinitiale mit Rankenwerk als Aussparung, Mischwesen im Binnenfeld, Knospenfleuronnébesatz. Auf 116r rote Fleuronnéinitiale mit Rankenwerk als Aussparung und Fleuronnébesatz.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Korrekturen, Verweise und Anmerkungen von mehreren Händen, darunter ist auch die Hand des Johannes Lagenator von Frankfurt (um 1380–1440) klar zu erkennen (s. zum Vergleich seine Eintragungen in das Rektorbuch der Universität Heidelberg [Heidelberg, Universitätsarchiv, RA 654, fol. 74r–76v, DOI: https://doi.org/10.11588/diglit.48485#0167] sowie zu seiner Schrift i. Allg. Johannes von Frankfurt, hrsg. von Walz, S. 236–242). Zahlreiche grafische Verweiszeichen, meist in Form von Zeigehänden, darunter auf 136r ein Galgen.
- Einband
- Römischer Einband, Pappe mit weißem Pergament überzogen, in Rom um 1780 gefertigt (Schunke, Einbände 2.2, S. 848). Gelb-kupferfarbenes Kapital. Auf Buchrücken zwei blaue aufgeklebte Schildchen mit aktueller Signatur, dazwischen Rückentitel: EMERICI INQVISITIONIS LIBER, darunter in Blau: Pal.
- Geschichte der Handschrift
- Blaues Schildchen mit aktueller Signatur auf Vorderspiegel. Auf 1ar neben aktueller Signatur Altsignatur 736 [durchgestrichen], auf Ar Capsa-Nummer C. 55, nebst Altsignatur 598. Die Hs. stammt aus dem Eigentum des Heidelberger Theologieprofessors Johannes Lagenator von Frankfurt, wie der prominent angebrachte Stiftervermerk auf Av ausweist: Anno ab incarnacione domini Mo cccco quadragesimo primo hunc librum jnquisicionum heretice prauitatis testamentarij honorabilis viri magistri Johannis de Frankfordia, sacre theologie professoris, legauerunt facultati theologice studij Heidelbergensis. Cuius anima requiescat jn pace. Jntytulatur autem liber iste. ›Directorium officij inquisicionis‹. Johannes von Frankfurt immatrikulierte sich nach seinem Aufenthalt an der Universität zu Paris im Jahr 1401 an der Heidelberger Hochschule. Ab 1414/1415 ist er als Professor an der theologischen Fakultät belegt, daneben auch in verschiedenen Ämtern, so auch als Rektor, oder als Gesandter der Universität beim Konstanzer Konzil, ebenso in diplomatischer Mission für König Ruprecht oder Ludwig III. (Drüll, Gelehrtenlexikon, S. 285). Darüber hinaus wirkte Johannes in mehreren Fällen als Inquisitor. So war er bei der Verurteilung der Hussiten Johannes von Drändorf (um 1390–1425) und Peter Turnau 1425 sowie des Häretikers Johannes Fuyger 1429 beteiligt (Inquisitions-Verfahren, hrsg. von Heimpel, S. 149). Womöglich verwendete er in diesem Kontext auch vorliegende Hs. Ein Indiz könnte die eigenhändige Bemerkung des Johannes auf 162v bieten: Sic accidit 1429 quarta die Junij de quodam adducto Heydelbergam de oppido Luden, qui dictus erat Johannes Fuyger, et fuit combustus in Luden quarta die Julij. Dass er selbst auch der Auftraggeber war, darauf könnten die wenigen Reklamanten von seiner Hand hinweisen, die er bei der Schlussredaktion vor dem Binden angebracht haben könnte (so auf 115v, einem leeren Bl., worauf in der Regel kein Reklamant angebracht wurde; allerdings setzt auf dem folgenden Bl. eine neue Hand ein). Unklar bleibt, wie der Nachtrag Ketzermeyster von jüngerer Hand auf 231v konnotiert ist. Er stammt aus der Zeit, nachdem der Codex nach Tod des Theologen 1441 auf testamentarischen Wunsch an die juristische Fakultät gefallen und wohl in die Bestände der Universitätsbibliothek eingereiht worden war.
- Literatur
- BioBib Jurists, Nicolaus Eymericus (r438); Drei Inquisitions-Verfahren aus dem Jahre 1425. Akten der Prozesse gegen die
deutschen Hussiten Johannes Drändorf und Peter Turnau sowie gegen Drändorfs
Diener Martin Borchard, hrsg. und erl. von Hermann Heimpel,
Göttingen 1969 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 24),
S. 150; Drüll, Gelehrtenlexikon, S. 284–286; Claudia Heimann, Nicolaus Eymerich (vor 1320–1399) -
praedicator veridicus, inquisitor intrepidus, doctor egregius. Leben und Werk
eines Inquisitors Münster 2001 (Spanische Forschungen der Görresgesellschaft,
Reihe 2, 37), S. 180; Johannes von Frankfurt. Zwölf Werke des Heidelberger
Theologen und Inquisitors, hrsg. von Dorothea Walz,
Heidelberg 2000 (Editiones Heidelbergenses 29), S. 241f.; Kaeppeli, Scriptores OP 3, S. 159; Montuschi, Le biblioteche, S. 313; OVL,
Pal.lat.681; Alexander Patschovsky, Straßburger Beginenverfolgungen im
14. Jahrhundert, in: DA 30 (1974), S. 56–198, hier S. 128–144; Josep Perarnau i Espelt, De Ramon Llull a Nicolau
Eimeric. Els fragments de l’Ars amativa de Llull, en còpia autògrafa de
l’inquisidor Eimeric integrats en les cent tesis antilul·lianes del seu
Directorium Inquisitorum, in: Arxiu de Textos Catalans Antics 16 (1997), S.
7–129, hier S. 70 A. 82, 110 A. 204, 116; Jaume de Puig i Oliver, El „Dialogus contra lullistas” de
Nicolau Eimeric. Edició i Estudi, in: Arxiu de Textos Catalans Antics 19
(2000), S. 7–296, hier S. 137 A. 379; Schunke, Einbände 2.2, S. 848; Stevenson, Latini, S. 242.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1r–230v
- Verfasser
- Nicolaus Eymerich (GND-Nr.: 119227479).
- Titel
- Directorium officii inquisitorum.
- Angaben zum Text
- Reihenfolge der Partes weicht vom gängigen Schema ab: (1r–1v) Epistola; (2r–111v) Pars I (richtig: Pars II); (112r–115v) leer; (116r–197r) Pars II (richtig: Pars III); (197v–221r) Pars III (richtig: Pars I); (221v–230r) Inhaltsverzeichnis; (230v) Articuli fratris Stephani de Marchia (ediert in: Edward Potkowski, Heretic Stephan of Marchia, in: Studi medievali 13 [1972], S. 281–290, hier S. 281f.). – 1ar–Ar, 231r–246v leer.
- Rubrik
- 1r ›Hic jncipit liber jnquisicionis copulatus per fratrem Nycolaum Eymerici, ordinis fratrum Predicatorum sacre theologie magistrum, cappellanum domini nostri pape, ac in terris domini regis Arogonie [!] jnquisitorem heretice prauitatis‹.
- Incipit
- 1r ›Frater Nycolaus Eymerici ordinis fratrum Predicatorum sacre theologie‹ magister indignus […]. Ne pia sancte inquisicionis negocia cetui fidelium quam plurimum necessaria …
- Explicit
- 221r … et ecclesiam suam sectam contra quam dicere non intendit et cetera. ›Explicit 3a pars officij inquisicionis et cetera. Deo gracias‹.
- Edition
- Nicolaus Eymericus, Directorium inquisitorum. Cum commentariis Francisci Pegñe, Venedig 1607.
- Bearbeitet von
- Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 681. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.