Heidelberg, Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. graec. 153

Plutarch, Moralia

Pergament · 5, 173, 2 Bll. · 19,6 × 14,2 cm · Byzantinisches Reich · 10./11. Jh.


Schlagwörter (GND)
Vita / Biographie.
Diktyon-Nr.
32462.
1*r–2*v vacant
3*r Inhaltsverzeichnis
3*v vacat
4*r Besitzvermerk
4*v vacat
5*v Schenkungsexlibris
1) 1r–23r Plutarchus, De Romanorum fortuna seu virtute
2) 23r–37v Plutarchus, De Alexandri Magni fortuna aut virtute (oratio prima)
3) 37v–61r Plutarchus, De Alexandri Magni fortuna aut virtute (oratio secunda)
4) 61v–76r Plutarchus, Bruta animalia ratione uti
5) 76r–135r Plutarchus, De sollertia animalium
6) 135r–173r Plutarchus, Septem sapientium convivium
7) 173r–v Athanasius, Quaestiones et responsiones theologicae

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Byzantinisches Reich.
Entstehungszeit
10./11. Jh. Es gibt verschiedene Datierungen: Manfredini 2003, S. 7: 10./11. Jh.; Stevenson, Graeci: 12. Jh.; Pohlenz, S. XXV: 12. oder 13. Jh. Unter paläographischen Gesichtspunkten ist der Frühdatierung der Vorzug zu geben.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament; Vorsatzblätter: westliches Papier.
Umfang
5, 173, 2 Bll.
Format (Blattgröße)
19,6 × 14,2 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
I2* + 13* + I5* + (V-2)8 + 5 IV48 + (V-2)56 + 4 IV88 + (V-2)96 + 5 IV136 + (V-2)144 + 3 IV168 + 5173 + I173**. Auf die Spiegel sowie die zugehörigen Vorsatzbll. wurde jeweils ein Doppelbl. aus Marmorpapier geklebt, so dass das Marmorpapier die Rectoseite von Bl. 1* bzw. die Versoseite von Bl. 173** bildet. Fehlendes Bl. nach f. 3, 6, 51, 54, 90, 93, 137, 142. Bei den Quaternionen 73–80 und 81–88 ist die Bindung nicht immer klar zu erkennen bzw. durch Restaurierung verändert.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. 1–173), spätere Foliierung der Vorsatzbll. (1*–5*, 173*, 173**).
Lagenzählung
Griechische Zahlen am Lagenanfang (recto rechts oben) und Lagenende (verso rechts unten).
Zustand
Der Codex ist noch gut lesbar; aber altersbedingt gibt es bedeutende Schäden: das Pergament ist stark gewellt, teilweise löst sich die Bindung; am Ende sind mehrere Seiten mittels Pergamentstreifen ausgebessert. Mehrere Pergamentseiten sind herausgeschnitten, wobei kein Text verloren gegangen ist.
Wasserzeichen
Keine Wzz. im Vorsatz.

Schriftraum
16 × 9,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
22 Zeilen.
Linierung
20B1 und 20D1.
Schriftart
Hand 1: Perlschrift, auch in den Überschriften und in den Randnotizen (wo die Mischung von Majuskel und Minuskel stärker ist); lediglich die erste Überschrift ist in einer Art maiuscola biblica geschrieben. Die Minuskel ist rechtsgeneigt und kalligraphisch, obwohl der Ductus manchmal ziemlich rasch ist. Jeder Buchstabe wurde deutlich gezeichnet, wie in einer Perlenkette, und die Buchstabenkerne sind deutlich abgerundet. Es mangelt jedoch nicht an kursiven Elementen, die das generelle Ebenmaß nicht überschreiten (mancherorts erinnert die Schrift an den Ephrem-Stil): Am Ende der Linie neigen die Buchstaben dazu, sich gegenüber ihrer üblichen Größe zu vergrößern oder zu verkleinern, und es ist möglich, einige Abkürzungen oder tachygraphische Zeichen (wie die Abkürzungen von -ος oder -ν) zu finden. Die Ligaturen betreffen epsilon und die folgenden Buchstaben (z.B. epsilon-sigma, epsilon-chi, epsilon-sigma-tau in der Verbform ἐστί). Der Minuskelkanon ist nicht mehr beachtet: Buchstaben wie β, δ, θ, λ, ν, τ wurden manchmal als Majuskeln gezeichnet.
Hand 2: nur f. 173r–v, siehe Text 7.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Für das Hauptwerk ein ungenannter Schreiber (Hand 1); der letzte Text (f. 173r–v) wurde von einer späteren Hand (Hand 2) geschrieben und enthält Annotationen weiterer Hände.
Buchgestaltung
Die Texte sind voneinander durch gestrichelte Linien abgetrennt. Zudem sind sie nummeriert mit griechischen Zahlen auf jeder Rectoseite oben. Die Nummerierung geht von θ (9) bis ιδ (14). Die ersten acht Texte fehlen also; manche Forscher nehmen an, dass sie im Codex Padua, BU, Cod. Patav. 560 zu finden sind, der früher eine Einheit mit dieser Hs. gebildet habe.
Buchschmuck
Zu Beginn ist ein kolorierter Leistenrahmen mit Goldbesatz (Ziertor) über der rubrizierten Majuskel-Überschrift, der wohl ursprünglich für ein liturgisches Buch bestimmt war; Textanfang mit rubrizierter Silhouetten-Initiale; ansonsten wenig Schmuck, keine weitere Rubrizierung; Überschriften sind nicht vergrößert, aber zentriert positioniert; Goldschnitt.

Nachträge und Benutzungsspuren
Diese Abschrift von Plutarchs Moralia muss auch erläuternde Randnotizen enthalten haben, die teilweise nicht mehr lesbar sind, weil die Seiten beschnitten wurden. Die von der Hand des Schreibers stammenden Notizen merken lexikographische Aspekte, Varianten und bemerkenswerte Abschnitte des Texts an (z.B. f. 14r: der Kopist hat am Rande aus dem Haupttext das griechisch-lateinische Synonympaar βιρτούτις-ἀρετῆς transkribiert. Auch das lateinische Wort wurde mit griechischen Buchstaben geschrieben). Mindestens drei andere spätere Hände (eine davon ist vermutlich lateinisch) haben Notizen hinterlassen (vgl. ff. 13r–v).
f. 3*r Lateinisches Register, das Friedrich Wilken 1817 aus durchaus guten Gründen zunächst Leo Allatius zugeschlagen hatte. Diese Möglichkeit scheidet aufgrund der verwendeten Wasserzeichen des Blatts wie auch aufgrund der Schrift aus. Tatsächlich geht dieses beschreibende Beiblatt auf den 1740 auf Chios geborenen und seit etwa 1770 in Rom lebenden Weltgeistlichen Ignacio du Portu (= τοῦ Πορτοῦ) zurück. Hintergrund war seinerzeit die im Frieden von Tolentino (1797) vereinbarte Übergabe in Rom aufbewahrter Handschriften an die Bibliothèque Nationale in Paris. Für die ursprünglich nur beigegebenen Blätter fand vatikanisches Papier Verwendung, zur Identifikation u. Datierung der entsprechenden Wasserzeichen aus Fabriano wie auch zu Ignacio du Portu siehe Paul Canart, Les cotes du manuscrit palatin de l'Anthologie, in: Scriptorium 35 (1981), S. 237–239. Ignacio war – wie auch andere Angehörige seiner Familie – des Französischen mächtig und wurde mit diplomatischen Aufgaben vertraut, so dass seine Mitwirkung an dieser Transaktion durchaus berechtigt erscheint. Seine Schrift konnte Karl Preisendanz über das von Ignacio namentlich unterzeichnete Register in der Hs. UB Heidelberg, Cod. Pal. graec. 356, f. 3r identifizieren.
f. 4*r Capsa-Nr. C. 10 / 440, Signatur 153 Henric.(us) und Titel Plutarchi opuscula diversa.; Stempel der UB Heidelberg (f. 1r) und der Bibliothèque nationale de France (f. 1r, 173v).

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; Rücken mit goldenem Wappen von Papst Pius VI. (oben), unterer Wappenstempel ist von dem Signaturschild überklebt, aber wahrscheinlich von Saverio de Zelada; vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Padua / Augsburg / Heidelberg / Rom / Paris.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. bildete angeblich mit Cod. Patav. (BU, fonds principal) 560 eine umfangreichere Hs. in der Abtei von St. Justiniana in Padua. Neueren Erkenntnissen zufolge war sie aber ein Hybrid unterschiedlicher Provenienz (Vgl. Giacomelli/Zanon 2020, S. 1). Die Hs. ist laut Manfredini 2003, S. 9, Grundlage der 22-zeiligen editio princeps der Moralia. Zwischen 1548 und 1554 wurde der vorliegende Teil von Henr. (identifiziert mit Henry Scrimger oder mit Henri Estienne) gekauft und gelangte an Ulrich Fugger (dazu Giacomelli 2016, S. 77). Nach der Verbringung nach Rom 1622/23 blieb sie in der BAV, bis sie 1797 infolge des Friedens von Tolentino nach Paris in die Bibliothèque nationale de France gebracht wurde. 1816 erfolgte die Rückgabe an die UB Heidelberg.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpgraec153
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 82f.; Ciro Giacomelli, Giovanni Battista da Lion (c. 1480–1528) e la sua biblioteca greca, in: Quaderni per la storia dell'università di Padova 49, S. 35–159, hier S. 77; Jean Irigoin, Pour une étude des centres de copie byzantins, in: Scriptorium 12/2, 1958, S. 208–227, hier S. 213; Mario Manfredini, La recensio constantiniana di Plutarco, in: Giancarlo Prato (Hrsg.), I manoscritti greci tra riflessione e dibattito: Atti del 5 Colloquio internazionale di paleografia greca, Cremona, 4–10 ottobre 1998, Florenz 2000 (Papyrologica Florentina 31), S. 655–663; Mario Manfredini, Un ibrido immaginario fra i codici dei Moralia di Plutarco: Patav.bibl.univ. 560 + Heid.pal.gr. 153, in: Bollettino dei Classici 24, 2003, S. 3–11; Mario Manfredini, L’Aldina dei Moralia e la Giuntina delle Vitae di Plutarco: la tradizione di Galba e Otho fra manoscritti e libri a stampa, in: Bollettino dei Classici 24, 2003, S. 13–27; Plutarchi Moralia, Rec. et emendaverunt William Roger Paton/I. Wegehaupt. Praefationem scr. M. Pohlenz, Leipzig 1925, S. XXV; Ciro Giacomelli/Francesca Zanon, Vicende antiche e moderne di un codice di Plutarco (Patav. Bibl. Univ. 560 + Heid. Palat. gr. 153). Fra Costantinopoli, Padova e Heidelberg, in: Codices Manuscripti & Impressi. Zeitschrift für Buchgeschichte 120, Juni 2020, S. 1–25.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–23r Digitalisat

Verfasser
Plutarchus (GND-Nr.: 118595237).
Titel
De Romanorum fortuna seu virtute.
TLG-Nummer
0007.086.
Angaben zum Text
Vollständiger Text; kein Textverlust trotz fehlender Blätter nach f. 3 und 6.
Titel (Vorlage)
1r Πλουτάρχου περὶ τῆς Ῥωμαίων τύχης ἢ ἀρετῆς.
Edition
Wilhelm Nachstädt/Wilhelm Sieveking, Plutarchi moralia, Vol. 2.2, Leipzig 1935 (Nachdruck 1971), S. 43–74 (Hs. erwähnt als Sigle P).

2) 23r–37v Digitalisat

Verfasser
Plutarchus (GND-Nr.: 118595237).
Titel
De Alexandri Magni fortuna aut virtute (oratio prima).
TLG-Nummer
0007.087.
Titel (Vorlage)
23r περὶ τῆς Ἁλεξάνδρου τύχης ἢ ἀρετῆς λόγος α’.
Edition
Wilhelm Nachstädt/Wilhelm Sieveking, Plutarchi moralia, Vol. 2.2, Leipzig 1935 (Nachdruck 1971), S. 75–92 (Hs. erwähnt als Sigle P).

3) 37v–61r Digitalisat

Verfasser
Plutarchus (GND-Nr.: 118595237).
Titel
De Alexandri Magni fortuna aut virtute (oratio secunda).
TLG-Nummer
0007.087.
Angaben zum Text
Im Inhaltsverzeichnis f. 3*r wird der Text als De usu risis in irrationalibus bezeichnet.
Titel (Vorlage)
37v περὶ τῆς Ἁλεξάνδρου τύχης ἢ ἀρετῆς λόγος β’.
Edition
Wilhelm Nachstädt/Wilhelm Sieveking, Plutarchi moralia, Vol. 2.2, Leipzig 1935 (Nachdruck 1971), S. 93–120 (Hs. erwähnt als Sigle P).

4) 61v–76r Digitalisat

Verfasser
Plutarchus (GND-Nr.: 118595237).
Titel
Bruta animalia ratione uti.
TLG-Nummer
0007.130.
Titel (Vorlage)
61v Περὶ τοῦ τὰ ἄλογα λόγῳ χρῆσθαι.
Edition
C. Hubert, Plutarchi moralia, Vol. 6.1, Leipzig 1954 (Nachdruck 1959), S. 76–93 (Hs. erwähnt als Sigle P).

5) 76r–135r Digitalisat

Verfasser
Plutarchus (GND-Nr.: 118595237).
Titel
De sollertia animalium.
TLG-Nummer
0007.129.
Titel (Vorlage)
76r Πότερα τῶν ζώων φρονιμώτερα τὰ χερσαῖα ἢ τὰ ἔνυδρα.
Edition
C. Hubert, Plutarchi moralia, Vol. 6.1, Leipzig 1954 (Nachdruck 1959), S. 11–75 (Hs. erwähnt als Sigle P).

6) 135r–173r Digitalisat

Verfasser
Plutarchus (GND-Nr.: 118595237).
Titel
Septem sapientium convivium.
TLG-Nummer
0007.079.
Titel (Vorlage)
135r Πλουτάρχου ἑπτὰ σοφῶν συμπόσιον.
Edition
Hans Gärtner/William Roger Paton (Hrsg.), Plutarchi Moralia, Vol. 1, Leipzig 1974, S. 300–338 (Hs. erwähnt als Sigle P).

7) 173r–v Digitalisat

Verfasser
Athanasius (GND-Nr.: 118504843).
Titel
Quaestiones et responsiones theologicae.
TLG-Nummer
2035.080.
Angaben zum Text
Nachträglich eingefügter Kommentar zu Kapitel 20 des Matthäus-Evangeliums, angelehnt an den Athanasius-Text.
Incipit
173r ἄνθρωπός τις ἐξῆλθε πρωὶ ἄμα.
Explicit
173v … κατὰ στὴν ἱοι…ποηκ…
Schrift / Schreiber
Gebrauchsschrift mit vielen Abkürzungen, ο, β und ω sind ähnlich hervortretend wie im Fettaugenstil, markanter Anstrich bei τ; in margine Annotationen in anderen Stilen, u.a. Perlschrift; laut Stevenson, Graeci 14. Jh. Die Schrift am unteren Rand von 173v ähnelt sehr der Schrift aus BAV, Pal. gr. 93 (dort auf vor 1152 datiert).
Textgestaltung
Die Randbemerkungen sind teilweise abgeschnitten.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Annotationen verschiedener Hände; der verstärkende Pergamentstreifen enthält Teile des Inhaltsverzeichnisses der Hs.
Edition
Migne PG 28, Sp. 716.


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Alice Montalto, Dr. Janina Sieber, Universitätsbibliothek Heidelberg, 25.06.2021.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.