Heidelberg, Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. graec. 222
Homerus, Ilias cum scholiis
Papier · 2, 288, 2 Bll. · 25,4 × 17 cm · Rom / Östlicher Mittelmeerraum · 2. Hälfte 15. Jh. und Ende 13./Anfang 14. Jh.
- Diktyon-Nr.
- 32466.
Vorsatzblatt_v-1v | vacat | |
1) | βr/2r- σπθv/289v | Homerus, Ilias cum scholiis Moschopuli et classis D et cum allegoriis Tzetzae |
290*r–290*v | vacat | |
Hintersatzblatt_r | Signatur |
Kodikologische Beschreibung
- Entstehungsort
- Rom / Östlicher Mittelmeerraum. Im ersten Teil des Palatinus (f. βr/2r-ιςv/16v) deutet das Wasserzeichen Ciseaux/Schere 44 nach Harlfinger (25. März 1457, Rom) auf Rom. Der Entstehungsort des zweiten Teils (f. ιζr/17r-σπθv/289v) ist unbekannt, die Schrift gibt allerdings einen Hinweis auf den östlichen Mittelmeerraum.
- Entstehungszeit
- 2. Hälfte 15. Jh. und Ende 13./Anfang 14. Jh. Der erste
Teil des Palatinus (f. βr/2r-ιςv/16v) lässt sich aufgrund der Wasserzeichen
Monts/Dreiberg 89 nach Harlfinger (anno 1464) und
Ciseaux/Schere 44 nach Harlfinger (25. März 1457; ohne Ort) in die
2. Hälfte des 15. Jhs. datieren.
Der zweite Teil (f. ιζr/17r-σπθv/289v) stammt aufgrund der Schrift vom Ende des 13./Anfang des 14. Jhs.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Westliches Papier (f. βr/2r-ιςv/16v) und orientalisches Papier (f. ιζr/17r-σπθv/289v), Vorsatzbll. Papier (am Vorder- und Hinterspiegel Marmorpapier).
- Umfang
- 2, 288, 2 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 25,4 × 17 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
-
(II-2)1 + (IV-1)η/8 + 14 IVρκ/120 + (III+1)ρκς/126 + 20 IVσπε/285 + (IV-4)σπθ/289 + (II-2)291*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 291*.
Auf die Spiegel sowie die zugehörigen Vorsatzbll. wurde jeweils ein Doppelbl. aus Marmorpapier geklebt, so dass das Marmorpapier die Rectoseite von Bl. 1av bzw. die Versoseite von Bl. 291*r bildet. Zählfehler: Bl. nach 125 in der Zählung ausgelassen; 221 zweimal vergeben (f. σκαa/221a).
- Foliierung
- Foliierung in der rechten oberen Ecke der Rectoseite mit
griechischen Ziffern mit schwarzer Tinte (f. β/2-σπθ/289). F. βr/2r hat
zudem eine arabische Seitenzahl (Bleistift), f. σπθr/289r ebenso
(schwarzbraune Tinte), f. 1 hingegen nur eine arabische Seitenzahl
(Bleistift). Zum Teil wurden die Seitenzahlen abgeschnitten, während sie in
der regulären Zählung miteinbezogen sind (z. B. drei Blätter nach f.
ρλε/135).
Auf f. ρκε/125 folgt ein ungezähltes Blatt, darauf regulär f. ρκς/126. Die Seitenzahl σκα/221 wurde doppelt vergeben. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 125a, 290*, 291*).
- Lagenzählung
- Der Lagenbeginn wird am unteren Rand der Rectoseite links oder in der Mitte mit griechischen Ziffern gekennzeichnet (Beginn: f. ιζr/17r; Ende: f. σπςr/286r). Teilweise ist der Lagenbeginn zusätzlich neben der Seitenzahl mit griechischen Ziffern markiert (z. B. auf f. πθr/89r, ρεr/105r).
- Zustand
- Das Papier ist vergilbt und fleckig; etwas Wurmfraß. Die Ecken und Ränder sind teilweise beschädigt (bes. durch Feuchtigkeit), was bisweilen die Lesbarkeit einschränkt. Außerdem gibt es mehrere Löcher bzw. Risse, die nur zum Teil mit Papier überklebt wurden. Vielleicht wurden aus diesen Gründen einige Seiten stark beschnitten, so dass ihre Breite geringer als bei anderen Blättern ist.
- Wasserzeichen
- F. 2, 5, 6, 8: Monts/Dreiberg 89 nach
Harlfinger (anno 1464; ohne Ort). F. 9, 10, 11, 12:
ähnlich Ciseaux/Schere 44 nach Harlfinger (25.
März 1457, Rom).
Die Wasserzeichen der Hs. sind in heidICON erschlossen (Wasserzeichen Cod. Pal. graec. 222).
- Schriftraum
- 17,2–23,8 × 13,5–14,5 cm (Schreiber 1, f. βr/2r-ιςv/16v: Ilias inkl. Scholien); 18–19,1 × 8,8–9,2 cm (Schreiber 2, f. ιζr/17r-σπθv/289v, Ilias); 19,1 × 12,9 cm (D-Scholien); 18,6–19,6 × 13,2–14 cm (Allegoriae des Tzetzes).
- Spaltenanzahl
- 1–3 Spalten.
- Zeilenanzahl
- Ilias (jeweils ohne Interlinearglossen): 19–22 Zeilen (Schreiber 1), 21–29 Zeilen (Schreiber 2); D-Scholien: 26–35 Zeilen; Allegoriae des Tzetzes: 35–37 Zeilen.
- Schriftart
- Jeweils individuelle Gelehrtenschrift der Entstehungszeit.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Im Palatinus lassen sich zwei verschiedene Kopisten erkennen: Vom ersten jüngeren Schreiber stammen f. βr/2r-ιςv/16v. Der zweite Kopist hat den Großteil der Handschrift geschrieben: f. ιζr/17r-σπθv/289v. Beide Schreiber sind nicht zu identifizieren.
- Buchgestaltung
- Im 1. Gesang entspricht die Textverteilung pro Zeile
nicht einem Hexameter.
Der 1. Gesang ist auf bis zu drei Seiten von Randscholien umgeben (nie zum Falz hin), in den folgenden Gesängen gibt es deutlich weniger davon. Vom 1. bis 8. Gesang (bis f. ρϟζr/197r) finden sich Interlinearglossen. Die Scholien des Manuel Moschopulos, die D-Scholien und die Allegoriae des Tzetzes sind nicht glossiert.
Ab dem 2. Gesang folgen die D-Scholien als Block auf den jeweiligen Gesang, auf den sie sich beziehen; in diesem Blocksatz wird zwischen dem Lemma und der folgenden sowie der vorausgehenden Erklärung Platz von etwa ein bis zwei Buchstaben freigelassen. Am Rand werden Elemente wie ἱστορία aufgeführt.
Auf die D-Scholien folgen jeweils die Allegoriae des Tzetzes, welche in zwei Spalten angelegt sind, wobei die Verse von links nach rechts und erst dann in der nächsten Spalte zu lesen sind. Von f. σιδv/214v bis σιεr/215r erscheinen sie in drei Spalten.
- Buchschmuck
- Der 1. Gesang weist rote Interlinearscholien auf; Einleitungs- und
Schlussformeln wörtlicher Rede besitzen rote Initialen. Die Randscholien des
1. Gesanges haben rote Lemmata und teilweise rote Initialen. Ab dem 2.
Gesang sind die Interlinearglossen mit brauner Tinte ausgeführt, ebenso die
Randscholien. Die braune Tinte drückt sich auf die Versoseite ab.
Der 2., 6. und 8. Gesang besitzen Initialen in der Tintenfarbe des Textes, der 3., 7., 9. und 10. jeweils braune. Die des 7., 9. und 10. Gesanges weisen mehr Dekor auf als die übrigen. Die D-Scholien des 2. (1. Hälfte) sowie 3. Gesanges und die Allegoriae des Tzetzes zum 5. Gesang haben Initialen in der Tintenfarbe des Textes. Die D-Scholien zum 8. Gesang besitzen je zwei schraffierte schwarze Initialen an den ersten beiden Absätzen. Beim 11. Gesang, bei den Allegoriae des Tzetzes zum 2. und 3. Gesang sowie zu den D-Scholien des 4., 5., 6., 7., 10. und 11. Gesanges wurden keine Initialen hinzugesetzt. Die D-Scholien des 6. Gesanges erhalten stattdessen im zweiten Absatz eine Initiale in der Tintenfarbe des Textes. Auf f. ρϟγv/193v wurde eine Initiale ausradiert.
Auf f. λδv/34v, μςv/46v, νζv/57v, νηv/58v, πβv/82v, ροr/170r und σεv/205v befindet sich ein Seilband mit Zacken. Dieses Seilband ist auf f. ογr/73r und ϟδv/94v mit anderen Zierlinien kombiniert, die das Ende eines Textes markieren.
Auf f. ϟζr/107r, ρληv/138v, ρνηv/158v, ρπζv/187v, ρϟγv/193v, σιδv/214v, σμγv/243v und σξςr/266r erscheinen mehrere Wellen- und Zierlinien, auf f. ρληr/138r, ρνηr/158r, σλr/230r, σμβv/242v, σνζr/257r und σπςr/286r jeweils eine Wellen- bzw. Zierlinie.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Capsa-Nr. C. 174, Bibliotheksstempel der Universitätsbibliothek Heidelberg und der Bibliothèque nationale de France auf f. βr/2r. Erneuter Stempel der Bibliothèque nationale de France auf f. σπθv/289v. Im 1. Gesang sowie in den D-Scholien des 1. Gesanges erscheinen am Rand griechische Ziffern mit einem Kreuz als gliedernde Paragraphen; möglicherweise stammen sie vom ersten Schreiber der f. βr/2r-ιςv/16v, der sie im älteren Teil des Palatinus nachgetragen hat. Ansonsten finden sich besonders im älteren Teil Marginalien weiterer Hände, vermutlich von mindestens dreien.
- Einband
- Roter Ledereinband der BAV mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius VI. (oben) und Francesco Saverio de Zelada (unten) auf dem Rücken.
- Provenienz
- Venedig / Augsburg / Heidelberg / Vatikan / Paris.
- Geschichte der Handschrift
- Die Handschrift ging bald nach dem Tod des Venezianer Humanisten Giovanni Battista Cipelli (Egnatius) 1553 in den Besitz Ulrich Fuggers über (vgl. BAV, Pal. lat. 1950, f. 188v: Homeri Ilias cum scholiis et metaphrasi Ztetzae usque ad librum 11. bomb. 222. Egna; im Katalog BAV, Pal. lat. 1925, f. 105r, Nr. 24 erscheint bereits unter den 1553 aus dem Egnatius-Nachlass erworbenen Codices eine Ilias-Handschrift: Homeri Ilias cum paraphrasi et scholiis / Liber magnus.). Fugger siedelte mitsamt seiner Bibliothek 1567 nach Heidelberg um. Dessen Bibliothek erbte schließlich 1584 der pfälzische Kurfürst Friedrich IV. Nach der Einnahme Heidelbergs gelangte die Handschrift 1623 nach Rom. 1798 wurde sie nach Paris gebracht und 1815 zurück nach Heidelberg.
- Literatur
- Stevenson, Graeci, S.
117f.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
Inhalt
1) 2r–289v
- Verfasser
- Homerus (GND-Nr.: 11855333X).
- Titel
- Ilias cum scholiis Moschopuli et classis D et cum allegoriis Tzetzae.
- TLG-Nummer
- 0012.001 (Homer), 9025.004 (Manuel Moschopulos), 5026.017 (D-Scholien), 9022.010 (Johannes Tzetzes).
- Angaben zum Text
- f. βr/2r-ιςv/16v Liber 1,38–611 cum scholiis et Moschopuli et classis D; f. ιζr/17r-λδv/34v Anonymus, Scholia classis D in librum 1 Iliados; f. λδv/34v-λζr/37r Johannes Tzetzes, Allegoriae in librum 1 Iliados; f. λζv/37v-μςv/46v Liber 2,1–493; f. μςv/46v-νζv /57v Anonymus, Scholia classis D in librum 2 Iliados (usque ad 2,493); f. νζv/57v-νηv/58v Johannes Tzetzes, Allegoriae in librum 2 Iliados; f. νηv/58v-ξεr/65r Liber 2,494–877; f. ξεr/65r-ογr/73r Anonymus, Scholia classis D in librum 2 Iliados (inde a 2,494); f. ογv/73v-πβr/82r Liber 3; f. πβv/82v-ϟδv/94v Anonymus, Scholia classis D in librum 3 Iliados; f. ϟδv/94v-ϟεv/95v Johannes Tzetzes, Allegoriae in librum 3 Iliados; f. ϟςr/96r-ρζr/107r Liber 4; f. ρζr/107r-ριθv/119v Anonymus, Scholia classis D in librum 4 Iliados; f. ρκr/120r-ρκv/120v Johannes Tzetzes, Allegoriae in librum 4 Iliados; f. ρκv/120v-ρληr/138r Liber 5; f. ρληr/138v-ρνηr/158r Anonymus, Scholia classis D in librum 5 Iliados; f. ρνηr/158r-ρνηv/158v Johannes Tzetzes, Allegoriae in librum 5 Iliados; f. ρνθr/159r-ροr/170r Liber 6; f. ροr/170r-ροζr/177r Anonymus, Scholia classis D in librum 6 Iliados; f. ροζr/177r-ροζv/177v Johannes Tzetzes, Allegoriae in librum 6 Iliados; f. ροηr/178r-ρπζv/187v Liber 7; f. ρπηr/188r-ρϟβv/192v Anonymus, Scholia classis D in librum 7 Iliados; f. ρϟβv/192v-ρϟγv/193v Johannes Tzetzes, Allegoriae in librum 7 Iliados; f. ρϟγv/193v-σεv/205v Liber 8; f. σεv/205v-σιδv/214v Anonymus, Scholia classis D in librum 8 Iliados; f. σιδv/214v-σιεv/215v Johannes Tzetzes, Allegoriae in librum 8 Iliados; f. σιςr/216r-σλr/230r Liber 9; f. σλv/230v-σμβv/242v Anonymus, Scholia classis D in librum 9 Iliados; f. σμβv/242v-σμγv/243v Johannes Tzetzes, Allegoriae in librum 9 Iliados; f. σμγv/243v-σνζr/257r Liber 10; f. σνζr/257r-σξςr/266r Anonymus, Scholia classis D in librum 10 Iliados; f. σξςr/266r-σξζr/267r Johannes Tzetzes, Allegoriae in librum 10 Iliados; f. σξζr/267r-σπςr/286r Liber 11; f. σπςr/286r-σπθv/289v Anonymus, Scholia classis D in librum 11 Iliados (usque ad 11,354).
- Incipit
- 2r τενέδοιό τε ἶφι ἀνάσσεις· σμινθεῦ εἴ ποτέ τοι.
- Textgestaltung
- Deshalb, weil der ältere Teil des Palatinus auf f. ιζr/17r mit den
D-Scholien zum 1. Gesang beginnt, ohne dass der 1. Gesang enthalten ist, dürfte
der jüngere Teil, der den 1. Gesang teilweise bietet, angefügt worden sein.
Freilich ist auch der Anfang des 1. Gesanges verstümmelt (er beginnt auf f. βr/2r
in der Mitte von Vers 1,38). Dass auf f. σπθv/289v die D-Scholien schon zu Vers
11,354 enden und die Allegoriae des Tzetzes zu diesem Gesang
komplett fehlen, wurde offenbar nicht als vervollständigenswert
empfunden.
Stichproben haben ergeben, dass es sich bei den Randscholien des 1. Gesanges teilweise um die des Manuel Moschopulos, teilweise um die D-Scholien handelt. Die Randscholien ab dem 2. Gesang sind gemäß Stichproben so nicht ediert. Die Interlinearglossen bieten in allen Gesängen meist Synonyme.
- Edition
- Monro/Allen 1920 (Hs. wurde für die Edition herangezogen, Sigle Pal2); Homeri Ilias rec. Helmut Van Thiel, Hildesheim/Zürich/New York 1996, S. 1–220 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen); Simonetta Grandolini, La parafrasi al primo libro dell’Iliade di Manuel Moschopulos, in: ohne Hrsg.: Studi di onore di Aristide Colonna, Perugia 1982, S. 135–149 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen); Scholia D in Iliadem, Proecdosis aucta et correctior 2014 secundum codices manu scriptos ed. Helmut Van Thiel, Köln 2014 (= Elektronische Schriftenreihe der Universitäts- und Stadtbibliothek, Band 7), S. 21–395 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen); Tzetzae Allegoriae Iliadis, accedunt Pselli Allegoriae quarum una inedita cur. Jean François Boissonade, Paris 1851, S. 67–146 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen).
- Bearbeitet von
- Dr. Anne-Elisabeth Beron, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2020.
Zitierempfehlung:
Heidelberg, Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. graec. 222. Beschreibung von: Dr. Anne-Elisabeth Beron (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2020.
- Katalogisierungsrichtlinien
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