Heidelberg, Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. graec. 264

Lycophron, Alexandra mit Scholien

Pergament · 100 Bll. · 22 × 17 cm · s.l. · 1. Hälfte 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Kassandra <Fiktive Gestalt> / Scholien.
Diktyon-Nr.
32468 (dort teilweise Verwechslung mit Pal. gr. 264, dessen Heidelberger Provenienz unsicher ist).
1) 1r–100r Isaac Tzetzes, Scholia in Lycophronis Alexandram
2) 3v–99v Lycophron, Alexandra

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
s.l. Unbekannt.
Entstehungszeit
1. Hälfte 15. Jh. Der Schreiber ist zwischen 1420 und 1443 belegt.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament; Vorsatzbll. Papier.
Umfang
100 Bll.
Format (Blattgröße)
22 × 17 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
10 V100. Auf den Vorder- und Hinterspiegel sind je zwei ungez. Bll. Papier geklebt.
Foliierung
Foliierung mit arabischen Zahlen (f. 1–100).
Lagenzählung
Zählung mit griechischen Zahlen am Anfang und Ende der Lagen.
Zustand
Das Leder an Deckel und Rücken ist stark berieben, das Holz ist wurmstichig. Das Pergament hat wenige Wurmlöcher, auf dem ersten Blatt ist die Schrift etwas abgerieben.

Schriftraum
15 × 11 cm.
Spaltenanzahl
1–2 Spalten.
Zeilenanzahl
33 Zeilen.
Linierung
Sonderform, angelehnt an 40E2: Die innere Spalte (Lycophron-Text) hat waagerechte Linien, zusätzlich eine über und zwei unter dem Text, in der Breite der Spalte. Die äußere Spalte (Klammerglosse) hat gar keine waagerechten Linien.
Schriftart
Routinierte Minuskelschrift der Entstehungszeit. Einzelne Buchstaben haben Oberlängen (Tau, Delta, Phi, Epsilon in einigen Ligaturen). Häufige Hochstellung einzelner Buchstaben, vor allem Tau bei Artikeln.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Haupttext und Scholien stammen von einem einzigen Schreiber. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es Gerardos (RGK I, Nr. 80 = RGK II, Nr. 107 = RGK III, Nr. 144).
Buchgestaltung
Der Text der Alexandra ist in Glossen eingebettet, von denen zwei Arten existieren: rubrizierte Interlinearglossen, die schwierige Wörter durch ein Synonym beschreiben (bis f. 50r; mindestens zwei verschiedene Rottöne), und erläuternde Klammerglossen, die oft ganze Seiten einnehmen. Zusätzlich treten kurze Marginalien von anderer Hand auf (f. 8r–37v).
Buchschmuck
1r koloriertes Flechtband, Überschrift in rubrizierten Majuskeln. Florale Blumenmuster am Ende.

Nachträge und Benutzungsspuren
Stempel der UB Heidelberg auf 1r und 100v.
Stempel K. Pred. Sem. Bibliothek zu Wittenberg auf 1r und 100v, Stempel Koen. Bibl. der Univers. Halle auf 1v.
Hinweis auf Zitation mit Bleistift auf dem Vorderspiegel: Bei Bachmann, Lycophron etc. 1830 I p. XXV = „Vitebergensis I.“ In der Mitte des Vorderspiegels befinden sich die Angaben Cod. Pal. Graec. 264. – Foliorum 100 – s. XIV. Unten befinden sich die Angaben Wittenbergam missus est a. 1620, unde a. 1862 transiit in bibl. Hallensem. Heidelbergam rediit a. 1881, 24 Febr. sowie die alte Signatur Yg. 23. - Auf f. 1r befinden sich der Titel Lycophronis poema, die Herkunftsbezeichnung seors. und die Signatur 264. Auf dem Hinterspiegel ist die Signatur nochmals verzeichnet Cod. Pal. graec. 264. - In margine gelegentlich Zählung der Verse.

Einband
Mit braunem Leder bezogene Holzdeckel, in denen sich Löcher früherer Schließen befinden. Rücken aus hellerem Leder mit wenigen Streicheisenlinien. Aufgeklebtes Signaturschild: Pal. Graec. 264.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg / Wittenberg.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. gelangte als Einzelstück an Ulrich Fugger (vgl. Provenienzvermerk seors. auf f. 1r) und 1567 nach Heidelberg; spätestens mit seinem Tod 1584 kam sie in die Bibliotheca Palatina. 1589 an den Drucker Hieronymus Comelinus ausgeliehen. 1620 wurde sie (zusammen mit Cod. Pal. graec. 18 und Cod. Pal. graec. 272) an den Wittenberger Griechischprofessor Erasmus Schmidt ausgeliehen, der einen Kommentar des Dionysius Afer und des Lycophron anfertigen wollte. Es gibt jedoch keinen Beweis, dass dieser jemals fertiggestellt wurde. Vielleicht noch zu Schmidts Lebzeiten oder nach seinem Tod 1637 gelangten die drei Lycophron-Hss. in den Besitz der Universitätsbibliothek Wittenberg, wo sie im Katalog von 1678 erstmals belegt sind (Vgl. Sennert, S. 19, vermerkt „Lycophron. M. scr. C. notis Tzetzae: Bis.“, was sich auf Cod. Pal. graec. 264 und Cod. Pal. graec. 272 bezieht). Als die Bibliothek im April 1823 wegen der Zusammenlegung der Universitäten nach Halle transportiert wurde, blieben die drei Hss. mit den übrigen philologischen und den theologischen Schriften im neu gegründeten Wittenberger Predigerseminar, wurden aber 1862 auf Betreiben des Hallischen Oberbibliothekars Bernhardy in die Universitätsbibliothek Halle verlegt. Dort hatte Cod. Pal. graec. 264 die Signatur Cod. Yg. 23. Q. Der Unterbibliothekar Oscar v. Gebhardt entdeckte 1879 die Zugehörigkeit der drei Codices zur Bibliotheca Palatina. Sie kehrten daraufhin am 24.2.1881 zurück nach Heidelberg (vgl. Mittler, Bibliotheca Palatina, S. 483). Sie gelangten nie in die BAV. Dort wurde die vakante Signatur Pal. gr. 264 an eine Hs. aus dem 16. Jh. vergeben (vgl. Stevenson, Graeci S. 144–145).

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpgraec264
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 144–146; Bibliothecae academiae Wittebergensis publicae, librorum quà 1. theologicorum 2. juridicorum 3. medicorum 4. philosophicorum 5. historicorum 6. orientalium 7. & qui noviter huic de anno LXXII accesserunt, è veteribus recentioribusque, &c. extantiores classicique ferè, usui academico eidemque privato publicoque exhibiti: editore Andrea Sennerto, Wittenberg 1678, S. 19 und 23; Lycophronis Chalcidensis Alexandra, sive Cassandra, cum versione et commentario Guilielmi Canteri, paraphrasin, notas, indicem graecum, e scholiis avctvm, adiecit, ac praefatvs est Henricvs Godofredvs Reichardus, Leipzig 1788, S. xi-xiv (Hs. als Primus bezeichnet); Theiner, S. 87, 92; Oscar von Gebhardt, Drei Codices Palatini in der Universitätsbibliothek zu Halle, in: Julius Petzholdt (Hrsg.), Neuer Anzeiger für Bibliographie und Bibliothekswissenschaft, Dresden April 1879, S. 129–132; Friedrich Prillwitz, Die Vereinigung der Universität Wittenberg mit der Universität Halle, in: Kurt Aland (Hrsg.), 450 Jahre Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Band II, S. 241–256, hier S. 247.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–100r Digitalisat

Verfasser
Isaac Tzetzes (GND-Nr.: 100968538).
Titel
Scholia in Lycophronis Alexandram.
Angaben zum Text
Scholien zum Text der Alexandra.
Titel (Vorlage)
1r εἰς τὸν λυκόφρονα· σχόλαι α ἰσαακίου γραμματικοῦ τοῦ τζέτζου.
Textgestaltung
Von f. 1r bis 3r sind Vorreden, es folgen kommentierende Scholien. Diese sind als Klammerglosse angeordnet. Zitierte Wörter aus dem Text sind rubriziert. Die Interlinearglossen paraphrasieren den Text. Sie sind nicht ediert.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Den Abschluss bilden drei Gedichte: ein Vierzeiler in daktylischen Hexametern und je ein Sechs- und Fünfzeiler in Jamben, die in der Edition auf S. 397/398 in anderer Reihenfolge abgedruckt sind. Sie zitiert bereits Reichardus in seiner Edition (1788, S. XXXVIII).
Edition
Eduard Scheer, Lycophronis Alexandra, Vol. II, Berlin 1881, S. 1–398 (Hs. herangezogen als Sigle d).

2) 3v–99v Digitalisat

Verfasser
Lycophron (GND-Nr.: 118780883).
Titel
Alexandra.
TLG-Nummer
0341.002.
Angaben zum Text
Die Hs. wird herangezogen in: Bachmann, Lycophronis Alexandra: Ad finem codd. mss. Parisinis, Neapol, Vatic.…, Leipzig 1830, S. XXV-XXVI (als Codex Vitebergensis I). Dort wird auf S. XVI erwähnt, dass es sich um eine Schwesterhs. von BAV, Pal. gr. 158 handle.
Textgestaltung
Die kommentierenden Scholien sind als Klammerglosse angeordnet. Zitierte Wörter aus dem Text sind rubriziert. Die Interlinearglossen paraphrasieren den Text. Sie sind nicht ediert.
Edition
Lycophron, Alexandra, texte établi, traduit et annoté par André Hurst, Paris 2008, S. 1–84; Simon Hornblower, Lycophron: Alexandra: greek text, translation, commentary, and introduction, Oxford 2015, S. 120–500 (Hs. nicht herangezogen).


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Universitätsbibliothek Heidelberg, 01.02.2021.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.