Heidelberg, Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. graec. 375

Sammelhandschrift

Pergament · 6, 283 (inkl. f. 225–229 als losem Papierbogen), 2 Bll. · 27,5 × 20,0 cm · Byzantinisches Reich (?) · 2. Hälfte des 10. Jhs.


Schlagwörter (GND)
Rhetorik / Sophistik / Lexikon / Medizin.
Diktyon-Nr.
32477.
1ar vacat (Marmorpapier)
1av–2av vacant
1*r–1*v Inhaltsverzeichnis
2*r Fuggersignatur, Inhaltsvermerk
2*v–3*r vacant
3*v Besitzvermerk
4*r Schenkungsexlibris
4*v vacat
1) 1r–53v Harpocration, Lexicon in decem oratores (epitome)
2) 53v–228v Iulius Pollux, Onomasticon
229r–229v vacat
3) 230v–283v Oribasius, Collectiones medicae 24 et 25
284*r–285*r vacant
285*v vacat (Marmorpapier)

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Byzantinisches Reich (?). Dieser Entstehungsort liegt nahe, zumal sich die Handschrift im Besitz des Manuel Chrysoloras befand (siehe Geschichte der Handschrift).
Entstehungszeit
2. Hälfte des 10. Jhs. Datierung aufgrund der Schrift (vgl. Stefec 2012, S. 114, Anm. 84; Bianconi 2013, S. 378f.). Eine Übersicht über die bisherigen Datierungen gibt Bianconi 2013, S. 376, Anm. 11.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament; Vor- und Nachsatzbll. sowie die nachträglich eingefügten f. 225–229: Papier (am Vorder- und Hinterspiegel Marmorpapier).
Umfang
6, 283 (inkl. f. 225–229 als losem Papierbogen), 2 Bll.
Format (Blattgröße)
27,5 × 20,0 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(II-2)2a + 11* + I3* + 14* + 4 IV32 + (V-2)40 + 2 IV56 + (IV-I)62 + 9 IV134 + (IV-I)140 + (IV-1)147 + 2 IV163 + (IV-I)169 + (IV-1)176 + IV184 + (IV-I)190 + 3 IV214 + (IV-I)220 + (IV-4)224 + 5229 + 6 IV277 + (IV-2)283 + (II-2)284*/285*. - Auf die Spiegel sowie die zugehörigen Vorsatzbll. wurde jeweils ein Doppelbl. aus Marmorpapier geklebt, so dass das Marmorpapier die Rectoseite von Bl. 1a bzw. die Versoseite von Bl. 285* bildet.
1 Bl. entfernt jeweils hinter 34 und 39 ohne Textverlust.
Zwischen 59 und 60 ist das mittlere Bifolium mit Textverlust ausgefallen; ein Teil befindet sich als f. 2 in BAV, Vat. Urb. gr. 92 (vgl. Pierleoni 1896, S. 195; Bianconi 2013, S. 377).
Ebenso ist zwischen 137 und 138 das mittlere Bifolium mit Textverlust ausgefallen; es befindet sich als f. 270–271 in BAV, Vat. Urb. gr. 92 (vgl. Pierleoni 1896, S. 195; Bianconi 2013, S. 377).
Hinter 145 wurde ein Bl. mit Textverlust entfernt.
Hinter 165 und 167 ist ein Bifolium mit Textverlust ausgefallen.
Hinter 175 ist 1 Bl. mit Textverlust ausgefallen.
Hinter 185 und 189 ist ein Bifolium mit Textverlust ausgefallen; ein Teil befindet sich als f. 272 in BAV, Vat. Urb. gr. 92 (vgl. Pierleoni 1896, S. 195; Bianconi 2013, S. 377).
Ebenso ist hinter 216 und 218 ein Bifolium mit Textverlust ausgefallen; es befindet sich als f. 1 und 3 in BAV, Vat. Urb. gr. 92 (vgl. Pierleoni 1896, S. 195; Bianconi 2013, S. 377).
Hinter 224 sind 4 Bll. mit Textverlust entfernt.
Hinter 278 und 283 ist jeweils 1 Bl. mit Textverlust entfernt.
Zwischen 224 und 230 (ohne Berücksichtigung der später eingefügten Papierseiten 225–229) sind die Lagen 31 (λα) und 32 (λβ) ausgefallen.
Foliierung
Durchgehende rezente Foliierung mit Bleistift am oberen rechten Rand der Rectoseite (f. 1*–283). F. 3* und f. 1–8 weisen zudem am oberen rechten Rand der Rectoseite eine Seitenzählung mit F und G-Op auf. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 2a, 284*, 285*).
Lagenzählung
Der Lagenbeginn wird am rechten oberen Rand der Rectoseite mit griechischen Ziffern markiert (Beginn: f. 1r: α; Ende: f. 278: λθ); die Lagenzählung ist auf den Schreiber zurückzuführen.
Zustand
Gut erhalten; das Pergament ist aufgrund eines Feuchtigkeitsschadens gewellt und an den Rändern gebräunt. Auf den ersten Blättern etwas Wurmfraß. Die Lesbarkeit ist fast überall gewährleistet, außer auf f. 158 wo die untere äußere Ecke ausgerissen ist. Das Pergament weist an den Ecken teilweise Löcher auf, die selten mit Papier oder Pergament überklebt wurden (z.B. auf f. 7: Papier, f. 45: Pergament); vor der Beschriftung gab es bereits Beschädigungen, die vom Schreiber im Textfluss berücksichtigt wurden (z.B. auf f. 32, 37, 194, 276). Einige Blätter sind lose eingelegt, so f. 1* und f. 225–229.

Schriftraum
21,5 × 12,0 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
35 Zeilen.
Linierung
20C1.
Schriftart
Zum Schrifttypus vgl. Bianconi 2013, S. 378f.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Der Schreiber ist nicht zu identifizieren.
Buchgestaltung
Im Lexikon des Harpocration folgen die Lexeis unmittelbar aufeinander; zu Beginn eines neuen Buchstabens wird in der Regel Platz von 4 bis 8 Zeilen gelassen, auch wenn der Buchstabe auf einer neuen Seite anfängt.
Zwischen dem Lexikon des Harpocration und dem Onomasticon des Iulius Pollux bleibt etwa eine halbe Seite frei. Das Onomasticon ist nach Büchern gegliedert, zusätzlich nach Unterkapiteln, die durch Zwischenüberschriften angezeigt werden. Das 4. und 8. Buch beginnen mit einem Pinax, das 5., 7., 9. und 10. mit einer Zusammenfassung, das 6. mit einer Zusammenfassung und einem Pinax.
In der Schrift des Oribasius sind die Kapitel mit griechischen Buchstaben nummeriert. Die einzelnen Kapitelüberschriften sind eingerückt. Dem 25. Buch ist ein Pinax vorangestellt, bei dem die einzelnen Kapitelnummern links etwas abgesetzt erscheinen (f. 254v–255v).
Buchschmuck
Das Lexikon des Harpocration weist eine Zierlinie über der Überschrift auf und am Textbeginn eine ausgesparte Initiale in der Tintenfarbe des Textes (f. 1r). Das Onomasticon des Iulius Pollux hat eine ähnliche Zierlinie über der Überschrift und eine leicht vergrößerte Initiale in der Tintenfarbe des Textes am Textbeginn (f. 53v). Vor den τέλος-Bemerkungen und vor der Überschrift eines neuen Buches erscheinen bisweilen ebenfalls Zierlinien. Das 2., 3. und 4. Buch beginnen mit einer ausgesparten Initiale in der Tintenfarbe des Textes.
Über dem Pinax des 25. Buches des Oribasius erscheint eine Zierlinie (f. 254v).

Nachträge und Benutzungsspuren
Inhaltsverzeichnis auf f. 1*r–1*v (lose eingelegt, eventuell ursprünglich eingeklebt). Capsa-Nr. C. 128 und Allacci-Signatur 50, Fuggersignatur 375. seor: und Inhaltsvermerk auf f. 2*r. Kurzbeschreibung auf f. 3*r: Τούτου τοῦ βιβλίου τοῦ Πολυδεύκου τὰ φύλλα εἰσι δυακόσια καὶ ἐννίκοντα ἔννεα χαρτία λέγω μεμβράνα τοῦ Δομινικοῦ ἡγοῦν Κυριακοῦ ἀπὸ τῆς ῥητο. Schenkungsexlibris an Papst Gregor XV. auf f. 4*r. Stempel der Bibliotèque nationale de France auf f. 1r und 283v. Erneute Fuggersignatur 375. seor: auf f. 1r. Überschrift Πολυδεύκου ὀνομαστικὸν Polydeuchys auf f. 1r von Manuel Chrysoloras (Bianconi 2013, S. 380–382).

Einband
Roter Ledereinband der BAV mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius VI. (oben) und vermutlich Francesco Saverio de Zelada (unten) auf dem Rücken. Der untere Wappenstempel ist allerdings größtenteils durch das Signaturschild verdeckt.
Provenienz
Venedig / Augsburg / Heidelberg / Rom / Paris.
Geschichte der Handschrift
Gemäß dem Inhaltsvermerk auf f. 1r (Πολυδεύκου ὀνομαστικὸν Polydeuchys) aus der Feder des Manuel Chrysoloras (1353–1415), befand sich der Palatinus in dessen Besitz (Bianconi 2013, S. 380–382). Die Blätter, die in BAV, Vat. Urb. gr. 92 eingegangen sind, sind nach dem Tod des Chrysoloras 1415 ausgefallen bzw. entfernt worden und gelangten als Teil des Urbinas in die Bibliothek des Venezianer Humanisten Francesco Barbaro (1390–1454). Der Rest des Palatinus kam sodann als Einzelanschaffung in den Besitz Ulrich Fuggers (vgl. die Fuggersignaturen 375. seor: auf f. 2* und 1r). Fugger übersiedelte 1564 nach Heidelberg, wohin ihm seine Bibliothek 1567 folgte, und vermachte sie nach seinem Tod 1584 an Kurfürst Friedrich IV. 1623 wurde die Hs. als Kriegsbeute nach Rom gebracht. 1798 wurde sie nach Paris gebracht und 1815 zurück nach Heidelberg.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpgraec375
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 242; Pollucis onomasticon, Fasciculus prior, e codicibus ab ipso collatis denuo edidit et adnotavit Ericus Bethe, Leipzig 1900, S. IXf.; Daniele Bianconi, Un nuovo codice appartenuto a Manuele Crisolora (Pal. Heid. Gr. 375), in: S&T 11, 2013, S. 376 mit Anm. 11, 377–382; Ginus Pierleoni, Cod. Palatini Heidelbergensis 375 folia sex in Cod. Urb. Graeco 92., in: SIFC 4, 1896, S. 195; Oribasii collectionum medicarum reliquiae, Volumen III: Libri XXIV-XXV, XLIII-XLVIII edidit Ioannes Raeder, Leipzig/Berlin 1931, S. V; Rudolf Stefec, Die griechische Bibliothek des Angelo Vadio da Rimini, in: Römische historische Mitteilungen 54, 2012, S. 114, Anm. 84.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–53v Digitalisat

Verfasser
Harpocration (GND-Nr.: 100160085).
Titel
Lexicon in decem oratores (epitome).
TLG-Nummer
1389.002.
Angaben zum Text
Für die Epitome stellt der Palatinus die älteste Handschrift dar.
Titel (Vorlage)
1r Λέξεις ῥητορικαὶ τῶν δέκα.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Die nachgetragene Überschrift auf f. 1r Πολυδεύκου ὀνομαστικὸν Polydeuchys stammt von Manuel Chrysoloras (Bianconi 2013, S. 380–382). Gelegentliche Randnotizen und interlineare Verbesserungen in schwarzer Tinte von einer späteren Hand; vermutlich zwei weitere Hände mit gelegentlichen Anmerkungen.
Edition
Harpocration, Lexeis of the Ten Orators edited by John J. Keaney, Amsterdam 1991, S. 1–268 (Hs. wurde für die Edition herangezogen, Sigle E).

2) 53v–228v Digitalisat

Verfasser
Iulius Pollux (GND-Nr.: 100321739).
Titel
Onomasticon.
TLG-Nummer
0542.001.
Angaben zum Text
f. 53v–75v Liber 1; f. 75v–96r Liber 2; f. 96v–108v Liber 3; f. 108v–125v Liber 4; f. 125v–138r Liber 5; f. 138r–153r Liber 6; f. 153r–170r Liber 7; f. 170r–186v Liber 8; f. 187r–204r Liber 9; f. 204v–224v Liber 10; f. 225r–225v vacat; f. 226r–228v Addendum locorum omissorum. - Das 10. Buch endet auf f. 224v mit 10,191: καλεῖται δὲ ἰστριανόν· προτόνιον· ἡμίμιτρον.
Titel (Vorlage)
53v Κομμόδῳ Καίσαρι ἰούλιος πολυδεύκης χαίρειν.
Textgestaltung
Für bereits im Archetyp ausgefallene Wörter hat der Schreiber Platz frei gelassen (vgl. Bethe 1900, S. IXf.). Bisweilen Marginalien vom Schreiber.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Randnotizen und interlineare Verbesserungen von mindestens drei späteren Benutzern. Die Textverluste (siehe unter ‚Zusammensetzung [Lagenstruktur]‘) sind teilweise von späteren Nutzern am inneren Rand unten auf der Versoseite angemerkt worden (z.B. auf f. 137v: λείπει φύλλον ἕν), auf f. 216v, 218v, 224v von Sylburg (Schriftvergleich anhand BAV, Pal. lat. 429bis, f. 259r).
Der ausgefallene Text ist auf f. 226r–228v von einer Humanistenhand des 16. Jhs. mit dem Text der 1536 in Basel gedruckten Edition nachgetragen worden (vgl. Bethe 1900, S. X sowie den Zusatz von Sylburg oben auf f. 228r) und liegt heute lose bei (Incipit auf f. 226r: ἐν γοῦν τῷ Ἀττικῷ νόμῳ… [7,146]; Explicit auf f. 228v: καὶ συνοίκους καὶ παρ… [9,37]). Die ursprünglich ausgefallenen Blätter befinden sich in BAV, Vat. Urb. gr. 92, f. 1–3, 270–272 (Bianconi 2013, S. 376).
Edition
Pollucis onomasticon, Fasciculus prior, e codicibus ab ipso collatis denuo edidit et adnotavit Ericus Bethe, Leipzig 1900, S. 1–305 (Hs. wurde für die Edition herangezogen, Sigle C, vgl. S. IXf.); Pollucis onomasticon, Fasciculus posterior: Lib. VI-X continens, e codicibus ab ipso collatis denuo edidit et adnotavit Ericus Bethe, Leipzig 1931, S. 1–247 (Hs. wurde für die Edition herangezogen, Sigle C, vgl. Vol. 1, S. IXf.).

3) 230r–283v Digitalisat

Verfasser
Oribasius (GND-Nr.: 119008653).
Titel
Collectiones medicae 24 et 25.
TLG-Nummer
0722.001.
Angaben zum Text
f. 230r–254v Liber 24; f. 254v–283v Liber 25. - Der Text beginnt mit 24,1,27 (S. 8, Z. 13 Edition Raeder) und schließt mit dem verstümmelt überlieferten Ende von Buch 25.
Incipit
230v δεινοὶ τένοντας ὀνομαζουσιν.
Explicit
283v οὕτω δὲ καὶ ὅσα.
Textgestaltung
Notizen und σημείωσαι-Vermerke vom Schreiber am Rand.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Von Sylburg (Schriftvergleich anhand BAV, Pal. lat. 429bis, f. 259r) stammt der Vermerk oben auf f. 230r: Excisi duo quaterniones und Oribasius Medicarum collectionum liber XXIIII. Ebenso unten auf f. 283v: desunt duo capita. Mehrere lateinische Kommentare eines späteren Benutzers, v.a. bezüglich verschiedener Muskelbezeichnungen (z.B. f. 252v, 264v–281v).
Edition
Oribasii collectionum medicarum reliquiae, Volumen III: Libri XXIV-XXV, XLIII-XLVIII edidit Ioannes Raeder, Leipzig/Berlin 1931, S. 8–91 (Hs. wurde für die Edition herangezogen, Sigle P, vgl. S. V).


Bearbeitet von
Dr. Janina Sieber, Dr. Anne-Elisabeth Beron, Universitätsbibliothek Heidelberg, 02.07.2020.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.