Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 251

Galenus, De usu partium corporis

Papier · 2, 344, 1 · 30,9 × 19,3 cm · Mailand (?) / Kreta? · 1492–1507


Schlagwörter (GND)
Galenus / Medizingeschichte / Antike / Medizin.
Diktyon-Nr.
65983.
1ar–2ar vacat
2av Schenkungsexlibris
1) 1r–343v Galenus, De usu partium
344*rv vacat

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Mailand (?) / Kreta? Aufgrund des Kopisten, der wohl auch den Codex Ambrosianus C 80 inf. angefertigt und mit Demetrios Moschus zusammengearbeitet hat, liegt als Entstehungsort Mailand nahe. Die Gestaltung des Buchschnittes weist jedoch auf einen kretischen Bezug hin, siehe Manzano, La Juventud, S. 156 (Anm. 4). Ob der Codex auf Kreta verfasst und gestaltet oder aber von einem kretisch geprägten Bearbeiter gestaltet wurde, ist unbekannt, siehe auch Stefec, Schnittdekoration, S. 516f.
Entstehungszeit
1492–1507 . Anhand der Wasserzeichen (siehe Wasserzeichen) ist die Entstehungszeit der Hs. auf den Zeitraum von 1492 bis 1507 zu begrenzen, was durch die biographischen Daten des früheren Besitzers und vermutlichen Auftraggebers Egnazio Cipelli gestützt wird. Die Annahme von Stefec, dass der Kopist der Hs. gegen 1500 auch Ambrosianus C 80 inf. bearbeitet hat, bestätigt eine Entstehungszeit um 1500, siehe Stefec, Deklamationen, S. 376.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
2, 344, 1.
Format (Blattgröße)
30,9 × 19,3 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 12a + (V-1)9 + 9 V99 + (V-1)108 + 10 V208 + (V-1)217 + 12 V337 + III343 + (I-1)344*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 344*. Ein Blatt wurde aus dem ersten Quinio entfernt. Zwei weitere Blätter wurden entfernt, vermutlich hinter f. 107 und f. 217.
Foliierung
Es sind mehrere Blattzählungen in der oberen Außenecke vorhanden: A) Vatikanische Foliierung mit Bleistift (f. 1–343). B) Ältere, nicht auf jeder Seite erhaltene Foliierung (vielleicht auch aus der BAV) bis f. 29, die ebenfalls auf f. 1 beginnt, sich jedoch ab Bl. 10 von Zählung A) unterscheidet (f. 10: 11). Da in dem ersten Quinio ein Blatt entfernt wurde (siehe unten „Lagenstruktur“), jedoch kein Textverlust festzustellen ist, wurde vermutlich ein von Zählung B) mitgezähltes unbeschriebenes Blatt vor der jüngeren Zählung A) entfernt. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a–2a, 344*).
Lagenzählung
Die Lagen werden mit griechischen Ziffern ab der zweiten Lage (f. 10r: β´) durch Kustoden gezählt, jedoch ist diese Zählung aufgrund nachträglichem Seitenbeschnitt nicht mehr vollständig erhalten.
Zustand
Die Hs. ist insgesamt in einem sehr guten Zustand. Die einzelnen Blätter sind bis auf kleinere Beschädigungen und Wurmfraß (f. 102–193) gut erhalten; Die Tinte ist kaum verblichen, weshalb die Schrift gut lesbar ist (nur auf f. 103r sind aufgrund eines Tintenflecks drei Buchstaben unleserlich).
Wasserzeichen
Dreiblättriges Blütenblatt einer Blume im Innern eines Siegelringes; Dreiblättriges Blütenblatt einer Tulpe mit zwei Blättern im Innern eines Siegelringes, siehe Briquet 6705 und 6706.

Schriftraum
22,4 × 12,4 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
30 Zeilen.
Schriftart
Aufrechte humanistische Gebrauchsschrift des 16. Jhs. mit vielen Ligaturen und einigen Abkürzungen. Der Schreiber verwendet durchgängig das lunare Sigma am Wortende. Charakteristisch sind das länglich-schmale θ, die Unterlänge von κ in καί und die von χ sowie das häufige Tremazeichen über ι.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Es handelt sich vermutlich um denselben Kopisten, der auch den Codex Ambrosianus C 80 inf. geschrieben hat, siehe Stefec, Deklamationen, S. 376.
Buchgestaltung
Die Hs. ist von einer Hand optisch einheitlich angelegt. Die einzelnen Bücher der Schrift werden durch rubrizierte Überschriften, Inhaltsregesten und Initialen in roter Tinte, die leichte Verzierungen und Fleuronné aufweisen, gekennzeichnet. Einige Bücher beginnen im Gegensatz zu den übrigen Büchern ohne vorangestelltes Inhaltsregest. Bei den Texten finden sich im Außensteg einzelne Marginalien in roter oder dunkler Tinte. Semeiosis-Zeichen sind am Rand angegeben. Im Innensteg werden Ergänzungen des Textes durch Einweisungszeichen angegeben. Das Textende auf f. 172r ist als figurale Textfläche gestaltet.
Buchschmuck
Beachtenswert ist die Verzierung der Buchschnitte mit Medaillons (vierblättrige Blüten in dunkler Tinte umrandet von einem mehrfach konturierten roten Ring): Auf dem Ober- und Unterschnitt sind je zwei, auf dem Vorderschnitt drei Medaillons, die durch verzierte Seilbänder verbunden sind. Dieser Buchschnitt-Schmuck ist häufig bei kretischen Codices anzutreffen, siehe Manzano, La Juventud, S. 156 (Anm. 4) und Stefec, Schnittdekoration. - Auf f. 1r wird der Beginn der Schrift durch ein fünffarbiges komplexes Zopfgeflecht (drei Stränge) markiert, dessen Enden an den Ecken in vier Palmetten auslaufen. Die Konturen der Stränge sind zweifarbig (rot, weiß), die Innenflächen der Stränge dreifarbig (grüne/blaue/gelbe Füllung mit weißen Punkten oder blauem Mittelstrich). Die Rankeninitiale auf f. 1r ist dreifarbig gestaltet (rot, blau, grün); der Hintergrund wurde mit gelber Tinte aufgefüllt (Goldgrund). Der Schreiber ließ dem Rubrikator im Schriftspiegel einen Freiraum (drei Zeilen Höhe), den dieser füllte, wobei die linksseitigen Ranken auf dem Schriftspiegel herausragen, die rechtsseitigen hingegen aufgrund Platzmangel etwas verkümmert ausgestaltet sind. Auf f. 90rv wurden Textpassagen mit einem mehrere Zeilen umspannenden Zierelement markiert. Die einzelnen Buchenden sind wenig geschmückt; es finden sich vereinzelt kleinere Rubrizierungen.

Nachträge und Benutzungsspuren
Auf den Vorderspiegel und auf dem Buchrücken wurde die vatikanische Besitzmarke geklebt. Auf f. 2av wurde die Schenkungsexlibris von Maximilian I. eingeklebt. Der runde Besitzstempel der BAV ist auf f. 1r und f. 343v angebracht. Ebenfalls auf f. 1r wird die alte Signatur 251 Pal: im Fußsteg genannt.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Mailand / Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Mit Egn. oder egna. werden die 73 griechischen Handschriften aus dem Vorbesitz des italienischen Humanisten und Dichters Giovanni Battista Cipelli (1478–1553), genannt Egnatius, bezeichnet, die kurz nach dessen Tod für Ulrich Fugger in Venedig erworben wurden (vgl. Lehmann, Fuggerbibliotheken I, S. 95f.). Eigentlich war sein Buchbesitz für das dortige Kloster S. Giorgio Maggiore bestimmt. Die zum Teil sehr alten Manuskripte (magna ex parte antiquissimi) wurden von Martin Gerstmann in einem Spezialkatalog erfasst (BAV, Pal. lat. 1925, f. 103v–106v).

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_251
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 138; Stéphane Berlier, John Caius et le 'De usu partium'. Contribution à l'histoire du texte de Galien, in: Revue d'histoire des textes 6, 2011, S. 1–14 (Sigle P); Rudolf Stefec, Zur Schnittdekoration kretischer Handschriften, in: Miscellanea Bibliothecae Apostolicae Vaticanae XIX, Vatikanstadt, 2012 (Studi e testi 474), S. 516f.; Rudolf Stefec, Zwei weitere Deklamationen des Demetrios Moschos, in: Byzantion 83, 2013, S. 375–394.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–343v Digitalisat

Verfasser
Galenus (GND-Nr.: 118537202).
Titel
De usu partium.
TLG-Nummer
0057.017.
Angaben zum Text
Über dem Titel steht der von späterer Hand durchgestrichene Hexameter Χρϊστὲ ἄναξ, πονέουσϊ τεὸν νέμε ἄμβον τον [sic] ἄλκαρ (f. 1r) und nach Ende der Schrift der Senar εὑρὼν τέλος γέγηθα βιβλίου, λόγε (f. 343v).
f. 1–23r Buch I (ohne Regest); f. 23r–45r Buch II (mit Regest); f. 45r–71v Buch III (ohne Regest); f. 71v–91v Buch IV (mit Regest); f. 91v–110r Buch V (mit Regest); f. 110r–138r Buch VI (mit Regest); f. 138v–152r Buch VII (mit Regest); f. 152v–172r Buch VIII (mit Regest); f. 172v–192v Buch IX (mit Regest); f. 193r–214r Buch X (mit Regest); f. 214r–240r Buch XI (mit Regest); f. 240v–260r Buch XII (mit Regest); f. 260r–280v Buch XIII (ohne Regest); f. 280v–299v Buch XIV (mit Regest); f. 300r–314v Buch XV (mit Regest); f. 315r–338r Buch XVI (ohne Regest); f. 338r–343v Buch XVII (ohne Regest).
Titel (Vorlage)
Γαλενοῦ περὶ χρείας τῶν ἐν ἀνθρώπου σώματϊ μορίων.
Explicit
343v εὑρὼν τέλος γέγηθα βιβλίου, λόγε.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Die Hs. wurde von einer zweiten Hand bearbeitet und an einigen Stellen korrigiert. Die Korrekturen sind entweder direkt in die Zeile über das jeweils gestrichene Wort oder aber am Rand mit einem Einweisungszeichen notiert. Wurden Korrekturen im Text vorgenommen, sind am Zeilenbeginn Markierungen (+ oder *) zu finden. Der Beginn von Buch I ist in margine von anderer Hand mit λόγος πρῶτος (f. 1r) markiert. Lateinische Zahlen sind von späterer Hand in den Außenstegen notiert worden; von der gleichen Hand sind einzelne Passagen unterstrichen worden. Mit Bleistift wurden Druckerzeichen eingefügt, teilweise wieder durchgestrichen und an anderer Stelle eingefügt. Anscheinend diente die Hs. als Druckvorlage.
Edition
Galenus, De usu partium libri XVII, vol. I-II, ed. Georg Helmreich, Leipzig 1907–1909 (Nachdruck Amsterdam 1968) (Hs. für die Edition berücksichtigt, Sigle P).


Bearbeitet von
Paul A. Neuendorf, Universitätsbibliothek Heidelberg, 25.08.2020.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.