Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 296

Übersetzung des Viaticum peregrinantium

Papier · 2, 7, 290, 1 Bll. · 21 × 14 cm · Kreta? · ca. 1460–1470


Schlagwörter (GND)
Medizin / Araber / Krankheiten / Metrologie.
Diktyon-Nr.
66028.
1ar–1av vacat
2ar Schenkungsexlibris
2av vacat
1) Ar-Av Anonymus, De mensuris et ponderibus
Br-Dv vacant
2) Fr-Hv Anonymus, Pinax
3) 1r–290r Ibn al-Ǧazzār, Viaticum Peregrinantium

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Kreta?
Entstehungszeit
ca. 1460–1470.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
2, 7, 290, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
21 × 14 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
Vorderspiegel ist Gegenbl. zu 1a, Hinterspiegel Gegenbl. zu 291*. Bl. E ist herausgetrennt. Auf H folgt direkt L, so dass zwei oder drei Blatt fehlen könnten (je nachdem, ob I und J getrennt aufgeführt waren oder nicht). Jedoch ist das 1. Kapitel in der Pinax nicht aufgeführt. Es ist also unklar, ob es verloren ging.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. A-H, 1–290; zusätzlich sind f. 1–4 noch als L-O bezeichnet, was einen Hinweis auf drei fehlende Bll. geben könnte.) Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 2a, 291*).
Lagenzählung
Nur sporadisch mit griechischen Zahlen (z.B. ις f. 121r, κδ auf 185r).
Zustand
Die Hs. zeigt Gebrauchsspuren: Neben Stock- und Feuchtigkeitsflecken gibt es auch wenige Textverluste auf einzelnen Seiten, z.B. f. 196rv. Zu Beginn fehlen einige Bll. mit dem ersten Kapitel des ersten Buches. Am Anfang und Ende der Hs. sind einige Bll. restauriert. Die Bindung weist keine sichtbaren Schäden auf.
Wasserzeichen
Acht verschiedene Wasserzeichen (identifiziert von Thibault Miguet), die auf die 1460er und 1470er Jahre datiert werden können.
Schere (ähnlich Piccard III, 824, datiert auf 1471).
Einhorn (sehr ähnlich WZIS DE6300-PO-124326, datiert auf 1463).
Dreiberg, überragt von einem Kreuz (nicht identifiziert).
Harlfinger, Dreiberg 65, mit Kleeblatt (datiert auf 1467–1469).
Zwei gekreuzte Pfeile, nur teilweise sichtbar (ähnlich WZIS DE8100-PO-123364, datiert auf 1470).
Ochsenkopf mit Kleeblatt und dickem Kreuz (ähnlich Piccard XIII, 571–594, 1460er Jahre).
Ochsenkopf mit Kleeblatt (darunter ein dreieckiges Motiv) und dickem Kreuz (sehr ähnlich Briquet 14880, datiert auf 1465, und Piccard XII, 739, datiert auf 1464–1466).
Nicht identifiziertes rundes WZ.

Schriftraum
15,5 × 9 cm (Hand 1); 15–17 × 9–12 cm (Hand 2).
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
23–25 Zeilen.
Schriftart
Hand A, die den Großteil des Textes schreibt, ist eine Gruppe von Gebrauchsschriften mit Buchstaben unterschiedlicher Größe, die bei Schriftspiegel und Zeilenanzahl gewissen Variationen unterworfen sind. Die Schreiber tendieren zu äußerst sparsamem Gebrauch von Akzenten und Spiritus: Akut wird oft als Gravis gesetzt, Spiritus häufig weggelassen. Große Ähnlichkeit, vielleicht sogar Identität mit Schrift von BAV, Pal. gr. 295, die wahrscheinlich aus Kreta kommt.
Hand B (1r–2r, 6r, 9v–10r, 23r, 52r–53r) ist eine fast senkrechte, kalligraphische Minuskel mit sehr geringer Zeichengröße und konsequenter Befolgung des Schriftspiegels.
Hand C: 27v (Z. 2–19) und 31v (Z. 6–9), Schrift mit leichter Rechtsneigung der Buchstaben und Buchstabenverbindungen, 15. oder 16. Jh.
Hand D: 31v, Z. 1–6.
Hand E: 213v, Z. 4–9.
Alle Schriften dürften ins 15. oder 16. Jh. gehören.
Wichtige Informationen, insbesondere zu den Wasserzeichen und den Schreibern, verdanke ich Thibaut Miguet, der sie mir aus seinem bald erscheinenden Buch Recherches sur l’histoire du texte grec du Viatique du voyageur d’Ibn al-Ǧazzār zur Verfügung gestellt hat.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Mehrere unbekannte Hände waren hier am Werk. Ihre Abfolge lässt auf Arbeitsteilung schließen, wobei ihr Schreibanteil sehr unterschiedlich ausfällt. Dabei ist nicht auszuschließen, dass spätere Ergänzungen dabei sind.
Buchgestaltung
Die Kapitel werden nach hebräischer Sitte als πύλαι bezeichnet. Der Text nimmt in der Regel das gesamte Blatt ein, mit nur kleinem Rand; Leerseiten: 251v, 252v, 253v, 254v.
Buchschmuck
Hin und wieder rubrizierte Initialen, Überschriften sind teils rubriziert, teils unterstrichen.

Nachträge und Benutzungsspuren
f. Ar Capsa-Nr. C. 96, Signatur 296, Titel De mensuris et ponderibus fragm. von Sylburgs Hand geschrieben.
f. Br ausführlicher Titel: De curatione diuersorum morborum ex hebraica lingua translatus in graec. per Constantinum Asingitum. Asynkitum. Tribuitur Alchmedi filio Abramii. - Stempel der BAV auf Ar und 290r.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. zählt zu den wichtigsten Vertretern einer Handschriftenfamilie. Durch Schriftvergleich kann angenommen werden, dass die Hs. aus Kreta stammt. Im Katalog Ulrich Fuggers (BAV, Pal. lat. 1950, f. 186r) ist die Hs. aufgelistet als Ephodia liber in graecum translatus ex Arabico multa medica continens. char. 296. seors. Die letztere Abkürzung bedeutet, dass sie als Einzelstück an Ulrich Fugger gekommen ist. Dieser brachte seine Bibliothek 1567 von Augsburg nach Heidelberg. Spätestens nach seinem Tod 1584 kam sie an den Kurfürsten Friedrich IV., der sie zu seiner Bibliothek hinzufügte. 1623 wurde die Bibliotheca Palatina als Kriegsbeute aus Heidelberg entfernt. Maximilian von Bayern machte sie Papst Gregor XV. zum Geschenk. Leo Allacci brachte sie nach Rom, seitdem befindet sie sich in der Biblioteca Vaticana.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_296
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 166; Goerges A. Costomiris, Etudes sur les écrits inédits des anciens médecins grecs. Troisième série : Alexandre, Timothée, Léon le philosophe, Théophane, Nonnos, les Ephodes, in: Revue des Études Grecques 4, 1891, S. 97–110, hier S. 109; Paul Canart, Le livre grec en Italie méridionale sous les règnes normand et souabe: aspects matériels et sociaux, in: Scrittura e Civiltà 2, 1978, S. 103–162, hier S. 146 (Anm. 103); Harlfinger II, 1980; John M. Duffy, John of Alexandria. Commentary on Hippocrates’ Epidemics VI, Fragments. Commentary on an anonymous author on Hippocrates’ Epidemics VI, Fragments, Berlin 1997 (Corpus Medicorum Graecorum XI 1,4), S. 17–18; Sibylle Ihm, Clavis Commentariorum der antiken medizinischen Texte, Leiden 2002, S. 140 und 234; Thibaut Miguet, Premiers jalons pour une étude complète de l’histoire du texte grec du Viatique du Voyageur (Ἐφόδια τοῦ ἀποδημοῦντος) d’Ibn al-Ğazzār, in: Revue d’Histoire des Textes 12, 2017, S. 59–105, hier S. 85.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) Ar–Av Digitalisat

Verfasser
Anonymus.
Titel
De mensuris et ponderibus (Fragment).
Titel (Vorlage)
Ar De mensuris & pond. fragm.
Incipit
Ar θειὼν δὲ [..] ἡ δε τέλεῖα κόγχη μεγίστη ὄνομαζομ[..] χωρ.. σταθμὸν δὲ είκα.. ιβ· ἡ δε ἐλασσαν.
Explicit
Av περὶ ἀμφορέως: ὁ ἀμφοράς ἔχει μετα ξ.
Schrift / Schreiber
Hand A; lateinische Annotationen von Friedrich Sylburg.

2) Fr–Hv Digitalisat

Verfasser
Anonymus.
Titel
Pinax.
Titel (Vorlage)
Fr βϊβλος συντεθειμένη παρα ἐμπρου βαγ ζαφὰρ ἔβεν ἐλγηζαρ μετὰ ποιεί θείσει εἶς τὴν ἑλλάδα γλῶτταν παρα κωνσταντίνου ἀσιγκίτου τοῦ ριγήνου ὀνομάζεται ἐφόδια τῶν ἀποδημοῦντων:-.
Incipit
Fr ὁ πήναξ· β’ πύλη περι ρέυσεως τριχῶν.
Explicit
Hv περι ἀντιδότο καὶ της ενεργείας αὐτήν (sic).
Schrift / Schreiber
Gebrauchsschrift, wahrscheinlich 15. Jh.
Textgestaltung
Die Kapitel sind buchweise durchnummeriert und mit den Überschriften aufgeführt.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Einige falsche Kapitelzählungen sind korrigiert.

3) 1r–290r Digitalisat

Verfasser
Ibn al-Ǧazzār (GND-Nr.: 118969609).
Titel
Viaticum peregrinantium seu ἐφόδια τοῦ ἀποδημοῦντος.
Angaben zum Text
f. 1r–54v Buch 1 (1. Kapitel fehlt, 2. Kap. Inc. Ἔστι δὲ τὸ εἶδος); f. 54v–87v Buch 2 (Περὶ ὀφθαλμῶν θεραπίας τὸν τοῦτον παθῶν, inc. Ὀφθαλμίασίς ἐστιν οἴδημα); f. 87v–118v Buch 3 (τῶν ἀμφοδίων); f. 119r–157r Buch 4 (Περὶ δυσκαταπόσεως, inc. Διελθώντες [sic] ἐν τῷ πρὸ τοῦδε τμήματι); f. 157r–200r Buch 5 (inc. Ὅτε τὸ ἦπαρ πάσχει); f. 200v–239v Buch 6 (Περὶ τοῦ ἐκτον μήματος, inc. Συμβαίνει δὲ ἐν τοῖς σπερμογόνοις μέρεσι τῶν ἀνδρῶν); f. 239v–290r Buch 7 (Περὶ ἐφημέρου πυρετοῦ, inc. Ἐφήμερος πυρετὸς γυνάται ἐξ ἐπιτεταμένης θερμότητος).
Der Name des Autors variiert, je nach Transkription: Abu Djafar (Werktitel: Zad el-Moucafir), oder Ibn al-Gazzar; Übersetzer: Constantinus Asyncritus rheginus (es ist strittig, ob er identisch war mit dem Übersetzer ins Lateinische, Constantinus Africanus; vgl. Costomiris, S. 102ff.). Lehrer des Autors war der im Titel genannte Jude Isaak ben Salomon Israeli. - Die Edition zeigt starke Abweichungen zur Hs.
Titel (Vorlage)
1r Περὶ ρεύσεως τρϊχῶν· ἑτέρα πύλη· Τοῦ ἰσαὰκ.
Incipit
1r [Ἐ]στι δὲ εἶδος ἕτερον ἀπὸ τῆς πτώσεως τῶν τρϊχῶν.
Explicit
290r ταυτὸν αλίκον ύδωρ αληφεὶτέλος σὺν θ[ε]ῶ αγίω τῆς βίβλου τῶν ἐφωδίων τοῦ ταξεώτους.
Edition
Teile des 7. Buchs sind ediert in Iohannes Stephanus Bernard, Synesius de Febribus, Amsterdam 1749, ab S. 6 passim (Hs. nicht herangezogen).


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Universitätsbibliothek Heidelberg, 07.12.2020.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.