Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 323

Aristoteles, Eudemische Ethik

Pergament · 3, 92, 1 Bll. · 24 × 16,3 cm · Florenz · Mitte 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Philosophie / Ethik.
Diktyon-Nr.
66055.
1ar–v vacat
2ar Schenkungsexlibris
2ar–3ar vacant
3av Index
1) 1r–91v Aristoteles, Ethica Eudemia
2) 92r–v Lateinisches Fragment

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Florenz. Man kann Florenz annehmen, da auch andere Scutariota-Hss. nachweislich dort entstanden sind, und da Manetti dort gelebt hat.
Entstehungszeit
Mitte 15. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament, Vorsatzblätter Papier und Pergament.
Umfang
3, 92, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
24 × 16,3 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + I3a + 9 V90 + I92 + (I-1)93*. Vorderspiegel ist Gegenbl. zu 1a, Hinterspiegel Gegenbl. zu 93*.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. 1–92). Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 2a, 3a, 93*).
Lagenzählung
Zählung mit arabischen Zahlen jeweils zu Beginn einer neuen Lage unten, fehlt in der ersten Lage.
Zustand
Der Codex ist gut erhalten. Einzelne Löcher sind im Überlieferungsträger.

Schriftraum
14,8 × 9 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
26 Zeilen.
Linierung
24D1.
Schriftart
Zeittypische Gelehrtenschrift. Allerdings sieht die Schrift anders aus als andere Scutariota-Hss., so gibt es weniger Ligaturen und die Buchstaben sind gerader ausgerichtet und nicht so sehr gedrängt. Auch die Zahl der Zeilen pro Seite weicht ab. Da die Buchstaben selbst aber genauso aussehen, ist es denkbar, dass es die selbe Hand ist, nur die Entstehungszeit abweicht.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Johannes Scutariota (laut Stevenson, Graeci) RGK I, Nr. 183.
Buchgestaltung
Die Handschrift enthält die Eudemische Ethik des Aristoteles. Die hier als IV-VI bezeichneten Bücher werden in der Regel als Bücher V-VII der Nikomachischen Ethik gezählt. Walzer/Mingay führen sie nicht auf. Fehlende Textstellen sind am Rand ergänzt. Wo der Platz auf der Seite nicht gereicht hat, wurde eine 27. Zeile in Anspruch genommen oder am Rand ergänzt.
Buchschmuck
Überschriften und Initialen sind nicht nur farblich hervorgehoben, sondern auch prächtig gestaltet. Alles ist prächtiger ausgestaltet als bei den meisten Scutariota-Hss. Die Initialen selbst sind blau, ihre Verzierungen rot.

Nachträge und Benutzungsspuren
Auf 2ar befindet sich der übliche Hinweis auf Manetti, allerdings ohne Index. Darunter steht mit enger Schrift ein lateinisches Zitat aus Ciceros De Divinatione auf Aristoteles (vgl. Stevenson, Graeci, S. 187). Capsa-Nr.: C. 101. Ein lateinisches Fragment ist auf f. 92 eingeklebt. In dieses Folium wurde ein Fenster geschnitten, so dass auch die Rückseite des Fragments lesbar ist. Es ist hier wahrscheinlich wegen der gleichen Nummer (323, allerdings Palatinus latinus) eingefügt worden. Ansonsten hat es keinen Bezug zur Hs.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Florenz / Augsburg / Heidelberg / Rom.
Geschichte der Handschrift
Diese Hs. wurde von Scutariota wohl später geschrieben als BAV, Pal. gr. 165, der auch vom Schreiber zur Revision herangezogen wurde (vgl. Harlfinger, S. 18). Beide Hss. sind aber stemmatisch wohl nicht voneinander abhängig (vgl. a.a.O., S. 30). Giannozzo Manetti integrierte die vorliegende Hs. in seine Bibliothek. Unklar ist, ob er sie mit nach Neapel genommen hat, wo er 1459 verstarb. Der Plan, die Bibliothek an das Kloster San Spirito zu vererben, kam wohl nicht zur Ausführung. Sie ging an Manettis Sohn Angelo (auch Agnolo genannt) und blieb bis ca. 1555 im Besitz der Familie Manetti. Dann wurde sie an Ulrich Fugger verkauft und nach Augsburg verbracht. Dieser brachte sie 1567 nach Heidelberg und vermachte sie 1584 dem Kurfürsten Friedrich IV., der sie zu seiner Bibliothek hinzufügte. 1623 wurde sie als Kriegsbeute aus Heidelberg entfernt und vom Bayernherzog Maximilian dem Papst Gregor XV. geschenkt. Leo Allacci brachte sie nach Rom, seitdem befindet sie sich in der Biblioteca Vaticana (Schenkungsexlibris; Bibliotheksstempel der BAV auf 1r und 91v).

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_323
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 187; Schunke, Einbände, II, S. 909; RGK I, Nr. 78; Katalog der Fuggerbibliothek „Catalogus Graecorum librorum“ (BAV, Pal. lat. 1950, 193v); Lehmann, Fuggerbibliotheken; Heinz Willi Wittschier, Giannozzo Manetti, Das Corpus der Orationes, Köln 1968; Haan 2019, S. 267–280; Giuseppe M. Cagni, I codici Vaticani Palatino-Latini appartenuti alla biblioteca di Giannozzo Manetti, in: La Bibliofilia. Rivista di storia del libro e delle arte grafiche di bibliografia ed erudizione, diretta da Roberto Ridolfi, Florenz 1960, S. 1–43; André Wartelle, Inventaire des manuscrits grecs d’Aristote et de ses commentateurs, Paris 1963, S. 143; Stefano Martinelli Tempesta, Nuovi codici copiati da Giovanni Scutariota (con alcune novità sul Teocrito Ambr. P 84 sup. e Andronico Callisto), in: Filippo Bognini/V. De Angelis (éd.), Meminisse iuvat: studi in memoria di Violetta de Angelis, Pisa 2012, S. 519–548; Dieter Harlfinger, Die Überlieferungsgeschichte der Eudemischen Ethik, in: Paul Moraux/Dieter Harlfinger, Untersuchungen zur Eudemischen Ethik. Akten des 5. Symposium Aristotelicum, Berlin 1971, S. 1–50, hier S. 18; Michael Kautz, Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 323, Heidelberg 2016; Stevenson, Latini, S. 86.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–91v Digitalisat

Verfasser
Aristoteles (GND-Nr.: 118650130).
Titel
Eudemische Ethik.
TLG-Nummer
0086.009, enthält Teile von 0086.010.
Edition
Richard Walzer/Jean Mingay, Aristotelis Ethica Eudemia, Oxford 1991 (Hs. herangezogen); Für die Bücher 4–6: Franz Susemihl/Otto Apelt, Aristotelis Ethica Nicomachea, 3. Aufl. Leipzig 1912.

2) 92r–v Digitalisat

Titel
Lateinischer Text (Fragment).
Angaben zum Text
Der Text ist auf 92r aufgeklebt, wobei in das Folio ein Loch geschnitten wurde, so dass man die Rückseite auf 92v lesen kann. Dabei steht in doppelter Ausführung die Angabe Cod. Pal. lat. 323. Stevenson, Latini S. 86 erwähnt ein Fragment aus dem 14. oder 15. Jh., das heute nicht mehr dort vorhanden ist (vgl. BAV, Pal. lat. 323) und wahrscheinlich mit diesem identifiziert werden kann.
Incipit
92r Doleant de casu …
Explicit
92v … et spe ne me.


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Universitätsbibliothek Heidelberg, 26.05.2020.
Katalogisierungsrichtlinien
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Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.