Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 333

Ps.-Codinus, De officiis

Papier · 3, 65, 1 Bll. · 20,5 × 14,5 cm · Venedig · 1. Viertel 16. Jh.


Schlagwörter (GND)
Byzantinisches Reich / Pseudo-Codinus / Hofamt.
Diktyon-Nr.
66065.
Ir Schenkungsexlibris
Iv–IIr vacant
IIv Lateinischer Inhaltsvermerk
1) 1r–65v Pseudo-Codinus, De officiis

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Venedig. siehe Geschichte der Handschrift.
Entstehungszeit
1. Viertel 16. Jh. Datierung aufgrund der Schrift, siehe dort.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
3, 65, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
20,5 × 14,5 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 1I + 1II + 7 IV56 + (IV+1)65 + (IV-1)66*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 66*.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. I–II, 1–65) im Kopfsteg rechts mit schwarzer Tinte. Die Vorsatzblätter wurden nachträglich römisch gezählt. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 66*).
Lagenzählung
Die griechische Lagenzählung von der Hand des Schreibers findet sich ganz links im Fußsteg der letzten Versoseite einer jeden Lage. Durch diese Position sind die Reklamanten aber zum Teil dem Bindebeschnitt zum Opfer gefallen. Außerdem sind im Bereich des Falzes ab f. 32v die entsprechenden Textreklamanten für den Beginn der Folgelage noch gut sichtbar.
Zustand
Die Handschrift ist durchgängig vom Falz und den Blatträndern her stockfleckig. An Anfang und Ende ist das Papier besonders vergilbt. Insgesamt sind die mit einer wässrigen Tinte eingetragenen Rubriken stark verblasst. Ansonsten befindet sich die Handschrift in einem recht guten Zustand.
Wasserzeichen
Wasserzeichen sind nur fragmentarisch erhalten, was eine sichere Zuordnung verhindert.

Schriftraum
16,5 × 8,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
23 Zeilen.
Linierung
Keine Liniensystem erkennbar.
Schriftart
Flüchtige, zum Teil stark nach rechts geneigte individuelle Kopistenschrift der Entstehungszeit. Neigung zum Gebrauch von Ligaturen. Beide gebräuchliche Formen des Beta werden noch verwendet. Charakteristische δεσ-Ligatur. Das Schriftbild zeigt zwar partiell größere Ähnlichkeiten zu dem des Johannes Skutatiores, der aber sicherlich nicht Schreiber des Palatinus war.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Ein Schreiber, von dem auch die Rubriken stammen.
Buchgestaltung
Einspaltiger Texteintrag mit breiten Seitenstegen für etwaige Korrekturen. Mitunter wurden lacunae im Text belassen und nicht mehr ausgefüllt. Überschriften und Text sind farblich voneinander abgesetzt. Werk-, Kapitel- und Absatzinitiale wurden nach links ausgerückt. Als Liste aufzufassende Abschnitte wie f. 1r–2r werden als fortlaufender Text eingetragen. Allerdings sind die Initialen rotschriftlich gekennzeichnet. Etwaige Zwischenüberschriften werden auf die Außenstege gesetzt.
Buchschmuck
Als schmückende Elemente lassen sich allenfalls die rotschriftlich eingetragen Überschriften und Initialen bezeichnen. Nur die Werkinitiale auf f. 1r wurde mit kleinen Pflanzenranken ausgefüllt.

Nachträge und Benutzungsspuren
Signaturensignets der BAV auf dem Rückendeckel und dem Vorderspiegel. Schenkungsexlibris auf f. Ir. Blatt I ist zugefügt und war wohl mit dem Vorderspiegel des fuggerschen Einbands verklebt. Auf IIr Capsa-Nr. C. 69, darunter die Allacci-Signatur nur noch teilweise zu erkennen. Außerdem Signaturenangabe. Auf IIv lateinische Inhaltsbezeichnung der Fuggerbibliothek Officiorum palatii Imperatoru(m) co(n)stantinopolitanorum et Sacroru(m) rituu(m) ordo. Darunter Augsburger Signatur und Sammlungssignet egna(tius). Am Rand eine Notiz Curopalatae ἐκλογή, die wiederum Leo Allatius mit einer eigenen Note Henry Scrimgour zugeordnet hat. In der Tat handelt es sich aber um einen Heidelberger bibliothekarischen Nachtrag wohl von Jan Gruter, mit dem auf den 1588 erfolgten Druck der Offikia verwiesen wird. Auf f. 1r die Fuggersignatur und im Kopfsteg rechts der Hinweis von Leo Allatius auf die Parallelhandschriften innerhalb der Palatini graecae (Eadem fere in 70, 222, 301).

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Es fällt nicht ganz leicht zu bestimmen, zu welchem Zweck diese Handschrift wohl zu Beginn des 16. Jahrhunderts erstellt wurde. Am ehesten sollte man noch an mögliche Vorbereitungen für einen Druck des griechischen Textes (in Venedig?) denken, der dann aber nicht mehr erfolgte. Darauf hatte bereits Verpeaux, Traité des offices, sieheLiteratur, S. 117–118, hingewiesen. Somit ist auch nicht bekannt, wie sie in den Besitz von Giovanni Battista Cipelli gelangte, der nach dem Sammlungssignet egn(atius) auf f. IIv ihr erster Besitzer war (dazu Lehmann, Fuggerbibliotheken, I, S. 94–99 mit weiterer Literatur). Cipelli war an staatspolitischem Schrifttum interessiert, sodass der Erwerb einer solchen Handschrift plausibel ist. Die enge Verbindung des Palatinus mit Venedig legt dabei nahe, dass dieser auch dort geschrieben wurde. Verpeaux, s.o., S. 118–120 konnte eine kleine Gruppe von vier miteinander verwandten Textzeugen bestimmen, von denen eine die Abschrift dieses Palatinus ist. Mit diesem gehen die beiden anderen auf eine nicht mehr bestimmbare Vorlage zurück. Damit wäre aber die damals übliche Menge an Druckvorlagen erreicht gewesen. Nach Cipellis Tod im Sommer 1553 erwarb Ulrich Fugger dessen griechische Handschriften, die als Legat eigentlich der Kirche S. Maria Maggiore in Venedig zugedacht waren. Der Palatinus findet sich zwar nicht in dem Inventar vom Oktober 1553, das die Cipelli-Handschriften auflistet. Allerdings könnte die schmale Handschrift zu den am Ende dieser Auflistung genannten Fragmenten gehören, denn sie begegnet sachlich eigentlich außerhalb der alphabetischen Ordnung, möglicherweise auf dem Einband aber bereits mit dem hypothetischen Verfassernamen Codinus versehen, mit dem Eintrag Officium Palatij Imperatorum Constantinopol: et Sacrorum rituum ordo (siehe Pal. lat. 1950, f. 185r). Wohl noch in Augsburg wurde aus dem Palatinus der entsprechende Text in den Cod. Mon. gr. 48 kopiert. Dies muss aber noch vor 1567 geschehen sein, denn in jenem Jahr traf die Bibliothek des aus Augsburg vertriebenen Ulrich Fugger in Heidelberg ein. Vertraglich vereinbart wurde der Übergang der Bibliothek in die Verfügungsgewalt der pfälzischen Kurfürsten und die Aufstellung in der Heiliggeistkirche (vgl. dazu den entsprechenden Eintrag im Heidelberger Inventar des Pal. gr. 1916, f. 534v). Mit Ulrich Fuggers Tod im Februar 1584 erfolgte der rechtsgültige Übergang der bereits verpfändeten Bibliothek in den Besitz der pfälzischen Kurfürsten und in den Bestand der Bibliotheca Palatina. In Heidelberg kam es 1588 zum griechische Erstdruck der Offikia in der Offizin des aus Frankreich geflohenen Druckers Johannes Mareschal. Den Text besorgte François Du Jun [= Junius], Sapientissimi Curopalatae, De officialibus palatii Constantinopolitani, & officiis magnae ecclesiae. Libellus graecè & latinè nunc primum in lucem editus … Ex bibliotheca viri clarissimi et consultiß Iulii Pacii … Apud Ioannem Mareschallum Lugdunensem. Allerdings wird darin nur auf den späteren Pal. gr. 414 verwiesen (nach Verpeaux Abschrift eines heute verlorenen Augsburger Manuskripts), der zu jenen griechischen Handschriften gehörte, die der von 1575 bis 1585 in Heidelberg lehrende und aus Padua stammende Jurist Julius Pacio de Beriga der Universitätsbibliothek Heidelberg verkauft hatte. Ob auch die übrigen Pseudo-Codinus-Handschriften verwendet wurden, lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Im Zuge der Eroberung Heidelbergs 1622 gelangte die Bibliothek als Geschenk des bayerischen Herzogs Maximilian an Papst Gregor XV. über München nach Rom, seither gehört die Handschrift zum Bestand der BAV.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_333
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 194; Pseudo-Kodinos, Traité des Offices. Intr., texte et trad. par Jean Verpeaux, Paris 1966, S. 43, 52, 113, 117–119; Brigitte Mondrain, Copistes et collectioneurs de manuscrits grecs au milieu du XVI siècle. Le cas de Johann Jakob Fugger, in: ByzZ 84–85 (1991–1992), S. 382 (der Cod. Mon. gr. 48 wird nur nach Verpeaux, Les éditions, s.u., als Kopie dieser Hs. bezeichnet); Jean Verpeaux, Les prèmiers éditions et les humanistes d’Augsbourg et d’Heidelberg, in: Byzsl 25 (1964), S. 44–46.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–65v Digitalisat

Verfasser
Pseudo-Codinus (GND-Nr.: 100967949).
Titel
De officiis.
TLG-Nummer
3168.001.
Angaben zum Text
F. 1r–2v De ordine dignitatum; f. 2v–12r De vestis dignitatum vel et officium singulorum; f. 12r–22r De singulorum officiorum obligationibus; f. 22r–26v De festum Domini Iesu Christi ordinibus; f. 26v–46r De aliorum festum constantinopolitorum ordinibus; f. 46r–48r De aliis festis imperatoribus praesente; f. 48r–50r De Magni Domestici obligationibus; f. 50r–59v De impatoris coronationis ordine (versio brevior); f. 59v–60v De despotae promotione; f. 60v–61r De sebastocratoris promotione; f. 61r–63v De patriarchae Constantinopolitani promotione; f. 64r–v De imperatorum luctibus; f. 64v–65v De sponsalibus aulae imperatorum.
Titel (Vorlage)
1r Τὰ ὀφφίκια τοῦ παλλατίου, ἔτι τε καὶ τὰς τάξεις τὰς γενωμένας[!] ἐν ταῖς ἑορταῖς εἰς τὸ παλλάτιον +, καὶ πῶς τὸν βασιλέα στέφεσθαι: καὶ προβλήσεως δεσπότου ++ καὶ π(ατ)ριάχου καὶ ἑτέτρων ἐθῶν γινωμένων [!] ἐν τῷ παλατίῳ.
Incipit
1r Οἱ τοῦ βασιλέως …
Explicit
65v … ἐντὸς τοῦ παλατίου εἰσέρχονται. τέλος τῶν τάξεων τοῦ βασιλικοῦ παλατίου.
Edition
Pseudo-Kodinos, Traité des Offices. Intr., texte et trad. par Jean Verpeaux, Paris 1966, S. 133–287 (diese Hs. nicht herangezogen, da sie zu einer kleinen Überlieferungsgruppe mit unvollständigem Text gehört, siehe ebd., S. 50–54).


Bearbeitet von
Dr. Lars Hoffmann, Universitätsbibliothek Heidelberg, 23.11.2021.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.