Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 381AB

Sammelhandschrift in zwei Bänden

Pergament · Pal. gr. 381A: 2, 382, 1 Bll.; Pal. gr. 381B: 2, 2, 1, 2, 2 Bll. · 33,5 × 25 cm · s.l. · Spätes 13. Jh.


Schlagwörter (GND)
Psalterium / Gebetbuch.
Diktyon-Nr.
66113.
Ir Schenkungsexlibris
1) 3r–338v Septuaginta, Psalterium
2) 340r–378v Septuaginta, Odae
3) 379r–386r Ephraem Syrus, Precatio ad Dei matrem

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
s.l. Unbekannt.
Entstehungszeit
Spätes 13. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament, Vorsatzbll. Papier.
Umfang
Pal. gr. 381A: 2, 382, 1 Bll.; Pal. gr. 381B: 2, 2, 1, 2, 2 Bll.
Format (Blattgröße)
33,5 × 25 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
Pal. gr. 381A: (I-1)1a + (I-1)I + 5 IV42 + (V-1)51 + 4 IV83 + (V-2)91 + 9 IV163 + (IV-1)170 + IV180 + (V-2)188 + 4 IV220 + (VI-4)228 + 7 IV284 + (V-2)292 + 5 IV332 + (IV-1)339 + 3 IV363 + (V-3)370 + 2 IV386 + (I-1)387*. Vorderspiegel ist Gegenbl. zu 1a, Hinterspiegel Gegenbl. zu 387*. Je ein fehlendes Bl. vor f. 44, 85, 92, 182, 187, 222, 225, 226, 229, 286, 291, 339 und 366, je zwei fehlende Bll. vor 50 und 369 (kein Textverlust). Die fehlenden Bll. 1 und 2 (als I und II nummeriert) sowie 171 und 172 (Miniaturen) sind in der Hs. 381B zu finden.
Pal. gr. 381B: (I-1)1a + 12a + 2II + 13a + 2172 + 1173* + (I-1)174*.
Foliierung
Eine vatikanische Foliierung (f. 3–385) ist in der rechten unteren Ecke eingestempelt. Diese Foliierung ist für das Digitalisat und damit auch für diese Beschreibung maßgeblich. Bll. 169 und 170 haben eine falsche Foliierung, die durchgestrichen wurde. Die richtige steht mit Bleistift daneben. Eine zweite, ältere Foliierung existiert rechts oben. Die Bll. 1 und 2 (fälschlich I und II nummeriert) sowie 171 und 172 bilden heute die Hs. Pal. gr. 381B. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (Pal. gr. 381A: 1a, 387*; Pal. gr. 381B: 1a, 2a, 3a, 173*, 174*).
Lagenzählung
Zählung mit griechischen Zahlen: zu Lagenbeginn links unten.
Zustand
Gut erhalten, mit normalen Abnutzungsspuren. Der Einband ist stark abgegriffen, Rubrizierungen sind vielerorts verschmiert. Das Pergament ist stark gewellt, so dass sich das Buch nicht mehr richtig schließen lässt. Die Miniaturen sind schon abgegriffen und haben an einigen Stellen Farbe verloren. Aus konservatorischen Gründen wurden sie daher der Hs. entnommen und in einen neuen Band (BAV, Pal. gr. 381B) gebunden, während der Textband als BAV, Pal. gr. 381A aufbewahrt wird.

Schriftraum
24 × 17–18 cm (Pal. gr. 381A); 25,5–26,5 × 18,5–20,5 cm (Pal. gr. 381B).
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
15 Zeilen.
Schriftart
Archaisierende liturgische Minuskel mit großen Buchstaben, sorgfältig ausgeführt, mit vielen runden Elementen (bei ω, ρ, θ, ε, σ) und sehr akkurater Akzentsetzung, möglicherweise „gruppo della Paleologina“ (Prato, Scritture, S. 87). Auffällig ist die Vergrößerung einzelner Buchstaben. Iota subscriptum wird nicht gesetzt.
Buchgestaltung
Heute existieren zwei separate Hss., Pal. gr. 381A und B, wobei letztere vier Bildtafeln enthält. Sie befanden sich ursprünglich am Anfang der Hs. und nach dem 76. Psalm, was sowohl numerisch als auch von der Anzahl der Blätter der Mitte der Psalmen entspricht (aber nicht der Mitte der Hs., da sie noch weitere Texte enthält).
Buchschmuck
Der Anfang ist geschmückt mit einem mehrfarbig kolorierten Feld, in dessen Mitte eine Rosette freigelassen ist. Darin befindet sich die Überschrift ΔΑΔ προφήτου καὶ βασιλεως μέλος. Ähnlich ist auch das rechteckige Feld auf 173r, das einen Rahmen zur Überschrift συνέσεως των ασαφ’ (zum 77. Psalm) bildet. Hier ist also die Mitte der Psalmen, und an dieser Stelle befanden sich einst zwei Miniaturen (heute BAV, Pal. gr. 381B, 171v und 172r). Überschriften sind durchweg rubriziert, ebenso die Initialen zu Beginn jedes Verses.
Auf 340r beginnt der Text der Oden mit einem mehrfarbigen Feld.
Die ganzseitigen Miniaturen sind originalgetreue Kopien der Handschrift Bibliothèque nationale de France, Cod. Par. Gr. 139. Sie sind mit kräftigen Deckfarben ausgeführt. Jede hat einen anders gestalteten Rahmen. Die Motive sind: (Iv) David als junger Mann beim Spielen der Leier, in Begleitung dreier anderer Personen, darunter ein Hirte mit Hund und Herde; (IIr) David als König mit geöffnetem Buch in der linken Hand, eingerahmt von den Personifikationen der Weisheit und der Prophetie. Alle drei tragen leuchtende Gewänder mit Blau- und Rottönen, einen Heiligenschein, und stehen auf Podesten. Ihre Namen sind mit roter Tinte über die Köpfe geschrieben; mehrfache Darstellung des Mose auf dem Sinai beim Entgegennehmen der Gesetzestafeln (171v) und bei deren Weitergabe ans Volk Israel (172r) (nähere Angaben zu den Miniaturen und Vergleich mit Par. Gr. 139 bei Cutler, S. 83–85).

Nachträge und Benutzungsspuren
Stempel der BAV auf 1r und 386v. Signatur 381. Seor. auf 3r. 386v Schriftproben von ungeübter Hand, teilweise ausradiert; enthalten auch Besitzerangaben: ἔγωγε νεόφυτος.

Einband
Pal. gr. 381A: Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten); vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909. Pal. gr. 381B: Schwarzer Ledereinband, Ecken und Rücken in beigem Leder; am Rücken aufgeklebte Signaturmarken: Palat. Gr. 381 (in Goldschrift auf rotem Leder) und Pal. gr. 381B (auf beschädigter Papiermarke). Wappenstempel von Papst Pius X. (1903–1914) und Kardinalbibliothekar Alfonso Capecelatro (1890–1912) auf vorderen Einband geklebt (vgl. Jorge María Mejía/Christine Maria Grafinger/Barbaea Jatta, I Cardinali bibliotecari di Santa Romana Chiesa. La quadreria nella Biblioteca Apostolica Vaticana, Vatikanstadt 2006, S. 293).
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. gilt als Apograph von Paris, BN, Cod. Par. Gr. 139 (10. Jh.); auch die Miniaturen sind eine Nachahmung von dessen Miniaturen (vgl. Belting, S. 41; allerdings enthält der Pariser Codex wesentlich mehr Miniaturen). Als Auftraggeber wird Teodora Raulena (1240–1300), Nichte des Kaisers Michael VIII. Palaiologos, vermutet. Das ergäbe eine Datierung in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die ausradierte Angabe auf 386v besagt, dass die Hs. sich zwischenzeitlich im Besitz eines gewissen Neophytos befand. Die Provenienzbezeichnung seor. (f. 3r) zeigt, dass die Hs. als Einzelstück in den Besitz von Ulrich Fugger kam (vgl. Lehmann, Fuggerbibliotheken I, S. 141), allerdings erst nach 1555, da sie im Gerstmann’schen Katalog von 1555 noch nicht verzeichnet ist. Fuggers Bibliothek gelangte 1567 nach Heidelberg, und er vermachte sie 1584 dem pfälzischen Kurfürsten Friedrich IV. Nach der Einnahme Heidelbergs wurde die Hs. 1623 mit der Bibliotheca Palatina nach Rom gebracht, wo sie sich noch heute befindet. Die Miniaturen wurden zwischen 1903 und 1912 der Hs. entnommen und neu eingebunden zur Hs. Pal. gr. 381 B. Diese Datierung kann man den Wappenstempeln auf dem vorderen Einband entnehmen.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_381ga
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 244f.; Hans Belting, Das Illuminierte Buch in der spätbyzantinischen Gesellschaft, Heidelberg 1970, S. 41; Anthony Cutler, The Aristocratic Psalters in Byzantium, Paris 1984 (Bibliothèque des Cahiers archéologiques XIII), S. 83–85; Walter Berschin, Griechisches Altertum und Mittelalter. „Palatina-Psalter“ und „Josua-Rolle“ Vat. Pal. gr. 232, 381B und 431, in: Walter Berschin, Die Palatina in der Vaticana. Eine deutsche Bibliothek in Rom, Stuttgart/Zürich 1992, S. 147–153; Giancarlo Prato, Studi di paleografia greca, Spoleto 1994, S. 87–88; Massimo Bernabò, Lo studio dell’illustrazione dei mss. greci del Vecchio Testamento, ca. 1820–1990, in: Medioevo e Rinascimento 9, 1995, S. 261–299, hier S. 271; F. Acerbi/A. Gioffreda, Manoscritti scientifici della prima età paleologa in scrittura arcaizzante, in: Scripta 12, 2019, S. 9–52, hier S. 35.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 3r–338v Digitalisat

Verfasser
Septuaginta (GND-Nr.: 1030607044).
Titel
Psalterium.
TLG-Nummer
0527.027.
Angaben zum Text
Enthält die 151 Psalmen der LXX.
Titel (Vorlage)
3r ΔΑΔ προφήτου καὶ βασιλεως μέλος.
Incipit
3r μακάριος ὁ ἀνὴρ ὃς οὐκ ἐπορεύθη ἐν βουλῆ ἀσεβῶν.
Explicit
388v καὶ ἦρα ὄνειδος ἐξ ὑιῶν Ἰήλ.
Edition
Rahlfs 2004, Vol. 2, S. 1–164.

2) 340r–378v Digitalisat

Verfasser
Septuaginta (GND-Nr.: 1030607044).
Titel
Odae.
TLG-Nummer
0527.028.
Angaben zum Text
f. 340r–343r Ode 1 (Ode des Mose aus Buch Exodus); f. 343r–351r Ode 2 (Ode des Mose aus Buch Deuteronomium); f. 351r–353r Ode 3 (Gebet der Hannah, der Mutter Samuels); f. 353r–356v Ode 4 (Gebet des Habakuk); f. 356v–359r Ode 5 (Gebet des Jesaja); f. 359r–360r Ode 6 (Gebet des Jonah); f. 360r–368r Dan 3,26–88 (TLG 0527.057: darin enthalten Ode 7 bis 364r, Z. 3; f. 365r–368r: Ode 8, Gebet der drei Knaben, mit zahlreichen Abweichungen zur Edition; der Anfang von Ode 8 ist auf 366r durch eine Überschrift markiert, während auf 365r die Überschrift getilgt wurde), f. 368r, Z. 15–368v christliche Zusätze zum Gebet; f. 369r–370r Ode 9, Teil 1 (Magnificat: Gebet der Maria); f. 371r–372v Ode 9, Teil 2 (Benedictus: Gebet des Zacharias, auch Lk 1,68–79); f. 372v–374v Ode 11 (Gebet des Hesekias); f. 375r–378r Ode 12 (Gebet des Manasse); f. 378v Ode 13 (Nunc dimittis: Gebet des Simeon).
Titel (Vorlage)
340r ὠδὴ μωυσέος ἐν τῆ ἔξοδω.
Incipit
340r Ἄσωμεν τῶ κυριώ ἐνδόξως.
Explicit
370r τῶ αβραὰμ καὶ τῶ σπέρματι αὐτοῦ ἕως ἀιῶνος.
Edition
Rahlfs 2004, Vol. 2, S. 164–178.

3) 379r–386r Digitalisat

Verfasser
Ephraem Syrus (GND-Nr.: 118530550).
Titel
Precatio ad dei matrem.
TLG-Nummer
4138.134.
Titel (Vorlage)
379r Εὐχὴ τῆς ὑπεραγίας θεοτοκου.
Incipit
379r Πολλῶν καὶ μεγαλων ἀπολαύσαι δωρεῶν παρὰ τοῦ .
Explicit
386r καὶ ζωοποιῶ αὐτοῦ πνεύματι· νῦν καὶ ἀει καὶ εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων ἀμήν.
Edition
Konstantinos G. Phrantzoles, Ὁσίου Ἐφραίμ τοῦ Σύρου ἔργα, vol. 6, Thessaloniki 1995, S. 406–410.


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Universitätsbibliothek Heidelberg, 29.09.2020.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.