Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 394

Georgius Monachus, Chronicum

Papier · 2, 382, 1 Bll. · 34,3 × 22,2 cm · Venedig · Mitte 16. Jh.


Schlagwörter (GND)
Byzanz / Geschichtsschreibung / Weltchronistik / Georgius Monachus.
Diktyon-Nr.
66126.
Ir Schenkungsexlibris
Iv vacat
1) 1r–382r Georgius Monachus, Chronicum
382v Nutzernote (Ende 17. Jh.)

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Venedig. Da die Schreiberwerkstatt des Nikolaos Choniates (= Schreiber B) dem Umfeld der venezianischen Druckerei Bartolomeo Zanettis bzw. seines Sohnes Christoforo zuzuordnen ist (dazu Gamillscheg in RGK I, Nr. 321 u. RGK III, Nr. 521; Sosowehr, Forger, S. 302, verortet die Hs. ohne Benennung von Gründen nach Venedig), kommt mit großer Wahrscheinlichkeit Venedig als Entstehungsort der Hs. in Betracht. Allerdings ist für Nikolaos nur seine Geburtsstadt Monembasia bekannt, sodass für die konkrete Schreibertätigkeit auch andere Orte des venezianisch dominierten Mittelmeerraumes in Frage kommen.
Entstehungszeit
Mitte 16. Jh. Datierung aufgrund der Schrift u. der Schreiber.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier westlicher Provenienz.
Umfang
2, 382, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
34,3 × 22,2 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 1I + 47 IV376 + III382 + (I-1)383*. Vor- und Nachsatzblätter sowie f. I aus der Zeit der letzten vatikanischen Bindung.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. I, 1–382). Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 383*).
Lagenzählung
Nicht mehr erhalten. Zum großen Teil liegen aber noch die entsprechenden Textmarken rechts unten am jeweiligen Lagenende vor.
Zustand
Bis auf Stockflecken insbesondere am Anfang und Ende recht guter Zustand, im Schriftfeld partiell beginnender Tintenfraß merklich.

Schriftraum
26,5 × 13,8 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
30 Zeilen.
Schriftart
Individuelle Buchschriften der Entstehungszeit.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Schreiber A = f. 1r–376v, Z. 18 (bis auf die Titel; Schrift weist Ähnlichkeiten zu derjenigen des Hieronymus Tragudistes Cyprius auf (bes. die Buchstaben Beta, Lambda, Chi und Psi), der unterschiedliche Schreibstile beherrschte (dazu Gamillscheg in RGK I, Nr. 321). Besonderes Charakteristikum des Schreibers hier ist die übereinandergestellt Tau-Omega-Ligatur; B = f. 376v, Z. 18–382r sowie die Titel in der gesamten Handschrift) aus der Schreiberwerkstatt des Nikolaos Choniates (vgl. dazu P. Canart, Additions [siehe Literatur], worauf aber schon Henricus Stevenson, Graeci, Bezug nahm; erg. entsprechend auch Fonkič, Πроuсхождене, siehe Literatur).
Buchgestaltung
Eine Hauptüberschrift vor dem Prooimium. Die einzelnen Textabschnitte wurden durch entsprechende Zwischenüberschriften voneinander abgesetzt, keine Buch- oder Kapitelzählung. Initialbuchstaben auf den linken Blattrand ausgerückt. Eine Pinax (wie etwa vom selben Rubristen in den Parallelhss. Cod. Paris. gr. 1706, f. 1r–10r u. Monac. gr. 414, f. 1r–8r mit Unterteilung in fünf bzw. vier Hauptabschnitte) fehlt. Signa marginalia propria wurden aus der Textvorlage übernommen, aber nur mit schwarzer Tinte auf den Rändern eingetragen.
Buchschmuck
Nur wenige Zierelemente. Über und zwischen den Texten einfache Flecht- bzw. Wellenbänder (entsprechende formale Zuordnung zu Nikolaos Choniates versucht in Canart, L’ornamentazione, siehe Literatur, S. 213). Die Anfangsinitialen mit hellroter Tinte u. Fleuronné gezeichnet. Titel und Abschnittsinitialen hellrot, bisweilen läuft der Text zum Ende einzelner Abschnitte spitz aus; dort mitunter auch rote Zierpunkte gesetzt.

Nachträge und Benutzungsspuren
Signaturenmarke der BAV auf dem Vorderspiegel. Auf f. Ir Schenkungsexlibris an Papst Gregor XV. Darüber verschiedene Inhaltsbezeichnungen, teils aufgeklebt (offenbar Reste eines früheren Vorsatzblattes): Ἰωάννου σικελιώτου χρονικὴ διήγησις, <…> curopalates Σικελιώτην διδάσκαλοι appellant sowie Joannis Siculi et Zonarae et Cedreni mentione; darunter mit Signatur Angelo Mais Hoc opus decerptum est ex Georgio Hamartolo chronographo cuius vide codicem Vaticanum et alios; quibus ex codicibus explere licet etiam exordii lacunas. Unzutreffender Verfasserhinweis auf Georgius Cedrenus von der Hand Friedrich Sylburgs am Rand von f. 1r: meminit in praefatione Georgius Cedrenus. Das Missverständnis erklärt sich dadurch, dass Sylburg die Weltchronik des Georgius Monachus als eigenständiges Werk noch nicht kannte. Signatur auf f. 1r wiederholt. Auf f. 382v eine Nota des Abate Antonio Maria Boletti an den Präfekten der BAV Abate Zaccagni wegen Verhinderung eines beabsichtigten Bibliotheksbesuchs (Ende 17. Jh.).

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Venedig / Augsburg / Rom / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Der Codex stammt aus der Zeit, in der für Ulrich Fugger gezielt griechische Hss. erworben und gesammelt wurden. Von daher ist eher anzunehmen, dass es keinen Vorbesitzer gab. Spätestens nach dem Tod Ulrich Fuggers Übergang der Hs. in die Bibliotheca Palatina, seit 1623 im Besitz der BAV.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_394
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 253; Georgii Monachi Chronicon ed. Carolus de Boor, Leipzig 1904 (ND Stuttgart 1978 mit einem Register von Peter Wirth), S. LII–LVI; Carl de Boor, Die Chronik des Logotheten, in: ByzZ 6 (1897), 243–273; Paul Canart, Additions et corrections au ‚Repertorium der griechischen Kopisten, 800–1600, 3‘, in: Jean Marie Martin/Bernadette martin-Hisard/Agostino Paravicini Bagliani, Vaticana et Medievalia. Études en l’honeur de Louis Duval-Arnould, Florenz 2008, S. 61; Paul Carnart, L’ornamentazione nei manoscritti greci del Rinascimento: un critero d’attribuzione da sfruttare?, in: RSBN 42 (2005), S. 213 u. 219; Colonna, Storici bizantini, S. 67.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–382r Digitalisat

Verfasser
Georgius Monachus (GND-Nr.: 118940295).
Titel
Chronicum.
TLG-Nummer
3043.001.
Angaben zum Text
F. 1r–3r Prooimium; f. 3r–19v Buch 1; f. 19v–66v Buch 2; f. 67r–76r Buch 3; f. 76r–101v Buch 4; f. 102r–122v Buch 5; f. 123r–137v Buch 6; f. 138r–236v Buch 7; f. 237r–382r Buch 8. Der Text, beginnend mit dem alttestamentarischen Schöpfungsbericht, weicht insbesondere im letzten Abschnitt (Herrschaft Ks. Michaels III., a. 843–867) stark von der Edition ab, aus der Buchzählung stammt. Schreibernote am Ende des Textes auf f. 382r: ἕως τὰ χρονικὰ γεωργί(ου) καὶ τοῦ λογοθέτου (identisch mit Cod. Paris. gr. 1706, f. 10r).
Parallelhandschriften als philolog. Untergruppe aus derselben Schreiberwerkstatt sind die Codd. Paris. gr. 1706 u. Monac. gr. 414, jedoch weicht der Werktitel ab. Eine weitere Untergruppe der Georgius Monachus-Chronik, jedoch aus derselben Werkstatt stammend, bilden die Codd. Argentor. 1912 (= gr. 8), f. 1r–388r, Citien. 65, f. 1r–379r (dort auf f. Iv die Schreibernotiz: πόνος καὶ κτῆμα ἡ παροῦσα βίβλος τοῦ ἐκ μονεμβασίας νικολάου χωνιάτου), Ambros. gr. 877 = C 184 inf. 184, f. 1r–382r (Schreibernotiz auf f. 382v: χρονικὰ τοῦ γεωργί(ου) καὶ τοῦ λογοθέτου), Lips. 852, f. 1r–237r sowie Monac. gr. 139, f. 1r–310v. In der letztgeannten Hs. Schreibernotiz auf f. 357r: τετερμάτωται ἣν ὁρᾶς φίλε δέλτος | ἐν τῇ δυστυχ(εῖ) πόλ(ει) τῆς ἐπιδαύρου | πόνῳ δὲ νικολάου τὲ τοῦ χωνιάτου (s. Hajdù, Katalog München II/3, S. 171), alle 1. Hälfte 16. Jh. Mit Ausnahme des Pal. gr. 394 bieten alle genannten Hss. im Anschluss als Folgetext die sog. Continuatio des Georgius Monachus. Möglicherweise lässt der Schreiberwechsel ab f. 376v den Schluss zu, dass der Codex nicht wie ursprünglich vorgesehen abgeschlossen werden konnte. Darauf deutet auch die Schreibernotiz auf f. 382v hin. Dort wird nämlich die sog. Logothetes-Chronik als Quelle genannt, der aber nur die hier fehlende Georgius Monachus-Fortsetzung entnommen sein könnte. – Die Äußerung Carl de Boors in Carl de Boor, Die Chronik des Logotheten (siehe Literatur), S. 243, die Überschrift im Pal. gr. 394, f. 1r müsse durch eine spätere Hand von Γεωργίου zu Ἰωάννιου verfälscht worden, ist unzutreffend. Was der auf S. 243, Anm. 1 als Zeuge benannte Richard Förster diesbezüglich gesehen haben will, erschließt sich nicht. Was jedoch, wie oben bereits gesagt, falsch nachverbessert wurde, ist der Familienname συκελιώτου. Darauf basierte die nur in der Sache falsche Annahme Karl Krumbachers, Johannes Sikeliotes sei als eigene Persönlichkeit zu fassen (dazu siehe Literatur). Es handelt sich aber kaum um eine bewusste Fälschung, wie Kresten, Phantomgestalten, und in Wiederholung Sosower, Forger, konstatierten. Vielmehr sollte man zugunsten des Schreibers von einem Lese- oder Gedächtnisfehler ausgehen. Dass dem Schreiber des Titels zudem ein sachlicher Fehler (offenbar ein Zeilensprung) unterlaufen ist, steht außer Frage.
Titel (Vorlage)
1r Χρονικὸν σύντομον ἐκ διαφόρων χρονογράφων καὶ ἐξηγητῶν συλλεγὲν καὶ συντεθὲν ὑπὸ ἰωάννου [!] μοναχοῦ τοῦ συκέλου [!] καὶ χρηματίσαντος ὕστερον πατριάρχου κωνσταντουπόλεως νέας ῥώμης (das Wort ἰωάννου wurde vom Schreiber mit entsprechender Lücke zwischen dem Iota und der Omikon-Ypsilon-Ligatur eingetragen und wie auch das folgende συκέλου mit karminroter Tinte zu συκελιώτου verändert).
Edition
Georgii Monachi Chronicon ed. Carolus de Boor, Leipzig 1904 (ND Stuttgart 1978 unter Mitarbeit von Peter Wirth), S. 1–804 (diese Hs. Sigle Va; für die Texterstellung aber nicht herangezogen) = Haupttext ohne die sog. Continuatio.


Bearbeitet von
Dr. Lars Hoffmann, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2021.
Katalogisierungsrichtlinien
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Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.