Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 399

Philologische Sammelhandschrift

Papier · 3, 294, 1 Bll. · 19,9 × 14,7 cm · Madrid / Salamanca / Venedig · Frühjahr 1582


Schlagwörter (GND)
Iulius Pollux / Chronik / Kommentarliteratur / Genesis / Sechstagewerk.
Diktyon-Nr.
66131.
1ar–v vacat
Ar Leo Allatius, Annotationes
Av vacat
Br Schenkungsexlibris
Bv vacat
1) 1r–3v Anonymus, Pinax
2) 4r–243v Pseudo-Iulius Pollux, Historia physica (Fragment)
3) 244r–294r Pseudo-Eustathius Antiocheius, In Hexahemeron commentarius (Fragment)
294v–295*v

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Madrid / Salamanca / Venedig. Siehe Geschichte der Handschrift.
Entstehungszeit
Frühjahr 1582 . Die Hs. ist indirekt von BSB Cod. Graec. 181 (http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00131011–0) abhängig; diese wurde frühestens 1570 angefertigt und dient so als terminus post quem, siehe Kresten, Andreas Darmarios, S. 159 und Martínez, Aufenthalte, S. 400. Wie Kresten hinreichend dargelegt hat, weist das für die Hs. verwendete Papier, das der Schreiber auch für eindeutig datierte Hss. nutzte, auf eine Entstehung im Frühjahr 1582 hin; der Schriftbefund stützt diese Datierung, siehe Kresten, Andreas Darmarios, S. 153.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
3, 294, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
19,9 × 14,7 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 1A + 1B + 24 VI288 + III294 + (I-1)295*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 295*.
Foliierung
Die Hs. wurde durch die vatikanischen Bibliothekare foliiert; die Zählung wurde mit Bleistift in der Ecke Kopfsteg – Außensteg verzeichnet (f. 1–294). Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 295*).
Lagenzählung
Die Lagen waren beginnend mit Folium 1r (α΄) und endend mit Folium 289 (κα΄) mit griechischen Zahlen nummeriert. Die Zählung ist jedoch durch späteren Seitenbeschnitt teilweise beschnitten oder vollständig verloren. Die Lagen werden zusätzlich zur Zählung durch die Angabe von Reklamanten auf den jeweils letzten Seiten der Lagen geordnet. Die Reklamanten sind parallel zum Text in der Ecke Fußsteg – Bundsteg notiert; teilweise sind auch diese aufgrund des Seitenbeschnittes nicht mehr erhalten.
Zustand
Die Hs. ist hinsichtlich der Lesbarkeit in relativ gutem Zustand. Allerdings sind die ersten Zeichen von Tintenfraß deutlich zu erkennen. Das Papier ist leicht vergilbt, teilweise fleckig und weist auf einigen Seiten leichte Beschädigungen durch Feuchtigkeit auf. Die Bindung nach Bl. 96 (Lagenende) ist beschädigt.
Wasserzeichen
Es sind drei Wasserzeichen zu unterscheiden.
a) Bärtiger Pilger mit Hut und Spirale im Kopf, umkreist mit Säule (oben) und den Buchstaben A und B als Beizeichen.
b) Bärtiger Pilger ohne Hut, aber mit Kugel auf dem Kopf, umkreist, ohne weitere Beizeichen.
c) Profil eines bärtigen Mannes ohne Hut, mit Spirale im Kopf, mit den Buchstaben C, B und A als Beizeichen (unten). Siehe hierzu die Abbildungen in Kresten, Andreas Darmarios, S. 146–147 (ohne Blattangaben).

Schriftraum
13,9 × 9,6–12,2 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
13 Zeilen.
Schriftart
Die Schrift von Darmarios ist eine aufrechte Gebrauchsschrift mit wenigen Unterlängen, aber ausgeprägteren Oberlängen bei τ, ε, ι und δ. Charakteristisch ist der große Zeilenabstand und das übergroße ε am Wortbeginn, siehe auch RGK I, Nr. 13; RGK II, Nr. 21; RGK III, Nr. 22.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Der Schreiber ist der Kopist Andreas Darmarios (RGK I, Nr. 13; RGK II, Nr. 21; RGK III, Nr. 22).
Buchgestaltung
Die Hs. ist als Einheit konzipiert und einheitlich angelegt. Der Hs. ist eine Inhaltsübersicht (1) (Πίναξ) vorangestellt, die jedoch nicht zwischen den Titeln der einzelnen Schriften und den Kapitelüberschriften unterscheidet, siehe auch Preger, Chronist, S. 51. Die Einträge in dem Pinax sind auf Folium 1r mit griechischen Zahlen nummeriert; der Pinax endet mit einer τέλος-Zeile (f. 3v).
Die Anfänge von (2) und (3) werden deutlich durch Buchschmuck markiert (f. 4r und f. 244r), die Titel heben sich durch die Farbe, nicht aber durch die Größe ab. Das Ende von (2) fehlt wie auch in der Vorlage, weshalb hier keine τέλος-Angabe zu finden ist. Text (3) endet hingegen mit der τέλος-Angabe. (2) wird durch Kapitelüberschriften in roter Tinte erschlossen. In (2) und (3) gibt es viele (teilweise rubrizierte) Semeiosis-Zeichen. Zitate werden durch Anführungszeichen im Außensteg gekennzeichnet. Ferner sind einige Glossen, Nummerierungen und Notizen in griechischer Sprache (zum Teil in roter Tinte) vorhanden.
Buchschmuck
Abgesehen von den häufigen rubrizierten Marginalien weist die Hs. nur wenig Buchschmuck auf.
Der Pinax (1) findet seinen Beginn mit einem rubrizierten Seilband; der Titel, die Initialen der Einträge, die Nummerierungen und die τέλος-Zeile sind ebenfalls in roter Tinte gestaltet; zu Beginn der Inhaltsübersicht sind zwei kleinere Ranken in roter Tinte gezeichnet.
Über Text 2 (f. 4r) ist ein Schlaufenband in dunkler Tinte platziert; die Überschrift der Schrift ist rubriziert, hebt sich aber nicht durch Größe oder Schriftart vom Haupttext ab. Die Initiale am Beginn von (2) ist als Rankeninitiale ausgestaltet, deren Höhe vier Zeilen umspannt. Die Initialen der einzelnen Kapitel sind in roter Tinte, aber ohne weiteren Schmuck gestaltet. Scholien sind wie in der Vorlage in der Art von Kapiteln im Fließtext notiert (z.B. f. 132v).
Über dem rubrizierten Titel von Text 3 (f. 244r) gestaltete der Rubrikator eine Zeile imitierter Schrift aus Buchstabenformen von Theta und Sigma sowie Aspirationszeichen. Die rubrizierte Initiale ist mit Ranken verziert.

Nachträge und Benutzungsspuren
Die Besitzmarke der BAV wurde auf dem Vorderspiegel eingeklebt. Auf Folium Ar wurde der Besitzstempel der BAV, ebenso wie auf Folium 293v, angebracht. Ebenfalls auf Folium Ar notierte Leone Allacci [1630] den Hinweis auf den von ihm besorgten Druck Eustathii Archiepiscopi Antiocheni et Martyris, In Hexahemeron Commentarius […], Lyon: Laurent Durand, 1629: „Pars libri postrema pag. 244 sub titulo φυσιολογικον [sic] τῆς ἑξαημέρου absque nomine auctoris, in qua de Rerum naturae elegantissime disseritur, mutila et imperfecta in Bibliothecis Vaticana, Bavarica, Vallicellana, et aliis Eustathium Antiochenum Martyrem auctorem agnoscit. Ex quibus integram exscriptam, latineque redditam, notisque et Collectaneis per me illustratam, cum aliis eiusdem Eustathii, et Origenis opusculis Graecis, et Latinis a me factis, et meo de Engastimytho Syntagmate anno superiori Lugduni Laurentius Durantius publicavit in 4°. Leo Allacius.“ Auf derselben Seite ist ferner die Signatur 399 Pal Gr: vermerkt. Das Schenkungsexlibris ist auf Folium Br aufgeklebt worden, darüber ist die Signatur 399 angegeben. Die gleiche Angabe findet sich auf Folium 1r mittig über dem Textbeginn.
Es finden sich lateinische Randbemerkungen an einigen Stellen (z.B. f. 17v).

Einband
Brauner Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909 (hier: ‚hochroter‘ Ledereinband).
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. wurde im Frühjahr 1582 von dem Kopisten Andreas Darmarios in indirekter Abhängigkeit von BSB Cod. Graec. 181 (http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00131011–0) angefertigt, siehe Kresten, Andreas Darmarios, S. 159. Die Münchner Hs. erstellte Darmarios in Madrid, siehe BSB Cod. Graec. 181, f. 214r (https://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00131011/image_429). Darmarios hielt sich von 1570 bis 1587 mehrfach und über längere Zeiträume hinweg in Spanien, vor allem in Madrid und Salamanca auf (siehe Martínez, Aufenthalte, S. 400), weshalb die hier besprochene Hs. entweder in Spanien oder in der italienischen Wirkungsstätte des Kopisten, Venedig, entstanden sein muss.
Auf welchem Weg die Hs. in die Bestände der Palatina gelangte, ist unbekannt; sie gehörte offensichtlich nicht zur Fuggerbibliothek.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_399
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 257; Otto Kresten, Andreas Darmarios und die handschriftliche Überlieferung des Pseudo-Julios Polydeukes, in: JÖB 18 (1969), S. 137–165 (Sigle P), bes. S. 145–147; Karl Krumbacher, Noch einmal Iulios Polydeukes, in: Byzantinische Zeitschrift 1 (1892), S. 342f.; Teresa Martínez Manzano, Die Aufenthalte des Andreas Darmarios in Madrid und Salamanca und ihre Bedeutung für die ‚Recensio‘ der Philostrat- und Oppianscholien, in: Rheinisches Museum für Philologie NF 151, H. 3/4 (2008), S. 400–424; Theodor Preger, Der Chronist Julios Polydeukes. Eine Titelfälschung des Andreas Darmarios, in: Byzantinische Zeitschrift 1 (1892), S. 50–54, bes. S. 52; Friedrich Zöpfl, Der Kommentar des Pseudo-Eustathios zum Hexaëmeron, Münster i.W. 1927 (Alttestamentliche Abhandlungen 10,5), S. 9.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–3v Digitalisat

Verfasser
Anonymus.
Titel
Pinax.
Angaben zum Text
Das Kapitelverzeichnis hat insgesamt 46 Einträge: Text 2 – 44 Einträge, Text 3 – 2 Einträge.
Titel (Vorlage)
Ιὀυλίου [sic] πολϋδεύκους Ἱστόρϊα [sic] φϋσϊκὴ. πίναξ:.
Incipit
1r Προοίμϊον τοῦ σϋγγραφὲως [sic] εἰς τὴν.
Explicit
3v τέλος τοῦ πίνακος:~.
Edition
Druck: Joannes Baptista Bianconi, Julii Pollucis Historia Physica et Chronicon, Bologna: Tommaso d' Aquino, 1779, p. XIII-XIV (Hs. wurde nicht für den Druck berücksichtigt).

2) 4r–243v Digitalisat

Verfasser
Pseudo-Iulius Pollux (GND-Nr.: 100321739).
Titel
Historia physica (Fragment).
Titel (Vorlage)
4r Ιὀυλίου [sic] πολϋδεύκους Ἱστόρϊα [sic] φϋσϊκὴ.
Incipit
4r Ὃς ἄχρονος τόνδε τὸν κόσμον.
Explicit
243v κωλύοντος προςβάλλειν ἐπεχείρουν. Ἐπῖ τούτοις χαλεπῶς,.
Textgestaltung
Am Ende des Textes steht auf Folium 243v in margine von der Hand Darmarios’ notiert ἐλλιπὲς οὖν τὸ τέλος ὑπὸ τῆς ἀρχαιότητος καὶ ἐξίτηλον ὑπάρχου [sic]. In der Vorlage hingegen steht οἶμαι ἐλλϊπὲς ἦν ὑπὸ τῆς ἀρχαιότητος (BSB Cod. Graec. 181, f. 143v, https://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00131011/image_290).
Edition
Druck: Joannes Baptista Bianconi, Julii Pollucis Historia Physica et Chronicon, Bologna: Tommaso d' Aquino, 1779, p. XV-209 (Hs. wurde nicht für den Druck berücksichigt).

3) 244r–294r Digitalisat

Verfasser
Pseudo-Eustathius Antiocheius (GND-Nr.: 118682741).
Titel
In Hexahemeron commentarius (Fragment).
Angaben zum Text
Der Text ist wie seine Vorlage unvollständig.
Titel (Vorlage)
Φυσϊολογϊκὸν τῆς ἑξαημέρου:~.
Incipit
244r Κλήμης μὲν οὖν καὶ ἀφρϊκανὸς.
Explicit
294r πρὸς ἀνατολὰς ἐστοχασμένως βλέποντος εἴσϊσϊ. Οὕτως εἴχεν ἐν τῷ πρωτοτύπῳ τὸ τέλος: τέλος: ~.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Auf Folium 244r notierte Leone Allacci in der Ecke Kopfsteg – Außensteg den Hinweis auf den von ihm 1629 veröffentlichten Druck (siehe unter 3) „Edition“) editum nomine Eustathii.
Edition
Alter Druck: Leone Allacci, Eustathii Archiepiscopi Antiocheni et Martyris, In Hexahemeron Commentarius […], Lyon: Laurent Durand, 1629, S. 1–111.


Bearbeitet von
Paul A. Neuendorf, Universitätsbibliothek Heidelberg, 05.10.2020.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.