Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 420

Neumierte Liturgische Handschrift

Papier · 2, 239, 1 Bll. · 29,6 × 21,5 cm · s.l. · Mitte 14. Jh.


Schlagwörter (GND)
Liturgie / Byzantinischer Gesang / Neumenschrift / Religiöser Kalender / Kirchenjahr / Festkalender.
Diktyon-Nr.
66152.
Iar Titel und Signatur
1) 1r–141v Sticherarium
2) 141v–198v Triodium
3) 198v–217v Pentecostarium
4) 217v–232v Stichera anastasima
5) 232v–235v Constantinus Porphyrogenitus (?), Eothina
6) 235v–239v Iohannes Damascenus (?), Stichera dogmatica

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
s.l. Unbekannt.
Entstehungszeit
Mitte 14. Jh. Die Wasserzeichen deuten auf den Zeitraum 1340–1370. Vollendet an einem 29. Juni (vgl. Subskription 239v).
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Westliches Papier.
Umfang
2, 239, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
29,6 × 21,5 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 1Ia + 3 IV24 + (V-1)33 + 9 IV105 + (IV-1)112 + 15 IV232 + (IV-1)239 + (I-1)240*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 240*. Bl. entfernt hinter 33, vor 106 und hinter 239.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. 1–239). Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, Ia, 240*) .
Lagenzählung
Keine Lagenzählung vorhanden.
Zustand
Erhebliche Beschädigungen durch Feuchtigkeit, Rubrizierungen sind oft verwischt oder verblasst, mancherorts auch nachgetragen.
Wasserzeichen
Sieben verschiedene Wasserzeichen gibt es, die sich auch häufig abwechseln. Soweit identifizierbar, können sie in die Mitte des 14. Jhs. datiert werden: Zange, zwei verschiedene Schlüssel (darunter doppelter Schlüssel mit Bart, ähnlich Harlfinger Cle 3, 1343), Einhornkopf (ähnlich Briquet 15816, datiert auf 1343), zwei Kreise (mit einer Linie verbunden; ähnliche alle auf 1340–1370 datiert); Kanne mit 1 Henkel (entfernte Ähnlichkeit zu Briquet 12470, Dijon 1343;) Gewicht einer Waage (Höhe ca. 95 mm; nur Bl. 181, 183, 186; Motiv findet sich Mitte 14. Jh., Raum Bologna).

Schriftraum
22,3–24,9 × 19,3 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
30 Zeilen.
Linierung
Vorhanden, aber schwer erkennbar; vermutlich ähnlich 20A1.
Schriftart
Minuskelschrift ohne Akzente oder Spiritus.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Andronicus Basilicus, datiert auf 2. Viertel 14. Jh. (vgl. Subskription 239v und RGK III, Nr. 30).
Buchgestaltung
Durchgehend neumierter Text, der weder Akzente noch Spiritus enthält. Auf einigen Seiten wurden keine Neumen gesetzt, obwohl Platz für sie gelassen wurde: u.a. 177v; 189r unten (und bis 192r passim) nur Text in kleiner Schrift, ohne Neumen und ohne Lücken.
Buchschmuck
Zweifarbige Zierleiste (schwarz, verschiedene Rottöne) zu Beginn. Die Initialen der Strophen sind rubriziert, fehlen aber an manchen Stellen.

Nachträge und Benutzungsspuren
Iar Titel Graduale Graecum, alte Signatur 446. Stempel der BAV auf 1r und 239v. 1r: verschiedene Anmerkungen in kleiner Schrift über der Überschrift: ἄρχοντες λαὸν sowie andere, kaum noch lesbare Angaben.
239v Subskription mit Invokation: χριστε τεὴν προϊαλλε χάριν καμάτοισιν ἐμεῖο: +ἀμὴν+ ἐτελειώθ(η) τὸ παρὸν στιχεράριον δϊὰ χειρὸς ἐμοῦ ἀνδρονίκου του βασιλικοῦ· καὶ τάχα ἱερέως δϊὰ συνδρομῆς καὶ ἐξόδου τοῦ ἐντιμωτ(άτου) ἱερομονάχου κυροῦ ἰακώβου μ(ην)ὶ ἰουν(ίῳ) κθ’ ἡμέρᾳ […]. Das Ende der Subskription, das sicher auch die Jahresangabe enthielt, stand wahrscheinlich auf dem folgenden, heute verlorenen Blatt.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit der von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten); vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. weist große Ähnlichkeit mit dem wahrscheinlich in Konstantinopel entstandenen Codex Ambros. A 139 sup. auf, der als Faksimile-Druck vorliegt (Perria/Raastedt). Dessen Aufbau entspricht (außer auf den letzten 15 Bll.) dieser Hs., so dass eine nahe Textverwandtschaft wahrscheinlich ist; gelegentliche Abweichungen der Strophenreihenfolge lassen jedoch Zweifel an einem direkten Abhängigkeitsverhältnis. Die Melodien beider Hss. erscheinen sehr ähnlich; mehr kann ohne genauere Untersuchungen nicht darüber gesagt werden.
Die Hs. entstand wohl auf Initiative von Jakob Hieromonachus (vgl. Subskription 239v). Hss. mit Signaturen über 400 stammen nicht aus dem Fundus von Ulrich Fugger. Die Hs. ist auf bislang unbekanntem Weg nach Heidelberg gelangt. Im Katalog von Sylburg (BAV, Pal. lat. 429bis, f. 258r) hatte sie die Nummer 445; abweichend davon ist sie auf Iar als 446 gezählt. Beide Nummern tauchen dort nur auf Blatt 258r auf, das ein Autograph von Leone Allacci ist (vgl. Canart, Anthologie, S. 228). Offensichtlich ist die Hs. weder von Friedrich Sylburg (Bibliothekar 1595–1596) noch von Jan Gruter (Bibliothekar 1603–1622; Autograph im Katalog f. 256r–v) erfasst worden. Es ist daher nicht auszuschließen, dass sie sich gar nicht in der Bibliotheca Palatina befand, sondern 1623 aus einer der anderen Heidelberger Bibliotheken nach Rom gebracht wurde, wo sie sich noch heute befindet.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_420
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 272f.; Diane Touliatos-Banker, Check List of Byzantine Musical Manuscripts in the Vatican Library, in: Manuscripta: A journal for Manuscript Research, 31, 1987, S. 22–27; Lidia Perria/Jørgen Raastedt (Hrsgg.), Sticherarium Ambrosianum. Codex Bibliothecae Ambrosianae A 139 sup. phototypice depictus, Monumenta Musicae Byzantinae Vol. XI, Kopenhagen 1992.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–141v Digitalisat

Titel
Sticherarium anni.
Angaben zum Text
Texte für das ganze Kirchenjahr, unter Berücksichtigung der Heiligenfeste: f. 1r–19r September (ed. Wellesz); f. 19v–29r Oktober; f. 29r–47r November (ed. Tillyard 1938); f. 47r–73v Dezember; f. 74r–94v Januar; f. 94v–100r Februar; f. 100r–104v März; f. 104v–107v April; f. 107v–109r Mai; f. 109r–118r Juni; f. 118r–129v Juli; f. 129v–141v August. Kompletter Faksimiledruck (von Codex Ambros. A 139 sup.) bei Perria/Raastedt; Wellesz (September) und Tillyard (November) mit transkribierter Notation.
Titel (Vorlage)
1r στιχεραριον του ολου ενυατου.
Incipit
1r Ἐπεστη η εισοδος του ενιαυτου συγκαλουσα γεραιρειν ταυτην τους λαμπρυνοντας.
Explicit
141v … λιμην και προστασια και σωτηρια ημων.
Textgestaltung
Die Gesänge sind nach dem Kirchenjahr geordnet, von September bis August, und das Datum sowie der Anlass des Festes sind rubriziert vorangestellt. Monatswechsel werden häufig mit Zierleisten markiert.
Nachträge und Rezeptionsspuren
in margine sind mit Rot die Modi der Gesänge angegeben. Gelegentlich finden sich Anmerkungen anderer Hände, wie die Angabe von Monaten (z.B. 5r μηνὶ σεπτεμβριῶς).
Edition
Egon Wellesz, Die Hymnen des Sticherarium für September, Monumenta musicae byzantinae transcripta, Vol. I, Kopenhagen 1936, S. 3–122 (Hs. nicht herangezogen); Henry J. W. Tillyard, The hymns of the sticherarium for November, Monumenta musicae byzantinae transcripta Vol. II, Kopenhagen 1938 S. 3–159; Perria/Raastedt, S. 1r–173v.

2) 141v–235v Digitalisat

Titel
Triodium.
Angaben zum Text
Gesänge zur Fastenzeit.
Titel (Vorlage)
141v ἀρχὴ τῆς ἁγίας Τεσσαρακοστῆς.
Incipit
141v Μη προσευξωμεθα· φαρισαϊκως αδελφοι· ο γαρ ϋψων εαν τον ταπεινωθησεται.
Explicit
198v προς ζωην ως μονος αγαηος και φιλανθρωπος.
Edition
Perria/Raastedt, S. 174r–248r.

3) 198v–217v Digitalisat

Titel
Pentecostarium.
Angaben zum Text
Gesänge zur Pfingstzeit, enthält u.a. Märtyrerfeste, Morgengesänge etc. Die Edition von Tillyard enthält auch eine Transkription der Neumen.
f. 198v–200v (erster Sonntag nach Ostern) κυριακὴ πρώτη (Tillyard 1960, S. 6–23); die Reihenfolge der Gesänge weicht in der Edition oft von der Hs. ab); f. 200v–202r (Zweiter Sonntag nach Pfingsten), inc. Μυροφοροι γυναικες τω ταφω τι προσηλθετε (ebda. S. 24–32); f. 202r (Dritter Sonntag nach Ostern), inc. Κυριε τον παραλυτον (ebda. S. 39–40); f. 202v (Vierter Mittwoch nach Ostern) inc. Πεντηκοστης εφεστηκεν η των ημερων (ebda. S. 41–48); f. 203r–v (Vierter Sonntag nach Ostern, in der Edition dritter Sonntag!), inc. Ο τη παλαμη τη αχραντω (ebda. S. 32–38); f. 204r–v (Vierter Mittwoch der Osterzeit), inc. Φωτισθεντες αδελφοι τη αναστασει (ebda. S. 44–55); f. 205r–206r (Fünfter Sonntag nach Ostern, in der Edition der vierte), inc. Επι την πηγην επεστη η πηγη των θαυματων (ebda. S. 57–68); f. 206r–v inc. Ο δια σπλαγχνα ελεους (ebda. S. 75–77); f. 206v–211r (Christi Himmelfahrt), inc. Ανελθων εις ουρανους (ebda. S. 64–110); f. 211r–212r (Sechster Sonntag nach Ostern), inc. Αποστολικων παραδοσεων (ebda. S. 112–119); f. 212r–215r (Pfingstsonntag), inc. Πεντηκοστην εορταζομεν (ebda. S. 120–148); f. 215r–217v (Sonntag Allerheiligen), inc. Πιστεως συμφωνια (ebda. S. 148–168).
Titel (Vorlage)
198v ἀρχὴ τῆς πεντεκοστῆς· κυριακὴ πρώτη ὑψηλάφης τοῦ ἁγίου ἀπο[στόλου] θωμὰ.
Incipit
198v Τῶν θυρων κεκλεισμενων, των μαθητων συνηθροισμενων εθσηλθες αφνω.
Explicit
217v ελεκθηναι τας ψυχας ημων.
Edition
Perria/Raastedt, S. 248r–272v; Henry Julius Wetenhall Tillyard, The hymns of the Pentacostarium, Monumenta musicae byzantinae transcripta, Vol. VII, Kopenhagen 1960 (Hs. nicht herangezogen).

4) 217v–232v Digitalisat

Titel
Stichera anastasima.
Angaben zum Text
Tillyard 1940, S. 3–6 (f. 217v); ebda. S. 109–113 (f. 218r–v); ebda. S. 147–150 (f. 218v); ebda. S. 6–9 (f. 219r); ebda. S. 14–18 (f. 219r–v); ebda. S. 113–117, 150–156, 18–23, 26–28, 118–121 (f. 221v); ebda. S. 156–160, 29–34 (f. 222r–v); ebda. S. 38–44, 121–126, 160–163 (Anabathmoi: f. 224r); ebda. S. 44–48 (f. 224r–225r); ebda. S. 70–71 (f. 225r); ebda. S. 66–69, 71, 127–131, 164–167 (f. 226r); ebda. S. 56–61, 72–73, 132–136, 168–172 (f. 228r–v); ebda. S. 74–78 (f. 228v–229r); ebda. S. 82–86 (f. 229r–v); ebda. S. 137–139, 172–176, 86–90, 95–98, 140–144 (f. 231r–v); ebda. S. 177–182, 98–102 (f. 232r–v).
Titel (Vorlage)
217v στιχερὰ σταυροἀναστάσιμα· ἤτοι τὰ π’: τῶ σα. ἑσπέρας εἰς τὸ κύριε.
Incipit
217v Ευφρανθητε ουρανοι σαλπισατε τα θεμελια της γης.
Explicit
232v και τρεμως θεον· παντοδυναμε ελεησον ημας.
Edition
Henry Julius Wetenhall Tillyard, The Hymns of the Octoechus, Part I, Monumenta musicae byzantinae transcripta Vol. III, Kopenhagen 1940 passim; Perria/Raastedt, S. 272v–298r.

5) 232v–235v Digitalisat

Verfasser
Constantinus Porphyrogenitus (GND-Nr.: 119022397).
Titel
Eothina.
Titel (Vorlage)
232v Τροπάρια τῶν ἑωθινῶν· ποίημα κωνσταντίνου τοῦ πορφιρωγεννήτου.
Incipit
232v Εἰς τὸ ὄρος τοῖς μαθηταῖς επιγομενοις· δια την χαμοθεν επαρσιν.
Explicit
235v την ποιμην σου δια φυλαττε εκ λυκων· λυμαινομενων αυτην.
Edition
Perria/Raastedt, S. 298r–301v.

6) 235v–239v Digitalisat

Verfasser
Iohannes Damascenus (GND-Nr.: 118557971).
Titel
Stichera dogmatica.
Angaben zum Text
Nea Sion 27 (1932), ab S. 704; ab f. 238r inc. Δευτε παντα εθνη nicht neumiert, (ed. Nea Sion 27); f. 239r–v inc. Τον ηλιον κρυψαντα τας ιδιας ακτινας (Nea Sion 29, S. 610).
Titel (Vorlage)
235v στιχερὰ ἤτοι τὰ δογματικὰ· ποίημα Ἰωαννοῦ τοῦ δαμασκηνοῦ.
Incipit
235v Παρθενικὴ πανήγυρις σήμερον, ἀδελφοί.
Explicit
239v τοις πιστοις χαριζομενος· ζωην· αιωνιον και το μεγα ελεος.
Edition
Perria/Raastedt, f. 304r–305r, PaR passim.


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Universitätsbibliothek Heidelberg, 22.09.2020.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.