Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 78

Aristoteles, Logische Schriften

Pergament, Papier · 2, 120, 1 Bll. · 33 × 21 cm · Venedig? · 2. Hälfte/letztes Viertel 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Logik / Rhetorik / Dialektik / Ontologie / Grammatik / Scholien / Syllogismus / Ammonius.
Diktyon-Nr.
65811.
1ar-Iv vacant
1) 1r–7v Porphyrius, Isagoge
2) 7v–20r Aristoteles, Categoriae
3) 20v–28r Aristoteles, De interpretatione
4) 28v–75v Aristoteles, Analytica priora
5) 75v–105r Aristoteles, Analytica posteriora
6) 105v–120v Aristoteles, Topica (Fragment)

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Venedig?
Entstehungszeit
2. Hälfte/letztes Viertel 15. Jh. Der Kopist (Hand 1) ist gegen Ende des 15. Jhs. belegt, die Wasserzeichen sind 1487/1488 belegt. Die letzte Lage ist etwas jünger.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament/Papier: Manche Lagen sind komplett aus Pergament, bei den meisten aber nur das äußere und innere Doppelbl., während der Rest aus Westlichem Papier ist. Vorsatzbll. westl. Papier.
Umfang
2, 120, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
33 × 21 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 1I + 15 IV120 + (I-1)121*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hintersppiegel Gegenbl. von 121*.
Foliierung
Vatikanische Foliierung (f. 1–120). Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (f. 1a, 121*).
Lagenzählung
Am Lagenende ist im Fußsteg eine Zählung mit griechischen Buchstaben vorhanden. Von der Zählung zu Lagenbeginn im Kopfsteg ist nur gelegentlich etwas zu erkennen. Bei beiden Zählungen gibt es Verluste durch Beschneidung der Ränder.
Zustand
Der allgemeine Zustand ist recht gut. Der Text der Topica ist nicht vollständig: Die letzte Lage ist eine Ergänzung von anderer Hand. Der größte Teil von Buch III und die Bücher IV-IX sind verloren.
Wasserzeichen
Laut Harlfinger II soll das Wasserzeichen Arbalete 33 (datiert auf 1487/1488) hier vorhanden sein. Dieser Befund kann nicht nachgeprüft werden, da die Wasserzeichen dieser Hs. nicht digitalisiert wurden.

Schriftraum
21,5 × 12,5 cm (Text ohne Glossen); 30 × 18 cm (mit Glossen, maximal).
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
32 Zeilen.
Schriftart
Schriften des 15. Jhs. Hand 1: Minuskelschrift des späten 15. Jhs., die gelegentlich mit Abkürzungen arbeitet. Von dieser Hand stammen sowohl die rot- als auch die schwarztintigen Glossen. Hand 2: routinierte Schrift (spätes 15. oder frühes 16. Jh.) mit exakter Beachtung der Akzente. Rubrizierungen oder anderer Schmuck finden nicht statt.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Hand 1 (f. 1r–112v): Pseudo-Hieronymus; Hand 2 (f. 113r–120v).
Buchgestaltung
Die Hs. enthält eine typische Sammlung von Aristoteles-Texten mit einer Einleitung des Porphyrius. Die Reihenfolge der Texte entspricht den Hss. BAV, Pal. gr. 74 und BAV, Pal. gr. 159, welche aber zusätzliche Texte enthalten. Bis 65v sind zahlreiche erklärende Glossen: in margine (auch beidseitig), als Klammerglosse, oder interlinear.
Buchschmuck
Die Hs. ist relativ kunstvoll ausgeschmückt: Zu Beginn ein Zierband. Die Initialen sind fast durchweg mit floralem Schmuck versehen. Dabei wurde viel mit Rubrizierungen gearbeitet. Zum Ende hin wird die Gestaltung immer schlichter. Ab 113f. ist überhaupt kein Schmuck mehr vorhanden. Die Scholien sind schon beim Schreiben der Aristoteles-Texte berücksichtigt worden, wie die Gestaltung auf 48r und 49r zeigt.

Nachträge und Benutzungsspuren
Ir: Capsa-Nr. C. 48., Allacci-Signatur 390, Signatur 78 und Provenienzvermerk eg. 74 sowie Titel Logica Aristotelis cum variis scholiis.
An vielen Stellen wird der Inhalt des Textes durch schematische Zeichnungen illustriert. Für die Erstellung der Kreise und Kreisbögen wurde oft vom Zirkel Gebrauch gemacht, für die geraden Linien aber nicht vom Lineal. Auf 95v gibt es eine große Darstellung in Form einer Rosette.
Stempel der BAV auf 1r und 120v.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, II, S. 909.
Provenienz
(Venedig) / Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Entstehungsort ist wahrscheinlich Venedig, denn dort war der Kopist tätig (vgl. Beschreibung zu BAV, Pal. gr. 134). Die Hs. war im Besitz von Johannes Baptista Cipelli, genannt Egnatius, aus dessen Nachlass Ulrich Fugger im Oktober 1553 zu Venedig viele seiner Hss. kaufte (vgl. Katalog von Martin Gerstmann, BAV, Pal. lat. 1925, f. 103v und 106r). Fugger übersiedelte 1564 nach Heidelberg, wohin ihm seine Bibliothek 1567 folgte, und vermachte sie nach seinem Tod 1584 an Kurfürst Friedrich IV. 1623 wurde die Hs. als Kriegsbeute nach Rom gebracht, wo sie sich seitdem befindet.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_79
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 41; Stefec 2014, S. 137–206, hier S. 198.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–7v Digitalisat

Verfasser
Porphyrius (GND-Nr.: 118595873).
Titel
Isagoge.
TLG-Nummer
2034.006.
Titel (Vorlage)
1r Πορφυριου εἰσαγωγη τῶν πέντε φωνῶν ἀρχή.
Incipit
1r Ὄντος ἀναγκαίου χρυσαόριε.
Explicit
7v ἀλλ’ ἐξαρκοῦσι καὶ αὗται εἰς διάκρισίν τε αὐτῶν καὶ τῆς κοινωνίας παράστασιν.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Scholien des Ammonius über Homonyme in margine: 2r Ammonius (TLG 4016.001: Adolf Busse, Ammonius in Porphyrii isagogen sive quinque voces, Berlin 1891, S. 69–70 (Commentaria in Aristotelem Graeca 4.3)).
Edition
Adolf Busse, Porphyrii isagoge et in Aristotelis categorias commentarium. Commentaria in Aristotelem Graeca 4.1, Berlin 1887, S. 1–22 (Hs. nicht herangezogen).

2) 7v–20r Digitalisat

Verfasser
Aristoteles (GND-Nr.: 118650130).
Titel
Categoriae.
TLG-Nummer
0086.006.
Angaben zum Text
Die Hs. enthält den vollständigen Text.
Titel (Vorlage)
7v ἀριστοτέλους κατηγορίαι δέκα.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Die Scholien zu diesem Text beginnen auf f. 7r. Ein Teil stammt von Ammonius , TLG 4016.002: Adolf Busse, Ammonius in Aristotelis categorias commentarius, Berlin 1895, S. 16–80 passim (Commentaria in Aristotelem Graeca 4.4). Die Scholien auf 16v konnten nicht identifiziert werden, ebenso diejenigen auf 20r mit der Überschrift περὶ τοῦ ἔχειν, die zu De interpretatione gehören.
Edition
Richard Bodéüs, Aristote, Catégories, Paris 2002, S. 2–71 (Hs. nicht herangezogen).

3) 20v–28r Digitalisat

Verfasser
Aristoteles (GND-Nr.: 118650130).
Titel
De interpretatione.
TLG-Nummer
0086.017.
Angaben zum Text
Die Hs. enthält den vollständigen Text.
Titel (Vorlage)
20v ἀριστοτέλους περὶ ἑρμηνείας.
Textgestaltung
Anders als bei den vorherigen Texten ist ein Teil der Scholien interlinear angeordnet. Diese sind rubriziert. Es gibt Marginalglossen beiderseits des Textes, ansatzweise als Klammerglosse oder Schachtelglosse.
Edition
Hermann Weidemann, Aristoteles, De Interpretatione, Berlin/Boston 2014, S. 1–39.

4) 28v–75v Digitalisat

Verfasser
Aristoteles (GND-Nr.: 118650130).
Titel
Analytica priora.
TLG-Nummer
0086.001.
Angaben zum Text
f. 28v–47v Sektion I; f. 47v–51v Sektion II; f. 52r–75v Sektion III.
Titel (Vorlage)
28v ἀριστοτέλους ἀναλυτικῶν προτέρων πρῶτον.
Textgestaltung
Bestandteil der Glossen sind zahlreiche schematische Zeichnungen.
Nachträge und Rezeptionsspuren
Umfangreicher Glossenapparat. Identifiziert wurde auf 56r: Iohannes Pediasimus, TLG 2592.004, Vittorio de Falco, Ioannis Pediasimi in Aristotelis analytica scholia selecta, Neapel 1926, S. 62–64; f. 62r: ähnlich Ammonius. Nach 65v erscheinen keine Scholien mehr.
Edition
D. Ross, Aristotelis Analytica priora et posteriora, Oxford 1964.

5) 75v–105r Digitalisat

Verfasser
Aristoteles (GND-Nr.: 118650130).
Titel
Analytica posteriora.
TLG-Nummer
0086.001.
Angaben zum Text
f. 75v–94r Buch I; f. 94v–105r Buch II.
Titel (Vorlage)
75v Αναλυτικῶν ὑστέρων τὸ α’.
Textgestaltung
Die Buchüberschrift wurden zunächst nicht geschrieben, sondern später in margine ergänzt. Vor dem zweiten Buch ist eine größere Lücke, wobei kein Text fehlt.
Edition
Aristoteles, Zweite Analytik, Analytica Posteriora, Griechisch-Deutsch, Griechischer Text nach W. D. Ross, übersetzt, mit einer Einleitung und Anmerkungen hrsg. von Wolfgang Detel, Hamburg 2011, S. 2–198.

6) 105v–120v Digitalisat

Verfasser
Aristoteles (GND-Nr.: 118650130).
Titel
Topica (Fragment).
TLG-Nummer
0086.044.
Angaben zum Text
Hs. enthält nur die ersten beiden Bücher: f. 105v–113r Buch I; f. 113r–118v Buch II; f. 119r–120v Anfang von Buch III.
Titel (Vorlage)
105v ἀριστοτέλους τοπικῶν πρῶτον.
Incipit
105v Ἡ μὲν πρόθεσις τῆς πραγματείας.
Explicit
120v καὶ δυοῖν εἰ θάτερον ἀρνούμεθα ἵνα τὸ λοιπὸν.
Edition
William D. Ross, Aristoteles Topica et Sophistici elenchi, Oxford 1963 , S. 1–52.


Bearbeitet von
Vinzenz Gottlieb, Universitätsbibliothek Heidelberg, 19.01.2021.
Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.