Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 95

Sammelhandschrift

Papier · 3, 81, 3 Bll. · 25 × 16,6 cm · Byzantinisches Reich (?) · 2. Hälfte des 13. Jhs.


Schlagwörter (GND)
Antike / Musiktheorie / Wasseruhr / Mechanik / Mathematik / Euclides / Claudius Ptolemaeus / Diophantus.
Diktyon-Nr.
65828.
1ar–1av vacat
Ir Fuggersignatur, Inhaltsvermerk
Iv-IIv vacant
1) 1r–23v Claudius Ptolemaeus, Harmonica
24r vacat
2) 24v–26r Diophantus, Fragmentum
3) 26r–33v Anonymus, Mathematica
4) 34r–81v Euclides, Elementa
82r–84*v vacant

Kodikologische Beschreibung

Entstehungsort
Byzantinisches Reich (?). Der Gebrauch von orientalischem Papier deutet darauf hin.
Entstehungszeit
2. Hälfte des 13. Jhs. Datierung aufgrund der Schrift.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Orientalisches Papier, Vorsatzbll. aus westlichem Papier.
Umfang
3, 81, 3 Bll.
Format (Blattgröße)
25 × 16,6 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 1I + 1II + (IV-1)7 + 3 IV31 + V41 + 5 IV81 + 182 + 183* + (I-1)84*. Vorderspiegel ist Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 84*. Bl. entfernt vor 1.
Foliierung
Vatikanische Foliierung mit schwarzer Tinte in der rechten oberen Ecke der Rectoseite (1r–82r); Foliierung mit Bleistift auf f. I und II ebenda. Die Bezeichnung der ungez. Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 83*, 84*).
Lagenzählung
Die Lagen werden am äußeren rechten Rand unten bzw. in der Mitte unten auf der Rectoseite mit Blattsignaturen versehen, wobei zu den lateinischen Minuskeln ab der zweiten Seite der Lage eine arabische Ziffer bis zur Lagenmitte hinzukommt (z. B. b, b2, b3, b4, b5; nur bei der 1. Lage ist bis zur letzten Seite gezählt). Eine ältere Lagenzählung mit griechischen Ziffern ist am rechten unteren Rand der Rectoseite auf f. 8r erkennbar.
Zustand
Guter Zustand mit leichten Flecken, leichten Beschädigungen an den Seitenrändern und mit minimalem Wurmfraß. Gelegentliche Restaurierungsspuren an den Rändern und am Falz.

Schriftraum
19,9 × 12,5–14,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
29–47 Zeilen.
Schriftart
Individuelle Gebrauchsschrift mit Elementen der Fettaugenmode.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Der Schreiber ist nicht zu identifizieren. Laut Düring 1930, S. XXXVIII handelt es sich vermutlich um denselben Schreiber wie im Vaticanus graecus 191, was nach einem Schriftvergleich mit f. 289v/290r der genannten Handschrift durchaus plausibel erscheint.
Buchgestaltung
In allen Schriften erscheinen am Rand jeweils Berechnungen und mathematische Figuren.
Die Harmonica besitzen ein Inhaltsverzeichnis vor dem jeweiligen Buchbeginn. Die mit diesem Index korrespondierenden griechischen Ziffern sind am Rand des Textes hinzugesetzt. Die einzelnen Bücher der Schrift folgen aufeinander, wobei jeweils etwa drei bis fünf Zeilen frei gelassen sind. Die letzte Seite der Harmonica (f. 23v) ist nur mit einer Zeile beschrieben, der Rest bleibt frei. Ebenso ist die folgende Seite vor dem Beginn des Fragmentum des Diophantus leer.
Der mit dem Fragmentum zusammen überlieferte mathematische Traktat endet etwa auf der Hälfte von f. 33v und die andere Hälfte bleibt frei, bis auf f. 34r die Elementa beginnen.
Die einzelnen Bücher der Elementa folgen unmittelbar aufeinander, wobei die Überschriften als Trennelement fungieren.
Buchschmuck
Kein Buchschmuck; die Initialen sollten wohl später farbig hinzugesetzt werden. Nur auf f. 34r befindet sich eine schwarze Initiale, die vermutlich von einer späteren Hand stammt.

Nachträge und Benutzungsspuren
Signaturschild der BAV auf dem Vorderspiegel. Capsa-Nr. C. 166, Allacci-Signatur 179, Fuggersignatur 95. seorsum und Inhaltsvermerk auf f. Ir. Zusätze im Text durch mindestens eine rezentere Hand.

Einband
Roter Ledereinband der BAV aus der Zeit von Kardinalbibliothekar Francesco Saverio de Zelada und Papst Pius VI.; späterer Rücken mit goldenen Wappenstempeln von Papst Pius IX. (oben) und Kardinalbibliothekar Angelo Mai (unten), vgl. Schunke, Einbände, Bd. 2, S. 909.
Provenienz
Augsburg / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Handschrift gelangte als Einzelanschaffung (seors.) in den Besitz Ulrich Fuggers (Fuggersignatur 95. seorsum auf f. Ir; vgl. BAV, Pal. lat. 1950, f. 186v: Euclides ex Theonis editione. bomb. 95. seorsum.; f. 192v: Ptholemei harmonicon. bombas. 95. seors.). Fugger übersiedelte 1564 nach Heidelberg, wohin ihm seine Bibliothek 1567 folgte, und vermachte sie nach seinem Tod 1584 an Kurfürst Friedrich IV. 1623 wurde die Hs. als Kriegsbeute nach Rom gebracht, wo sie sich seitdem befindet.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_gr_95
Literatur
Stevenson, Graeci, S. 48; Die Harmonielehre des Klaudios Ptolemaios hrsg. von Ingemar Düring, Göteborg 1930, S. XXXVIII.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Inhalt

1) 1r–23v Digitalisat

Verfasser
Claudius Ptolemaeus (GND-Nr.: 118641786).
Titel
Harmonica.
TLG-Nummer
0363.010.
Angaben zum Text
f. 1r–10v Liber 1; f. 10v–18r Liber 2; f. 18r–23v Liber 3,1–14.
Der Leerraum auf f. 20r ist nicht durch Textverlust bedingt; vielleicht sollte eine mathematische Figur nachgetragen werden. Der Text des 3. Buches bricht ab auf f. 23v mit 3,14.
Für die Harmonica handelt es sich um einen descriptus des Marcianus Graecus app. cl. VI/10 (Düring 1930, S. XXXVIII).
Titel (Vorlage)
1r ΚΛΑΥΔΙΟΥ ΠΤΟΛΕΜΑΙΟΥ ΑΡΜΟΝΙΚΩΝ Α ΚΕΦΑΛΑΙ.
Explicit
23v ἐπισκέψασθαι καὶ τὰ καθ’ ἕκαστον πιθανῶς ἂν ἐπιτηρηθέντα διὰ τῶν γενομένων.
Edition
Die Harmonielehre des Klaudios Ptolemaios hrsg. von Ingemar Düring, Göteborg 1930, S. 2–109 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen, aber erwähnt, vgl. S. XXXVIII).

2) 24v–26r Digitalisat

Verfasser
Diophantus (GND-Nr.: 118525913).
Titel
Fragmentum.
TLG-Nummer
2039.004.
Angaben zum Text
Das Ende des Textes befindet sich auf f. 26r in der 18. Zeile von unten. Das Explicit erscheint nicht in der Ausgabe von Tannery und stellt vermutlich eine Überleitung zum nächsten Text dar.
Titel (Vorlage)
24v Μέθοδοι εὔχρηστοι πρὸς τοὺς ἀπὸ μορίων πολλαπλασιασμοὺς κατὰ τὸν τῆς ἀστρονομίας κανόνα πλέον τῶν ἄλλων μεθόδων σώζουσαι τὴν ἀκριβείαν πᾶσαν.
Explicit
26r ἑξῆς οὖν τοῦ κατ’ ἀνάλυσιν μερισμοῦ λεκτέον.
Edition
Diophanti Alexandrini opera omnia cum Graecis commentariis, volumen II edidit Paulus Tannery, Leipzig 1895, S. 3–11 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen).

3) 26r–33v Digitalisat

Verfasser
Anonymus.
Titel
Mathematica.
Titel (Vorlage)
26r π]ερὶ τοῦ κατ’ ἀνάλυσιν μερισμοῦ.
Incipit
26r δ]ειχθέντος δὴ πῶς δεῖ μερίζειν ἕκαστον τῶν ὑστάτων εἰδῶν παρὰ τὸ πρὸ ἑαυτοῦ.
Explicit
33v ἐσπουδάζετο κατὰ τὸ δυνατὸν ἐπὶ πολλαπλασιασ… μερισ…
Nachträge und Rezeptionsspuren
Gemäß Stichproben hat dieser mathematische Text keine Entsprechung im TLG.

4) 34r–81v Digitalisat

Verfasser
Euclides (GND-Nr.: 118638955).
Titel
Elementa.
TLG-Nummer
1799.001.
Angaben zum Text
f. 34r–40v Liber 1; f. 40v–43r Liber 2; f. 43r–49r Liber 3; f. 49r–51v Liber 4; f. 51v–56v Liber 5; f. 56v–63v Liber 6; f. 63v–68v Liber 7; f. 68v–72v Liber 8; f. 72v–76r Liber 9; f. 76r–80v Liber 10,1–18; f. 80v–81v Compilatio libri 10. - Das 3. Buch endet auf f. 49r mit einer verkürzten letzten demonstratio: ἐὰν ἄρα κύκλου ληφθῇ τι σημεῖον ἐκτός καὶ τὰ ἑξῆς. ὅπερ ἔδει δεῖξαι (S. 150, Z. 11 Edition Heiberg/Stamatis). Das Ende des 6. Buches auf f. 63v weicht von der Textausgabe ab (letzte Entsprechung S. 101, Z. 15).
Auf f. 80v endet in der fünften Zeile von oben die 18. demonstratio des 10. Buches mit λέγεται καὶ οὕτως ῥητὴ δυνάμει μόνον σύμμετρος. Das Folgende hat nach Stichproben keine Entsprechung im TLG, behandelt aber offenbar dieselbe Thematik und stellt vielleicht eine byzantinische Kompilation dar. Der Schluss auf f. 81v ist verstümmelt.
Titel (Vorlage)
34r εὐκλείδου ἐκ τῆς θέωνος ἐκδόσεως στοιχείων πρῶτον.
Explicit
81v ὁ δ γ πρὸς τὸν γ ε, οὕτως τὸ ὑπὸ τῆς β α.
Edition
Euclidis elementa, vol. I: Libri I-IV cum appendicibus, post I. L. Heiberg edidit E. S. Stamatis, Leipzig 21969, S. 1–179 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen); Euclidis elementa, vol. II: Libri V-IX cum appendicibus, post I. L. Heiberg edidit E. S. Stamatis, Leipzig 21970, S. 1–227 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen); Euclidis elementa, vol. III: Liber X cum appendicibus, post I. L. Heiberg edidit E. S. Stamatis, Leipzig 21972, S. 1–31 (Hs. wurde nicht für die Edition herangezogen).


Bearbeitet von
Dr. Anne-Elisabeth Beron, Dr. Janina Sieber, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2020.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. gr. 95. Beschreibung von: Dr. Anne-Elisabeth Beron, Dr. Janina Sieber (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2020.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Gefördert durch
The Polonsky Foundation Greek Manuscripts Project: a Collaboration between the Universities of Cambridge and Heidelberg – Das Polonsky-Stiftungsprojekt zur Erschließung griechischer Handschriften: Ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Cambridge und Heidelberg.