Historische Brückenkonstruktionen
Einleitung
7
Einleitung
Problemstellung
In der Vergangenheit führten wesentliche Strukturver-
änderungen und damit verbundene Streckenstillle-
gungen sowie umfangreiche Modernisierungsmaß-
nahmen nicht nur im Streckennetz der heutigen
Deutschen Bahn AG (DB) dazu, dass ein großer Teil
der erhaltenen bau- und technikgeschichtlichen
Zeugnisse der Eisenbahn aus dem 19. und frühen 20.
Jahrhundert dem Abbruch zum Opfer fiel. Ferner
führten technologische Neuerungen und der rück-
gängige Gütertransport auf der Schiene sowie verän-
derte Nutzungsanforderungen zu enormen unwieder-
bringlichen Substanzverlusten. Darüber hinaus ist die
Beeinträchtigung von Denkmaleigenschaften oder gar
der Abbruch historischer Bahnbauten auch zukünftig
durch gravierende Eingriffe zu befürchten, womit
unter Umständen der weitgehende Verlust ganzer
Baugattungen, wie beispielsweise Wassertürme und
in absehbarer Zeit wohl auch Stellwerke, einhergeht.
Moderne Technik macht die früher für die Betriebs-
sicherheit unverzichtbaren Objekte heute überflüssig.
Aufgrund der zumeist schwierigen Nachnutzung ist
der Bestand daher akut gefährdet. Stark bedroht sind
aber nicht nur veraltete Betriebsbauten, sondern auch
Ingenieurbauten, denn im Gegensatz zu den Gebäu-
den sind viele Eisenbahnbrücken, vor allem die mit
eisernen Überbauten, gerade wegen der permanen-
ten Nutzung extrem betroffen, weil die überkomme-
nen Konstruktionen vielfach nur noch bedingt den
ständig steigenden Anforderungen standhalten.1 Die
Anzahl der von dieser Entwicklung bisher verschont
gebliebenen und erhaltenen Bauwerke nimmt, das
zeigt die bisherige Praxis auf erschreckende Weise,
mit wachsender Technisierung kontinuierlich ab,
sodass eine nach Möglichkeit lückenlose Inventa-
risation als sehr dringend erschien, um die noch ver-
bliebenen historischen Objekte des Eisenbahnverkehrs
in Niedersachsen zu dokumentieren und die ge-
schichtliche Entwicklung am Beispiel der Brücken zu
untersuchen.
Forschungslage
Vor diesem Hintergrund hatte das Niedersächsische
Landesamt für Denkmalpflege (NLD), unterstützt vom
Institut für Bau- und Kunstgeschichte der Universität
Hannover, ein dreijähriges Forschungsprojekt mit dem
Titel „Die Ingenieur- und Betriebsbauten der Eisen-
bahn in Niedersachsen im 19. Jahrhundert" initiiert
und von 1998 bis 2001 auch erfolgreich durchge-
führt, wobei der Verfasser als einer der beiden
Projektbearbeiter mitwirkte.
Als Basis dieser Untersuchung diente ein 1982/83 am
Institut für Bau- und Kunstgeschichte der Universität
Hannover durchgeführtes Forschungsvorhaben zur
Geschichte der Eisenbahnbauten in Niedersachsen2,
das erstmals einen umfassenden Eindruck über die
Bahnhofsbauten wichtiger Strecken vermittelte. Die
Zielvorstellung, einen Gesamtüberblick aller Hoch-
und Ingenieurbauten zu erlangen, konnte mit dem
Abschluss des Projektes 1983 jedoch nicht verwirk-
licht werden, da der Zeitrahmen für die Bearbeitung
damals eine Beschränkung auf die Bahnhofsanlagen
erforderte und streckenbezogene Bauten unberück-
sichtigt blieben. Etwa zeitgleich mit diesem Projekt
der Universität Hannover hatte auch die nieder-
sächsische Denkmalpflege im Rahmen der Inventari-
sationsarbeiten begonnen, Eisenbahnbauten als Teil
des Gesamtgebäudebestandes mit zu erfassen und in
die Niedersächsische Denkmalkartei (NDK) einzuglie-
dern. Hier wurde allerdings nicht gattungsbezogen
inventarisiert, sondern die topografische Vorge-
hensweise gewählt. Die Aufnahme erstreckte sich bis
etwa 1989 und war Grundlage für die Erstellung der
landesweit vorliegenden Denkmalverzeichnisse, in die
letztlich auch die bedeutendsten Eisenbahnbauten
mit eingegangen sind. Auch hier konnte, nicht zuletzt
aufgrund der stark reduzierten Erfassungsmethodik,
noch kein qualifizierter Überblick über die Eisenbahn-
bauten gewonnen werden, da insbesondere die typo-
logische Zusammenschau nicht zu leisten war. Erst
nach Abschluss der dreijährigen Bestandsaufnahme
im Mai 2001, bei der 34 historische im 19. Jahrhun-
dert eröffnete Bahnstrecken3 mit einer Gesamtlänge
von 2499 km inventarisiert werden konnten, verfügt
das NLD jetzt über eine übersichtliche, ergänzungsfä-
hige und einfach handhabbare, in sich vernetzte
Daten- und Materialsammlung mit fachspezifischem
Informationsgehalt zu Eisenbahnbauten in Nieder-
sachsen, deren Schwerpunkt bei Objekten aus dem
19. Jahrhundert liegt. Der überaus reiche Fundus bie-
tet eine qualifizierte und vielseitige Basis für die nähe-
re Untersuchung auch bisher wenig beachteter
Baugattungen der Eisenbahn und leistet somit einen
entscheidenden Beitrag zur Erforschung der nieder-
sächsischen Industrie- und Technikgeschichte.
Zielsetzung und Methode
Die Geschichte der Eisenbahn ist besonders gekenn-
zeichnet vom starken Einfluss auf die Entwicklung im
Bauwesen, denn die Planung von Eisenbahnstrecken
war immer eng verbunden mit der Errichtung spezifi-
scher Betriebs- und Ingenieurbauten, die einen funk-
tionalen und sicheren Schienenbetrieb überhaupt erst
gewährleisteten. Der von Beginn an unaufhaltsam
wachsende Eisenbahnverkehr erforderte in einem
relativ kurzen Zeitraum neben speziellen Hochbauten,
Einleitung
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Einleitung
Problemstellung
In der Vergangenheit führten wesentliche Strukturver-
änderungen und damit verbundene Streckenstillle-
gungen sowie umfangreiche Modernisierungsmaß-
nahmen nicht nur im Streckennetz der heutigen
Deutschen Bahn AG (DB) dazu, dass ein großer Teil
der erhaltenen bau- und technikgeschichtlichen
Zeugnisse der Eisenbahn aus dem 19. und frühen 20.
Jahrhundert dem Abbruch zum Opfer fiel. Ferner
führten technologische Neuerungen und der rück-
gängige Gütertransport auf der Schiene sowie verän-
derte Nutzungsanforderungen zu enormen unwieder-
bringlichen Substanzverlusten. Darüber hinaus ist die
Beeinträchtigung von Denkmaleigenschaften oder gar
der Abbruch historischer Bahnbauten auch zukünftig
durch gravierende Eingriffe zu befürchten, womit
unter Umständen der weitgehende Verlust ganzer
Baugattungen, wie beispielsweise Wassertürme und
in absehbarer Zeit wohl auch Stellwerke, einhergeht.
Moderne Technik macht die früher für die Betriebs-
sicherheit unverzichtbaren Objekte heute überflüssig.
Aufgrund der zumeist schwierigen Nachnutzung ist
der Bestand daher akut gefährdet. Stark bedroht sind
aber nicht nur veraltete Betriebsbauten, sondern auch
Ingenieurbauten, denn im Gegensatz zu den Gebäu-
den sind viele Eisenbahnbrücken, vor allem die mit
eisernen Überbauten, gerade wegen der permanen-
ten Nutzung extrem betroffen, weil die überkomme-
nen Konstruktionen vielfach nur noch bedingt den
ständig steigenden Anforderungen standhalten.1 Die
Anzahl der von dieser Entwicklung bisher verschont
gebliebenen und erhaltenen Bauwerke nimmt, das
zeigt die bisherige Praxis auf erschreckende Weise,
mit wachsender Technisierung kontinuierlich ab,
sodass eine nach Möglichkeit lückenlose Inventa-
risation als sehr dringend erschien, um die noch ver-
bliebenen historischen Objekte des Eisenbahnverkehrs
in Niedersachsen zu dokumentieren und die ge-
schichtliche Entwicklung am Beispiel der Brücken zu
untersuchen.
Forschungslage
Vor diesem Hintergrund hatte das Niedersächsische
Landesamt für Denkmalpflege (NLD), unterstützt vom
Institut für Bau- und Kunstgeschichte der Universität
Hannover, ein dreijähriges Forschungsprojekt mit dem
Titel „Die Ingenieur- und Betriebsbauten der Eisen-
bahn in Niedersachsen im 19. Jahrhundert" initiiert
und von 1998 bis 2001 auch erfolgreich durchge-
führt, wobei der Verfasser als einer der beiden
Projektbearbeiter mitwirkte.
Als Basis dieser Untersuchung diente ein 1982/83 am
Institut für Bau- und Kunstgeschichte der Universität
Hannover durchgeführtes Forschungsvorhaben zur
Geschichte der Eisenbahnbauten in Niedersachsen2,
das erstmals einen umfassenden Eindruck über die
Bahnhofsbauten wichtiger Strecken vermittelte. Die
Zielvorstellung, einen Gesamtüberblick aller Hoch-
und Ingenieurbauten zu erlangen, konnte mit dem
Abschluss des Projektes 1983 jedoch nicht verwirk-
licht werden, da der Zeitrahmen für die Bearbeitung
damals eine Beschränkung auf die Bahnhofsanlagen
erforderte und streckenbezogene Bauten unberück-
sichtigt blieben. Etwa zeitgleich mit diesem Projekt
der Universität Hannover hatte auch die nieder-
sächsische Denkmalpflege im Rahmen der Inventari-
sationsarbeiten begonnen, Eisenbahnbauten als Teil
des Gesamtgebäudebestandes mit zu erfassen und in
die Niedersächsische Denkmalkartei (NDK) einzuglie-
dern. Hier wurde allerdings nicht gattungsbezogen
inventarisiert, sondern die topografische Vorge-
hensweise gewählt. Die Aufnahme erstreckte sich bis
etwa 1989 und war Grundlage für die Erstellung der
landesweit vorliegenden Denkmalverzeichnisse, in die
letztlich auch die bedeutendsten Eisenbahnbauten
mit eingegangen sind. Auch hier konnte, nicht zuletzt
aufgrund der stark reduzierten Erfassungsmethodik,
noch kein qualifizierter Überblick über die Eisenbahn-
bauten gewonnen werden, da insbesondere die typo-
logische Zusammenschau nicht zu leisten war. Erst
nach Abschluss der dreijährigen Bestandsaufnahme
im Mai 2001, bei der 34 historische im 19. Jahrhun-
dert eröffnete Bahnstrecken3 mit einer Gesamtlänge
von 2499 km inventarisiert werden konnten, verfügt
das NLD jetzt über eine übersichtliche, ergänzungsfä-
hige und einfach handhabbare, in sich vernetzte
Daten- und Materialsammlung mit fachspezifischem
Informationsgehalt zu Eisenbahnbauten in Nieder-
sachsen, deren Schwerpunkt bei Objekten aus dem
19. Jahrhundert liegt. Der überaus reiche Fundus bie-
tet eine qualifizierte und vielseitige Basis für die nähe-
re Untersuchung auch bisher wenig beachteter
Baugattungen der Eisenbahn und leistet somit einen
entscheidenden Beitrag zur Erforschung der nieder-
sächsischen Industrie- und Technikgeschichte.
Zielsetzung und Methode
Die Geschichte der Eisenbahn ist besonders gekenn-
zeichnet vom starken Einfluss auf die Entwicklung im
Bauwesen, denn die Planung von Eisenbahnstrecken
war immer eng verbunden mit der Errichtung spezifi-
scher Betriebs- und Ingenieurbauten, die einen funk-
tionalen und sicheren Schienenbetrieb überhaupt erst
gewährleisteten. Der von Beginn an unaufhaltsam
wachsende Eisenbahnverkehr erforderte in einem
relativ kurzen Zeitraum neben speziellen Hochbauten,