Historische Brückenkonstruktionen
Die Denkmalpflege
87
Teil 3:
Die Denkmalpflege
A. Die Bestandserfassung und Objektbewertung
Nachdem im Mai 2001 das vom Niedersächsischen
Landesamt für Denkmalpflege durchgeführte For-
schungsprojekt mit dem Titel „Die Ingenieur- und Be-
triebsbauten der Eisenbahn in Niedersachsen im 19.
Jahrhundert" weitgehend abgeschlossen werden
konnte, erfolgte anschließend die Auswertung der
Inventarisation, die den historischen Baubestand326
von 34 Strecken327 mit einer Gesamtlänge von 2500
km umfasst und eine wesentliche Grundlage der vor-
liegenden Arbeit darstellt.
Die Baugattung Brücke vereint dabei mit 921 Bau-
werken328, die zum überwiegenden Teil aus dem 19.
Jahrhundert stammen, die größte Objektanzahl unter
den Eisenbahnbauten. Das breite Spektrum der
Konstruktionen, das sich in einem Zeitraum von fast
100 Jahren entwickelte, reicht vom gewölbten Durch-
lass bis hin zur Balkenbrücke aus Stahlfachwerk mit
über 100 m Stützweite. Im Verlauf der untersuchten
Bahnlinien, die zwischen 1838 und 1899 eröffnet
worden waren, konnten bisher 128 Baudenkmale er-
mittelt werden. Von den in Betrieb befindlichen Stre-
cken weist mit klarem Abstand die Sollingbahn zu-
sammen mit der Hannoverschen Südharzbahn (Stre-
cke 18) die meisten Brückenbaudenkmale (25) auf.
Über eine vergleichbare Anzahl (26) verfügt nur die
stillgelegte Hannoversche Südbahn (II) (Strecke 101).
Mit 16 Objekten folgt dann die Hannover-Altenbe-
kener Bahn (Strecke 10). Alle anderen Strecken besit-
zen in der Regel deutlich weniger als zehn geschützte
Brückenbauten. Außerdem zeichnen sich nach Mei-
nung des Verfassers 116 Objekte mit Attributen aus,
die sich einer geschichtlichen, künstlerischen, wissen-
schaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung zuord-
nen lassen, sodass sie den Wertmaßstäben der Denk-
malpflege entsprechen und eine Diskussion mit der
zuständigen Fachbehörde über die Denkmalauswei-
sung wünschenswert wäre.
Zunächst ist anhand der Ergebnisse festzustellen, dass
trotz enormer Substanzverluste noch ein sehr um-
fangreicher historischer Bestand an Eisenbahnbrücken
vorhanden ist, obwohl trassenüberquerende Weg-
und Straßenbrücken schon relativ selten vorkommen.
Notwendige Erneuerungs- und Sanierungsmaßnah-
men beeinträchtigen zwar vielfach das ursprüngliche
Erscheinungsbild der Objekte, dennoch verfügt ein
erstaunlich großer Anteil über einen ursprünglichen
oder weitgehend unveränderten Bauzustand. Bezüg-
lich originaler Bausubstanz stellte sich heraus, dass
nicht mehr oder nur selten befahrene Strecken für die
Bauforschung als besonders interessant und wertvoll
einzustufen sind, da hier die Ingenieurbauten häufig
kaum konstruktive Veränderungen aufweisen, wie die
Inaugenscheinnahme und der Vergleich mit detaillier-
ten historischen Bauzeichnungen ergab. Im Gegen-
satz dazu sind in der Regel die für den Bahnverkehr
früher unverzichtbaren Betriebsbauten auf solchen
Strecken, wie beispielsweise Empfangsgebäude,
Bahnwärterhäuser und Lokschuppen, durch Privati-
sierung meist erheblich verändert oder aufgrund feh-
lender Nutzung dem Verfall preisgegeben worden,
der letztlich zum Abbruch führte. Eine vorbildliche
Nutzung im Sinne der Denkmalpflege muss bei den
ehemaligen Bauten der Eisenbahn hingegen als große
Ausnahme angesehen werden.
Stillgelegte oder abgebaute Strecken lösen sich aus
der ursprünglich verzweigten Netzstruktur und büßen
allmählich ihren Bekanntheitsgrad ein. Die Trassenver-
läufe verschwinden auch von topografischen Karten
und geraten weitgehend in Vergessenheit. Heute
erinnern oft nur noch Brücken und Durchlässe oder
massive Widerlager als verbliebene Relikte einst wich-
tiger Verkehrsadern auf anschauliche und eindrucks-
volle Art an ehemalige Strecken. Ganz nebenbei ver-
deutlichen eine solide Bauausführung und sorgfältige
Materialverarbeitung sowie eine schöne Detail- und
Oberflächengestaltung die hohe Qualität alter Ingeni-
eurbaukunst, die sich in die Umgebung hervorragend
integriert und auch nach mehr als 150 Jahren meist
noch einen sicheren, Vertrauen erweckenden und un-
verwüstlich erscheinenden Eindruck beim Betrachter
erzeugt. Beispielhaft seien hier die Objekte der
Hannoverschen Südbahn (II) (Strecke 101) genannt.
Die vereinzelt vorkommende Umgestaltung unge-
nutzter Bahntrassen zu attraktiven Fahrradrouten be-
weist eindeutig, dass gerade unter Einbeziehung his-
torischer Eisenbahnbrücken der Erlebniswert für den
Nutzer wesentlich gesteigert wird, womit gleichfalls
auch ein wichtiger Beitrag zur Vermittlung von regio-
naler Technikgeschichte erfolgen kann, was das nach-
ahmenswerte Beispiel der Leinebrücke bei Gronau
(]32I2IB2Ö) im Landkreis Hildesheim sehr überzeu-
gend vermittelt.
Die folgende Auflistung der untersuchten Strecken
beinhaltet jeweils eine nach der Bauart tabellarisch
gegliederte Bestandserfassung und eine Kurzbe-
schreibung der bedeutenden Objekte, an die sich eine
Objekteinstufung unter Denkmalpflegeaspekten an-
schließt.
Die Denkmalpflege
87
Teil 3:
Die Denkmalpflege
A. Die Bestandserfassung und Objektbewertung
Nachdem im Mai 2001 das vom Niedersächsischen
Landesamt für Denkmalpflege durchgeführte For-
schungsprojekt mit dem Titel „Die Ingenieur- und Be-
triebsbauten der Eisenbahn in Niedersachsen im 19.
Jahrhundert" weitgehend abgeschlossen werden
konnte, erfolgte anschließend die Auswertung der
Inventarisation, die den historischen Baubestand326
von 34 Strecken327 mit einer Gesamtlänge von 2500
km umfasst und eine wesentliche Grundlage der vor-
liegenden Arbeit darstellt.
Die Baugattung Brücke vereint dabei mit 921 Bau-
werken328, die zum überwiegenden Teil aus dem 19.
Jahrhundert stammen, die größte Objektanzahl unter
den Eisenbahnbauten. Das breite Spektrum der
Konstruktionen, das sich in einem Zeitraum von fast
100 Jahren entwickelte, reicht vom gewölbten Durch-
lass bis hin zur Balkenbrücke aus Stahlfachwerk mit
über 100 m Stützweite. Im Verlauf der untersuchten
Bahnlinien, die zwischen 1838 und 1899 eröffnet
worden waren, konnten bisher 128 Baudenkmale er-
mittelt werden. Von den in Betrieb befindlichen Stre-
cken weist mit klarem Abstand die Sollingbahn zu-
sammen mit der Hannoverschen Südharzbahn (Stre-
cke 18) die meisten Brückenbaudenkmale (25) auf.
Über eine vergleichbare Anzahl (26) verfügt nur die
stillgelegte Hannoversche Südbahn (II) (Strecke 101).
Mit 16 Objekten folgt dann die Hannover-Altenbe-
kener Bahn (Strecke 10). Alle anderen Strecken besit-
zen in der Regel deutlich weniger als zehn geschützte
Brückenbauten. Außerdem zeichnen sich nach Mei-
nung des Verfassers 116 Objekte mit Attributen aus,
die sich einer geschichtlichen, künstlerischen, wissen-
schaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung zuord-
nen lassen, sodass sie den Wertmaßstäben der Denk-
malpflege entsprechen und eine Diskussion mit der
zuständigen Fachbehörde über die Denkmalauswei-
sung wünschenswert wäre.
Zunächst ist anhand der Ergebnisse festzustellen, dass
trotz enormer Substanzverluste noch ein sehr um-
fangreicher historischer Bestand an Eisenbahnbrücken
vorhanden ist, obwohl trassenüberquerende Weg-
und Straßenbrücken schon relativ selten vorkommen.
Notwendige Erneuerungs- und Sanierungsmaßnah-
men beeinträchtigen zwar vielfach das ursprüngliche
Erscheinungsbild der Objekte, dennoch verfügt ein
erstaunlich großer Anteil über einen ursprünglichen
oder weitgehend unveränderten Bauzustand. Bezüg-
lich originaler Bausubstanz stellte sich heraus, dass
nicht mehr oder nur selten befahrene Strecken für die
Bauforschung als besonders interessant und wertvoll
einzustufen sind, da hier die Ingenieurbauten häufig
kaum konstruktive Veränderungen aufweisen, wie die
Inaugenscheinnahme und der Vergleich mit detaillier-
ten historischen Bauzeichnungen ergab. Im Gegen-
satz dazu sind in der Regel die für den Bahnverkehr
früher unverzichtbaren Betriebsbauten auf solchen
Strecken, wie beispielsweise Empfangsgebäude,
Bahnwärterhäuser und Lokschuppen, durch Privati-
sierung meist erheblich verändert oder aufgrund feh-
lender Nutzung dem Verfall preisgegeben worden,
der letztlich zum Abbruch führte. Eine vorbildliche
Nutzung im Sinne der Denkmalpflege muss bei den
ehemaligen Bauten der Eisenbahn hingegen als große
Ausnahme angesehen werden.
Stillgelegte oder abgebaute Strecken lösen sich aus
der ursprünglich verzweigten Netzstruktur und büßen
allmählich ihren Bekanntheitsgrad ein. Die Trassenver-
läufe verschwinden auch von topografischen Karten
und geraten weitgehend in Vergessenheit. Heute
erinnern oft nur noch Brücken und Durchlässe oder
massive Widerlager als verbliebene Relikte einst wich-
tiger Verkehrsadern auf anschauliche und eindrucks-
volle Art an ehemalige Strecken. Ganz nebenbei ver-
deutlichen eine solide Bauausführung und sorgfältige
Materialverarbeitung sowie eine schöne Detail- und
Oberflächengestaltung die hohe Qualität alter Ingeni-
eurbaukunst, die sich in die Umgebung hervorragend
integriert und auch nach mehr als 150 Jahren meist
noch einen sicheren, Vertrauen erweckenden und un-
verwüstlich erscheinenden Eindruck beim Betrachter
erzeugt. Beispielhaft seien hier die Objekte der
Hannoverschen Südbahn (II) (Strecke 101) genannt.
Die vereinzelt vorkommende Umgestaltung unge-
nutzter Bahntrassen zu attraktiven Fahrradrouten be-
weist eindeutig, dass gerade unter Einbeziehung his-
torischer Eisenbahnbrücken der Erlebniswert für den
Nutzer wesentlich gesteigert wird, womit gleichfalls
auch ein wichtiger Beitrag zur Vermittlung von regio-
naler Technikgeschichte erfolgen kann, was das nach-
ahmenswerte Beispiel der Leinebrücke bei Gronau
(]32I2IB2Ö) im Landkreis Hildesheim sehr überzeu-
gend vermittelt.
Die folgende Auflistung der untersuchten Strecken
beinhaltet jeweils eine nach der Bauart tabellarisch
gegliederte Bestandserfassung und eine Kurzbe-
schreibung der bedeutenden Objekte, an die sich eine
Objekteinstufung unter Denkmalpflegeaspekten an-
schließt.